"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Tage, an denen ich mich wie eine Fliese fühle

Wir kennen sie alle: Die Tage, an denen wir uns wie eine Fliesen in einem Mosaik in der Waschküche unserer Eltern oder von Tante Thea fühlen. Wir sind am Boden, man tritt auf uns herum, sind einbetoniert in die Zwänge unseres Umfeldes, können nicht raus und nicht um Hilfe schreien, denn die  alte Waschmaschine läuft, die mit ihrem lauten Rattern des mittlerweile unrunden Getriebes alles in die Ecke brüllt. Hoffnungslosigkeit lutscht uns den letzten Deut Energie aus dem Mark und würgt uns ins Gesicht: Du bist am Ende! Hier geht nichts mehr. Füg dich endlich in deine Fugen, pass die ich an und kämpfe nicht mehr, denn die Säge, die dich in dieses Muster geschnitten hat, liegt längst auf dem Schutt! Schweiß könnte dir vor der Stirn stehen, wärst du nicht eine Fliese. Und dann im tiefsten Tal deiner Gefühle kommt Agata, Agata aus Polen mit ihrem feuchten Lappen, kommt wie eine Samariterin, die sich um die Ärmsten der Armen kümmert und wischt dir mit ihrem Microfasertuch über das bleiche Gesicht, wischt dir den Schweiß ab, den nur du fühlen kannst, und du spürst das Kühle, das Erfrischende, spürst, dass Agata voller Liebe ist und dass sie dich heilt, dass sie deine Wunden kühlt, dass sie dir Kraft gibt. Agata. Es ist Mittwoch, 13 Uhr. Du strahlst von neuem Glanz und bist bereits, eine Woche auszuharren in Geduld und Demut. Als Agata den Inhalt ihres Eimer in den Abguss gespült hat, versuchst du lächeln. Agata schaut noch einmal liebevoll auf die getane Arbeit und spürt dein Strahlen, dein Strahlen voller Reinheit, das man nicht einfach so wegwischen könnte.
Du zählst schon jetzt die Minuten und Stunden bis zum nächsten Mittwoch; du hast die Kraft dazu. Und die Kraft, da zu bleiben, wo du bist.