Georg Krakl - Die Hussen kommen

 Die Hussen kommen!

Alle Stühle, alle Tische,

über die ich wische,


beziehungsweise wischen will,


sind weg, verschwunden.


Diese frommen!


Weil sie wohl katholisch,


auch der kleine Ecktisch,


der sich richtig hektisch


auf den Weg gemacht.


Die hab’n gedacht, dass die Hussiten kommen,


diese bösen Protestanten


mit den schlimmen Onkeln,


die an Riesenquanten faulen.


Tische und auch Stühle müssen jaulen, 


wenn sie dieses hören,


und sie können schwören:


Die Hussiten sind die Frauen von den Hussen.


Und die kommen. Nichts wie weg!


Die kommen in den Flexibussen


fern aus Hussland.


Werfen gern mit Flusssand.


Ach, ihr Tische, ach, ihr Stühle,


ach, ich fühle,


was ihr fühlt.


Alle Räume bleiben unbetischt und unbestühlt.


Da lasst sie kommen, lasst sie rein.

Denn auch Hussiten trügt der Schein.

Was auch immer das bedeuten mag.

Der dunklen Nacht folgt auch ein heller Tag.


Was ist noch mal Kunst?

Was ist eigentlich Kunst? Mein Kunstlehrer schrie damals immer, wenn es zu laut war: Kunst kommt von können! Wer nichts kann, kann also keine Kunst können. Keine Kunst ist es, eine Flasche Scriptol, damals noch aus Glas, auf die Fliesen fallen zu lassen und alles schwarz zu bespritzen. Dann war der Ärger groß! Wer dann den Wischlappen nicht richtig entfaltete, der hatte verspielt. Du kannst (von: können) nicht mal richtig wischen!, brüllte er. Eigentlich hasste der Kunstlehrer Kinder, besonders wenn sie noch keine Bärte hatten. Das waren keine Menschen. So prägte das Bonmot über Kunst meine Generation, beziehungsweise 40 Kinder ohne Bärte. Wir bemühten uns, keinen Dreck zu machen, um dann nicht falsch aufzuwischen und als Nichtskönner dazuknien.

Wir wurden eine saubere Generation; so, wie man sie sich heute eigentlich wünscht. Im Grunde ist das keine Kunst, so zu werden.

Sch-sch-Mütter auf dem "Vormarsch"

 Sch-sch!, sagt die junge Mutter.

Die jungen Mütter schieben ihre Kinderwagen durch die Gegend, damit das Kind an die frische Luft kommt und die Mütter vielleicht etwas Bewegung. In der einen Hand halten sie ein Handy, in der anderen die brennende Zigarette. Mit dem Handballen drücken Sie gegen den Wagen und zwischendurch ziehen sie an der Zigarette. Dann blicken sie auf ihr Handy, um zu kontrollieren, ob vielleicht eine WhatsApp oder eine Nachricht aus anderen sozialen Netzwerken eingegangen ist. Auch junge Mütter wollen nicht abgeschnitten von der Welt sein, sondern das Gefühl haben, Immer noch dazuzugehören. Das Kind schlummert derweil im Kinderwagen, denn die Mutter raunt ständig ein Sch-sch in den Wagen, damit das Kind nicht aufwacht und vielleicht beim Saugen an der Zigarette oder beim Blicken auf das Handy stören könnte, vor allem, wenn die Mutter eine WhatsApp oder eine andere Nachricht aus den anderen sozialen Netzwerken beantworten muss, damit niemand denkt, sie sei nicht mehr in der Welt. Das Saugen an der Zigarette soll beim Kind auf keinen Fall den Wunsch nach dem Saugen an der Mutterbrust wecken. Sch-sch!, sagt die Mutter. Schlaf weiter, Dornröschen, oder wie das bei Jungs heißt.


