Gartengespräche


Moppel: Weißt du, dass du total hässlich aussiehst?
Ronni: Nö.
Moppel: Hässlicher, als alles, was ich kenne?
Ronni: Du siehst auch nicht gut aus.
Moppel: Vielleicht wächst du eines Tages zu.
Ronni: Wie jetzt?
Moppel: Na, dass die Büsche über dich drüber wuchern.
Ronni: Komisches Deutsch.
Moppel: Lenk nicht ab.
Ronni: Habe ich dir schon gesagt, dass du supertotal hässlich aussiehst. Selbst für eine hässliche Gartenfigur siehst du noch hässlicher aus.
Moppel: Das ist hart.
Ronni: Wenn's doch stimmt.
Moppel: Ich dachte, du bist mein Freund.
Ronni: Wie kommst du denn darauf?
Moppel: Nur so.
Ronni: Hässliche Gartenfiguren haben keine Freunde.
Moppel: Du aber auch nicht.
Ronni: Bist du denn nicht mein Freund?
Moppel: Jetzt sowieso nicht mehr.

Themen der Zeit: Verweiblichung des Kollegiums führt zu verstärkter Unruhe

Nimm an, du bist ein Mann; du arbeitest mit anderen Menschen zusammen, vielleicht 90, ein großer Teil hat immer aus Männern bestanden; dein Arbeitsleben verlief in ruhigen Bahnen. Eines Tages spürst du eine Unruhe, du horscht in dich hinein, findest keinen Grund für diese Nervosität, horchst nach außen und schreckst auf: Hochfrequentes Geschnatter prallt an dein Ohr; du empfindest Schmerz, als seiest du von 1000 spitzen Pfeilen getroffen. Du reißt die Arme über den Kopf, um dich zu schützen, du sackst wie an-, nein, wie abgeschossen auf deinen Büroschemel und würdest am liebsten losheulen. Niemand der Schnatternden hat dich bemerkt, deine tiefe Stimme hat zwar untergründig einen Bass gelegt, doch verstehen kann dich keine, will dich keine, will dich keiner. Frauen!, schießt es durch deinen Kopf und du wirst matt und mutlos. Frauen haben die Macht. Sie reden lauter, sie gestikulieren stärker und sie brauchen dich nicht. Frauen haben das Ruder in der Hand, mittlerweile nicht nur um gegen den Strom der Männlichkeit zu paddeln, sondern auch um die Richtung anzugeben. Der Schlagmann der alten Galeere hat sich ersäuft, weil sein Trommeln gegen das laute Gegacker keine Chance mehr hatte. Du denkst nach, was eigentlich deine Aufgabe ist; du hast es vergessen und niemand bemerkt das. Du fühlst dich überflüssig. Früher hast du solche Geräusche als Kaffeklatsch diffamiert, heute es ist die stärkste Waffe der Klatschenden. Du weiß, wenn du deine Gedanken äußerst, wirst du als Frauenfeind abgestempelt, vielleicht symbolisch geteert und gefedert, wirst Märtyrer wider Willen und ohne Strahlkraft. Aber eins bleibt dir im Herzen: Die Wahrheit ist manchmal einfach frauenfeindlich.

Doris Dressing: Umarmende alte Männer - Was ist los?

Die Menge denkt: Der ist verwirrt! Rennt hier herum; mit suchendem Blick irrt er durch den Raum, die Arme ausgestreckt, verlegen grinsend, was seine Menschenliebe, nein, seine besinnungslose, falsch, bedingungslose Liebe allen Wesen gegenüber signalisieren soll. Ich bin gekommen, euch zu drücken, euch zu lieben. Ihr sollt teilhaben an der großen Umarmung, ihr sollt euch geborgen fühlen, zu Hause, sollt eure Heimat in meinen Armen finden, kommt her zu mir, ich bin euer Engel, auch wenn meine Hülle anderes sagen will, schaut meinen Kern, schaut in mein Innerstes, schaut mein Licht, das ihr in meinem Lächeln sehen könnt.
Es stolpert fast durch den Raum, lacht, juchzt hochtönig, stickst der jungen Frau scherzhaft in den Rücken, sie dreht sich um, Weibchentyp, lacht, haha, freut sich über Zuwendung; der Emanzentyp hätte klar sexuelle Belästigung attestiert. Jetzt ein Opfer: Mandy, die Zweiundzwanzigjährige, er schließt sie in die Arme, drückt sie an die Fettschicht auf seinem Brustkorb, greift fest in ihren Rücken und herzt sie. Ja, es ist Herzen, absichtsloses Herzen! Der Emanzentyp unterstellt dem alten Mann Gedanken: Ah, festes, junges, frisches Fleisch, ja, und der Duft, dieser Duft nach Jugend, nach glatter Haut, nach festem Fleisch, das keck..... Der Emanzentyp denkt hässlich weiter, das Weibchen freut sich über Zuwendung. Rümpft dann doch die Nase, riecht das Alter unter dem teuren Deo, unter dem Spritzer Parfüm zuviel, will sich aus den Armen winden, doch die halten fest und genießen den Moment, so als wollten sie drücken und gleichzeitig ausdrücken: Festes Fleisch, das kann man, das muss man drücken.
Was ist los mit umarmenden alten Männern?
Mich hat er nicht gedrückt.

