Georg Krakl - Regenwurmanbetung

Vincent van Eenoor -Regenwurmanbetung (2017)
In schwerem Sturm
dem Tode nah
mein wundes Auge sah
den Regenwurm.
Ich hätte drauf gewettet:
Er hatte mich gerettet.

Jetzt will ich nicht mehr auf ihn treten,
sondern ganz bescheiden zu ihm beten.







Es ist oft wundersam, wie Religionen entstehen und welche religionsstiftenden Impulse verantwortlich sind.
Hannes, der Säufer torkelte einst aus seiner Stammkneipe, voll des Fusels, und voll des Gefasels, das er an der Theke nicht hatte unterbringen können. Voll war auch sein Herz, denn er suchte nach einem neuen Zuhause, wo er sich zuhause fühlen konnte. Seine Stammkneipe konnte das nicht sein, denn da stand immer jemand hinter dem Tresen und forderte ihn auf endlich seinen Deckel zu bezahlen.
Hannes brauchte ein Ziel, und das sollte Damaskus sein; deshalb machte er sich auf den Weg, um nach Damaskus zu schwanken.
Bereits nach 15 Meter stolperte er über einen aus dem gepflasterten Gehweig herauslugenden Stein, der wohl durch den letzten Frost nach oben getrieben worden war. Er stürzte, fiel auf die Hände und stieß mit der Nase  auf den harten, aber regennassen Boden. Ein dünner Blutsfaden rann aus der Nase bis auf die Lippen, so als zeichnete das Schicksal eine Hasenscharte in das sonst makellose, vielleicht etwas aufgedunsene Gesicht des Zechers. Hannes öffnete die Augen, die er vor Schmerz zusammengekniffen hatte und blickte auf einen Regenwurm, der in der dunklen Nacht sein Quartier verlassen hatte. Der Regenwurm verharrte plötzlich und Hannes hatte das Gefühl, als wolle er ihm etwas sagen. Können Regenwürmer überhaupt sprechen?, fragte sich Hannes, und versuchte in die Augen des Wurms zu blicken. Regenwürmer haben keine Augen, sprach es in Hannes' Kopf. Und überhaupt, Hannes, sprach es weiter, du weißt doch gar nicht wo Damaskus liegt! Geh mal wieder zurück in deine Stammkneipe und beruhige dich mit einem Herrengedeck, Pils und Korn, das kennst du ja.
Hannes fühlte ein Glücksgefühl, das seinen ganzen Körper durchströmt. Genau. Nicht Damaskus. Herrengedeck! Ach, wie lange hatte er dieses Wort nicht mehr gehört! Oder gedacht, denn zu hören war ja nichts gewesen. Das war ein guter Rat: Man soll keine Ziele wählen, von denen man nicht weiß, wo sie liegen, wo käme man da hin?
Hannes rappelte sich auf und schwankte zurück in die Kneipe und an den Tresen. Pils und Korn, Manni, geht auf meinen Deckel. Und den würde er auf jeden Fall morgen bezahlen, oder übermorgen.

Berufsgruppen im Bild: Musiker

Es ist immer dasselbe.

Berufsgruppen im Bild: Hausfrauen mit Handtaschen

Hausfrauen mit Handtaschen in Wallung

Was ist eigentlich ein Zeitfenster?

Da haben wir nur ein knappes Zeitfenster, meint Bankangestellter Fred, als er Miranda die Modalitäten ihres neusten Kredites über den Tresen schiebt. Miranda schielt unsicher zu Seite und meint dann salomonisch: Aha. Als stiller Beobachter der Szene denke ich über das, was der Geldmann gesagt hat, nach.
Ich zerlege erst mal das Wort. Zeit und Fenster. Ist doch klar. Ein Fenster ist ein Loch in der Wand, durch das man gucken kann, oder durch das der neugierige Nachbar gucken kann und durch das Licht fällt, um einen Raum aufzuhellen. Es gibt manchmal einen Fensterrahmen, darin sitzt Glas, weil es durchsichtig ist, und den Rahmen braucht man, um das Fenster auf- und zuzumachen. Es gibt zusammengesetzte Wörter mit Fenster, die vom Material beeinflusst sind: Holzfenster und Kunststofffenster, und Wörter, die auf den Sitz (oder die Lage? Den Stand?) der Fenster deuten: Kellerfenster, Dachfenster, Kirchenfenster.
Was also ist ein Zeitfenster? Sitzt es, liegt es , steht es in der Zeit? Dann wäre es ein Loch, das von einem Zeitrahmen umgeben ist. Ein Loch in der Zeit heißt aber, dass da gar keine Zeit ist. Also, wir haben im Zeitfenster keine Zeit. Das macht die Sache mit unseren Terminen noch dramatischer, wir haben wenig Zeit und in der verfügbaren Zeit ist auch noch ein Loch. Durch das könnten wir gucken, aber dafür haben wir keine Zeit. Die Frage ist auch: Wohin gucken wir denn? Nach draußen oder drinnen?
Mal angenommen, das Fenster sitzt, liegt oder steht in der Zeit, dann wäre das einfacher: Wir könnten aus der Zeit gucken wie aus einer Kirche oder hinein, wie in einen Keller. Aber das wäre auch ein Loch in der Zeit, das wir uns gar nicht leisten können.
Und sowieso: Zeit ist eine Illusion. Das Fenster gibt's doch gar nicht, denkt Miranda, und Recht hat sie. Man soll nicht jedem Bankangestellten glauben, der mit Modewörtern um sich schmeißt.
Eine knappe Zeittür....das klingt irgendwie nicht gut, obwohl man dann wenigstens hindurchgehen könnte, wohin auch immer.

