Der weise Mann sagt: Nicht auf dem Deckel stehen


1.Du kannst dich glücklich schätzen, wenn du weißt,
dass es in der Not einen Ausgang für dich gibt,
auf dessen Deckel niemand steht.
oder
2.Steh nicht auf dem Deckel einer Klappe, ein Mensch
könnte in Not sein!

Sich selbst erkennen


Mann: Guck mal, Mutti, der Lüpertz hat dich modelliert.
Frau: Du spinnst ja.
Mann: Doch, ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten.
Frau: Sieht eher aus wie du.
Mann: Quatsch. Ich hab doch gar nicht so eine großporige Haut.
Frau: Genau wie du.
Mann: Und diese Beulen. Wo sollen die denn sein. Auch die Ohren, und die wulstigen Augenbrauen, die hässliche Nase, die schmolligen Lippen, nä, Mutti, das bin ich nicht.
Frau: Ich finde doch.
Mann: Hast du mal was mit dem Lüpertz gehabt?
Frau: Wieso?
Mann: Weil der so eine Plastik von dir gemacht hat.

Kein Trinkwasser in Köln


Rheinaue, nobles Wohnviertel; etwas für Betuchte. Aber traut man den Menschen, die dort in modernsten Bauten ihr anonymes Leben fristen, wirklich etwas zu? Im Kopf? Oder hat der Lifestyle alles verkleistert, eingegipst, dass der Grips nicht mehr arbeitet? Kein Trinkwasser. Das Schild, montiert auf einer Betonplatte, weit und breit von Wasser nichts zu sehen, hat diese schlichte Botschaft: Dies ist kein Trinkwasser. Das ist Beton, denkt der Leser weiter, wenn du das trinkst, haust du dir den Kopf ein. Außerdem geht das gar nicht, weil Beton einen Aggregatzustand hat, der das Trinken verhindert. Versuch einfach, lieber Lifestyle-Mensch, lieber Yuppie, geehrter Ouppie, versuch, einen Strohhalm in dein Getränk zu rammen! Der wird zerknicken. Was, Wasser trinkt man nicht mit dem Strohhalm?
Lassen wir das, das Gespräch fortzusetzen wäre sinnlos. Kein Trinkwasser. Warum schreibt man nicht: Keine Luft? Kein Butterbrot? Kein Bier? Keine Ahnung.
Der moderne Mensch hetzt an solchen Tafeln vorbei, sie berühren ihn nicht, er berührt sie nicht.Fass mich nicht an, dann fass ich dich auch nicht an. Das ist die Vereinbarung.
Für wen sind dann die Tafeln gedacht? Für die Neider, die sich an den Fensterscheiben nicht die Nase plattdrücken können, weil diese eine Etage zu hoch sind? Sollen sie die Neider beruhigen? Die Menschen hier haben kein Trinkwasser, daher nehmt euer eigenes missratenes Schicksal nicht so schwer!Vielleicht ist es Kunst, und dann wären wir aus dem Schneider. Dann können wir ein Foto machen und denken: Och, Kunst!
Wenn uns das Foto zu Hause nicht gefällt, dann löschen wir es. Und dieser Vorgang schafft Befriedigung. Er entschädigt für alle Zweifel, die in uns keimten, als wir das Schild lasen: Kein Trinkwasser.