Kunst kann so hässlich sein

Kunst kann so hässlich sein
von Gottfried Wenn (2009)

Kaputter Rahmen, goldbepinselt,
selbst der Hofhund winselt
ob des Lilas mittendrin.
Tante Marvin trägt das ohne Sinn,
Verstand fehlt auch, Tobi ist ganz hin-
gerissen
alles Leben so beschissen
bis die Tante kam.
Das Volk kennt keine Scham
und schreit igittegitt,
wär's wenigstens Brigitt.
Dem Tobi fehlen Worte
und geheime Orte
um dort die Tante M zu treffen.
Ich hör den Hofhund kleffen.

Barbie und Ken wagen einen Ausritt

Ken: Du bist etwas kräftiger um die Taille geworden, Barbie.
Barbie: Das Pferd hat so eine schöne Mähne.
Ken: Du musst die Hacken tief halten und die Aduktoren anspannen.
Barbie: Ich glaube du spinnst.
Ken: Wie jetzt?
Barbie: Dass du mir so ein schönes Pferd gekauft hast.
Ken: Die Zügel tiefer, nicht am Maul zerren.
Barbie: Sag nicht Maul zu mir.
Ken. Ich habe nicht Maul zu dir gesagt.
Barbie: Was soll das Pferd denken?
Ken: Pferde denken nicht. Das hier ist sowieso aus Plastik.
Barbie: Ein Plastikpferd?
Ken: Plastikpferde sind immer aus Plastik.
Barbie: Aufregend.
Ken: Nicht an der Mähne festhalten
Barbie: Ich falle sonst runter.
Ken: Du musst das Gleichgewicht halten.
Barbie: Das scheuert aber so.
Ken: Hast du wieder deine Reithose nicht an?
Barbie: Wir haben auch gar keinen Sattel.
Ken: Und?
Barbie: Fahrrad fahre ich auch nicht ohne Sattel.
Ken: Das wär lustig.
Barbie: Ich hab doch gar kein Fahrrad.
Ken: Eben.
Barbie:Und wenn das Pferd durchgeht?
Ken: Ist eh nur gemietet.
Barbie: Was?
Ken: Du hast Speck angesetzt.
Barbie: Wo?
Ken: An der Taille.
Barbie: Lass mich gefälligst los!
Ken: Bitte. Wie du meinst.
Barbie (fällt vom Pferd): Iiiiieeeehhhhhk!
Ken: Hab ich doch gesagt!
Barbie: Gar nichts hast du gesagt.
Ken: Sag ich doch.
Barbie: Du bist blöd.
Ken: Du auch.
Barbie: Ich will nach Hause. DSDS fängt gleich an.

