Bodos Welt mischt sich ein. Für Minden und die ganze Welt. Bodos Welt bleibt stehen, wo andere weitergehen. Bodos Welt geht weiter, wo andere stehen bleiben. Parteiisch. Übernatürlich. Unablässig. Erscheint täglich. Unaufhörlich.Unhöflich.
Typberatung: Blöd aussehen
Gut beraten ist der, der unter Seinesgleichen bleibt. Der Einbeinige sollte bei den Einbeinigen bleiben, der Einohrige bei den Einohrigen und der Ganzkörperbehaarte bei den Ganzkörperbehaarten oder Affen. Zauselgesichter sind unter Zauselgesichtern kaum noch hässlich, differenziert man die Zauselgesichter, dann ist es sogar möglich, eine Rangliste von etwasschön bis grottenhässlich aufzustellen. Wie schön, wenn man auf den vorderen Plätzen liegt; mit dem Gesicht wäre man in der Katergorie "blondaberblöd" auf Platz 64 von 70 geraten, allerdings nur, weil noch ein paar Oberlippengepiercte mitgemacht haben und auf den letzten Plätzen liegen. Lieber unter den Dummen der Schlauste, als unter den Schlauen der Dümmste, sagt schon der Volksmund.
Besonders engagierte Schönheitsfreaks stellen sich immer in die nächsthässlichere Katergorie: Das Schafsgesicht weilt unter dem Schweinbackengesicht und wird Nummer eins; die Rübennase mischt sich unter Kartoffelnasen und wird schnell den Ruf genießen, einen guten Riecher zu haben. Mit etwas Kreativität kann jede lebendige Scheusslichkeit noch zu einem erfüllten Leben kommen. Also: Schönsein ist gar nicht so schwer. Alles eine Frage der Perspektive.
Treu - Ein Wort wird missbraucht
Wie lange ist das Wort treu hochgehalten worden? Ein Wert, der heute in Zeiten von Seitensprung und Nachmittagstalkshows für Schwachbegeisterte gar nicht verstanden wird. Wie jetzt, treu? Du kuckst so treu, kommt gerade noch über die Hirnlappen, oder treuer Hund, als Assoziation, die im Nebligen bleibt, weil nicht recht verstanden. Treu sein, Treue - das sind doch vergessene Eigenschaften. Der Mann, der seiner Frau treu ist, oder wenigstens der Geliebten, die er neben seiner Frau hat, die Frau, der der Gatte bis in den Tod hinein der einzige bleibt, der Ritter, der für seinen König stirbt, alles verschwundene Gestalten, alles Schnee vom letzten Jahr. Das will keiner mehr hören, daran will sich keiner mehr erinnern. Nicht mal sich selbst können die Menschen treu sein, weil sie so wenig von sich wissen, und weil sie bisher so wenig entdeckt haben, woran sie festhalten könnten. Ein sinnentleertes Wort hat seine Aufgabe verloren, seine Bestimmung eingebüßt - und muss für Billiges herhalten. Heute finden wir das schöne Wort treu in profanen Nomen wie Salzstreuer, Streugut, Lohnstreuerjahresausgleich und bei Menschen mit Rechtschreibschwächen in den Wörtern Treume, Weintreuben und treuhundertvier. Wie sagt der Klassiker? Meiner Treu, was für Zeiten!
Augen, Schuh und durch!
