Quasimir Malewisch: Blick aus dem Fenster bei unbedeckter Rückfront und Hang zur Weite (2016)

Malewisch, dieser Flächendecker mit Hang zu überlangen Titeln hat mal wieder - mal! wieder - zugeschlagen, was heißt, er hat mit seinem Flächenpinsel eine Fototapete übergetüncht und dabei eine prägnante Stelle als Blickfang freigelassen. Vielleicht ist ihm aber nur die Farbe ausgegangen. Die kryptischen Titel seiner sogenannten Werke stoßen eher ab als auf, Hang zur Weite, was soll das denn sein? Unbedeckte Rückfront, das ist doch ein Widerspruch in sich. Da lob ich mir doch lieber das Malen nach Zahlen, da muss man zwar nicht rechnen können, aber wenigstens zählen. (Aus: Malen und Zahlen, Heft 1, 2016, S.5)

Gedicht mit „Pils und Pelz und pulst“ drin



Wenn’s an der Theke richtig pilst,
will sagen, Pils auf Pils rinnt in die Kehle,
dann umarmt und herzt die eine schnell die andere Seele,
und die kalte Frau im Pelz, sie schmilzt.

Dem Manne, der ein Pils verschluckt,
und in den Pelz reinguckt,
dem pulst
Das Blut und sorgt
ganz gut
für eine temporäre Unterleibsgeschwulst.

Das Herzgewummer wird zum Shittpuls
angesichts des Hunds der Dame, eines braungefleckten Pittbulls.

Das Pils, das will der Mann jetzt ohne Pelz und Puls genießen,
die schmilzend’ Frau wird wohl zu Boden fließen
müssen,
dahin, wo jener Pittbull liegt auf seinem Pitbullkissen.

Hoffnung im Alter

Seit ich nicht mehr hören kann,
was ich sage,
gehe ich mir nicht mehr so auf die Nerven.

Das Leben ist friedlicher geworden.
Aber auch einsamer.

Wörterbuch: Bierrhythmus

Ich habe die Blase voll davon!
Das ist nicht mein Bierrhythmus.

Georg Krakl - Pulsgedicht


Schittpuls
im Angesicht des Pitbulls.
Das Frauchen dieses Kampfhunds sitzt im Pelz
an der Theke in der  Linken schwebt ein Pils
und ihr Lächeln! große Zähne, weißer Schmelz.
Pilz und Pelz. Und Puls!
Pilz und Pelz und Puls.
Schittpuls.
Angesichts des Pittbulls.

Der König und sein Huhn: Hühnersuppe


König: Na, Huhn, heute schon das Ei für den König gelegt?
Huhn: Ich lege die Eier in erster Linie für mich. 
König: Du wirst schon wieder unverschämt. 
Huhn: Die Eier wollen eben raus, ob für den König, ob für den Eigenbedarf. 
König: Das könntest du auch angemessener ausdrücken. 
Huhn: Wenn’s doch so ist. Und überhaupt: Was heißt denn angemessen?
König: Dass der König das Gefühl hat, dass er respektiert wird, dass seine Untertanen ihn lieben, aber auch fürchten. Erst dann kann ein König herrschen zum Wohle der Untertanen. 
Huhn: Warum willst du denn das Ei?
König: Ich esse täglich ein Ei. 
Huhn: Das soll gerecht sein? Und das Volk?
König: Das Volk hat seine eigenen Eier. 
Huhn: Und wo kommen die her?
König: Natürlich von Hühnern, dumme Frage. 
Huhn: Seit wann das denn?
König: Werd nicht frech!
Huhn: Jetzt kommt die Nummer wieder. Wenn der König nicht weiterweiß, sind andere gleich frech.
König: Wo bleibt mein Ei?
Huhn: Keine Ahnung, hattest du denn mal eins?
König: Das geht dich gar nichts an. 
Huhn: Aber meins haben wollen.
König: Jetzt wirst du unverschämt.  Zum Henker mit dir!
Huhn: Stehst wohl auf Frikassée.
König: Henker! Ich lasse Hühnersuppe aus dir machen!
Huhn: Zur Hühnersuppe gehören immer zwei.
König: Henker!
Huhn: Hühner ist nämlich Plural. Aus mir kannst du nur Huhnsuppe machen.
König: Henker! Henker!
Huhn: Das Königreich der Richter und Henker. Witzig.
König: Henker, der König wünscht Huhnsuppe!
Huhn: Korrekt. Huhnsuppe aus einem Huhn.
König: Henker!
Huhn: Nicht mal der kommt. Toller König!
König: Es ist zum Verzweifeln. Ein guter König braucht einen Henker. Ich kann doch nicht alles selber machen.
Huhn: König, ich bin dann mal weg. Das kann ja dauern, bis der Kollege da ist.
König: Du bleibst hier.
Huhn: Ich geh kurz ein Ei legen. Gib dem König was des Königs ist. Steht schon in der Bibel.