Karl-Friedrich "Khalef" Motzke: Aus meinem Campingtagebuch - 2


Es regnet. Ein Gräuel den Menschen, die extra in den Süden gefahren sind, um diesem zu entgehen. Der Bullifahrer bleibt gelassen; der Zeltbewohner wird nervös. Regen-damit hatte er nicht gerechnet. Wird das Zelt dicht bleiben? Jetzt Nahtdichter einzusetzen wäre zu spät. Dazu muss das Zelt trocken sein. Gestern hätte man das machen sollen. Da waren 34° im Schatten, wer hat da Lust, Nahtdichter aufzuspritzen? Wo der Schweiß direkt aus der Stirn tropft? Dem Zeltbewohner wird auch langweilig, was nicht der Ruhe und Erholung dienlich ist. Er ist gezwungen im Stauraum seines Kuppelzelt zu verharren und möglichst regungslos das Ende des Schauers abzuwarten. Ein Anstoßen der Zeltwand kann eine undichte Stelle losrütteln. Das Buch liegt im Auto, jetzt durch den Guss zu rennen, wäre unklug. Das Geschmiere vor dem Zelt würde sich ins Innere schleppen lassen und den Boden unappetitlich machen. Warten. Ein bisschen fotografieren. Aber, was? Fotos aus dem Innenraum des Zeltes interessieren doch keinen, wenn man wieder daheim ist. Und Regen macht den Neid der Nachbarn kaputt. Na, ihr seid aber braun geworden, wohl viel Sonne gehabt? Das muss die Frage sein! Und nicht der Nachsatz: Ach, da hat's ja auch geregnet, genau wie bei uns.... Da kann man gleich zu Hause bleiben. Künstlerische Fotos sind die Alternative, oder Bilderrätsel: Was ist das denn? Ja, das ist die Kuppel des Vorzeltes, von unten gesehen!
Der Bullifahrer entscheidet, morgen weiter zu fahren, wenn der Regen nicht aufhört. Jetzt liest er erst mal die Betriebsanleitung des Autoradios, weil die gerade so günstig im Handschufach liegt. Für den Krimi müsste er erst nach draußen zur Heckklappe hetzen, was unklug wäre. Der Boden ist matschig, der Regen nass und der Fußraum soll sauber bleiben.

Wahrnehmung: Frauen sehen anders


Der Herbst ist da; mit kräftigen braunen und gelben Töne kündet er vom nahenden Winter, der das Leben in der Natur zur Ruhe bringt. Der Herbst ist die Zeit des Übergangs, der Mann schreitet forsch voran, ergötzt sich an den Farbtönen, die häufig seiner Kleidung entsprechen, und weiß: Der Winter naht. Da gibt es nichts dran zu rütteln. Der Mann hat sich abgefunden. Der Mann ahnt auch: Bald wird es Frühling. Auch der Winter ist nur ein Übergang.
Um wieviel schwerer tut sich die Frau, die erziehungsbedingt mit Pink und Rosa und hässlichem Altrosa groß geworden ist, und die Tatsache der Brauntöne ignoriert. Nein, das ist nicht Braun, das ist ein tiefes Rot, das da ein Pink, jenes Gelb ist ein Rosa. Männer halten solche Frauen für störrisch. Wissenschaftler haben jetzt festgestellt, dass die Frauen wirklich andere Fraben sehen und dass man sich den ganzen Geschlechterkrieg hätte sparen können. Frauen sehen anders, Frauen sind anders. Wenn das erst mal in den Hirnen der Männer ankommt, damit sie es ihren Frauen erklären können, kann es zu Verstehen und Aussöhnung kommen, dann ist der ganze Emanzipationskram vom Tisch; wenn der Mann Rot sieht, ist das für die Frau immer Lila gewesen!Endlich weiß auch der Frauenversteher, warum er scheitern musste. Und das tut jetzt wirklich mal gut.

Optische Täuschungen: Im Buchladen

Neulich blättere ich am Eingang einer Filiale einer Buchhandelskette in einem Bildband zu Bravos fünzigstem Geburtstag und komme von Freddy Quinn über Gitte und einem Starschnitt von Pierre Brice als Winnetou(I-III) zu eine Bild, das mich anhalten und stutzen lässt: Och, denke ich, Boy George war auch mal richtig schlank! Der ist mit seinem Erfolg verfettet, musste immer größere Sakkos tragen, damit man den Schmull nicht sah, und, der sah ja richtig gut aus, und hier auf dem frühen Foto: Nein, fast zum Anbeißen, wenn er nicht ein Mann gewesen wäre, und Männer stehen nicht auf Männer, also nicht offiziell, das ist nach wie vor unmännlich und gilt tendenziell als homosexuell, weil man schwul ja nicht sagt. Ich sinniere weiter über diesem Foto und denke: An irgendwen erinnert der mich aber auch, war die mit mir nicht damals beim Pastor, sind wir nicht zusammen konfirmiert worden? Die Tasache, einen Bravo-Bildband in Händen zu halten, erinnert doch immer an pubertäre Begehrlichkeiten, und anstatt den Katechismus geistig zu durchdringen, hat sich der erwachsen werdende Konfirmand doch eher die süße Kati einfach anders vorgestellt, leichter bekleidet,im Badeanzug, oder vielleicht auch ohne diesen. Unvorstellbar, dass Boy George wie Kati ausgesehen haben soll. Vielleicht schau ich mal an den Bildrand,denke ich weiter, um eine Notiz zur dargestellten Person zu finden: Sinead O'Connor. Aha, dachte ich's mir doch. Das war ja nachweislich eine Frau, immerhin ist die auch Mutter geworden.
Ich hake das Kapitel Boy George für heute ab und gehe nach Hause. Wie hieß die Kati aus der Konfirmandengruppe denn noch mit Nachnamen?
Ekke Dützmann