Hach, ich achte auf die Hände eines Mannes, da kann der ruhig etwas dicker sein, wenn er schöne Hände hat, hört man manche einsame Frau sagen, die ihre Ansprüche bereits reduziert hat, weil es selbst über das Internet noch keinen Kontakt gegeben hat. Schöne Hände entschuldigen alles. Und die Männer? Untersuchungen haben ergeben, dass Männer ständig an den primären und sekundären Gechlechtsmerkmalen herumsuchen; der Charakter der Frau spielt eine untergeordnete Rolle, weshalb die meisten Beziehung zum Scheitern verurteilt sind. Dabei war das mal anders: Im Mittelalter, als arme Leute noch in Holzschuhen oder barfuß durch die matschigen Straßen gehen mussten, war ein solider Lederstiefel weit mehr beziehungsstiftend als schöne Hände oder ausladende Geschlechtsmerkmale. Nobles Schuhwerk war ein Kennzeichen des Reichtums, und bekanntlich macht Reichtum schön. Die Regenbogenpresse hält umfangreiches Bildmaterial bereit. Der arme Schlucker trinkt sich die Beziehung schön und macht das Licht aus; der Reiche kann im Flutlicht stehen und trotzdem als schön gelten. Wenigstens gaukeln ihm das die vor, die an seinem Goldschatz partizipieren wollen. So ändert sich auch die Ästhetik nach und nach, sie passt sich den Gepflogenheiten an und gilt nicht mehr als absolut: Reich und hässlich ergibt schön, wohingegen arm und hässlich immer noch hässlich bleibt. Da heißt es : Sparen und reich werden!
Bildbetrachtung: Vincent van Eijnoor - Zähne zeigen
Wie wichtig sind uns die Zähne des Mitmenschen? Was will uns eine Progenie sagen? Was wir in uns zum Schwingen gebracht, wenn wir in den Ecken des Gebisses Reste von Kautabak entdecken und glauben, es handele sich um ein Endstadium von Karies? Weiße und ebenmäßige Zähne sind ein Ausdruck von Gesundheit, von Kraft. Dieser Mensch hat Biss. Da sehen wir die schiefen Stummel, in denen die Currywurst vom Vortage verwest. Ekel überkommt uns. Vorturteile? Sind wir nicht ungerecht gegenüber Menschen, die sich weder Zahnarzt noch Zahnbürste leisten können? Geschieht hier nicht über eine von den Medien propagierte Zahnästhetik soziale Selektion? Von allem unberührt der Zahnarzt: Er setzt den Bohrer an, da wo es nötig ist und sorgt letztlich für sozialen Ausgleich, für den Abbau von Vorurteilen, selbst wenn er dies aus eigennützigen, pekuniären Moztiven tut. Auch wenn wir ihm den Porsche neiden, so denken wir doch bitteschön auch an das soziale Element in der Dentistenpraxis.
Günther Krass: Erinnerungen (1) - 1959
Georg Krakl: Bei den Grünen zu Hause
Also, Grün ist mir zu einfarbig, meint der Mann, ich habe immer Büntnis 90 gewählt.
Wie kannst du das denn unterscheiden?, fragt die Frau.
Na ja, ich dachte, Büntnis 90 wäre so eine Ansammlung von buntschillernden Personen, die Farbe in die Welt bringen?
Das verstehe ich nicht, wendet die Frau ein.
Naja, erläutert der Mann und versucht nicht zu lallen, weil Büntnis doch von Büntstifte kommt....
Hä, wundert sich die Frau, was haben denn Büntstifte mit der farbigen Welt zu tun?
Keine Ahnung, erwidert der Mann, habe ich auch nur gedacht.
Das Kind schweigt und spielt Gameboy.
Das ist ja wohl ein Schreibfehler, sagt jetzt die Frau.
Das kann man aber nicht hören, un der Mann.
Das Kind schweigt. Es ist Legastheniker.
Eben, jetzt der Mann.
Dann hast du aufgrund mangelnder Rechtschreibfähigkeiten falsch gewählt?, fragt die Frau.
Nicht immer, erwidert der Mann, früher habe ich FDP gewählt.
Ach, du Scheiße, jetzt die Frau.
Eben, nun der Mann.
Das Kind schweigt, spielt und beschließt, nie ins Wahlalter zu kommen.)