Alle 3 Sekunden säuselt sie ihr Sch-sch und niemand weiß, was das Kind wahrnimmt und für seine Zukunft und Entwicklung behält, bewahrt und später einmal weitergibt. 

Sch-sch macht die Mutter und das Kind schläft. Wir alle wissen, dass unterbewusst 

Du-Botschaften besonders tief gehen und hängen bleiben. Vielleicht ist es auch so, dass das Kind später einmal verstärkt Worte, die mit sch beginnen, von sich gibt, ohne zu wissen, wieso.

Mag sein, dass Jugendliche, die besonders häufig die Wörter Scheiße, Schnauze, Schlampe oder Schabracke benutzen, eine Mutter hatten, die vier Dinge gleichzeitig machen konnte: den Kinderwagen schieben, eine Zigarette rauchen, ein Handy bedienen und ständig Laute von sich geben wie Sch-sch. 

Es wundert nicht, dass unsere Sprechkultur immer mehr in einem Sprachbrei mit vielen Sch-Wörtern verschwindet. 

Wer hat schon den Mut, einer jungen Mutter das Handy wegzunehmen, die Zigarette auszudrücken und den Mund zuzuhalten, weil sie das Wohl ihres Kindes gefährdet?

Niemand. Denn wer solches tut, macht sich an fremdem Eigentum zu schaffen, denn die Frau, mit oder ohne Migrations-Hintergrund, gehört dem Mann, der sie mit dem schlafenden Kind auf die Straße geschickt hat.

Da bleibt uns nichts anderes, als ein Scheiße! mit Kacke! zu kontern, und ein Schnauze! mit Klappe!. Schade um die schöne deutsche Sprache. Aber: "Mit Kacke kontern" ist wenigstens eine Alliteration. Das wissen aber die Sch-sch-Mütter nicht.

Zugreisende - Was ist das denn? Lesefehler des Tages

Da kommt mir heute morgen im Weserboten, den ich um halb sieben jeden Morgen studiere, dazu eine Tasse Kaffee  für Körper und Hirn trinkend, das Wort ZUGREISENDE vor die Augen.

Im ersten Moment verarbeitet das noch verschlafene Hirn etwas von Zugereisten oder Zugreisten, also Menschen, die nicht dahin gehören, wo sie eben Zugereiste sind, die aber nicht gleichzusetzen sind mit Flüchtlingen oder geflohenen Menschen. Zugereiste sind deutsche Staatsbürger, die freiwillig ihren Heimatort verlassen, um sich an einem ihnen unbekannten Ort niederzulassen. Ohne die neue Nachbarschaft vorher um Akzeptanz gebeten zu haben! Was den Verwandlungsprozess vom Zugereisten zum Einheimischen erheblich erschwert.

Im zweiten Moment erkennt das langsam erwachende Hirn das Wort Zugreisende. Das sind wohl Menschen, die mit dem Zug oder der Deutschen Bahn reisen, wenn diese denn fährt. Zugreisende trotzen aller Erfahrung und gehen immer wieder das Risiko ein, später als geplant zu fahren und gar nicht dort anzukommen, wo sie hinwollten. Zugreisende sind mutig. Zugreisende schonen die Umwelt und bereiten der Automobilindustrie Sorge, worüber sich jeder freut, weil dieser korrupten profitgeilen und subventionserschleichenden Sparte mal so richtig die Sorgenfalten wachsen sollen, inklusive dem sympathisierenden und vorteilsverschaffenden Minister Scheuer. Scheuerlappen!, rutscht es meinem Denkapparat heraus. Politisch nicht korrekt aber vollkommen richtig. Wisch und weg damit! Das wäre was.

Bevor sich mein Hirn weiter in einen abgrundtiefen Hass gegenüber der CSU-Krampe hineinsteigern kann, lenke ich das Denken in einem dritten Moment auf die Lesart: Zu-greisende. Dabei muss es sich um Personen handeln, die schon betagter sind und nicht nur vergreisen, sondern sogar zu-greisen. Während das Vergreisen einigermaßen mit Inhalt gefüllt werden kann - als fortschreitender Alterungsprozess mit all seinen nachteiligen Nebenwirkungen - bleibt der Sinn des Worts zu-greisen nur hypothetischer Natur. 