WinFried Hackeböller: Rostwinkliges Dreieck (2009)


Mein Dreieck hat zwei Augen,
und ist auch nicht ganz spitz,
die Schenkel sind zu lang,
das kann doch wohl nichts taugen.
Und da, die Ankathete!
Die hat doch keinen Sitz!
Und Rost in allen Ritzen, ach, Dreieck, mir wird bang!

Georg Krakl: Emirat (2009)

In jedem Emirat
gehört in diesem Jahr, man glaubt es kaum,
für Frauen der Spagat
zum Pflichtprogramm.Für Männer nur der Purzelbaum

Untätiger Polizeiapparat


Alte Frau: Wachtmeister! Ich habe das Gefühl, mal wieder in einen Kaugummi getreten zu sein. Die Jugend von heute hat keinen Anstand. Sie sollten sofort einschreiten!
Wachmeister: Hab ich schon!
Alte Frau: Was, bitte?
Wachtmeister: Hab ich schon.
Alte Frau: Bin.
Wachtmeister: Wie, bin?
Alte Frau: Einschreiten ist ein Bewegungsverb.
Wachtmeister: Na, ich weiß nicht, sieht im Moment nicht so aus.
Alte Frau: Bewegungsverben werden mit sein gebildet.
Wachtmeister: Um was geht es denn?
Alte Frau: Dass es nicht heißt "Hab ich schon".
Wachtmeister: Kann ich mal Ihren Personalausweis sehen?
Alte Frau: Warum das denn? Ich trete in einen Kaugummi, den die verlotterte Jugend von heute hierhin gespuckt hat, und Sie verlangen meinen Personalausweis.
Wachtmeister: Reine Routine.
Alte Frau: Das ist ja hier ein Polizeistaat.
Wachtmeister: Den Ausweis bitte.
Alte Frau: Was soll denn das für eine Routine sein?
Wachtmeister: Polizeiliche Ermittlung. Herstellung der öffentlichen Ordnung. Suchen Sie sich was aus.
Alte Frau. Das wird ja immer schöner. Wo kommen wir denn da hin, wenn alte Frauen jederzeit ihren Personlausweis vorzeigen müssten, geschwiege denn dabei haben? Das sind ja Zustände wie im alten Rom!
Wachtmeister: Die hatten noch keine Ausweise. Jedenfalls keine aus Plastik, vielleicht aus Ton.
Alte Frau: Da gab's auch keine Kaugummis.
Wachtmeister: Na also, dann wär ja alles klar.
Alte Frau: (leise) Ich hasse diesen ganzen klebrigen Polizeiapparat, diese Sprüche, diese Untätigkeit. Und, was wäre dabei rausgekommen? Nichts.
Wachtmeister: Sprechen Sie mit mir?
Alte Frau: Nicht, dass ich wüsste.

Den Deutschen fehlt Kohl


Wie sehnen wir uns nach den Zeiten zurück, als Helmut Kohl Kanzler war! Dieses Schwergewicht, das Angela Merkel und Guido Westerwelle zusammen nicht uf die Waage bringen, bot uns immer Anlass, unseren Hass auszudrücken, unsere Abscheu, unsern Ekel: Vor hartnäckigem Aussitzen, vor Verlogenheit und vor Übergewicht. Wir probierten aus Trotz alle möglichen Diäten aus, nur um nicht in den kohlschen Bereich zu kommen, sodass uns niemand vorwerfe, wir seien Sympathisanten. Der Volksmund nannte Kohl Birne! Welche Tragik!
Wer sich gegen Merkel und Westerwelle richtet, der muss sich vorwerfen lassen, etwas gegen Frauen und Homosexuelle zu haben, und wer will das schon? Der gehörte ja genau in das Lager, das die beiden repräsentieren: Das konservative.
So können die da oben mal wieder machen, was sie wollen. Diesmal ohne Widerspruch.