Schulinspektion - Qualitätsanalyse (Teil 6): Taschen - Der Rollator
Der Rollatorzieher hat eine gebremste Aggressivität. Er hält nicht wie der Rucksackträger seine scheinbare Last dem Nachfolgenden unter die Nase, sondern zieht einem Maultier gleich, einen koffer-oder sackartigen Behälter auf Rädern hinter sich her, um auszudrücken: Ich habe es getragen 7 (wahlweise 17, 27 ...) Jahre, und ich kann es nicht tragen mehr... Jetzt ziehe ich mein Päckchen, mein Paket, hinter mir her. Es beibt mir keine Kraft, ich bin gebeugt von der Erlasslage, von schlechter Bezahlung und schlechtem Ansehen; beor ich mir aber ein "burnt out"-Schild anhefte, stelle, bzw. rolle ich meine Not zur Schau. Jeder soll sehen, was los ist.
Gerade ältere Kolleginnen und Kollegen machen auf ihr Los aufmerksam und wollen sich einen Mitleidbonus errollen. Ihr Anhängsel ist eher aus weichem Material, der Griff zum Ziehen ergonomisch geformt und die Räder bestehen aus weichem Gummi, das kaum Geräusche macht.
Daneben zieht der eher dynamische, junge Kollege seine lauten Bahnen durch die Schulstraße, Hartgummiräder rattern über die Fugen des verfliesten Bodens; auf dem Fahrgestell ein mächtiger Koffer, dem man einen Rauminhalt von einem halben Kubikmeter zutraut.
Ich kann's nicht schaffen, vermittelt der Kollege, aber ich tu's. Ich bin der wahre Held der Pädagogik; egal, was mir aufgebürdet wird, ich bewege die Last, wenn nicht auf dem Rücken, dann mit meinem Anhänger. Die bescheidene Demonstration des Soft-Rollators weicht hier der selbstbewussten, fast schon arroganten.
Vorsicht ist bei beiden Typen geboten: Will man den Weg eines Rollatorziehenden kreuzen, so sollte man dies vor ihnen tun, selbst wenn die Vorfahrtsregel gebietet: Erst ziehen lassen, dann selber gehen. Kreuzt man den Weg hinter einem Lehrwilligen mit Anhänger, besteht die Gefahr, über den Lastenträger zu stolpern und zu stürzen. Unterschwellig ist das die Absicht der Benannten; ihre verborgene Aggressivität kommt hier zum Ausdruck. Ist der Kollege oder die Kollegin zu Fall gebracht, entlastet das den Rollwagenzieher. Es gibt noch jemanden am Institut, auf den man herabschauen kann und kann durch gespielte Hilfsbereitschaft auch noch in die Rolle des guten Menschen schlüpfen. Subtile Machenschaften an deutschen Schulen. Obacht, Herr Inspektor!
"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Bewegungsmeldermeditation
Wer die Oberklasse erreichen will, sollte nicht mehr den eigenen Bewegungsmelder zur Meditation benutzen, sondern den der Nachbarn, den in wohlhabenden Wohnvierteln oder den auf Fabrikgeländen, besonders der Pharmaindustrie, die ihr Gelände häufig durch bewaffnete Dunkelbekleidete bewachen lässt.
Nachdem die Nachbarn das wundersame Tun des Meditierenden bemerkt haben und seit Tagen nicht mehr grüßen, kann sich der Erfahrungsuchende an wohlhabende Wohngegenden wagen. Hier wird häufig auch die ganze Straße beleuchtet, um möglichst frühzeitig ungebetenen Besuch zu verschrecken. In diesem Umfeld zu meditieren erfordert Gelassenheit und vollkommene Ruhe. Das Herumstehen auf dem Bürgersteig in der Fang-die-Sterne-Stellung, anfangs im Licht natürlich, kann schon mal ein kleines Polizeiaufgebot herbeizitieren, vielleicht sogar den gewöhnlich sehr friedlichen Kampfhund abketten. Da heißt es still stehen. Da heißt es, sich bewähren. Ist das wirklich Ruhe, die in uns ist? Jetzt den Feueratem auszustoßen kann kein guter Rat sein. Hoffen wir, dass Ordnungshüter und Wachbeller sich mit der Bewegungsglosigkeit zufrieden geben, und dem Meditierenden nur gemeinnützige Absichten unterstellen.