Ist Zugreisen ein sich nach innen kehrender Prozess, der aufgrund verschrumpelnder Hautlappen ein nicht nur mentales, sondern auch körperliches Nach-Innen Schrumpfen bedeutet? 

Oder ist es vielmehr das degenerative Überwuchern mit Alterserscheinungen wie Flecken und zusätzlichen Flachwarzen und Hautläppchen, einhergehend mit einer Haarentfärbung auf der gesamten Körperoberfläche?

Oder kann es ein Vorgang sein, den man mit dem Zuschmieren, Zusauen und Zusabbern vergleichen kann, und den man mit etwas Disziplin und Übung rückgängig machen könnte, mindestens aber in seiner Entwicklung aufhalten?

Im vierten Moment verlasse ich das Feld der Spekulation und erinnere mich, dass ich letzte Woche im Eingangsbereich des TreuKaufs ein Schild gesehen hatte, auf dem "Liebe Kurden!" gestanden hatte, was wiederum falsch und ein Lesefehler war. Richtig war "Liebe Kunden!" Bis ich das erkannt hatte, war schon geraume Zeit verstrichen, die ich mit der Ergründung der besonderen Ansprache der Kurden in einem Dorfladen verbracht hatte. 

Insgesamt betrachtet sind Lesefehler Vergeudung von Lebenszeit. Vielleicht sollte ich mal wieder mit dem Zug reisen, um nicht zuzugreisen.

Unzufriedene Comicfiguren

Herr Zeichner, meine Sprechblase ist schon wieder leer.

Man gibt sich Mühe, bringt mit flotter Hand einen Typen aufs Papier, den vorher noch nie jemand zu Augen bekommen hat, gibt ihm etwas Nachdenklich-Griesgrämiges, um den Betrachter zu überzeugen, dass es anderen noch viel schlechter gehen kann, als ihm selbst, und dann beginnt dieser unzufriedene Geselle sich zu beschweren. Meine Sprechblase ist leer! Wenn andere eine volle Blase haben, dann müssen sie pinkeln. Oder sie pappen ein Blasenpflaster drauf und fertig! Das macht man so, da wird nicht gejammert. 

Meine Sprechblase ist schon wieder leer, Herr Zeichner, grunzt es aus dem Off. 

Wenn die leer wäre, hättest du nichts zu sagen! Du hast aber was gesagt. Und deswegen ist sie jetzt schon wieder leer. So ist das! 

Verstehe ich nicht.... 

Siehste, jetzt hast du schon wieder was gesagt. 

Muss das nicht "hörste" heißen? 

Auch noch klugscheißern, oder was? Nichts in der Blase haben, aber ständig was zu kammellen! Das ist ja wie in der Politik. 

Da fehlen mir die Worte. 

Hast du ja schon gesagt. Und kann man genau sehen: Deine Sprechblase ist leer.

Sag ich doch.

