Die Frau ist schuld am Untergang des Mannes

Giacomo Meyerbröker - Die Frau ist schuld
 am Untergang des Mannes (2015)
Wenn der Mann jammert, dass sein Untergang Schuld der Frau sei, dann gehört dieser wohl einer Maskulismus-Bewegung an, die sich selbst beheult und als Opfer gern im Gemenge aus ungeputzter Wohnung und überschüssigem Augenwasser wälzt und suhlt und kompensiert, dass die Tanja ihn verlassen hat und Mutti die Wäsche nicht mehr wäscht. Da zählt er müde zwei Frauen auf, die die Familie zerstören und damit die idyllische Lebensweise auf dem Sofa kaputt machen.
Macht kaputt, was euch kaputt macht! Dieser falsch verstandene Slogan linker Rockmusiker der späten Sechziger, fordert förmlich auf, die beginnende Weltherrschaft der Frau zu verhindern und das alte Verhältnis mit all seinen Bequemlichkeiten wieder zu installieren. Unterhaltszahlungen einstellen! Das ist passiver Widerstand im ghandischen Sinne, verändern durch Nichthandeln, denkt sich der Maskulinist und es schleicht sich der Gedanke an, dass das NIchtstun schon Element der persönlichen Vergangenheit gewesen ist, sich aber eigentlich nichts verändert hat. Bis die Tanja ausgezogen ist und die Mutti sich weigerte, die Wäsche zu waschen. Gut, sagt Bernie und legt sich auf die Couch, nichts tun, geschehen lassen, in sich ruhen, beobachten und kleinste Einwirkungen planen. Gespannt sein, was passiert.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann ein Gewitter auslösen. Das ist ein Wort, sagt Bernie, und furzt genüsslich gegen das Sofakissen, das die Tanja dagelassen hat.

Dumm gucken, dumm sein

Was steckt da im Kopf, der sich uns entgegengestreckt wird, der uns anstarrt aus seinen glasigen Augen, der uns mustert, taxiert, einordnet, kategorisiert und selber übersieht, dass er personifizierter Schrecken ist, der sich verbergen sollte, der sich besser versteckt, weil man sonst nach ihm jagt, ihn verfolgt und zu Boden schlägt, damit auch die Jäger endlich ihre Ruhe finden.
Selbst schuld, wird die Menge kreischen, wer blöd guckt, muss sich nicht wundern, dass man ihn für blöd hält. Das wussten schon unsere Altvorderen und haben immer versucht, ein schlaues Gesicht zu machen. Entstanden ist daraus eine Kaste der Besserwisser und Wichtigtuer.
Was haben wir davon?
Die Menschen halten sich für dumm, weil diese Wichtigtuer sie voll schwatzen und ihnen das Geld aus der Tasche saugen, wenn sie Luft holen und den nächsten Sermon vom Stapel lassen wollen.
Dumm gelaufen, Bernie, sagt die Mutter, wenn das Kind gestürzt ist.
Eine lieblose Welt ist wächst heran, in der nur die Oberklugen bestehen sollen, und wir sind wieder mal die Dummen.
Tipp: Manchmal hilft es, die Augen zu schließen. Auch vor dem Spiegel.
Zurück zur Frage: An was denkt so ein dummer Kopf? Vielleicht an eine zarte Halsbeuge am Schlüsselbein, die schamhaft verschränkten Arme, die den Fettfleck auf dem T-Shirt verbergen sollen, die Hände, die unter die Oberschenkel gepresst sind, um die unsauberen Fingernägel zu verdecken? Den Bauchnabel? Den Bandscheibenvorfall? Die Narbe, die der Hirschfänger hinterließ? Oder die andere Narbe?
Ach, wir wissen es nicht!

Heinrich Böller - Weiser Uhu


Alle hatte ihn immer schon für einen Besserwisser gehalten. Der Uhu sei weise, erzählte man. Er sitze immer er auf seinem Stammplatz und betrachte die Welt. Er sei ein Philosoph und könnte jedem einen guten Rat geben.
Nur einen gehört hatte bis dahin noch keiner. Für den Fall, dass ein Vogel einen Rat brauchen könnte, brachte ihm jeder ein wenig zu fressen. Daher sah auch niemand den Uhu jagen.
„Er jagt nachts, wenn wir schlafen“, erzählte der Spatz. Aber auch das hatte noch niemand gesehen.
„Uhu, bist du weise?“ wollten viele wissen, denn eigentlich hielten sie ihn für einen Klugscheißer.
Ständig nickte er bedächtig, und das war schlimm genug.
Er tat so, als wisse er alles.
„Uhu, bist du weise?“ wiederholten die Vögel.
Der Uhu nickte wie immer.
„Dann beweis uns das mal!“ schrieen jetzt alle. „Wir wollen sehen, dass du weise bist!“
Plötzlich bewegte der Uhu sich und riss seine gewaltigen Flügel auseinander.
„Seht her“, sprach er ruhig, und alle hatten eigentlich einen großen Auftritt erwartet,
„ Seht her“, wiederholte er, „ es ist äußerst weise, mit einem so großen Loch“, und das Loch war wirklich groß, „ mit einem so großen Loch nicht zu fliegen.“
Sagte es und fiel sofort in sein Nicken zurück.
Da hatte er wohl Recht gehabt, denn die Vögel schwiegen betreten und flogen nachdenklich in ihre Nester zurück.