Aus solchen Situationen kann der Übende Kraft schöpfen für die große Aufgabe: Fabrikgelände mit Bewachnung. Der blauberockte Waffenträger will gern mal seine Autoriät zeigen, seinen Schlagstock einsetzen oder die Schusswaffe ziehen. Wenigstens mal richtig losbrüllen will er, denn er steht unter Spannung, weil irgendetwas losgehen könnte, aber nicht losgeht. Adrenalinstau. Das macht den Wachmann gefährlich und unberechenbar. Die tiefe Ruhe im Meditierenden muss sich auf den Sicherheitsmann übertragen, um eine Chance zu behalten, die Meditation sinnbringend zu beenden. Nur wahre Meister bringen das.
Schließlich kann die Meisterschaft vervollkommnet werden auf einer Exkursion nach Afrika. Dort werden Fabrik- und Forschungsgelände abgeschottet und von einheimischen Wachmännern, die mit vergiftetem Pfeil und Bogen arbeiten, versorgt, die jeden, der innerhalb des Geländes herumgeht(!) ,anschießen. Manchmal treffen sie nicht, weil das Ziel sich zu schnell bewegt. Hier die Ruhe zu bewahren und auf den Wachmann auszuströmen und seinen Schuss zu verhindern oder abzulenken, ist die Meisterschaft, wird aber mit dem Leben danach belohnt.
Kann eine Meditation vielschichtiger sein?
(Die afrikanische Wachmanngeschichte kann man nachsehen in dem Film "Darwin's Nightmare", einem Dokumentarfilm über die Ausbeutung der Menschen in Westtansania am Viktoriasee. In diesen See setzten Wissenschaftler den Nilbarsch, der seitdem fast alle anderen Tier- und Fischarten weggefressen hat. Die Bevölkerung lebt in bitterster Armut und ist vollkommen abhängig von der Fischindustrie. )
Zeit zu warten: Beim Arzt
Meine Gedanken werden abrupt unterbrochen: Der Medizinmann drückt mir die Hand. Wo drückt's denn? Die Behandlung dauert nur einen Bruchteil der Wartezeit, und das ist gut, denn ich bin ja zeitlich immer etwas knapp.
Ich beschließe, das nächste Mal eine Stunde eher anzurufen und dann eine Stunde später hinzufahren. Schade, dass um sieben noch keiner ans Telefon gehen wird. Schade auch, dass die Wartezeit erst nach Betreten der Praxis läuft, egal wann der Anruf war, völlig egal, wann ich einen Termin habe, überhaupt vollkommen egal, wann ich losgefahren bin.
Frühling im ordentlichen Garten
Dass sich das Grüne durch das Schwarze schiebt, ist auch Ausdruck gesellschaftlicher Entwicklungen, die mit Sorge betrachtet werden müssen: Grüne koalieren mit den Schwarzen. Das ist total toyota! Alles ist möglich.
Wandern ist gesund
Nein, sagt die Mutter, wird sind gleich da.
Wie lange noch?, fragt das Kind.
Ist nicht mehr weit, sagt die Mutter.
Ich habe Durst, sagt das Kind.
Wenn wir da sind, kannst du etwas trinken, sagt die Mutter.
Wie weit ist es denn noch?, fragt das Kind.
Nicht mehr weit, sagt die Mutter.
Ich kann nicht mehr, sagt das Kind.
Wir sind bald da, sagt die Mutter.
Wir lange denn noch?, fragt das Kind.
Nicht mehr lange, sagt die Mutter.
Ich muss mal, sagt das Kind.
Das geht hier nicht, sagt die Mutter, wir sind ja bald da.
Wo denn, fragt das Kind.
Na, eben da, sagt die Mutter.
Wie weit ist das denn noch?, fragt das Kind.
Nicht mehr weit, sagt die Mutter.
Ich habe Hunger, sagt das Kind.
Wir sind bald da, sagt die Mutter.
Wann sind wir denn da?, fragt das Kind.
