Hahn

Der Hahn,
der gackert,
tropft nicht.

Georg Krakl - An Chauvi

Gerhard Trichter - Weltdame (2017)
Auf allen kurzen oder langen Wegen
streckt sich die Dämlichkeit, bereit
und sehnsuchtsvoll,
der stolzen Herrlichkeit,
weit offen und auch dehnungsweit,
ja förmlich liebestoll,
entgegen.

Der Mann
macht, was er kann.



G.Krakl: Glyphosat - Jetzt auch im Bier!


Glyphosat!
Nützt dem Bürger, nützt dem Staat.
Auch im Bier
ist Glyphosat zu finden.
Schützt die Pflanzen
und auch dir
den Körper, die Organe und des Hirnes Rinden.
Schützt dem Staat die Steuergelder.
Wenn denn die Konzerne zahlen,
kann der Staat mit Mehreinnahmen prahlen.
Pflanzen, Bürger sind geschützt, Steuergelder!
Glyphosat muss auf die Felder!
Und die Tiere?
Stehen Schmiere,
wenn der Bauer doppelt spritzt,
weil das Glyphosat so locker sitzt.

Und Monsanto, der Konzern,
lacht dann gern.
Die Bauern schmusen
Gift verspritzend neuerdings mit BAYER Leverkusen.

Landwirtschaftsmister Schmidt schert aus - Rinderwahn?

Lügen machen lange, dicke Nasen und kurze Beine.
Man wagt nicht zu fragen: Hat den Mann  der Rinderwahn eingeholt, die Schweingrippe oder die Hühnerpest?
An Glyphosat genippt? In einer Legebatterie oder in einem Schweinemastbetrieb  übernachtet? Stopfleber?
Oder wollte der unscheinbare Schmidt mal im Rampenlicht stehen, mal dem Papi gefallen und gegen die Mutti opponieren, so aus einer politpubertären Haltung heraus. Oder hat Monsanto kräftige Argumente überwiesen?
Man hofft, dass der Bayer kinderlos und ohne Enkel ist, damit diese nicht für die Schweinerei herhalten müssen. Verlogenes Pack da oben. Wir leider hier unten.

Georg Krakl - Gedicht mit einer Explosion drin

Ich sag' zum Spatz:
Spatz, Platz!

Und was beim Hund nie klappt,
weil der schnell eingeschnappt,

das funktioniert:
Der Spatz, der explodiert.

Ratgeber: Tropfnasen wirken unattraktiv

Pawel Pikass - Tropfnase tropft tropf tropf (2017)
Gerade in der kalten Jahreszeit kommt es immer wieder zur Tropfnase, die nicht einmal Symptom eines Infektes sein muss, sondern die lediglich die durch die Kälte verflüssigten Nasen- und Nebenhöhlensekrete absondert. Egal ob mit oder ohne Infekt, die Tropfnase wirkt, genau wie die Schniefnase, unattraktiv.
Ein potentieller Partner, der vielleicht eine Partnerin schon des längeren fixiert hat, fühlt sich im Moment des Handelns, des Avisierens und Akquirierens einer Herzensdame etwa, eher pikiert und verschreckt, so als störe ihn das fremde Feuchte, dessen Imagination ihn anfangs angezogen hat - allerdings körperlich anders verortet, und nicht auf die Riechorgane bezogen-, so als stoße sie ihn förmlich ab. Auch andersherum, wenn dem Mann die Nase tropft, wirkt sie bei den Damen nicht attraktivitätssteigernd; zwar zieht das Organ immer eine phallische Assoziation nach sich und das Tropfen erinnert ebenfalls an einen damit zusammenhängenden Vorgang, doch will die aphrodisierende Wirkung ausbleiben und es wird eher eine gewisse Frigidiät generiert, die wohl auch zur Jahreszeit passt. Wer einen Partner sucht, sollte das im Sommer tun und im Winter, falls eine Tropfnase zu erwarten ist, zu Hause bleiben. Echte Liebe allerdings achtet nicht auf den Tropfen, wenn sie den ganzen Ozean haben kann. 

Kunst und Kleckern

Kunst kann auch beschissen sein.

Gesehen: Sprengelmuseum Hannover im November 2017

Service: Postkarte zum Volkstrauertag



























Die Postkarte zum Selberausmalen.
Mach dein Hobby zum Beruf! Bundeswehr.

Georg Krakl - Gedicht mit Klatschmohn drin

Paul Klee-Blatt - Klatschmohn, tratschend (2017)
Der Matschklon
auf dem Quatschthron
tratscht so gerne mit dem Klatschmohn.

Das Land zerfällt derweil in Schutt und Asche.
Der Thronbesteiger? Eine Plaudertasche.
Will meinen: Eine Flasche.

Wirtschaftszynismus: Ruff wird Co-Chef bei Tönnies

Pawel Pikass - Quäle nie ein Schwein zum Schein (2017)
Oberschweineschlächter Tönnies hat jetzt einen neuen Co-Chef neben sich, Andres Ruff.
Ruff - früher ein Markenprodukt aus der Schweinefütterungsbranche und manchen bekannt als der zentrale Laut der Schweinesprache, wird jetzt den Todgeweihten präsentiert und zeugt vom Zynismus, der sich in Wirtschaft, Massentierhaltung und Finalbearbeitung tierischer Produkte breitmacht.
Den Schweinen müsste es, wenn sie kritisch zu denken gelernt hätten, wie eine Verhöhnung vorkommen, wie eine Verspottung ihrer qualvollen Mast und ihrer abstoßenden Tötung. Der massenhafte Verzehr setzt allem noch oben einen drauf.
Ein Andres Ruff - das ist Missachtung unserer Mitwesen.
Ein andres Ruff muss her, ein Ruff, das von glücklichen Schweinen zeugt.


Weisheit aus dem ÜberAll

Vladimir Kannixky - Hierte und Dorte (2017)
Der Hirte ist ohne das Schaf nichts.
Das Schaf schon.

Georg Krakl - Gedicht mit einem Tier drin (Stieglitz)

Der Stieglitz
Will nach Liegnitz.
Ist ein Billigflieger, weiß nicht wo das liegt.
Egal. Er fliegt.

Liegnitz
Liegt in Polen.
Und den Stieglitz
Will das rechte Regiment im Parlament vom Himmel holen.

Ich will nach Liegnitz,
flüstert seinen Häschern jener Stieglitz,
und ich bin ein armes Fistelding,
will sagen Distelfink.