Günter Krass - Wie Island erstmal nicht zu seinem Namen kam

Is Land, Mann!
Nenn mich nicht Landmann. Ich bin der Käptn!
Käptn, mein Käptn! Will sagen, ist nicht nur Wasser, is Land.
Ja, was denn, wo denn?
Dahinten, wo das Wasser aufhört.
Woher weißt du, dass das Land ist?
Weil da kein Wasser ist, Käptn.
Ich seh da nichts.
Ich schon, Käptn. 
Is land, Mann!
Jetzt hör auf, deinen Käptn nicht zu repektieren!
Käptn, mein Käptn! Kann man mit etwas aufhören, was man nicht tut?
Du hast keine Ahnung.
Käptn, mein Käptn! Kann man etwas haben, was nicht da ist?
Komm, zack, ab über Bord! Geh schwimmen. Is Land dahinten. Das schaffst du wohl. Schreib eine Karte, wenn du da bist.
Käptn, mein Käptn! Ich kann nicht schwimmen.
Egal. Ich seh da kein Land. Da musst du auch nicht schwimmen können.
Käptn, mein Käptn! Ich ertrinke.
Selbst schuld. Hättest schwimmen lernen sollen.
Käptn, mein Käptn!  Is Island. Is Island.
Jetzt stottert der auch noch. Ein hoffnungsloser Fall. So, Leute, alle Mann an Deck! Rechts abbiegen zum Kap der guten Hoffnung. Wäre doch gelacht. Setzt den Blinker an Steuerbord! Ich bin der Käptn. Dass das mal klar ist.
Mann über Bord.
Steuerbord! Habe ich gesagt.Ich bin hier der Käptn.


Lesefehler der Woche: Daumenrasierer

 Liebes Tagebuch!

Heute war wieder so ein Tag. Ich studierte am frühen Morgen die anliegenden Prospekte der Tageszeitung, Daumenrasierer. Ein Angebot im Prospekt, das den dünnen Blättern des Nachrichtenblattes beilag.

Daumenrasierer. Ich musste kurz nachdenken und zählt intuitiv die Haare auf meinem Daumen. Nein, auf meinen Daumen. Ich kam auf 11. Links war nur eins, gestern hatte ich mir den Finger in einer Tür geklemmt und hatte versucht ihn rauszuziehen, da schien wohl etwas abgegangen zu sein. Auf dem rechten Daumen dann etwa 10.

Das ist nicht viel. Es gibt ja diese Gorillamännchen und diese archaischen Typen, die nach erdigem Schweiß riechen und Frauen mit Neigung zu Vulkanismus inspirieren, dazu schien ich nicht zu gehören. Aber warum sollte ich einen Daumenrasierer anschaffen, um die spärliche Daumenbehaarung zu entfernen?

Welche Ästhetik lässt sich denn durch solche Angebote ermitteln? Alles nackt, besonders der Daumen? Aber warum gerade der Daumen, oder sollte alles ab sein, vor allem die Behaarung des Daumens aber auch, vielleicht des vernachlässigten Fingers, der gewöhnlich  nur bei der Zustimmung zu fragwürdigen Entscheidungen erhoben wird?

Was für ein Tag! Was sollte noch folgen. Ich war verstört.


Reduzierte Kommunikation im Alltag des kritschen Mitbürgers

Banky - Wie aufgespreet (2020)


Hast du eben BANG! gesagt?

Nö, wie kommst du darauf?

Ich habe das doch gehört...

Könnte auch geknallt haben.

Dann macht das eher KNALL! Bang ist englisch. Du sprichst doch Englisch.

Ein wenig.

BANG wir ja wohl dabei sein...




So könnte das noch Stunden weitergehen. Der kritische Mitbürger vermutet, er vermutet vor allem Negatives, der kritische Mitbürger unterstellt, er braucht ein Objekt seiner Unzufriedenheit, derer er sich nicht einmal eindeutig bewusst ist; es ist eine eher frei flottierende Unzufriedenheit, die ihn  antreibt und mit der er seine Mitmenschen in die Verzweiflung treiben kann.

...BANG sagen kann jeder.

Vielleicht heißt es ja auch bang, wie "mir ist so bang ums Herz"?

BANG! Das war eindeutig BANG! Komm, gib es doch einfach zu!

Ich habe nicht BANG! gesagt. Allerdings hat es BANG gemacht. Du hast da auch ein Loch in der Stirn. Da läuft ein etwas Rotes aus dem Loch. Vielleicht Blut. Was weiß ich.

Mir geht deine popelige Kleinkariertheit so was von auf den Senkeln.

Hier mein Taschentuch. Drück das mal auf das Loch.