Leben mit dem Müll

Das Schulministerium hat noch einmal deutlich auf die sinnstiftende Funktion von Unrat, Überflüssigem und Unentsorgbarem in Lehrerzimmern hingewiesen.
Zwar stimme es, dass die wachsenden Haufen an Geräten und  Papieren, alten Lebensmitteln, Pfandflaschen und Turnschuhen den eigentlichen Arbeitsraum schrumpfen ließen, andererseits sähe sich der Lehrerkörper getrieben, den Unterricht aufzusuchen, da die Räume für die Schüler zwar nicht gemütlicher, wohl aber weniger ungemütlich aussähen. Auch der beim Einatmen eingesogene Staub sei geringer als im Pausenaufenthaltsraum der PädagogInnen. Diese unterrichtsbezogene Flucht aus dem Lehrerzimmer erhöhe die Präsenz im Klassenraum und verbessere die Qualität des Unterrichts, da er eher beginnen könne.

Georg Krakl - Pilzgedicht

Knollenblätterpilz 2

Tollen Retter - Schmilz
Dahin mein Herz!- getroffen.
Bin vor Liebe wie besoffen.
Knollenblätterpilz
Gegessen
Und vergessen
Tollem Retter jenes anzusagen.
Liebe schwindet  durch den Magen.

Jetzt ist's zwölf, will sagen, kurz davor.
Da unten seh ich jenen Retter.
Ich steh vor dem Himmelstor.

Georg Krakl - Pilzgedicht

Knollenblätterpilz

Wenn du einen isst,
merkst du schnell, wer dich vermisst.

Heute vor neun Jahren - Richtigstellung: Feinkostgeschäft

Der Verband deutscher Feinkosthändler besteht darauf festzustellen, dass es nicht Feinkothandlung, sondern Feinkosthandlung heißt. Sollte weiterhin Feinkothandlung in Bodos Welt geschrieben werden, behalte man sich Schritte vor. Bodos Welt: Vorsicht beim Schritte machen, schnell kann man in Feinkot treten, den besonders kleine und junge Rassehunde produzieren. Dass es Geschäfte geben könnte, die solchen Unrat verkaufen, ist ein Gerücht. Es heißt wirklich Feinkosthandlung, da besteht kein Zweifel.

Schröder plant Grazprom

Gerhard "Agenda" Schröder, der es geschafft hat, dass in Deutschland nicht mehr die Soziale Marktwirtschaft die Gesellschaft in die roten Zahlen prasst, plant jetzt, nach seinem vor Jahren erfolgreichen StartUp bei Russlands Putin und Gazprom, ein Crowdfunding zu lancieren: GrazProm.
Wohlwissend und vorausschauend, dass Haschisch in seinen diversen Verabreichungsformen der Kassenschlager sein wird, macht er sich schon jetzt bereit,  hier die Führungsrolle zu übernehmen.  Wenn die Metapher "die Nase dran haben" nicht ganz greift, so ist doch klar: Da ist noch was zu holen. Einmal Kanzler, immer Kanzler, und Geld macht sexy wie Macht das macht, da muss man nicht mehr ganz taufrisch sein. Und wer will nicht sexy sein? Auch wenn die Tüte schon mal den Blickwinkel verstellt und aus einem alten Sack einen prima Hanfbeutel macht...

Georg Krakl - Gedicht mit einem Endtag drin

Silvester
Trank er dies und trank er das,vor allem Trester.
Machte Sachen mit der Dame
Brachte sie zum Lachen
Und zum Weinen
Aß mit Senf die heißgeliebte Bartagame
Machte was mit ihren Beinen
Und dazwischen, was mit ihren Armen, ihrem Kopf.
An Neujahr, da kann sie nicht mehr weinen,
Ist sie still. Er hängt am Tropf.
Vorsatz für das Neue Jahr:
Neue Dame
Ohne Bartagame
Und Silvester
Nur  begrenzte Schlückchen Trester.