Bald, habe ich doch gerade gesagt, sagt die Mutter.
Das hast du doch schon eben gesagt, sagt das Kind.
Eben, sagt die Mutter.
Und wann ist das?, fragt das Kind.
Halt jetzt dein Maul!, sagt die Mutter. Halt jetzt dein blödes Maul, sagt die Mutter und verstößt gegen alle pädagogischen Grundsätze, aber hier ist Wald, hier ist niemand da und zu Hause fangen wir von vorne an, halt jetzt dein Maul, sonst fängst du dir ein paar! Ist das jetzt klar?
Wie weit denn noch, denkt das Kind.
Bildbetrachtung: Vincent van Eijnoor - Moderner Mensch
Erziehung: Gut gemacht, Konstantin!
Schulinspektion - Qualitätsanalyse (Teil 5): Rucksäcke
Oberinspektor Terrick, Logbucheintrag vom 8.5.07: Der Lerngutbehälter ist der Psychospiegel des Lehrenden. Diesen weisen Satz formulierte mein Assistent Harald gestern, als wir einer Sackkarre angesichtig wurden, mit der ein äußerlich völlig überlasteter Techniklehrer seine Holzreste und seinen Pilotenkoffer, der sich später als Spezialbehälter für Werkzeug zum Öffnen von Haustüren entpuppte, in den Keller karrte. Man mag die Sackkarre dem Techniklehrer nachsehen; der Englischkollege, der sein Orange Line plus CD-Rekorder in den Klassenraum rollt, hat erhöhten Beratungsbedarf.
Was sagt uns ein Rucksack?
Oft ist es ein Begleitbeutel, der auf den Rücken geschnallt wird, weil die Hände voll sind: Links die Ledertasche und rechts das tragbare CD-Gerät, das immer mehr Ersatz für Sprechfaule im Unterricht ist.
Der Rucksack soll sagen: Ich schaffe das nicht mehr! Früher haben ich oder ein Schüler meine Tasche zum Pult geschleppt, da ging noch alles rein, was ich für einen normalen Schultag brauche.
Heute aber ist das anders: Erstens muss man auf alles vorbereitet sein, besser also zu viel als zu wenig dabeihaben! Immer mehr Formulare und Erlasse, die keiner mehr lesen kann, sammeln sich und bevor ich sie nicht gelesen habe, schmeiße ich sie auch nicht weg, es könnte ja immer mal eine Taschenkontrolle der Schulinspektion anstehen. Ich bin vorbereitet.
Ich trage die Last der Pädagogik, die Last der Erziehung, die Last des Bildungsministeriums, die Last der Bücher mit alter Rechtschreibung und der Bücher mit neuer Rechtschreibung, die Last der Verantwortung, die Last der Welt. Ich bin Lehrer, ich werde geächtet, diffamiert, erniedrigt, angespuckt und für alles verantwortlich gemacht. Ich kann bald nicht mehr, ich gehe in die Knie! Hilfe, ich brauche einen Wanderurlaub auf Mallorca mit diesem Rucksack, das wäre eine Hilfe! Aber wer hört mich, will mich hören? Die, die mich hören können, verschließen die Ohren. Ignoranz lastet auch noch auf meinen Schultern.
Wer trägt den Rucksack?
Ein Blender, den ein erfahrener Schulinspektor schnell entlarven kann. Niemand weiß, was wirklich in dem Behälter steckt; der Inhalt ist dem Besitzer wahrscheinlich selber unklar, Altlasten aus den letzten Schuljahren verrotten dort und Cds mit Unterrichtsplaybacks in Fremdsprachen zum leise Mitsprechen.
Ein Jammerlappen, der seine Belastung ständig weinerlich zur Schau stellen will. Rucksäcke sind etwas für Kinder, maximal Jugendliche, oder für Ökos, die beide Hände frei haben wollen, damit sie besser im Biowühltisch schaufeln können.