Aua, so schrein die Jäger, au, das sticht!
So häschern wir dich eben nicht!
Liegnitz muss wohl irgendwo in Polen liegen.
Hier ist ja auch Schengenraum.
Merkt man kaum.
Kannst jetzt weiterfliegen.

Mag wohl sein, es war es nicht Liegnitz,
denkt der Stieglitz,
sondern Priegnitz?

Der Stieglitz
Will nach Priegnitz.
Ist ein Billigflieger, weiß nicht wo das liegt.
Egal. Er fliegt.


(Eigentlich müsste es "in die Priegnitz/Prignitz" heißen. Aber da der Stieglitz die Priegnitz gar nicht kennt, weiß er auch nichts von einem Artikel.)



Welches Instrument passt zu mir? - Der Ratgeber

Ein beliebtes Volksinstrument ist das Akkordeon, auch volkstümlich Quetschkommode oder Schifferklavier genannt.
Seine Vorteile liegen auf der Hand: Es ist laut, hat viele Tasten und Knöpfe, und einen Blasebalg, der durch Öffnen und Schließen gleichzeitig die Armmuskulatur schult.
Man kann das Akkordeon, ohne einen Anhänger zu bemühen, transportieren und damit gehört es zum Vorläufer des Casio-Keyboards, das viele Jahre später entwickelt wurde und leider Batterien benötigt. Das Akkordeon wird aus Spielerkraft mit dem nötigen Lärmpotential gespeist und ist damit das eigentliche Öko-Keyboard. Seine Lautstärke ist immens und es geht dem Hörer unter Umständen, wenn die Spielfähigkeit des Akkordeonisten eingeschränkt ist, gehörig auf Ohren und Nerven.

Gelegentlich, und das ist lächerlich, wird kritisiert, das Akkordeon stelle heimlich die Rassentrennung dar, indem nämlich weiße und schwarze Tasten strikt getrennt seien. Überhaupt seien  die schwarzen Tasten in der Minderheit. Auf der Knopfseite jedoch habe sich eine Unschar Schwarzer angesiedelt. Kein einziger weißer Knopf zu finden; da weiß man  nicht, was man dazu sagen will. Allerdings versuche der Spieler ja diese Masse der schwarzen "Knöpfe" ständig von den weißen Tasten wegzuziehen, angeblich um das Instrument mit Luft zu füllen und schließlich irgendwie quäkende Töne abzugeben, so als verhöhne er die Musik Europas.
Das ist weit hergeholt, gedanklich jedenfalls.
Den Spieler stellt es vor schier unlösbare Aufgaben: Er muss die richtigen Tasten und Knöpfe finden, ohne hinzugucken, denn das Instrument sitzt senkrecht vor seinem Bauch. Weiterhin führen die beiden Hände unterschiedliche Bewegungen aus, was zur Verwirrung im Kopf führt. Der Spieler muss den Blasebalg immer mit Luft gefüllt halten, das erfordert Kraft und Ausdauer; wenn er vergessen hat, den Balg zu ziehen, hört man keinen Ton, was gelegentlich als angenehm empfunden wird. Weiterhin muss der Akkordeonist die nicht verbrauchte Luft, die durch eine Extraöffnung ausgeschieden wird, aushalten, da sie ihm direkt in die Nase geblasen wird. Je nach Alter des Gerätes führt das zu Würgereizen. Versuche mit Hunden haben ergeben, dass diese nicht intelligenter werden, wenn sie dem Gerät lauschen, viel mehr schauten sie eher dümmlich aus dem Pelz. Es fördere bei den Haustieren weiterhin die mangelnde Bereitschaft, überhaupt neben dem Herrchen zu sitzen.
Insgesamt halten sich Vor- und Nachteile die Waage, aber aus Tierschutzgründen sollte man vielleicht doch eher zur Mundharmonika greifen, die den Blase-Effekt aufgreift und darüberhinaus eine Reihe wohlklingender Zungen anbietet. Auch vermeidet man den linksseitigen Tennisarm, der Folge des übertriebenen Übens mit dem üppigen Blasebalg des Akkordeons ist.

Günter Krass - Der Sternenhimmel

Vater, das soll der Sternenhimmel sein? Den habe ich mir aber anders vorgestellt.

Ich bin froh, dass du mal rausgegangen bist, um mal zu gucken. Ist der nicht schön?

Das ist ja ein totales Durcheinander. Vollkommen unaufgeräumt.

Gott hat seine eigene Ordnung.

Ich kann da aber keine erkennen. Das ist ja ein totales Durcheinander.

Das hast du schon mal gesagt. Schau einfach hin, dann wirst du schon eine Ordnung erkennen.

Das glaube ich nicht. Ich könnte ja was mit dem Sternenhimmel anfangen, wenn der so eine Art Rechteck wäre und die Sterne von oben links nach unten rechts angeordnet wären. Da könnte man die auch abzählen.

Nicht umsonst sagt man doch: Weißt du wieviel Sternlein stehen?

Ich fange da jetzt nicht an zu zählen. Bei so einem Chaos kommt man doch sofort wieder raus und kann von vorne anfangen.

Vielleicht reicht es, Junge, einfach zu staunen.

Staunen? Wieso sollte ich denn staunen? Ich bin überrascht.

Na, wenigstens etwas.

Also, wenn ihr in mein Zimmer kommt, dann seid ihr auch immer überrascht. Von Staunen keine Spur.

Dann räum das doch mal auf!

Ach, und der Sternenhimmel sollte nicht mal aufgeräumt werden?

Das kann nur der liebe Gott.

Der kann sich dann auch um mein Zimmer kümmern. Da kann er dann üben, wie er den Sternenhimmel aufräumen will. Und überhaupt: Ich habe auch eine Ordnung in meinem Zimmer, die bleibt euch nur verborgen.

Vielleicht solltest du ausziehen....

Ach, jetzt kommt die Nummer. Wenn du nicht weiterweißt, heißt es ausziehen. Wie ich das hasse, dieses Reinkommen, hallo, Junge bist du immer noch an deinem Rechner, willst du dich nicht mal langsam ausziehen und dich ins Bett legen? Mal schlafen, damit du morgen mal was für deine Zukunft tun kannst? Bewerbungen schreiben und so? Und dann: Wenn's dir hier nicht passt, kannst du ja ausziehen. Einfache Lösung, für euch mindestens.