Günther Krass: Erinnerungen - Maggi war unsere Würze

Zu jedem Essen gehörte es dazu, diese leise Oinkoinkoink, das die Maggi-Flasche machte, wenn der Esser sie rhythmisch Richtung Teller bewegte, um dem Mahl den richtigen Geschmack zu verleihen. In Maggi setzte jeder Vertrauen, Maggi konnte das Geschmacklose auf ein hohes Niveau bringen, unvorstellbar, ein Gericht ohne Maggi gekocht zu haben. Maggi war ein Muss.
Heute runzelte der angebliche Feinschmecker die Stirn, wenn die Hausfrau eine Flasche Maggi in der Küche stehen hat oder gar mit an den Tisch bringt, an dem gegessen werden soll. Maggi ist wie Tütensuppe, etwas für Banausen, für Grobschmecker, für Leute, die immer noch Hühnersuppe kochen oder Buchstabensuppe aus der Pappschachtel. Der Gourmet würzt dezenter, möglichst ohne Salz, weil der Blutdruck zu hoch ist, mit erlesenen Kräutern, die das fehlende Salz kompensieren sollen. Steht der Teller dampfend und kaum gefüllt auf dem Tisch, dann trennen sich Spreu und Weizen. Der eine löffelt die Suppe in kleinen Portionen, schlürft unhörbar, um zu zeigen, dass er seine Geschmacksnerven reizen möchte, um das volle Aroma aus der Nahrung zu lutschen, schiebt immer wieder ein "Ah, lecker!", "Ah, wunderbar!" oder "Ah, exzellent!" dazwischen, blickt dabei zur Hausfrau und nickt anerkennend. Das ist der Weizen. Die Spreu schielt nach dem Salz und beginnt eine großsprecherische Rede über Kochen, vor allem über andere Gerichte, die gerade nicht auf dem Tisch stehen und wie gut diese bei richtiger Kompostion der Zutaten schmeckten. Ist er sich sicher, dass die Essgemeinde an seinen Lippen hängt und lauscht, greift er zum Salz und kräftig zucken seine Hände über dem Mahl, das er nicht einmal probiert hat. Eine Beleidigung für Koch oder Köchin, denn die Speise wird nicht nur gerügt, sondern ihren Herstellern attestiert, dass sie per se von richtigem Würzen nichts verstehen, so als sei das ein Charakterzug. Auf Maggi verzichtet die Spreu, weil es ein verräterisches Geräusch macht. Wir aber, die wir dieses Geräusch lieben, denken in Ehrfurcht und Liebe an die vielen Hühnersuppen mit Eierstich, die die Flaschenwürze in unserer Kinderzeit veredelt hat.

Resopal: Werkstoff der 60er


Doris Dressing: Werzalith (2009)
Nach all den Tagen
Werzalith
muss ich sagen
sind wir quitt
nach all den Wochen
mit dem blonden Jochen
muss ich sagen Werzalith
mit ist Schitt
nach all den Jahren
Werzalith
kann ich endlich meine Liebe mir bewahren
und ich weiß zum Schlusse: Nie zu dritt!

Vincent van Eijnoor: Weiße Wand

Dem Menschen, der nach Ruhe und Kontemplation sucht, hat Eijnoor hier direkt in die Seele gesprochen. Magisch angezogen wird der Betrachter von dem weißen Fleck (!) im unteren rechten Bildviertel, der einlädt, fast zwingt, auf ihm zu verweilen.
Mehr bildimmanenten Zwang zum besinnenden Rückzug im positiven Sinne kennt man bei keinem anderen Künstler.
(Das Objekt ist Teil des Hauses Goebenstr.16 in Minden und befindet sich an der Ostseite im zweiten Stock. Material: Außenwandfarbe Weiß auf Hauswand, 2004)

Gebiss

Der weise Mann sagt:
Beiß dir nicht die Zähne aus an Dingen, wo doch gar keine Zähne da sind.



Rolf und Dieter: Raucher

Rolf: Hast du wieder geraucht?
Dieter: Wieso das denn?
Rolf: Na, weil da eine Kippe liegt.
Dieter: Ich habe noch nie geraucht.
Rolf: Wieso liegt dann da eine Kippe?
Dieter: Keine Ahnung.
Rolf: Komm, sag schon. Mir kannst du das doch erzählen.
Dieter: Ich habe nichts zu erzählen.
Rolf: Das ist mal wieder typisch.
Dieter: Was ist typisch.
Rolf: Mit Rauchen ein Problem haben, aber nicht darüber reden wollen.
Dieter: Du hast ein Problem mit Rauchen.
Rolf: Wie kommst du denn darauf? Ich rauch doch gar nicht.
Dieter: Ich auch nicht.
Rolf: Woher kommt dann die Kippe?
Dieter: Keine Ahnung.
Rolf: Dann tu die wenigstens in den Mülleimer.
Dieter: Wieso ich?
Rolf: Weil die nicht von mir ist. Die kann dann nur von dir sein.
Dieter: Wieso das denn?
Rolf: Hier ist sonst keiner.
Dieter: Das ist kein Beweis.
Rolf: Hauch mich mal an!
Dieter: Ich glaube, es geht los.
Rolf: Na also, da haben wir doch den Beweis. Du hast geraucht, willst nicht darüber sprechen und anhauchen willst du mich auch nicht.
Dieter: Ich hab Mundgeruch.
Rolf: Sag dich doch, alter Dickschädel.

