Satz der Woche: Zeit

Wer keine Zeit hat,
kann sich auch keine nehmen.


Gottfried Gottesmann: Morgenansprache - Sieh es positiv - Tag am 23.7.


Egal, was passiert, heute sehen wir es positiv. Die Kaffeetasse kippt um, der Henkel bricht ab, der Kaffee ergießt sich über die Häkeldecke von Tante Trude. Die ist hässlich, die war hässlich, heute gab es einen Grund, die wegzutun, und die Kaffeetasse vom Hasskollegen Rolle kann endlich auch in den Müll. Der Tritt in Hundeexkremente erstickt deinen Wunsch nach  einem Freund, der zuhören kann ohne zu antworten; der schlappe Reifen tut kund, heute sei nicht nur Sieh-es-positiv-Tag, sondern auch Welt-Orgasmus-Tag. Du pumpst alle Reifen auf, auch die von Susannes Fahrrad und fühlst dich gut, weil das Werk gut war. Als dann einer der Reifen nach einer Testfahrt platzt, ärgerst du dich nicht, sondern denkst, dass der Orgasmus als solcher, losgelöst von der funktionierenden Beziehung, überschätzt wird und in den meisten Fällen sowieso eine Täuschung ist. Es ist gerade mal Mittag und du siehst das positiv, denn da kann noch einiges auf dich zukommen.



Gottfried Gottesmann: Morgenansprache - Die Welt schöner machen





Am Fenster standen zwei hässliche Tiere, die wohl Dekorationszwecke erfüllen sollten. Sie waren aus Holz oder Kunststoff oder einem anderen unleidlichen Material.

Sie taten mir leid, denn sie waren so hässlich, dass sie niemand lieben würde.

Alles hat eine Seele, sagt der Yogi und verknotet die Beine.

Wer mit Hässlichkeit bestraft ist, sollte sich nicht das Schöne zum Ziel setzen, sondern versuchen, dem Hässlichen etwas Schönes abzugewinnen.
Allerlei Philosophisches war in meinem Kopf umtriebig und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Wie konnte ich den hässlichen Tieren helfen? Vielleicht war ihnen gar nicht bewusst, dass sie hässlich waren, und vielleicht war ich es, den sie unansehnlich und  widerlich fanden. Oder sie nahmen mich gar nicht wahr. Ignoranz ist eine schlimme Haltung. Die müsste bestraft werden, damit die Ignoranten lernen, lernen, lernen. Tolerant zu sein, etwa. Leben zu lassen. Das Unansehnlich hat schließlich auch eine Existenzberechtigung, nämlich, das Ansehnliche deutlich zu machen. Wo keine Zwei ist, kann auch keine Eins entdeckt werden.
Dumme Tiere. Wie konnte man so bar jeder Empathie sein und dabei selbst auch so hässlich? Wie konnte man sich auch noch über andere erheben?
Ich packte die beiden schnell an den Hälsen und stopfte sie in den Mülleimer.
Ich atmete durch und wusste, dass ich den Raum, das Haus, die Straße, den Ort, die Welt ein bisschen schöner gemacht hatte.

Georg Krakl - Am Anfang war der Laut 2

Am Anfang war der Laut,
zum Beispiel wenn man kaut,
man denkt noch in Geräuschen
und lässt sich gerne täuschen:
Das Schmatzen ist ein Ratzen,
Das Köcheln gleicht dem Röcheln,
Das Summen ist ein Brummen,
das Ratschen eher Klatschen.

Man hat kein Wort für das Gehörte,
das eben noch das Hirn betörte.
So wie das Land den Ort,
so braucht der Laut das Wort.

Zuerst, da war der Laut,
zum Beispiel wenn man kaut und dann verdaut.
Man denkt noch in Gerüchen und Geräuschen,
lässt sich täuschen
und vergisst, was eben war.
Dass sich Vergessen dann nicht etabliert,
hat man den Laut schnell buchstabiert.
Entstanden ist ein Wort,
selbst für den stillen Ort.
Knatterzischen mit Geruchsverstärker und im Abgang Knurz,
heißt banal und treffend Furz.
So weiß jeder, was gemeint,

und die Menschen gleicher Sprache sind geeint.