Wär vielleicht mal Zeit, Junge, du bist jetzt 36.

Und wieso vergeuden wir hier die Zeit mit einem unaufgeräumten Sternenhimmel?

Mutter heult sich morgen wieder die Augen aus dem Kopf.

Dann kann die ja aufräumen. Da gibt's Bonuspunkte beim lieben Gott fürs Paradies.

Du bist ungerecht.Ich bin euer Sohn.

Du hast recht. Gott hat seinen Sohn übrigens kreuzigen lassen.

Das ist jetzt hart.

Georg Krakl - Roter Mund

Pawel Pikass - Heike L. aus Wanne-Eickel (2017)
Der rote Mund von Wanne-Eickel
Gehörte jener Heike L.
Die Menschen zugeneigt 
Und auch bedingungslos
Will sagen stark verzweigt
Und bindungsgroß
Das Ruhrgebiet
In Kurgebiet
Verwandelte
Und aus dem Bauch und in den Bauch schnell handelte
So quasi ohne Kopf
Wodurch sich Bürgerliches schnell verwandelte
Weil sie’s dadurch verschandelte
Und alten Zopf
Abschneiden
Wollte. Und das kann das Bürgerliche gar nicht leiden.
Es soll doch bleiben wie es ist.
Das was man ändern will
Ob’s laut ob’s still
Das landet auf dem Mist.

Nicht roten Mund, den roten Mond
Ist man gewohnt.
So wie wir’s immer hatten.
Das Ruhrgebiet als Kurbegiet liegt jetzt im Schatten.

Ach, wär’s dabei geblieben,
Dann könnt’ ich dich, du Heike L.
Ganz herzlich lieben.

So grüßt dich ledigleich dein Wanne-Eickel.

Georg Krakl - Herbst

Gerhard Trichter - Sommer scheidet (2017)
Herbst.
Jetzt ist es Zeit, dass du allmählich erbst.

Bedenke noch: Vor jedem Erben
kommt das Sterben.

Georg Krakl - Liebe und Handwerk

Vincent van Eijnoor - Menschliche Beziehung (2017)
Der Zimmermann
Treibt seinen Nagel in die Latte.
"Will der zeigen, was ich kann,
ist ja nicht aus Watte.

Sie ist, so scheint mir, reichlich stolz,
Aus gutem festem Holz
zwar, doch mein Nagel ist aus Eisen.
Das werd’ ich ihr mit kräft’ gem Hammerschlag beweisen.

Das wird sie schmiegsam machen, auch bescheiden.
So mag ich sie gut leiden."

Georg Krakl - An einen Arsch

Nach sieben Korn,
da lieg ich vorn.
Du und deine Neffen,
ihr seid wohl im Hinterntreffen.

Georg Krakl - Konfrontationistische Psycho-Kacke

Pawel Pikass - Dein blaues Auge (2017)
Dazu auch: Johannes Brahms - Dein blaues Auge
Ohne Hiebe
keine Liebe
Erst ihr Schatten
zeigt uns, was wir wirklich hatten.
Und das Flennen
lässt uns ihren wahren Kern erkennen.

Georg Krakl - Gedicht mit Plusquamperfekt drin

Eine Amsel wurde kürzlich erdrosselt
auf ihrer Finka. Sie war ein Star gewesen.

So konnte man neulich lesen.


Langeweile - Der Feind des Menschen


Wer kennt das nicht? Im Fernsehen kommt nur Käse, der Computer ist kaputt, W-Lan heißt jetzt Weh-Lan, weil auch nichts funktioniert. Es regnet, die Handwerker kommen nicht, der Hund ist überfahren worden und zu allem Überfluss hast du auch noch unfreiwillig Urlaub.
Da schleicht sich Langeweile ein und versucht dich in eine Trance des Untätigen, der Bewegungslosigkeit, des Nichtdenkens und des Nichttuns zu ziehen. Alles wie gelähmt. Leblos. Du schaust gelangweilt aus dem Fenster und erblickst gegenüber endlich die neue Mieterin, die sich wohl ihrerseits gelangweilt, aber darüberhinaus nackt in einem Sessel fläzt und in den überwiegend in Frauenfarben gehaltenen Raum stiert. Sie hat die Beine übergeschlagen und die Arme lässig über die Sessellehnen gehängt, das Haar wirr im Gesicht, das nach Urlaubstagen ohne Grund aussieht und keiner ist da, mich anzuziehen, denkt sie vielleicht. Flugs bist du putzmunter und obwohl gar nichts in deinem Leben passiert ist, ist die Langeweile doch wie weggeblasen. Du musst über die Metapher lachen im Anblick der unbekleideten Dame, die einen straffen, wenn auch entspannten und locker unaufgeregten Körper hat, mit dem sie sich völlig ungehemmt in ihrer Wohnung mitten in den Raum setzt und sich von ihren Nachbarn betrachten lässt, sprich, von ihrem Nachbarn, denn du bist der einzige. Vielleicht solltest du ihr winken, quasi als Begrüßung zur neuen Nachbarschaft, oder hinübergehen und klingeln, mit einer Flasche Roten vielleicht, um auf gute Nachbarschaft anzustoßen. Beim Wort anstoßen musst du schlucken, etwas Speichel hat sich in deinem Kehlkopfraum gesammelt. 
Plötzlich kommt dieser Hanswurst mit dem Sixpack-ja, Bauch!Nicht Flaschenkarton!- rein und wirft ihr einen Bademantel zu, der sie, ohne dass sie ihn anzieht bedeckt. Sie lässt ihn einfach auf ihrem Körper liegen, so als wolle sie für dich nicht die entspannte Haltung verändern, so als wollte sie wirklich, dass du winkst, dass du rüberkommst mit der Flasche Roten, um auf die neue Nachbarschaft und ihre freundschaftliche Weiterentwicklung anzustoßen.
Und dann dieser Hanswurst, der jetzt die Vorhänge zuzieht, dieser Spießer, diese hirnlose Qualle, diese Krake, die mit ihren unzähligen Finger ....du verbietest es dir weiterzudenken. Wie langweilig, wie langweilig, stöhnst und verfluchst alle bademantelzuwerfenden und vorhängezuziehenden Hanswürste der Welt. Du spürst, wie die Langeweile in dich strömt, wie sie dich lähmt und holst einen Korkenzieher, um den Roten zu öffnen und allein zu trinken. Da bleibt sowieso mehr für dich. 