Der Prophet gilt nichts, wenn er einen Tropfen an der Nase hat




Wahrlich, ich sage dir, es ziehen dunkle Wolken auf, es werden schwere Wetter kommen, und mit den schweren Wettern werden schwere Zeiten kommen, das Leben wird sich verändern, die Menschen werden leiden und sie werden jammern und klagen, weil sie ihr Schicksal nicht wenden können, das Licht wird verschwinden und bevor der letzte Hahn gekräht hat, wird auch der Ölhahn zugedreht und das Gas nicht mehr durch die Leitungen zischen, auf dass die Häuser kalt bleiben werden und die Herde und Backöfen und mit ihnen die leckeren Speise und Aufbackbrötchen, Bratkartoffeln und alles, was da Herz begehrt hat, die Mägen bleiben leer und die Kinder werden auf ihren Rippen Marimbaphon spielen und die Eltern und Großeltern und die Großeltern der Großeltern bis ins fünfte Glied werden leise mitsummen…

Äh, kurze Zwischenfrage: Was ist denn ein Marimbaphon?

Schweig, Zweifler, und höre, was ich….

Du hast da einen Tropfen an der Nase.

Schweig, jetzt habe ich meinen güldenen Faden verloren, ich war bei Aufbackbrötchen bis ins fünfte Glied....

Jetzt ist er runtergefallen.

Paradox der Woche

Wer auf morgen wartet,
läuft sich selber hinterher.

Paradox der Vorwoche

Das Ziel ist der Weg.
Oder: Das Ziel ist weg.
Oder: Der Weg ist weg.
Oder: Der Weg ist der Weg.
Weg ist Weg und Ziel ist Ziel.
Weg ist weg. Kommt nicht wieder.

Gut befeindet....

Mit dem bin ich gut befeindet, sagt Pippo und dem Hörer runzelt sich die Stirn.
'Gut befreundet' will das Hirn durch den Filter lassen und speichern. Pippo hat aber ganz deutlich sein Verhältnis zu einer anderen Person als 'gut befeindet' etikettiert.
Was will uns Pippo sagen?
In Zeiten oberflächlicher Bekanntschaften und unzähliger Freundschaften, etwa in den sozialen Netzen, ist Vereinsamung der Preis, den man für 1200 Freundinnen bei Facebook und Co zahlen muss und die soziale Orientierung fällt immer schwerer.
Wo man früher Blickkontakt hatte oder ein Schulterklopfen spürte, wird jetzt ein durchscheinendes Daumensymbol angeboten, wahlweise nach oben oder unten gerichtet, um Zustimmung bzw. Ablehnung zu zeigen, dass Bobbi gerade eine Currywurst isst oder einen Doppelwhopper vor sich liegen hat.
Wir müssen uns tagtäglich mit Sachverhalten abgeben, die uns nicht interessieren und sollen - damit wir die Freundschaft zum Unbekannten bestätigen - das lustig finden, sollen es bestätigen, sollen es liken.
Es gibt keine Freunde mehr, seit es zu viele Freunde gibt.
Da bietet sich der Feind an. Immer schon hat uns fasziniert, dass ein klares Feindbild konturiert ist, dass der Feind als Feind einfach zu kategorisieren ist und sich in eine passende Schublade stecken oder sich einfach abheften lässt.
Sozialer Bürokratismus als Lebenshilfe.
Der Freund bleibt möglicherweise diffus. Man fragt, wie der das gemeint haben könnte, oder warum jener nicht anruft, oder ob man sich selbst etwas zuschulden hat kommen lassen.
Der Feind ist bequemer: Das hat der so gemeint! Der ruft doch nicht an, warum denn überhaupt? Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, ich war immer korrekt zu ihm, ich bin  ein guter Feind. Da weiß der andere, was er hat.
Deshalb: Verirr dich nicht bei Facebook und Co.!  Wenn es denn da was zu befeinden gibt, dann bläst dir gleich ein shitstorm ins Gesicht. Millionen machen mit, nur weil sie Teil der großen beschissenen Windböe sein wollen.
Der gute Feind, der seine Regeln kennt, der sein Feindsein ernst nimmt, weil er auch einen guten Feind haben möchte, hat längst den allerbesten Freund ersetzt, der irgendwo im Sozialen Netz strampelt und nach der sucht.
Und da hat Pippo recht: Er hat keine Freunde mehr, und zieht daraus die Konsequenz.
Ich bin gut befeindet. Das ist mehr als nichts.



Georg Krakl - Schöner Kopf


Schöner kopf
sag, warum liegst du auf der unterlage
ach, ich armer tropf
bestraft mit einem jämmerlichen Schädel
der ich wage
solch ein Wort an dich zu richten
an ein haupt das völlig schick und super edel
auf der unterlage liegt
kann vielleicht ein paar konflikte schlichten
die dich stören, die dich zwicken
sag nur ja, auch reicht ein nicken

der kopf liegt still. nicht mal ein blicken.
nicht ein klicken!
ich tropf, ich will, ich will dich fröhlich machen
und so gerne mit dir lachen
will dich herzen und dich zwicken
bis dass du nicht mehr ruhig liegst
bis dass du mit mir fliegst!

denn nur fliegen
ist schöner als liegen