In der Schule haben Rucksäcke nichts zu suchen; sie verstärken den selbstbemitleidenden Hang zur Depression, und das kann sich aufgrund schlechter Ergebnisse in PISA-Studien und anderer Untersuchungen keiner mehr erlauben. Fröhliche Lehrer sind gefordert; Rucksäcke fördern Krummbuckeligkeit, und die sieht nicht gut aus. Nichts gegen 100%igen Respekt gegenüber dem Dienstherren und seinen Organen; ein einfaches Hände-an-die-Hosennaht reicht da.
Der Rucksacklehrer sehnt sich heimlich nach der Pädagogik der Vergangenheit, als die Schüler noch lieb waren und zu emanzipierten, selbständig denkenden und verantwortungsbewussten Menschen erzogen werden sollten. Der Rucksacklehrer lehnt Unterrichtsentwicklung ab und damit das klippartsche Methodentraining, er widerspricht dem Gebot der Stunde: Anpassung an die Erfordernisse Arbeitswelt. Was nützt denn ein arbeitsloser, aber emanzipierter Mensch? Der hat doch selber nichts davon. Der Rucksacklehrer ist der Rückwärtspädagogik zuzuordnen. Der Schüler weiß nach einer Unterrichtsstunde weniger als vorher; die Qualität wird nicht gesichert, sondern ist hochgefährdet!
Ungeklärte Fragen: Wo bleibt das Ferne?
"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Rasenmähermeditation
Jetzt nicht Staubsaugen. Jetzt hilft die Rasenmähermeditation. Du schiebst das frisch betankte Gefährt, das leicht nach Benzin duftet, auf die Fläche, die dicht bewachsen ist mit Gras, dessen Halme leider ungleiche Längen aufweisen, du schiebst den Kontakt auf die Zündkerze, greifst zum Quickstarterseil und ziehst. Der Motor röhrt auf und gleichzeitig schießt die Ruhe in deinen Körper. Eine Ruhe, die dir Hoffnung macht: Du kannst alles schaffen, du kannst alles regeln, du kannst alles ordnen. Du drückst den Bügel des Radantriebs nach vorn und langsam, aber kraftvoll beginnt der Mäher seine Arbeit, stetig und unerbittlich kürzt er Halm um Halm auf gleiche Länge, gibt dem gerade noch Ungleichen das Gleiche zurück, die Ordnung, das Schöne. Unter deinen Füßen wächst die Fläche, die hinausschreien will: Du hast uns unseren Sinn zurückgegeben. Wir sind Rasen, eben noch Gras, sind wir jetzt Rasen!
Bahn für Bahn ziehst du mit deinem ordnenden Schnitter, der getrieben von dem Wunsch nach Gleichheit, nach Einheit, nach frischem, duftendem Gartenschnitt voranbrummt, von deiner leichten Hand geführt, winzige Impulse drängen ihn in die richtige Richtung und die Ordnung wächst, das Chaos muss ihr weichen. Du bist der Herrscher, du zeigst wie die Regeln deines Universum lauten, wie die Gestze, die du geschaffen hast. Immer kleiner werden die spiralfömigen Bahnen, winden sich zum Zentrum, zum Ziel, zum Mittelpunkt, zur Überwindung der Unordnung, zur Ruhe, zum Einswerden des Rasens mit sich selbst.
Du bist am Ende des Weges, dein Blick schweift über dein Werk: Hier hat deine Hand gewaltet, hier hat sie Neues erschaffen, aus dem Chaos die Ordnung geschöpft. Der Schnitter schweigt, du fährst mit der Hand über den heißen Körper des Mähers und streichst etwas Rasenschnitt vom Fangkorb. Du seufzt. Die Ruhe ist in dir. Nichts kann dich drängen, nichts in die Hektik des Alltags zwingen. Du hast die Kontrolle. Die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung ruht im Ablagekorb, der Bücherturm steht, das Arbeitszimmer schweigt. Alles ist, wie es sein soll.