Finanzkrise und Gegenmaßnahmen

Mitleidige Bürger haben ihres Postens und ihres Geldes entledigte Banker mit Spenden bedacht. Küchengeräte, die sie selber nicht mehr brauchen und die sie vielleicht vor vielen Jahren mal von den Zinsen ihrer Sparguthaben oder mit den Dividenden ihrer Aktien bezahlt haben, sollen nun den Mittellosen zugeführt werden. So kerht der gewinn zurück an den Ursprung. Ein Kühlschrank gehört fasst überall zum Angebot, sinnbildlich wollen die Menschen sagen: Auch wenn es dir dreckig geht, immer kühlen Kopf bewahren! Und wo es ein Kühlschrank nicht schafft, steht ein zweiter bereit, der zu flüstern scheint: Cool sein, cool bleiben. Nichts anmerken lassen. Der Bürger ist doof und kriegt sowieso nichts mit!
Der Bürger selbst hat sich eine Spüle für den Notfall hingestellt, wenn er einen Banker trifft, der gerade sein überhitztes Brokergemüt entwärmen möchte, um zusammen mit seiner Lederaktentasche und seinem Schlips ein Vorstellungsgesprächvorzubereiten und anzugehen. Der so Verschreckte dreht einfach die Nirostaschalen mit Spülwasserablauf um, und kann seinen Mageninhalt, der ihm bei Angesichtigwerdung des ÜBELtäters emposchießt, kontrolliert zu Boden bringen.
Der gesunde Menschenverstand versteckt sein Geld wieder im Sparstrumpf unter der Matratze oder im Wäschefach im Schlafzimmerschrank.

Das will keiner: Weihnachtssymbole im Mai

Mit Weihnachtssymbolen kann man im Mai Menschen verärgern, die auf dicke Spargelmännchen aus aufgepumpter Plastikfolie eingestellt sind. Denn der Weihnachtsschmuck löst überhaupt nicht das aus, was er soll, nicht Liebe, Hoffnung, Erwartungsfreude auf Geschenke und einen guten Tropefen, den man endlich in großen Menagen und ohne schlechtes Gewissen konsumieren darf, nein, es ist eher die Verdauungstörung, der Familienstreit, der abgebrannte Baum und der beim Glatteis gebrochene Oberschenkel, der von Symbolen ausgelöst wird, die nicht in die Jahreszeit passen. Alles zu seiner Zeit, sagt schon der Volksmund. Wie man Weihnachten keinen Spargel isst und Muscheln nicht in Monaten ohne r oder mit r- die meisten vergessen das ohnehin- so kann man nicht illuminierbare Weihnachtssterne aus künstlichem Tannengrün an Bushaltestelle aufhängen. Das macht aggressiv und bereitet cholerische Anfälle für den August vor, wenn schon die ersten Weihnachtsmänner aus den Regalen grinsen und Erinnerungen an Verdauungstörungen, Streit und Suff freirütteln. Damit reicht es dann, aber das nächste Fest steht schon wieder vor der Tür. Wie aber sollen die Menschen sich auf die frohen Botschaften einschwingen, wenn die alten noch übel aufstoßen? Also: Vorsicht mit unbedachter Dekoration. Das Volk allgemein ist sensibel und nicht unendlich belastbar.

Rolf und Dieter: Stonehenge

Rolf: Stonehenge habe ich mir anders vorgestellt.
Dieter: Wieso Stonehenge?
Rolf: Na, da, wo so Steinplatten aufeinandergestapelt sind. Wo keiner weiß, wer das gemacht hat und warum....
Dieter: Das ist nicht Stonehenge.
Rolf: Jetzt sehe ich es auch.
Dieter: Was willst du eigentlich sagen?
Rolf: Na ja, immer tust du so, als ob wir irgendetwas Berühmtes besichtigen und dann ist es das gar nicht.
Dieter: Das sind eindeutig die Tonfiguren aus dem VHS-Töpferkurs von letzter Woche. Torsten, Helmut und Wolfgang.
Rolf: Ich finde, die sahen anders aus.
Dieter: Na, das sind doch Tonfiguren.
Rolf: Viel zu lange Arme haben die doch, die hätten wirklich Spurrillen neben sich, wenn die die Straße entlanggingen....
Dieter: Die haben sich selber getöpfert. Vielleicht auch aus Lehm.
Rolf: Ja, fürs Leben reicht's wieder nicht und für den Tod auch nicht.
Dieter: Wirst du jetzt sentimental?
Rolf: Was soll das denn heißen?
Dieter: Dass du wieder komisch wirst.
Rolf: Ich kann nicht darüber lachen.
Dieter: Wer von den dreien ist eigentlich Helmut?
Rolf: Der mit den langen Armen.
Dieter: Witzig.
Rolf: Eben. Werd mal nicht komisch.
Dieter: Sag ich doch.
Rolf: Eigentlich bin ich ein Engel. Genau. Ein Engel, der seine Flügel am Kopf trägt.
Dieter: Das sind deine Ohren.
Rolf: Ich bin ein Engel.
Dieter(schnaubt und zeigt): Aber mit sonem Rüssel.
Rolf: Na, und?
Dieter: Wo liegt eigentlich Stonehenge?