Neue Bilder von Gerhard Trichter

RambaZamba (2017)

Nackter Mann im Wertstoffhof (2017)

Blume durch Gummimatte (2017)

Mann und Frau, ist doch klar...(2017)
Zum richtig Ankucken draufklicken.

Georg Krakl - Gedicht mit Turban drin

Erich Hecksel - Bedeckt im Herbst ist gut (2017)
Der Herbst ist da, es pfeift der Wind.

Die Blätter bunt und jedes Kind

Trägt einen Schal

Und wer am Kopfe kahl

bevorzugt Mütze, Kappe, Kippa, Tuch, Toupet und Turban oder Hut.


Der Herbst ist da, und das ist gut.

Georg Krakl - Klatschmohn

REU Lichtendorf - Klatschmond (2017)
Wir lieben so den Klatschmohn
und meiden gern den Matsch-Klon.


Vorlesen lassen bei Youtube (mit Musik):
Klatschmohn zum Hören

Nach der Wahl

Vincent van Eijnoor - Nach der Wahl (2017)
Versuch, einen Text in ein Mikrofon zu sprechen und die Diktatfunktion zu nutzen:

"Nach dir dir zurück war war Nein war Bundestagswahl buntes Gefühl Ein O 1:00 Uhr 1:00 Uhr Eine Ohrummuschel ist riesig das linke Ohr ist gewachsen das rechte Ohr ist klein Es ist so toll Es ist so taub die Einflüsterungen der braunen Brut prallt an Ihnen ab an ihn ab an ihm ab wenn die Politik so dämlich ist Wie dieses Mikrofon dann Gute Nacht dann beginnt das große Schweigen. "

Traurig, wie wenig sich technische Geräte um desaströse Wahlergebnisse kümmern...

Alte Papierbilder ohne Sinn?

Gestern vor einiger Zeit fand ich ein altes Papierfoto, das eine Landschaft im Schnee zeigte, ein paar Berge, dunkle Wolken. Der Schnee sah bräunlich aus und die Wolken ebenso. Kein Bild, das man anderen zeigt, damit diese erkennen, wie schön doch der eigene Urlaub gewesen war, eher löst so ein Bild Bedauern aus. Ich fragte mich, wie ich auf die Idee gekommen sein musste, dieses Bild zu schießen. Was heißt schießen? Stimmungsmäßig sah es eher nach einer depressiven Langzeitaufnahme aus. Dann erkannte ich zwei Personen am linken Bildrand, die sich ein  erhebliches Stück unter mir als Fotografen befanden. Was sollten sie dort? Hatte ich sie, weil es gute Bekannte waren, nach unten in die Schneewüste geschickt, um ein Erinnerungsfoto zu schießen? Leider erinnerte ich mich weder an den Ort, noch an die Personen, denn ich konnte nicht erkennen, um wen es sich handeln sollte. Vielleicht waren es auch unbekannte Wanderer, die in den nächsten Tagen als vermisst gelten würden, sodass ich sie vorsichtshalber ein letztes Mal ablichtete. Aber an eine Suchmeldung konnte ich mich nicht erinnern und so wurde wurde mir das Bild, vor allem weil es fast schon in Sepia gehalten war, man also nicht von einem Farbfoto, auf dem vielleicht zwei Farben zu erkennen sind, sprechen konnte, wurde mir das Bild immer fremder und ich stellte mir die Frage, welchen Sinn es machte, ein Lichtbild von einem unwirtlichen Ort mit dreckigem Schnee und dunklen Wolken, verschrobenen Berggebilden und zwei völlig unmotiviert naherwandernden und mir unbekannten Personen zu machen, das man nicht einmal Dritten zeigen konnte, um mit seinen Freizeiterlebnissen anzugeben. Das war Papierverschwendung. Chemikalienverschwendung. Verschwendung von Lebenszeit, wenn man noch ein einzigen Blick auf das Bild würfe.
Da bietet die See doch einiges mehr. Vielleicht fände ich in den nächsten Tagen ein Seebild, und ich hoffte, dass auf diesem nun eine weitere Farbe und eine Person, die ich kannte, zu sehen sein würden. Heimlich lobte ich die Digitalfotografie, die von richtigen Fotografen ja verschrien wird. Da konnte man drauflosmachen, hinterher Farbe beifügen, verzerren, entstellen und verändern. Unweigerlich musste ich an die Wahlplakate denken, die Angela Merkel zeigten. Löschen, dachte ich, löschen, das kann man dann alles löschen. Und das ist gut.

Deutschland wird Gauland

Na, nach dem Erfolg, da wird in vier Jahren ein ganz frischer Wind wehen, könnte AfD-Politiker Gauland gedacht haben, Deutschland wird dann Gauland. Dann putzen wir nach den Ostgebieten auch noch die Westgebiete weg und können endlich in Ruhe tun, was wir nicht lassen können. Meine Untergebenen werden Gauleiter und Deutschland bekommt einen ordentlichen Namen und  eine Struktur. Schluss mit Gesocks und Gemuftis. Gauland ist sauber; da sind wir endlich wieder unter uns. Die von Storch wird Familien- und Heimatvertriebenenministerin, da kann sie keinen Schaden anrichten, und dafür sorgen, dass alle wieder in ihre Heimat zurückkehren. Der Storch bringt die Kinder, das gehört wieder in die Schulbücher, und von Meuthen, dem nehme ich das h und dann wird er Innenminister. Mit Meuten kennt er sich ja aus und weiß, wie man die zur Räson bringt. Hach, das sind Perspektiven! Endlich mal wieder "Neger" sagen, ohne dass alle gleich blöd kucken. Auch wenn gar kein Neger da ist. Gauland hat Zukunft. Danke, liebe Wähler!

Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache

Sprache ist oft verwirrend: Nehmen wir  ein einfaches „Tätatät“. Unsere Ohren lassen das Lautgebilde lässig in unseren Kopf, das Gehirn aber macht sich ernsthaft Gedanken, was denn los sei. Im Falle des Tätatät hat es drei Möglichkeiten, die erste sogar dreiteilig:  

  1. Dem  Hirn des Bildungsbürgers - der ein paar Wörter mehr als Baguette und Bonjour kennt - erscheint das Tätatät ein - sinngemäß - in französisch-erotischem Sinne - Kopf-an-Kopf-Sein. Möglichst liegend.  Der Neoliberale denkt an Kopf-an-Kopf-Rennen im Konkurrenzkampf um Profite, der sozial Engagierte denkt an die Überbevölkerung und deshalb an  enges Herumstehen und die unpolitische Wurst auf dem Sofa an ein Kopf-an-Kopf-Herumliegen, um zum Beispiel Chips zu essen. 
  2. Das Tätatät könnte ein Konjunktiv II sein.  Im Sinne von : Ich tät das essen, wenn ich wüsste, was es wär. Hier ein Satz mit einer Straftat: Der Täter tät das nicht noch mal, wenn er könnte. Abgeleitet aus: Der Täter tut. Der Täter tat. Der Täter tät. 
  3. Das Hirn des Rheinländers kennt keine verschlungenen Wege: Es weiß, dass es sich hier um einen einfachen, oder besser dreifachen Laut -Tätatät - aus dem Karneval handelt. Er ist ein simpler Witzverstärker, den die Karnevalskapelle spielt, wenn eine Pointe vorgesehen ist, um anzuzeigen, dass gelacht werden darf, oder besser, gelacht werden soll.  


Unser Hirn sollte sich vielleicht einfach entscheiden, zu wem es gehören möchte, denn das Bewusstsein bestimmt immer noch das Sein. Das wusste Marx schon. Hat es aber nie zugegeben.

Günter Krass: Was ich eigentlich nicht denken will (1)

Es heißt ja, dass die Gedanken frei sind; aber manchmal frage ich mich doch, was die Gedanken
so denken und warum, und ob Gedanken überhaupt selbständig denken, auch wenn mir das gelegentlich so vorkommt, denn das meiste will ich gar nicht denken. Die Frage bleibt: Wer denkt da für mich?
Vor drei Nächten sinnierte ich gezwungenermaßen im Halbschlaf darüber, wie der Straßenverlauf entlang der Grenze zwischen Deutschland und Holland sei kann und kam zu dem Schluss, dass dieser wohl parallel zur Grenze verlaufen müsste, wollte man eine Auto- oder Fahrradtour unternehmen, um die Grenze zu betrachten. Das der Verlauf genau im rechten Winkel anzustreben sei, wenn man die Grenze überschreiten und in das Nachbarland eindringen wollte oder die Nachbarn in das eigene Land reisen wollten, aus welchen Gründen sie dies auch immer zu tun die Absicht hatten.
Ich folgerte, dass Straßen, die parallel zur Grenze verlaufen, wohl aus einem Zeitalter der Abschottung entstanden sein mussten, in dem niemand den Boden des anderen betreten wollte, oder aus einem Zeitalter, als es als wunderbar galt und erstrebenswert, den Grenzverlauf zu seinen Nachbarn zu bereisen oder zu betrachten. Solches Tun gilt ja gemeinhin als wertfrei und damit unbedeutend, zumal es nicht das geringste Versprechen auf einen kleinen Gewinn, geschweige denn eine irgendwie gearteten Gewinnmaximierung erhoffen lässt.
Der rechtwinklig zur Grenze angelegte Straßenverlauf deutet auf Zeiten des Grenzübertritts hin, was immer schon den in Zwängen steckenden Menschen als verlockend erschienen sein musste, und wenn es nicht die eigenen Beschränkungen zu beseitigen galt, so die des Landes, des Staates und vor allem, und das war das eigentlich Grenzübertretende, des Nachbarlandes. Vielleicht hatte man ein Pfund Butter oder ein Paket Kaffee in der Tasche und versorgte sich mit der fragwürdigen Anmutung eines Schmugglers, auch wenn man feststellte, dass es völlig legal war, ein Pfund Butter oder Kaffee einzuführen, zumal die beiden Produkt im Nachbarland Holland sowieso billiger waren.
Aber das Gefühl reichte, um sich weiterhin einer Art Freiheitsgefühl hinzugeben, man könne tage-, ja monatelang hin- und herlaufen, die Grenze überschreiten, und niemand könne einen daran hindern, vielleicht, vor Erfindung des Schengenraumens, die Zollbeamten, die sich durch solches Tun persönlich beleidigt fühlen könnten, oder auf den Gedanken kämen, medizinisch-neurologisches Personal zu bestellen, das für den Abtransport in eine Gesundungsanstalt Sorge tragen würde.

Ich verstrickte mich in Gedanken über Holland und dachte daran, dass Holland das ganze Vaterland mit Gouda-Käse überschwemmte, wenn man diese Metapher überhaupt nutzen durfte, denn erst im Käsefondue nahm der relativ feste Gouda eine flüssige Konsistenz an. Bevor sich meine Erinnerungen an das Verklebter-Magen-Pappsatt-Mir kommt's gleich hoch-Gefühl andocken konnten, schlief ich doch ein, und hoffte, so schnell nicht wieder aufzuwachen. Im Wegdämmern stellte sich mir noch die Frage, warum es Vaterland heiße und Mutterschiff und nicht Mutterland und Vaterschiff. Bei Vaterschiff fiel mir auch Vaterschaft ein. Glücklicherweise sank ich dann in tiefen Schlaf, in dem ich bis zum frühen Morgen verharrte.

Georg Krakl - Verständigungsprobleme im Ballladen

Die Frau betrat den Ballladen und fragte nach Balladen.
Sie sprach: Damit Gedichte keimen,
Müssen sie sich hinten reimen.
Hier im Ballladen
Gibt es Bälle, war die Antwort, nicht Balladen.

Was sich hinten reimt, das gibt es im Balladenladen.

Günter Krass - Kairo

Email Nölde - Kairo oder Koln (2017)
Kairo mit den spitzen Türmen hat mich aus der Kindheit gerissen. Die Hitze und die Männer in langen Kleidern, die in fremder Sprache auf mich einredeten, gestikulierten und drohten, wie mir schien. 
Die Hitze malte den Gestank der toten Tiere förmlich an die Wände. Und Kairo war nur ein Moloch aus Wänden, zu denen keine Räume gehörten. Ein Mädchen schaute mich aus der Ferne an, so dass ich mich sofort in sie verliebte, weil ich wusste, dass sie unerreichbar bleiben würden. Erst jetzt konnte ich ruhig weiterschlafen. Ich wusste, dass auch ich geliebt wurde. Sie hatte mich angeschaut und würde das Bild nie vergessen: Wie ich in dem Kairo mit den spitzen Türmen in der Hitze des Tages auf offener Straße mit offenen Augen träumte, unsichtbar für alle, die mir auswichen. Sie sah mich. 