Schöner leben


Seit je her bietet der Garten die Möglichkeit, Objekte zu platzieren, die eigentlichen keinen Sinn in sich tragen und auch nicht immer schön aussehen, die aber Tante Else geschenkt hat und natürlich beim nächsten Besuch sehen will. Möglicherweise, wenn das Objekt nicht an geeigneter Stelle steht, könnte eine Kürzung des hoffentlich üppigen Erbes die üble Folge sein.Ein unstrukturierter Garten bietet besonders viele Stellen, etwas zu positionieren, da er unübersichtlich wirkt und schnell über Ungeliebtes hinwegwuchert, ohne dem Besitzer ein schlechtes Gewissen zu machen. Ein solcher Garten ist natürlich nicht im Sinne von Tante Else.
Man muss zu seinen Geschenken stehen, weiß der Volksmund, auch wenn er sich selber schämen würde, so etwas mitzubringen und als Geschenk zu deklarieren. Erfindungsgeist und gestalterisches Geschick sind erforderlich, wenn man das Dilemma lösen oder wenigstens an die Seite schieben will. Es ist was im Busch!, mag die Antwort lauten, wenn Tante Else fragt: Wo ist denn der hübsche Keramikfrosch, den ich euch letztes Mal geschenkt habe?
Wie froh mag sich ein Mensch nennen, wenn ihm lediglch blaue Glaskugeln in Metalldraht überreicht wurden!

Georg Krakl: Tomaten (2009)


Wenn Tomaten
wie Erdbeeren leben
in deinem Gaten
dann ist das völlig daneben

Totes Stofftier


Die Menschen werden bleich und kalt, wenn sie nicht mehr unter uns sind, und wir zieren uns zu sagen: Die sind tot. Meerschweinchen gelten als winterhart, aber lass sie im Garten im Februar, wenn's noch mal richtig anzieht, wenn der Frost noch mal richtig aufdreht, dann vergeht dir die Lust, im Garten zu sitzen. Das Meerschweinchen aber denkt: Meine Güte, das Meer, voll des Salzes, kann doch nicht zugefroren sein, es sind doch erst 15 Grad minus. Die Gelenke knacken und es bekommt kaum noch das Maul auf, das Blut geronnen. Winterharte Meerschweinchen, denkt das Meerschweinchen, wer ist nur auf diese blöde Idee gekommen? Da lässt man doch keinen Hund vor die Tür, einen Pinscher etwa, der sich vor Kälte leckt und dessen Zunge am Körper in Sekundenschnelle anfriert. Arme Sau, der Hund.Winterhart. Im Winter werden die Meerschweinchen hart. Jetzt hat's auch jeder verstanden. Hahaha!
Stofftiere, diese Pfeifen, die wollen und können nicht. Sie können, aber wollen nicht. Sie sind die Zombies der Tierwelt. Steiffgefroren. Steiff, Knopf im Ohr.

Gedicht ohne passenden Endreim am Ende (Schitttt!)


Frau in Blau
träumst von der Treckerfahrt in den Harz.
Bist nicht blau, nein, du changierst
und denkst: Das warz!
Nimm's nicht genau!
Auch wenn du dich zierst.
Der Harz ist weit,
der Traktor ist breit.
Er kann nicht mehr fahr'n,
beziehungsweise darf nicht.

Der letzte Zug


Das Leben rauscht vorbei und wir schauen nur zu. Das, was bleibt sind Frau und Telefonzelle, eine kalte Wand, gefliest, glatt, unverbindlich, ohne Halt für die Haltlosen, die Gestrauchelten; kalte Schienen und Schotter, ja, Schotter, nicht die Penunse, nicht Lobi, nicht Kies, nicht Flocken, Ocken, Poschi, Manni oder Zaster. Nein, Steine, die den Grund bilden, auf dem das Leben wie auf Schienen davon rast, einer U-Bahn in Bonn gleich,einer in Berlin gleich, einer in Hamburg und Bielefeld gleich. Irgendwo, wo es U-Bahnen gibt, rast das Leben davon. Was bleibt sind Frau, Telefonzelle und Fliesenwand, sind Bahnsteig und Schienen und Schotter. Kalte Welt, die sich nicht darum kümmert, weil es ihr Lauf ist, ihr Schicksal, ihr Los, ihre Bestimmung: Tatenlos zusehen, wie sich ihre Kinder in Grund und Boden warten, ohne Hoffnung, nicht wissend, dass es ihr ZUg gewesen wäre, auf den sie hätten springen müssen. Arm, von dem man sagt: Er hat den letzten Zug verpasst. Dann lieber ein Trittbrettfahrer sein.