Kleiner machen, Leute!

Was ein kleines, farbiges Objekt in die graue Welt des Alltags bringen kann, das zeigt hier das "Gerdwin Compendium".
Wer mehr wissen will, klickt hier:
THE GERDWIN COMPENDIUM

Endreimlyrik:Georg Krakl - Zu kurz

Zu kurz

Das eine seiner Beine war zu kurz.
Es sah so aus, als tät er hinken.
Die Arme schlaff und schlackernd. Als wäre er am Winken,
so wirkte es. Es war ihm schnurz.

Plattenbesprechung: Mallet - Du gib mir dein Geld

Du gib mir dein Geld!
Sind hundert Euro, hab schon nachgezählt.
Wenn mir ein jeder auf der Welt
nur hundert Euro gibt, dann bin ich reich wie Ackermann,
dann bin ich reich wie Ackermann, oh yeah...

Auf den ersten Horch denkt der Hörer: Hallo, was ist das denn? Wer ist denn hier von seinen Medikamenten abgesetzt worden? Wer versucht hier in Musik zu kompensieren? Die klassischen Komponisten und alle Protagonisten von Rock, Blues und Liedern aus dem Alpenvorland müssten sich im Grabe umdrehen, dränge nur eine Schallwelle an ihre verschütteten Ohren.
Eine penetrante Kalimbatonfolge, durch Verzerrer, Kompressor und Chorus gedreht, soll den Konsumenten wohl in eine meditative Stimmung versenken; eher wird das Nervenkostüm auf eine Belastungsprobe gestellt, wenn das scheppernde Instrument aus Afrika die handgeschmiedeten Klangnägel ächzen lässt. Abgeschlagen im Hintergrund eine Stimme, die Wehmut ausdrücken will, und resigniert, aber recht schief, eine schlichte Melodie intoniert. Auch hier wohl mehrere Effektgeräte im Einsatz, die es aber nicht schaffen, den Tönen mehr Präsenz zu verleihen.
Komponist und Interpret Mallet hat hier eine Art deutschen Ethno-Schlager entwickelt, der eigentlich ein Widerspruch in sich ist; vielleicht ist diese Komponente das, was zum Nachdenken anregen soll, das, was provozieren soll.
Ob das beabsichtigt ist, lässt der dürftige Text, in dem man weder Strophe noch Kehrreim identifizieren kann, offen.Um als Schlager durchzugehen, fehlt dem Lied doch das Gechliffene, das Glatte, die Geradlinigkeit. Das „oh, yeah“ am Ende hebt den Eindruck von Schlager sowieso wieder auf, und der Hörer bleibt verunsichert zurück. Nur das Gejammere der Kalimba wirbt für das Etikett „Ethno“.
Eins aber ist sicher: Das Stück kann man sich schenken. Ethno kann jeder zu Hause mit der Handkurbelkaffeemühle spielen, und deutsche Schlager sind sowieso in jedem Plattenschrank. Und den kann man ja mal wieder öffnen und die Nadel eine gute, schwarze Rille durchpflügen lassen.

Neues in der Welt der Musik: Mallet - Du gib mir dein Geld

Eine Plattenbesprechung folgt morgen.