Menschliches Streben

Kies Hering - Menschliches Streben (2014)
Streben und Sterben sind ja eng verwandt. Erst wenn man einige Sekunden das Wort Streben betrachtet, erkennt man, dass das r nur ein wenig nach links wandern muss, um den finalen Lebensvorgang zu initiieren.
Streben, das will ein jeder, sogar, ohne zu wissen, wonach. Es ist im Grunde eine Kardinaltugend, die in der Wiege zu finden ist. Streben nach der Brustwarze der Mutter, nach dem Förmchen im Kita-Sandkasten, nach dem Platz eins beim Kopfrechnen und einen direkten Thekenplatz bei der heißumworbenen Mandy, die man vielleicht nur gut findet, weil sie alle haben wollen. Die psychisch Deformierten streben nach mehr, nach Macht, nach Geld, nach Posten in der Politik, nach dem Kanzleramt, nach dem Parteivorsitz der FDP, weil denen in der letzten Zeit die Leute ausgegangen sind, und woher sollen die alle kommen, da muss man jeden nehmen, da stehen die Chancen gut auf einen besonderen Platz. Streben, streben und dann plötzlich sterben. Oder vorhersehbar sterben, noch schlimmer! Und dann die Frage: Wofür war dein Streben? Ja, was weiß denn ich? Ich hab's ja nicht direkt geschafft. Die Warze war ein Gumminippel, statt ein Förmchen zu greifen habe ich die Katzkacke von Kitatiger Maunz erwischt. Kopfrechnen - da war der Hotte schneller. Nur die Mandy, die habe ich gekriegt, nachdem sie schon alle gehabt hatten, die habe ich dann geheiratet. Da hätte ich auf meinen Bauch hören sollen: Mandy? Lass die Finger davon. Wenn der Körper welkt, gibt es nicht einmal ein Hirn, mit dem du dich unterhalten könntest.
Auch in der FDP hat's nicht geklappt. Da ist jetzt der Lindner. Den habe ich immer für einen schwulen Schlagersänger gehalten. Jetzt stehe ich da. Ich hasse Streber.


Lustiger Bundestag mit Norbert Lammert

Natürlich ist dieser Dialog ein Fake. Das ist ja heute normal. Wie könnte der richtige Text lauten?
Dobrindt: Hallo, meine Katze Maut.
Lammert: Die hast doch gar keine Katze.
D: Seit wann duzen wir uns denn?
L: Wir sowieso nicht. Du bleibst schön beim Sie. Ich bin immer noch der Herr Bundestagspräsident.
D: Ich dachte, der hieße Jauch.
L: Du meinst Gauck.
D:Also, sind wir jetzt per Du, oder nicht?
L: Du weißt nicht mal, wie ich heiße, und willst mich duzen?
D: Wie heißen Sie denn?
L: Bundestagspräsident. Nicht Bundespräsident. Bundestagspräsident Lammert.
D: Ziemlich lang für einen Namen.
L: Ach, vergiss es.
D: Ok. Ist auch besser. Das kann sich doch sowieso keiner merken.

Denken wir Neu! - Was ist mit der FDP los?

Die Freien Demokraten starten durch; vorne weg Yuppie Lindner, dieser zeitlose und altersresistente Demagoge, mitten drin Kubicki, der jetzt mit einem Todesstoß gegen Rechtschreibung und Grammatik zu Felde zieht und die Große Schlacht, die um Macht und Einfluss, gewinnen will.
Denken wir Neu!, lässt er in einer Anzeige in einem Tageblatt  lesen.
Diese drei Worte sind nicht allein die Botschaft, dieser Imperativ ist ja erst mal ohne Inhalt, denn er meint wahrscheinlich: Denken wir neu!, und das kann jeder. Einfach mal nicht FDP wählen, wäre der Rat für FDP-Wähler. Für alle anderen: Auch diesmal nicht FDP wählen; selbst wenn das nicht neu ist, neu wäre dann, das viel bewusster zu tun.
Vielleicht ist NEU aber nicht nur ein orthographischer
Ausrutscher, vielleicht ist neu ja eine Idee, oder gar ein Paradigma! Paradigmenwechsel, das klingt wie die Wechseljahre für Männer, denn die FDP ist schon irgendwie männlich-markig-eigenwillig-anders-und dagegen. Domestizierte Revoluzzer stehen zur Wahl, die ihren Business-Anzug im revolutionären Kampf gegen alles, was ihnen nicht passt, nicht mit dem Blut des Kassenfeindes besudeln wollen. Kassenfeind - das sind alle, die dem Kassemachen im Weg stehen, die dem Neoliberalismus nicht die Treue geschworen haben.
Der schlichte Mensch kehrt zurück zur Rechtschreibung der Politiker. Denken wir Neu! Vielleicht sagt das einfach, dass jeder so schreiben darf, wie er mag. Du bist frei, du kannst schreiben, wie du willst, oder wie du kannst! Das bezieht auch alle Bildungsfernen mit ein, inklusive Schlechtdeutschsprechende mit Migrationshintergrund.(1) Damit ist die FDP nicht mehr die Partei der Rechtsanwälte und Zahnärzte, sondern endlich eine Volkspartei, die jeder wählen. Aber nicht muss! Denn das ist Kennzeichen des Liberalismus.
Wir können Deutsch. Das wäre mal was fürs nächste Plakat. Auch wenn das zu den Fake-News gehört.


Anmerkung der Red. : Es handelt sich nicht um Bayern.

JA

Er schwieg immer nur. Die Menschen, die mit ihm lebten, sprachen mit ihm. Er gab keine Antwort. Sie hätten gern gewusst, was er dachte. Er schaute nur stumm vor sich hin und sagte nichts.
Irgendwann begannen die Menschen, Unsinn zu reden. Sie wollten nur ein Ja oder Nein, ein Nicken oder Kopfschütteln. Sie wollten eine Bestätigung oder eine Ablehnung dessen, was sie gesagt hatten. Er schwieg. So begannen sie zu stammeln und zu faseln. Das Schweigen war ihnen unerträglich geworden.
Schließlich schwiegen sie auch und wandten sich von ihm ab.
In seinem Inneren kreiste ein Wort: Ja. Es schwirrte und kreiste in seinem Kopf und setzte sich ganz selten zur Ruhe. Wenn er es aufnehmen und aussprechen wollte, sprang es weg und schwirrte und kreiste von neuem in seinem Kopf. Es war schneller als seine Gedanken. Seine Zunge war wie gelähmt. Er hetzte hinter dem Ja her. Aber er fasste es nicht und konnte es nicht über die Zunge bringen. Gern hätte er ein einziges Mal Ja gesagt.