Georg Krakl - Gedicht mit Genmanipulation drin

Wir lieben  roten Klatschmohn,
und meiden doch den Matsch-Klon.



Der König und sein Huhn: Majestät, Herr König

Huhn: König?
König: Majestät, so viel Zeit muss sein.
Huhn: Was ist eigentlich ein guter König?
König: Na, ich.
Huhn: Aha.
König: Ich sorge für dich. Das macht einen guten König aus. Der sorgt für seine Untertanen und seine Hühner. Der sorgt sich um....
Huhn(unterbricht): Jetzt keine Regierungserklärung. Ich wollte nur wissen, was ein guter König ist.
König: Na, ich. Habe ich doch gesagt. Weil ich für dich sorge.
Huhn: Mir kommt vor, dass ich für dich sorge.
König: Wie kommst du denn darauf?
Huhn: Ich lege die Eier und du isst sie.
König: Andersrum wäre absurd.
Huhn: Wenn ich aber die Eier lege und für dich sorge, warum bin ich dann nicht König?
König: Weil ich der König bin.
Huhn: Das ist ja sehr überzeugend.
König: Ich gebe dir Schutz.
Huhn: Und wovor schützt du mich?
König: Dass dir keiner was zuleide tut.
Huhn:  Wer sollte das sein?
König: Der Henker zum Beispiel.
Huhn: Warum sollte mir der etwas tun?
König: Weil du keine Eier mehr legst.
Huhn: Warum sollte ich das tun?
König: Keine Ahnung. Aus Trotz vielleicht?
Huhn: Aber es sind doch meine Eier. Da kann ich doch entscheiden, ob oder wann ich sie lege.
König: Die Eier gehören dem König.
Huhn: Wieso?
König: Das war schon immer so. Ein König ohne Eier ist wie ein Fahrrad ohne Kette. Wie Steuer ohne Erklärung. Wie Buch ohne Haltung. Für die Eier gewähre ich Schutz.
Huhn: Schutz vor dem Henker, der mir was antäte, wenn ich keine Eier mehr legte, die dem König gehören?
König: Jepp!
Huhn: Aber wenn mir der Henker etwas antut, dann kann ich doch auch keine Eier mehr legen.
König: Das liegt an der Struktur der Monarchie.
Huhn: Und dann?
König: Ein Huhn, das keine Eier mehr legt, kommt in die Suppe.
Huhn: ----
König: Wo gehst du hin?
Huhn: Ich geh erst mal ein Ei legen.


Georg Krakl - Finanzmarkt

Die Gans quarkt
Finanzmarkt

Was will der alte Allyriker Krakl sagen?
Er ist sich nicht zu schade, auf Markt mit quarkt zu reimen.
Ein Versehen, oder eine stille  Kritik an den Gebahren der dem Finanzmarkt Verfallenen?
Die Gans quakt - nimmt man den Satz als Metapher, so wird das Banale unserer Gegenwart deutlich. Auch wenn die Gans dem Schäferhund als Wachtier überlegen ist, so hält man ihr Gequake doch eher für Blödsinn. Die Gans regt sich auf, die Gans schnattert, die Gans quakt. Viel Lärm um nichts.
Und jetzt kommt Krakl und lässt die Gans quarken. Was für ein Quark, soll der Leser denken, kann der nicht reimen? Das will ein Lyriker sein?
Zu früh gefreut. Krakl lässt hier feinsinnig eine Gans tun, was nur die Milch kann, was selbst dem Quark nicht möglich ist, nämlich zu quarken. Es säuert, es gärt, das Flüssige wird greifbar, auch wenn es merkwürdig schmeckt. Wir sind sauer auf die Finanzmärkte, auf denen wir abgezockt  werden, auf denen sich Glücksritter tummeln, die Profite kassieren wollen, während wir das Portemonnaie öffnen
und missbraucht werden, das Risiko zu tragen und die Verluste mit ehrlichem Geld zu begleichen.
Was für ein Quark, quarkt die Gans und wir müssen ihr Recht geben, denn wir sind in der selben Rolle, wir sind gesellschaftlich die dumme Gans, die sich diesen Quark servieren lässt und die nichts tun will und nichts tun kann. Die Profite bleiben privat, die Schulden werden vergesellschaftet.
Wir, die Gänse, sind nicht privat, wir sind die Masse, vielleicht Weihnachtsgänse, die man bei Bedarf schlachtet.
Die Gans quarkt
Finanzmarkt
Da muss kein Appell mehr kommen. Das lapidare "Finanzmarkt" brennt sich in die Hirne. Lasst  uns hoffen, dass nicht wesentliche Teile beschädigt sind und die Botschaft des Krakelschen Gedichts im Gehörgang oder den Nasennebenhöhlen hängenbleibt, sondern ankommt, Erkenntnis provoziert und Handeln nach sich zieht. Erkennen ohne zu handeln, das bringt nämlich gar nichts.