(Zum Photo: Ein unmeditativer Rasen. Ein achtlos hingeworfener Ast stört das Gleichmaß. Auch ist das Gras von einer Struktur, die kein meditatives Mähen zulässt; jahrelang wurde hier nicht vertikutiert, was die Basis für einen guten Meditationsrasen ist.)
Zu Krakl (Zimmermann I und II): Fred schreibt ein Gedicht
Der Zimmermann
Treibt seinen Nagel in die Latte.
"Will mal zeigen, was ich kann,
die ist ja nicht aus Watte."
Die Latte ist ja nicht von Pappe! Das fehlt mir da irgendwie. Also, Dachpappe eben, das ist ja thematisch in die Richtung gedacht.
Der Latte haut der Zimmermann
mal eben auf die Klappe.
Die ist, so denkt sich dieser dann,
durchaus nicht von Dachpappe.
Rhythmisch etwas merkwürdig. Dachpappe wird ja auf der ersten Silben betont, hier müsste es die zweite sein.
Fred
Aus dem Osten: Wie aggressive Murmeltiere
Die stillen Betrachter ziehen sich zurück. Die Luft vibriert. Das Adrenalin will abgebaut werden. Den Boxsack soll ein anderer machen. Für die Kapitalisten sollte der Abend hier enden. Den Kugelköpfen gehört die Welt, die sie sich mit der Faust zurechtschlagen wollen. Ein Kiefer wird noch krachen diese Nacht. Vielleicht auch zwei oder mehr. Es ist ja Urlaub.
Unbeliebte Sportarten: Tanzen
Endreimlyrik: Georg Krakl - Der Zimmermann II
Treibt seinen Nagel in die Latte.
"Will mal zeigen, was ich kann,
die ist ja nicht aus Watte."
Neue Uniformen braucht das Land
Eine neue Runde Schnaps wird aufgefahren. Der Wirtschaftsminister rülpst und lacht über den Geruch. Oioioioi!, brummt er jovial und wedelt mit der Hand sein Magengas in Richtung Außenminister. Nicht lange schnacken, Kopp inn Nacken!, versucht der Verteidigungsminister aus Süddeutschland nördliche Gemütlichkeit zu imitieren. Bunteswehr!Ab jetzt Bunteswehr!
Die Runde lacht, Schräuble rollt heim. Der Wirtschaftsminister reißt die Hand hoch und ruft zur Theke: Scheff!Bringst no an Schnops!?
Karneval ist längst vorbei.
Endreimlyrik: Georg Krakl - Der Zimmermann
Der Zimmermann verliebte sich
In eine junge Latte
Beim Nageln auf dem Dach.
Ach, Latte, Latte, liebe mich!
Ich wär’ so gern dein Gatte!
Er legte sie dann flach,
sie konnt’ allein nicht stehen.
Oh, du mein Holz,
oh, du mein ganzer Stolz,
ich lass dich niemals gehen!
Alte Männer: Rechthaberei
Der Zeigefingermann wird bleich, sein stolz aufregender Zeigefinger erschlafft, klappt in sich zusammen, einem Zollstock, dessen Verbindungsniete ausgeleiert sind, ähnlich. Zähneknirschen. Schweigen. Der Weise schweigt, wo der Narr schwätzt.
Supernanny übertreibt: Kindercamps
In Gesichtern lesen: Alfredo de Funès
Das konditionierte Gesicht karikiert Alfredos Bemühungen, und jeder Kinoliebhaber ab 47 erkennt hier den Spurenleger: Der französische Klamotteur, dessen sich Frankreich nicht schämen will, aber dessentwegen der deutsche Normalbürger jahrelang glaubte, der Flic trage seinen schornsteinartigen Hut, um von seinem tumben Verstand abzulenken, erscheint, als ob ein futuristische Hologramm, ein dreidimensionales Fernsehbild projiziert werde, auf dem Antlitz des Sohnes; seine gequälte Seele versucht das Schlimmste zu verhindern, aber das eigene Gesicht entgleitet dem Sohn und der Vater erscheint, so, als ob er in ihn geschlüpft wäre und hätte sich von innen hinter die Haut des Sprösslings gedrückt.