JA 2
Paul sagte immer Ja. Die Leute wussten das. Sie wussten auch, dass Paul nur schwer Nein sagen konnte.

So stellten die Leute ihre Fragen so, dass die Antwort immer Ja lauten konnte. Oft war Paul anderer Meinung. Trotzdem sagte er Ja. Irgendwann merkte er, wie die Leute fragten. „Hm“, sagte er sich, „niemand ist wirklich an meiner Antwort interessiert.“

Zigarette


Er hatte lange nicht geraucht. Dann schloss er gelegentlich ein Mahl mit einem Espresso und einer Zigarette.

Dann rauchte er seine „Tageszigarette“. Danach  zündete er zwei Zigaretten am Tag an. Warum auch nicht? Er wollte sein Leben selbst bestimmen und aus zwei Zigaretten wurden mehr. Als er eines Tages nervös nach Kleingeld für den Automaten suchte, sagte er sich: „Ich bin frei; ich tue, was ich will.“

Dein wahres Gesicht

Sie ging nicht aus dem Haus, wenn sie nicht geschminkt war. Sie putzte morgens ihre Zähne und duschte. Sie rauchte eine Zigarette und trank eine Tasse Kaffee. Anschließend ging sie noch einmal vor den Spiegel und trug ihr Make-up auf. Es war braun und dick. Die Augen betonte sie mit dicken, schwarzen Strichen. Das Rot ihres Lippenstiftes passte häufig zu ihrer Bluse. 
Die Leute, die sie kannten, wussten nicht, wie sie unter dieser Schminke aussah. Manchmal fragten sie sich, wie wohl ihr wirkliches Gesicht sei. Einer war mutig und sagte zu ihr:  „Zeig uns dein wirkliches Gesicht!“ Es schien, dass sie ihn nett fand, denn eines Morgens ging sie ungeschminkt aus dem Haus. Die Menschen betrachteten sie. Für einige, die sie vorher gekannt hatten, war sie plötzlich fremd. Sie erkannten sie erst beim zweiten Hinsehen. Die anderen fragten sich, was sich an ihr geändert habe.
Ihr Gesicht war unbeweglich. Es wirkte immer noch, als sei sie geschminkt. Nur an ihren Händen konnten sie erkennen, dass sich in ihr etwas bewegte. Sie glaubten, an ihren Händen eine Unruhe zu erkennen, die vorher nicht da gewesen war.
Sie baten: „Zeig uns dein wahres Gesicht!“

Da brach sie in Tränen aus.

Günter Krass - Die Neue (2005)

„Mutter, das ist Wilma!“ Harald sagte das sehr leise. Er wusste, wenn Mutter häkelte, wollte sie nicht sprechen.
„Wilma.“ Harald zögerte. „Wilma ist meine Frau!“
Er wusste nicht, wie er das anders ausdrücken sollte; mit dem Begriff Lebensabschnittsgefährtin wollte er nichts anfangen und seine Mutter würde das schon lange nicht können. Harald legte einen Arm um Wilma, als ob er noch einmal bekräftigen wolle, dass die Frau neben ihm wirklich Wilma war. Und dass es jetzt seine Frau sei.
Wann ist man die Frau eines Mannes? Wenn man miteinander geschlafen hatte?
Harald war sich nicht sicher.
Wenn man sein Leben teilen wollte, in guten wie in schlechten Tagen? Das klang wie abgedroschen. Bisher hatten seine Beziehungen zu Frauen nur wenig Dauer gehabt.
„Mutter!“ Die Angesprochene häkelte weiter, sprach etwas Unverständliches, murmelte etwas, das wie Guten Tag! klingen konnte, oder Hallo. Nein, Hallo würde sie nicht sagen. Das war nicht ihr Stil. Stil kann man das doch nicht nennen, widersprach er sich. Das ist doch eigentlich Unhöflichkeit, Borniertheit, Ignoranz. Harald bemerkte den aufsteigenden Ärger.
Was Wilma jetzt wohl dachte? Welchen Eindruck gewann sie von seiner Mutter? Würde sie auf seinen Charakter schließen? Immerhin war er ihr Sohn. „Das ist Wilma!“ sagte Harald, nachdem er sich noch einmal geräuspert hatte. Fast bewegungslos saß seine Mutter im Sessel. Nur die Finger bewegten sich flink und Masche um Masche fügte sich aneinander. Wie er diese possierlichen Taschentuchumrandungen hasste! Als Kind hatte er oft einen verschmierten Mund gehabt, von Schokolade oder Eis. Seine Mutter hatte dann in ein Taschentuch gespuckt und mit dem feuchten Stoff seine Haut saubergewischt. Er konnte sich an den üblen Geruch ihres Speichels erinnern. Er hatte es gehasst. Auch jetzt ekelte ihn die Erinnerung daran.
Sie hatte auch dafür gesorgt, dass seine Frauen ihm davongelaufen waren. Keine war gut genug gewesen. Hinterher, wenn sie fort waren, hatte sie ihm ihren Reindruck geschildert. Und dann die Vorwürfe: Die hättest du halten sollen. Immer war es zu spät gewesen.
„Komm, Wilma! Wir gehen!“
Aber Wilma hatte sich schon unbemerkt aus seinem Arm gelöst und war in den Flur gegangen. Er hörte, wie sie leise die Haustür öffnete.
„Mach’s gut, Mutter.“
Seine Mutter hob kurz den Kopf, so als wolle sie das Geschehen bestätigen. Sie blickte Harald kurz an, um anzudeuten, dass er es mal wieder nicht geschafft habe. Dann senkte sie den Kopf und konzentrierte sich auf die Häkelarbeit. Ihre Finger bewegten sich flink und reihten Masche an Masche."Wilma!", wisperte sie,"was für ein Name! Nichts für Harald."

Georg Krakl - Gedicht mit einem Fetisch drin

Beim Streifen durch den Märchenwald, da fand ich einen Fee-Tisch;
In einer Tasse heißen Wassers hing ein Tee-Fisch.
Das arg’ Gebräu, das machte scheu,
Nicht nur die Menschen, auch die Feen.
Hab keine mehr gesehen.