Früh übt sich: Die Konkurrenz schläft nicht

Die Konkurrenz schläft nicht, das haben jetzt auch Kinderspielzeughersteller erkannt und geben Tretmobile heraus, die den Anschein erwecken, als könnte man mit ihnen in der Gegend herumfahren und selbständig lenken. Herumfahren ist zwar möglich, aber nicht allein. Jedes Mobil ist gekoppelt an ein anderes, das allerdings ein Stückchen vorauseilt. Egal, wie groß die Strampelbemühungen von Kevin sind, er wird den Gegner nicht einholen; er weiß nicht mal, dass er für den Gegner mittritt. Immer wieder wird das Autofahren in Modellen reizen und motivieren, immer wieder wird Kevin antreten, um endlich sein Erfvolgserlebnis zu haben. Bekommen wird er es nie.
Das Modell des Doppeltretmobils hat großen Anklang in der Industrie gefunden. Man kann, so die Meinung einschlägiger Arbeitgeberkreisen, nicht früh genug beginnen, auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Und da sei es so, dass die einen arbeiteten und die anderen arbeiten ließen. Das würde zwar niemand laut sagen, aber ein Spielzeug wie das Doppeltretmobil habe doch auch eine Vorgeschichte. Im Unterbewusstsein sei das Wissen verankert, dass es eine Oberklasse und eine Unterklasse gebe, warum nicht in diese Richtung schulen? Gegen das Unterbewusstsein solle man sich nicht wehren, das habe schon Psychoanalytiker Freud gesagt. Das Schulministerium will unter Federführung der blonden Frau Sommer dafür sorgen, dass verbindliche Empfehlungen des Hausarztes und des angegliederten Sachbearbeiters im Sozialamt die Zuordnung der Kinder vornehmen. Kevin bleibt also im zurückliegenden Auto, da kann er strampeln was er will, denn seine Eltern sind auf die finanzielle Hilfestellung des Staates angewiesen.

The Gerdwin Compendium

Jetzt anklicken: www.gerdwin.de

Hässliche Tierattrappen beleidigen das Auge

Eigentlich sind die Tierfiguren, die in den Vorgärten verschiedener Hausbesitzer baumeln, schon an sich eine Beleidigung. Wo gepflegt geschnittenes Grün regieren sollte, da hängt eine lieblos zusammengetackerte Puppe, die entfernt nach Tier aussieht, etwa nach einer Art Storch, der eine ungeschickte Laubsägearbeit als Kopf zeigt, an den ein Sack aus Plastik gehängt ist, der sich leicht bläht. Was der Bastler mit diesem Monstrum genetischer Fehlentwicklungen ausdrücken will, bleibt im Dunkeln. Freude spendet dieses Etwas nicht; das Auge blickt beleidigt und fast gedemütigt zu Boden. So viel Hässlichkeit ist kaum zu ertragen. Geht man einen Schritt weiter im Denken, kommt man schnell auf eine andere Botschaft, die alle kinderlosen Menschen mit dem Wunsch nach Nachwuchs aufschreien lassen muss. Der Klapperstorch war seit jeher Sinnbild für das Baby, den Säugling, den Sohn oder die Tochter. Der Klapperstorch zog das Kind nach einer irgendwie ungeschlechtlichen Zeugung aus einem See, um sie den zukünftigen Eltern vor das Fenster zu legen. Als Gebühr biss er der Mutter ins Bein, weshalb sie eine Woche im sogenannten Wochenbett liegen musste. Dass man den Menschen solchen Schwachsinn immer noch klar machen will, ist nicht mehr zeitgemäß. Der eigentliche Reibungspunkt ist aber der Sack am Kopf des Langschnäblers. Jedem Mann mit Kinderwunsch wird hier drastisch vor Augen geführt, woran das Nachwuschsvorhaben gescheitert ist: Im Beutel ist nichts als Luft.
Ein Verbot hässlicher Gartendekoration ist dringend erforderlich!

Die Wissenschaft hat festgestellt: Realismus

Jetzt ist es bewiesen: Es gibt ihn, den real existierenden Realismus.

Endreimlyrik: Hermann Döns - Schorf

Schorf
So wie der Torfstecher hebt den Torf,
so tat sein Fingernagel mit dem Schorf
auf seinem Unterarm.
Das Blut quoll rot und warm.
"Geronnen Blut kann ich wie Rotwurst gut verdauen,
auch ohne groß zu kauen",
und dachte weiter, "lieber mir den Bauch verrenken,
als dem Leben was zu schenken.

Sollten schlechte Zeiten kommen,
dächt' ich: Hättste bloß vom Schorf genommen!"

Aus: Papenburg-Elegie 2009

Endreimlyrik: Hermann Döns - Afrika (Antirassistisch)

Afrika
Chorgesänge
von 8 Dilettanten vorgetragen
ziehen sich oft in die Länge
penetrant in hohen Lagen
unerträglich in den Tiefen.
Melodien,
die aus dem Ruder liefen.
Rhythmen aus dem trägen Wien.
Ihr Soprane, seid jetzt still!
Singt nicht mehr so schrill!
Auch Bassisten schweigen mal!
Das klingt doch nach Negerkral!
Die Bassisten: Ruhe jetzt,
weil das Afrika verletzt!