Hoffnung für Linkshänder


Die Stadt Bonn macht den Anfang: Man geht endlich, seit Jahrtausenden der Ignoranz, endlich auf die Bedürfnisse der Linkshänder ein. Es gibt die ersten Wörter in der Innenstadt, die von rechts nach links geschrieben werden, sodass die Tinte nicht mehr verschmiert, wenn der Linkshänder schreibt. Kein ätzender Einsatz des Tintenkillers mehr, kein Gefluche und keine Tadel von Lehrer oder Vorgesetztem.
Die Reaktionen sind noch verhalten, die Linkshänder loben die positive Absicht zwar, kritisieren jedoch, dass die Wörter nun schwer lesbar seien, da sie natürlich weiterhin von rechts nach links läsen.
Die Stadt ist geknickt, ihr guter Wille hat nicht das erreicht, was er wollte. Man überlegt nun, ob man die Idee nicht in die orientalische Welt verkauft, weil es dort sehr viele Menschen gebe, denen die rechte Hand fehle.

Geschichten abseits der Jahreszeit:Das grüne Ei

(Foto: Auch Ostereier landen letztendlich auf dem Frühstückstisch)
An diesem Ostern hat Bodo wieder gut gesammelt. Er hat alle Verstecke gefunden.
Im eigenen Garten hat er 15 bunte Eier gesammelt, 1 Schokoladenhasen in groß, 2 kleine Hasen in hockender Stellung, 1 Tüte Zuckereier und 1 lackiertes Pappei, indem noch weitere Leckereien versteckt sind.
Auch bei Tante Linchen und Onkel Fritz hat es einiges zu finden gegeben: 10 bunte Eier, noch ein lackiertes Pappei, auf dem eine Hasenschule abgebildet ist, und verschieden große Osterhasen aus Schokolade.
Von Oma Unten hat er 5 DM Ostergeld für die Spardose bekommen.
Morgen wird er noch bei Tante Anni und Onkel Willi sammeln, was noch einmal die gleiche Menge bedeutet.
Für heute wird es keinen Höhepunkt mehr geben; auch Ostersonntag ist wie alle Sonntage spätestens am Nachmittag langweilig.
Bodo geht los, um vielleicht mit Piete etwas zu spielen, wobei die Sonntagssachen nicht dreckig werden können. Aber genau aus diesem Grund hat Piete sonntags oft keine Lust etwas zu spielen.
Trotzdem geht Bodo die Strasse runter zu Piete, er öffnet die Gartentür, geht über die Platten, springt aufs Gras und plötzlich sticht etwas Grünes in sein Auge.
Der Garten von Oma Unten ist grün, aber dieses Grün ist anders. Es ist ein Grün, durch das es Weiß schimmert. Ein Grün, das im Garten gar nicht vorkommen kann. Es ist die Farbe eines grün gefärbten Eies, das vorher weiß gewesen ist.
Piete hat ein Ei nicht gefunden, schießt es in Bodos Kopf. Er hat einfach ein Ei übersehen, an der Hausecke, wo immer schon dieser weiche Bodendecker steht, in den man schön Nestgras stecken und zu einem Nest formen und Eier ablegen kann. Kein gutes Versteck, weil zu niedrig, zu einfach, zu überschaubar, zu einsehbar. Da legt man Eier hin, die gefunden werden sollen.



Das Ei liegt einfach da. Ohne Nestgras steckt es in diesem grünen Bodendecker. Es ist in das Gewächs gerutscht, so dass nur noch ein Teil zu sehen ist.
An diesem Tag sind Bodos Augen schärfer als sonst, damit ihm solche Fehler nicht passieren können : Piete hat ein Ei übersehen!
Wem gehört jetzt dieses Ei?
Bodo entscheidet, dass es dem Finder gehört. Er nimmt es aus dem Gras heraus und steckt es in die Tasche.
Soll er Piete von seinem Triumph erzählen? Oder würde er behaupten, es sei seins, das er einfach noch etwas habe liegen lassen wollen? Oder, viel schlimmer noch, dass er es nachträglich dort versteckt habe, damit Bodo noch ein Ei bekomme, denn er selbst habe ja sowieso zu viel?
Egal. Dem Finder gebürt das Ei. Der Osterhase hat es nicht für bestimmte Menschen versteckt, sonst könnte er denen die Eier ja gleich geben, ohne dass sie suchen müssten. Er hat sie für die versteckt, die sie finden.
So ist das. Deshalb ist das grüne Ei Bodos Ei. Und deshalb wird er schweigen und kein Wort Piete gegenüber sagen.
Bodo muss nun auch nicht mehr spielen und geht nach Hause.
Gefunden ist gefunden! Ein schöner Sonntagnachmittag.