Im Märchenwald ist mir jetzt kalt,
Ich sehne mich nach heißem Trank.
Der Fisch-Tee ist schon kalt.
Ach, Tisch-Fee, Tisch-Fee, hilf! Mein Herz ist krank.

Es dreht sich mir der Magen,
Müsst’ ich die Tasse leeren.
Ich kann mich meiner Sehnsucht nach der Tisch-Fee nicht erwehren.
Mir bleibt nur kalter ungesüßter Tee vom Fisch und grenzenloses Klagen.

Quintessenz:
Ohne Tisch-Fee, 
ohne Fee-Tisch
Nur mit Fisch-Tee
bleibt der Tee-Fisch 
nur ein Fetisch.


Wie große Nasen wirken

Männern mit kräftigen Nasen attestiert man gern eine gewisse Präsenz im Geschlechterkampf: An der Nase des Mannes erkennst du den Johannes.
Dieser abgegriffene Spruch zeigt, auf was der Mann in seiner Physiognomie reduziert wird. Das ist ungerecht.
Frauen mit langen Nasen dagegen wirken traurig und eher lethargisch. Ihr Mund sieht dadurch gleich kleiner aus, ihre Sprechfähigkeit scheint eingeschränkt und es könnte schwierig werden, mit ihr mal richtig einen kippen zu gehen. Durch die große Nase erscheint das Hirnbehältnis klein und damit auch das Hirn selbst.
Das ist ungerecht.
Frauen können denken.
Die Frage ist natürlich immer, was ?

Manch eine mag diese Sätze als immanent frauenfeindlich einstufen.
Fakt ist aber, dass hier dem Mann ein Spiegel vorgehalten wird. In der langen Nase, die ja auch bei Männern eher Kleinhirnigkeit assoziieren lässt, sieht er die eigene Zulänglichkeit, oder, im schlimmen Fall, die eigene UnzuLÄNGlichkeit.
Deutlicher muss man ja wohl kaum werden.
Der Rat ist: Versöhnung mit den Frauen. Ok, ihr seid mehr, wohin man auch schaut, lange Nasen können schön sein.
Müssen aber nicht, weder bei Mann, noch bei Frau.

Denkmal für Pinörkel

Endlich hat es der Pinörkel geschafft: Man hat ihm ein Denkmal gesetzt.
Stellvertretend für die Pinörkel, die uns geläufig und gegenwärtig sind, die wir mit Namen kennen und die wir persönlich ansprechen,  entstand an einem unbenannten Ort das "Denkmal des unbekannten Pinörkels", der den eigentlichen Weltpinörkel repräsentiert und MIllionen und Abermillionen der kleinen Helfer im Alltag und der liebgewonnenen Spielgefährten ehren soll.
Wir alle wissen zu schätzen, was die Pinörkel für uns leisten, wie sie uns helfen und wie sie sogar dem einsamen Menschen ein Gefährte sein können, wenn dieser einmal in einer stillen Stunden jemanden braucht, der ihm zuhört.
Der nächste Schritt, den es zu tun gilt, wäre die Einführung eines "Welttages des Pinörkels". Für welchen Blödsinn gibt es nicht schon Welttage? Und da kommt es auf einen weiteren doch wohl nicht an. Verdient hätte es der kleine Freund.

Satz der Woche: Zeit

Wer keine Zeit hat,
kann sich auch keine nehmen.


Gottfried Gottesmann: Morgenansprache - Sieh es positiv - Tag am 23.7.


Egal, was passiert, heute sehen wir es positiv. Die Kaffeetasse kippt um, der Henkel bricht ab, der Kaffee ergießt sich über die Häkeldecke von Tante Trude. Die ist hässlich, die war hässlich, heute gab es einen Grund, die wegzutun, und die Kaffeetasse vom Hasskollegen Rolle kann endlich auch in den Müll. Der Tritt in Hundeexkremente erstickt deinen Wunsch nach  einem Freund, der zuhören kann ohne zu antworten; der schlappe Reifen tut kund, heute sei nicht nur Sieh-es-positiv-Tag, sondern auch Welt-Orgasmus-Tag. Du pumpst alle Reifen auf, auch die von Susannes Fahrrad und fühlst dich gut, weil das Werk gut war. Als dann einer der Reifen nach einer Testfahrt platzt, ärgerst du dich nicht, sondern denkst, dass der Orgasmus als solcher, losgelöst von der funktionierenden Beziehung, überschätzt wird und in den meisten Fällen sowieso eine Täuschung ist. Es ist gerade mal Mittag und du siehst das positiv, denn da kann noch einiges auf dich zukommen.



Gottfried Gottesmann: Morgenansprache - Die Welt schöner machen





Am Fenster standen zwei hässliche Tiere, die wohl Dekorationszwecke erfüllen sollten. Sie waren aus Holz oder Kunststoff oder einem anderen unleidlichen Material.

Sie taten mir leid, denn sie waren so hässlich, dass sie niemand lieben würde.

Alles hat eine Seele, sagt der Yogi und verknotet die Beine.

Wer mit Hässlichkeit bestraft ist, sollte sich nicht das Schöne zum Ziel setzen, sondern versuchen, dem Hässlichen etwas Schönes abzugewinnen.
Allerlei Philosophisches war in meinem Kopf umtriebig und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Wie konnte ich den hässlichen Tieren helfen? Vielleicht war ihnen gar nicht bewusst, dass sie hässlich waren, und vielleicht war ich es, den sie unansehnlich und  widerlich fanden. Oder sie nahmen mich gar nicht wahr. Ignoranz ist eine schlimme Haltung. Die müsste bestraft werden, damit die Ignoranten lernen, lernen, lernen. Tolerant zu sein, etwa. Leben zu lassen. Das Unansehnlich hat schließlich auch eine Existenzberechtigung, nämlich, das Ansehnliche deutlich zu machen. Wo keine Zwei ist, kann auch keine Eins entdeckt werden.
Dumme Tiere. Wie konnte man so bar jeder Empathie sein und dabei selbst auch so hässlich? Wie konnte man sich auch noch über andere erheben?
Ich packte die beiden schnell an den Hälsen und stopfte sie in den Mülleimer.
Ich atmete durch und wusste, dass ich den Raum, das Haus, die Straße, den Ort, die Welt ein bisschen schöner gemacht hatte.