Aus: Papenburg-Elegie (2009)

Endlreimlyrik:Hermann Döns - Der Schmied (2009)

Der Schmied
Die Dämme'rung dämmert
und der Schmied haut wie behämmert
auf sein kaltes Eisen.
Er will beweisen,
dass man aus einer Pflugschar Schwerter machen kann.
Vielleicht auch einen Skilift oder ein, zwei Starkbierhumpen,
oder eine Büste von Klaus Mann.
Auf jeden Fall zwei Eisenklumpen.

Es ist längst Nacht, niemand will wachen,
als Schmied und Hammer und ihr Eisen Feierabend machen.
Letztendlich konnt' der Mann beweisen:
Aus kaltem Eisen formt man kaltes Eisen.

Aus: Papenburg-Elegie 2009

Auch Erwachsene sollen Versteckspielen trainieren

Nicht nur Kindern kann man heute vorwerfen, sie ernährten sich nur von Chips und Fernsehen und seien deshalb überwichtig, auch Erwachsene dürften nicht besser dran sein. Gerade Spiele wie Verstecken, Kriegen, Packen und Hinkelpiss scheitern heute an den körperlichen Möglichkeiten der Spielenden. Gerade Sachbearbeiter in den städtischen Behörden haben aufgrund monotoner und bewegungsarmer Arbeit sinnvolle Ablenkung mit dem ganzen Körper in den Mittagspausen besonders nötig.
Versteckspielen wird von der Bundesgesundheitsministerin besonders hervorgehoben und soll im Rahmen des Vorschulunterrichts und von Fördermaßnahmen sowohl in der Grund- als auch in den weiterführenden Schulen trainiert werden. Im Erwachsenenalter ist es oft zu spät; unbestritten sind die ungeheueren Möglichkeiten des Spiels: Körperliches Geschick( Wie komme ich in die Regentonne oder durch das Kellerfenster?) paart sich mit Kreativität (Welche Ausrede habe ich, wenn ich zu schnell gefunden werde?), vereint sich ferner mit Konzentrationschulung (Wie hieß die Tusse aus Zimmer 47 noch?) und dem Aufbau sozialer Kompetenzen (Ich lass mal was sehen, sonst finden die Idioten mich nie, oder sitzen wieder die ganze Zeit in der Eisdiele und beobachten, wie ich hinter den Betonklötzen kauere und den Tschiboshop im Auge behalte, wo sie sonst immer hocken, weil sie zu faul sind wirklich zu suchen.) Zum Versteckspielen gehört aber auch die Möglichkeit, einen Gegenstand zu finden, der größer ist als man selber, damit dieser einen auch verdecken kann. Das will nicht immer gelingen, wenn man nur eine halbe Stunde Pause hat. Man darf die Schuld aber nicht den Gegenständen geben, denn die sind wie sie sind. Oft wollen die Leute gefunden werden, weil sie sich sonst allein fühlen. Dann aber ist es besonders bitter, wenn niemand einen sucht und daher auch nicht findet.

Als einmal die Queen in Weserstadt war.....

Herr Gerd: Herr Win! Da unten steht die Queen...
Herr Win: Herr Gerd, jetzt runtergeh'n, das ist's nicht wert.
Herr Gerd: Ach, ich dachte, einmal nur der Queen die Hand zu schütteln, das wär nett.
Herr Win: Wir wollen nicht Prinzipien rütteln.
Obwohl, sie ist adrett.
Herr Gerd: Ja, eben! Und....einmal im Leben jener Queen die Hand zu geben?
Herr Win: Ich sag noch mal, Prinzip geht vor.
Herr Gerd: Ok. Vielleicht noch mal im Chor?
Die Herren Win und Gerd gemeinsam: Prinzip geht vor!