Geheime Botschaften im Alltag


Was uns die Umwelt mitteilt: Eine angebrochene Packung Papiertaschentücher neben einem kleinen Haufen Spitzholzspäne auf einer Fensterbank. Wenn der Bleistift, der hier durchs Gerät gedreht wurde, weil er stumpf war, reden könnte, würde er vielleicht sagen: Ich bin total spitz, aber verschnupft.
Vielleicht war es aber auch der Anspitzende, der hier der Nachwelt seine Botschaft übermitteln wollte: Bin spitz, jetzt aber mal Tempo!
Sprechen die Taschentücher zu uns? Ich fass dir an die Nase, da fallen aber die Späne! Kann das die geheime Botschaft sein?
Möglich, dass die Späne etwas zu sagen haben: Wir waren mal das Stumpfe eines Bleistiftes, der jetzt spitz ist. Das ist echt zum Heulen (deswegen die Taschentücher)!
Das Ganze kann natürlich auch die Interpretation eines fehlgeleiteten Verstandes sein, der sich zu viel Gedanken macht und glaubt, nur weil eine Schaufel in der Ecke steht, dass man ihn auf die Schüppe nehmen wolle.
Hier wäre ein Profiler gefordert, der seine Zeit neben dem Gerichtsmediziner in neumodernen Krimis verplempert. An dieser Stelle könnte er echte Arbeit leisten.
Übrigens schon gemerkt? Was die Fensterbank denkt, das interessiert mal wieder keinen.

WinFried Hackeböller: Tor zum Rosten


Welche Stille, welche Hingabe. Das hat Hackeböller raus. Ein paar Klötze rostiges Eisen hinhauen und schon entsteht Kunst vor den Augen des Betrachters. Vielleicht liegt es aber auch am Betrachter. Kann sein, dass der eine verstigene Meinung von sich selbst hat. Vielleicht ein ehemaliger Seemann, der hier seine Landgänge resümiert. Man weiß es nicht, aber im Grunde genommen handelt es sich nicht um Kunst. Eigentlich nur um ein paar Eisenklötze, die rosten. Vielleicht haben die sogar eine Bedeutung in der Schifffahrt. Vielleicht sind sie auch gar nicht von Hackeböller. Niemand kann ergründen, wohin solche Gedankengänge noch führen werden.

Fernwärme


Menschliche Wärme, dem anderen nahe sein, spüren, dass man nicht allein ist, das wünschen wir uns alle. In liebloser Zeit ist das ein Begehren, das nicht immer Erfüllung findet. Glücklich der, welcher sich mit seiner Liebsten an das Ufer eines Flusses setzen kann und spürt, dass alles fließt, dass die ganze Glückseligkeit durch die Adern strömt, allein dadurch, dass wir dem lieben Menschen unsere Hand reichen.
Diese Idylle konterkariert förmlich ein Fernwärmerohr, dass zwar suggerieren möchte, es gebe in der ferner Ferne Wärme für den Ungeliebten. Das ist betrügerisch. Fasst man die Rohre an, so saugen diese förmlich das Warme aus dem einsamen Körper und schießen es in deutsche Haushalte, in denen die Menschen vor den Fernsehgeräten vergammeln. Wärme fördert den Gärungsprozess, und das ist die dunkle Seite des Begriffs. Dem Einsamen bleibt keine Chance. Vielleicht reibt er sich schadenfroh ob der Tatsache die Hände, dass Beziehungen im Schnitt zwischen 3 Tagen und 14 Jahren dauern; und dann ist Schluss. Aus mit der Idylle, aus mit menschlicher Wärme. Das Händereiben aber erzeugt sie, auch wenn das in etwa dem Alleinamflussuferherumsitzenohnepartner gleichkommt.