Sich mit einem Schäferhund bei Regenwetter anfreunden

Rex. Alle Hunde sollten Rex heißen.
Der Hund ist des Menschen bester Freund.
Es sei denn, er ist irgendwann mal gebissen worden. Der Mensch.
Hunde sind aber nicht nur Erleichterung, sondern könne  auch Aufgabe sein.
Wenn Fifi dreimal am Mittwoch auf den Perser gekackt hat, dann heißt es, Demut zu zeigen vor der Kreatur und mit der Plastikhundeexkrementeschaufel bzw. der Hundeexkrementeplastikschaufel vom Fressnapf oder aus dem Fachhandel für Tierhygiene und einem Napf mit Seifenwasser, einer Bürste und einem Lappen auf den Bodenbelag einzuwirken.
Der Hund kann ja nichts dafür, denn er ist ja ein Freund.
Nicht mal den Zechkumpanen vom Vorabend würde man mit der Schnauze in das Falschgemachte stecken, weil das den Hineingesteckten aggressiv machen würde und eben auch menschenverachtend ist.

Schäferhund
Da ist der Schäferhund.
Der soll mein Freund werden, denkt Klein-Uwe, und streckt vorsichtig die Hand aus.
Der Hund knurrt. Er weiß nicht, dass Klein-Uwe lieb ist.
Klein-Uwe denkt, warum muss es denn ein Schäferhund sein?  
Der Hund ist eine günstige Gelegenheit, sagt die Mutter.
Der Vater wünscht sich einen deutschen Schäferhund. Damit er einen Freund hat.
Der Hund ist doch nett, sagt die Mutter, und Klein-Uwe versucht Freundschaft zu schließen.
Der Hund kennt das Wort überhaupt nicht.
Der Hund stinkt.
Der Hund stinkt!, sagt Klein-Uwe.
Die Mutter schüttelt den Kopf: Das tut der nur bei Regen.
Aber es regnet doch überhaupt nicht, meint Klein-Uwe.
Irgendwo wird es schon regnen, sagt die Mutter, weil der Vater endlich einen Freund braucht.
Aber er stinkt, wiederholt Klein-Uwe.
Kannst du nicht hören? ,fragt die Mutter, der stinkt nicht. Und wenn er stinkt, dann regnet es irgendwo. Oder sollen wir wieder zum Ohren-Arzt?
Klein-Uwe schüttelt den Kopf.
Wie heißt denn der Hund? ,fragt Klein-Uwe.
Das ist doch erst mal egal, sagt die Mutter.
Aber der Hund knurrt, sagt Klein-Uwe.
Wenn er knurrt, will er nur spielen, sagt die Mutter.
Was kann er denn spielen?, fragt Klein-Uwe.
Die Mutter schweigt, dann sagt sie: Das musst du schon selber rausfinden.
Spitz, pass auf? , fragt Klein-Uwe.
Der Hund knurrt.
Das wohl nicht, sagt die Mutter, das ist ein Schäferhund.
Der Hund schnappt zu und Klein-Uwe schreit auf.
Mensch, ärgere dich nicht! ,sagt die Mutter, Mensch, ärgere dich nicht, sagt sie zu sich selbst.
Klein-Uwe weint. Der Hund sitzt kerzengerade und schaut irgendwie selbstgefällig drein.
Die Mutter schluckt. Gleich kommt Vater, sagt sie.
Der Hund kann ja nicht mal beim Maumau die Karten halten, flüstert Klein-Uwe.
Still jetzt!, sagt die Mutter.
Und überhaupt: Der stinkt, obwohl es nicht regnet, sagt Klein-Uwe noch leiser.
Der Hund knurrt.
Der Hund knurrt lauter.
Die Mutter sagt: Aus!
Der Hund knurrt.
Klein-Uwe weint.

Heute werden sie keine Freunde, weil es nirgendwo regnet, denkt die Mutter.
Der Vater ist nicht da.
Klein-Uwe weint.

Georg Krakl - Das Lachen der Fellachen

Wenn Fellachen
Sachen
machen
können sie bis 60 Stunden wachen
lassen es so richtig krachen
und dann hört man die Fellachen
herzhaft lachen.
Den Fellachen lachen hören
kann die schönste Frau betören.
Der Fellach
legt gerne flach.

Wenn die Pelztierjäger
Tiere in den Pelzen jagen,
wenn sie 60 Stunden lauern und dabei an Hühnerbeinen nagen,
wenn sie Tieren, ungeschoren,
ihre Felle ziehen über deren Ohren,
wenn sie richtig Kasse machen
hört man ihr FELLLachen.

Lieber als der Pelztierjäger Lachen
sind mir die Fellachen.