Welch ein Jammer für den Sohn eines Stars, der angeblich Menschen zum Lachen gebracht hat.
Schwerer kann das Leben kaum strafen: Das ist überhaupt nicht zum Lachen.
Suchtgefahr: Nur die Genussschiene
Doppelkopf als Lebensschule
Doppelkopfspieler brauchen keine Freunde. Sie haben drei Mitspieler, zu denen sie in einem indifferenten Verhältnis stehen. Diese Mitspieler wechseln häufig, so dass sie oft nur A, B oder C heißen. Da nicht klar ist, wer in dem jeweiligen Spiel der Partner ist, können sich Freundschaften gar nicht erst bilden, sondern ein gesundes Misstrauen bleibt ständig erhalten und ist in Bereitschaft, so dass immer die Möglichkeit besteht, den Eigennutz nach vorn zu bringen und sein Schnäppchen zu machen, bzw. sein Schäfchen ins Trockene. Damit ist Doppelkopfspielen eine gute Vorbereitung auf das Leben und ein hervorragendes Training, sich im Berufsalltag zu behaupten.
Der Doppelkopfspieler geht Freundschaften auch aus dem Grund nicht ein, weil diese so schnell zerbrechen können, z.B. durch das unangemessene Kontrasagen des Partners, wenn man gegen die Alten spielt, was eine Flut an Minuspunkten bringt. Das leichtfertige Hochpuschen von Spielen erzeugt bei den meisten Spielern einen Würgereiz, den aktuellen Partner an der Gurgel zu fassen und zu würgen, dass diesem die Luft wegbleibt.
Das Spiel ginge mit drei Spielern allerdings nicht weiter. Doppelkopfspieler haben eine natürlich Hemmschwelle, die ihre Aggression kontrolliert, denn sie sind am nächsten Spiel interessiert, das vielleicht das ersehnte Großspiel bringt, ein Solo möglicherweise, oder eine Re-Partie, in der der Gegner ein unangemessenes Kontra brüllt und für satte Punkte in der eigenen Spalte sorgt.
Menschen, die nicht Doppelkopf spielen, verkümmern in Einsamkeit, sind der schnelllebigen Zeit hilflos ausgeliefert und darüberhinaus ungewollt aggressiv gegenüber Mitmenschen, weil ihnen die doppelköpfige Hemmschwelle fehlt. "Ich brauche keine Freunde" ist eine dumme Ausrede, die gerne von Leuten benutzt wird, die wirklich keine Freunde haben, sie sich aber heimlich wünschen. Der Doppelkopfspieler braucht keine Freunde; das ist eine Tatsache, nein, sogar eine Notwendigkeit, denn nur so lässt sich sein Spiel optimal gestalten. Die hermetische Weisheit "Wie im Kleinen, so im Großen" manifestiert sich im Doppelkopf: Das Kartenspiel ist eine Schulung fürs Leben.
Peter Goge: Die Farbe Rot
Der Pädagoge korrigiert dem Lernenden den Lebensweg. Halt, mach nicht so viele Fehler!, heißt es da. Hör auf, mit dem Nachbarn zu quatschen. Geh mir nicht auf die Nerven! Sonst fließt es rot! Die Tinte als Lebenssaft der Pädagogik. Da macht der Blick halt. Da denkt der junge Mensch nach. Ganz abgesehen von der erotischen Komponente, erstarrt das Leben für einen Moment, hält inne, wenn ein vor Fehlern strotzendes Blatt plötzlich auch vor Rot strotzt. Momente, die das Herz höher schlagen lassen, Momente, in denen die Hände feucht werden vor Stolz, in denen klar wird: Deshalb bin ich Lehrer geworden.
Schulinspektion - Qualitätsanalyse (4): Was Taschen mitteilen -Metallkoffer-
Jetzt neu entdeckt: Das Weltbild der Griechen
"Weiser Mann" Olli D.:Sei wie der Gartenstuhl
Tu es dem Gartenstuhl gleich.