Rolf und Dieter: Lieblingsblume


Rolf: Was ist deine Lieblingsblume?
Dieter: Fleischiges Lieschen....
Rolf: Was ist das denn?
Dieter: Fette Henne mit Menschen.
Rolf: Na, ich weiß nicht...
Dieter: Und deine?
Rolf: Hängegeranien.
Dieter: Du bist doch gar nicht schwindelfrei.
Rolf: Manchmal schon.

Rolf und Dieter: Am Abgrund


Rolf:Bist du schwindelfrei?
Dieter: Ja, sicher, du nicht?
Rolf: Doch, doch.
Dieter: Interessant, so ein Abgrund....
Rolf: Findest du?
Dieter: Unbedingt. Da merkt man, dass man lebt!
Rolf: Wieso das denn?
Dieter: Einen Schritt weiter, und du bist tot.
Rolf: Das findest du interessant?
Dieter: Ganz genau.
Rolf: Ich kann mir was Besseres vorstellen.
Dieter: Und das wäre?
Rolf: Schön im Sessel sitzen und ein Gläschen Roten schlürfen.
Dieter: Das ist für Elefanten völlig untypisch.
Rolf: Am Abgrund stehen auch.
Dieter: Nicht dass ich wüsste.
Rolf: Natürlich. Wo hat man das denn schon gesehen? Zwei Elefanten am Abgrund? Wenn die springen, dann entsteht da unten ein neuer Elefantenfriedhof. Die gibt's nämlich wirklich.
Dieter: Bist du überhaupt schwindelfrei?
Rolf: Nicht wirklich.
Dieter: Was denn jetzt?
Rolf: Eigentlich gar nicht.
Dieter: Ok, Ok. Was hast du denn da? Merlot?

Andi Werwohl: Pümpel (2009) Georg Krakl: Pümpel(2009)


Aus des Abfalls groß' Gerümpel
zog ich diesen Pümpel
stellt' ihn auf in Wuppertal
hatte keine andre Wahl
denn der Zug hielt sonst an keiner Stelle
sah des Zugbeamten Kelle
lief zurück
und hatte Glück:
Pümpel hing und sah gut aus.
Ich fuhr dann im Zug nach Haus.

Georg Krakl: Fleischgerichte (An die Tiere für die Wurst) (2009)

Ich esse gerne Fleichgerichte.
Die Tiere machen Kreischgesichte.
Das müsst ihr mir verzeihen!
Die Bratwurst kann nicht schreien.
Ich weiß von nichts
und esse auch den letzten Happen meines Fleischgerichts.

Rätsel am Straßenrand


Wieder und wieder stellen Städte, hier Köln, Schilder auf, um jungen ziellosen Männern eine Ausbildung zu verschaffen. Zuvor ist aber immer der Sprachbegabungstest in Form von Wortergänzungen zu lösen:
Gleich zwei Aufgaben stellen sich hier vor, deren Lösungen beim Ordnungsamt der Stadt abzugeben sind; dort sind auch die Ausbildungsberechtigungsscheine zu erhalten, die jedem potenziellen Arbeitgeber zeigen, dass der den Schein Vorzeigende berechtigt ist, eine Ausbildung zu bekommen.Mit zunehmender Verknappung von Arbeitsplätzen werden die Aufgaben schwerer. -menmode....was soll das heißen? Pa....hier wird mal wieder im gestörten Vater-Sohn-Verhältnis gestochert, und wer das Wort zu PARANOID ergänzt, ist sofort raus, denn das wird klein geschrieben, weil es ein Adjektiv ist. ...menmode....das Grübeln an dieser Straße ist förmlich zu hören, die Synapsen knacken, die Zellen dehnen sich. Das Ordnungsamt ist gespannt, welche Lösungen eingehen werden, denn hier existiert noch kein richtiges Ergebnis. Zur Aufmunterung der frustrierten Synapsenbesitzer wird jovial ein Para-ra ans Schaufenster geklebt, was aber nicht als Lösung verwendet werden darf. Parara ist Italienisch und bedeutet auf Deutsch Trarara bzw. Täterä in Köln, wenn gerade Karneval ist. Der Rheinländer ist eine Frohnatur und sagt natürlich, dass das immer so heiße, weil eigentlich auch immer Karneval sei.
Glück gehabt, liebe Rätselfreunde!

Georg Krakl: Irritierend (2009)

Irritierend

Durchaus alarmierend
Ist der Reisexport
Wirklich existierend
Der Bewegungssport
Schon mal irritierend
Ist der Gattenmord