Zwei Zwergelefanten auf dem Weg in die Südsee

Die Zwergelefanten Rolf und Dieter stehen auf einer Metalllampe in einem Vorgarten kurz hinter Osnabrück.
Rolf:Ich dachte, wir wollten in die Südsee...
Dieter: Ja, gut, das hatten wir gesagt.
Rolf: Das sieht hier aber nicht so aus wie in der Südsee.
Dieter: Woher weißt du denn, wie es in der Südsee aussieht?
Rolf: Weiß man eben.
Dieter: Wer ist man?
Rolf: Südsee sieht anders aus.
Dieter: Vielleicht brauchen wir noch ein Weilchen.
Rolf: Die Landschaft ändert sich aber seit Stunden nicht.
Dieter: Sagt man eigentlich an der Südsee oder in der Südsee?
Rolf: Keine Ahnung. Auf jeden Fall soll es da warm sein.
Dieter: Man sagt auf jeden Fall an der Nordsee.
Rolf. Weißer Sand und Palmen sollen da sein.
Dieter: Weil in der Nordsee, dann wäre man ja drin, das wäre nicht schön, vor allem wenn man Urlaub machen will.
Rolf: Das hier ist kein Strand, das eher Metall. Metallböden in der Südsee, das kann ich mir gar nicht vorstellen.
Dieter: Wo, sagtest du, läge die Südsee?
Rolf: Ich habe gar nichts gesagt, du hast gesagt, wir gehen jetzt in die Südsee und ich sollte einfach hinterher laufen.
Dieter: Weiß ich gar nicht mehr.
Rolf: Nach Südsee sieht das hier nicht aus. Zu viel Metall.
Dieter: Wir können ja noch ein Stück gehen, da muss irgendwann der Strand kommen.
Rolf: Zwischendurch kommt es mir vor, als wenn wir im Kreis laufen.
Dieter: Glaub ich nicht.
Rolf: Ich schon.
Dieter: Schweigeminute ab 3!....1, 2, ...3!
Rolf: ---

Endreimlyrik: Hermann Döns - Böses Kind

Böses Kind
Mutti, Vati, ich möchte ein Hautier, ein eigenes Hautier!
Die Eltern erschrocken, die Tochter macht Fehler beim Sprechen!
Zum Logopäden geschwind, sonst wäre die Zukunft verbaut ihr.
Zum Fachmann zu gehen, das Kind will’s versprechen.
Gesetzt, dass die Eltern ein Hautier besorgen, vielleicht einen Hund,
vielleicht eine Katze, Kaninchen, Agame.
Egal sei der Name,
nur ein Hautier soll’s sein.
Gekauft wird ein Hund. Nachdem er verdroschen
spricht das Kind: Ich hab nichts versproschen.
Ihr könnt nur nicht hören.
Geht! Wascht euch die Öhren!

Schweinedenkmal in deutscher Kleinstadt

Der Tourist und Besucher der Kleinstadt erwartet ein angenehmes Ambiente, milde Temperaturen, freundliche Menschen und Bürgersteige, auf denen Hunde nicht ihre Geschäft erledigt haben. Das Kleinstädtische wollte und sollte immer Richtschnur sein für das Denken, das Fühlen und das Handeln der Menschheit. Wo es dir in der Kleinstadt gutgeht, da geht es auch der ganzen Welt gut! Dieser eher kryptisch anmutende Satz galt lange Zeit als Imperativ: Lass es dir gutgehen in der Kleinstadt, dann geht es auch der Welt gut. Dieser Trugschluss veranlasste viele Menschen, in die Kleinstädte zu ziehen und so entstanden die Großstädte, in denen aber das Unheil wie Natternbrut an den Brückenpfeiler und Häuserwänden hochzüngelte und an der Unschuld der Menschen leckte, um es mit seinem giftigen Odem zu verderben. Die Dörfer schwollen aufgrund nachfolgender Landflucht zu Kleinstädten heran und verödeten zu Brachen und Fußballplätzen. Erst mit aufkommender Überbevölkerung konnten sie ihre alte Aufgabe, die Beherbergung der Großfamilie, die in den Großstädten als asozial gilt, übernehmen.
Die Menschen in der Kleinstadt aber waren enttäuscht, dass sie plötzlich in Großstädten lebten und die ehemaligen Dörfler, die jetzt Kleinstädter waren, erregten sich ebenfalls und lösten die Großfamilien auf. "Schweinerei! Große Schweinerei ist das!", brüllten sie und ließen vor Wut sogar den unbestimmten Artikel weg. Da sie aber keinem die Schuld geben konnten an der Entwicklung, höchstens vielleicht sich selbst, setzten sie der Schweinerei ein Denkmal. Die Touristen und Besucher aber ergötzen sich an den poussierlichen Borstentieren, die aus Stein sind und keinerlei Dreck auf den Gehwegen verursachen. "Schau mal da, wie süß", sagt die Oma dem Knirps," daraus werden in Echt die Bratwürste und das Mett gemacht." Beim Zurücktreten, um das Denkmal besser betrachten zu können, tritt sie in die Hinterlassenschaft eines magenerkrankten Boxerrüden. "Verdammte Hunde, wollt ihr ewig leben?", zischt sie zornig vor sich hin und zerrt den Knirps aus der Gefahrenzone.
Die Kleinstadt jedoch ruht wieder in sich, in ihrem freundlichen Ambiente und mit ihren ebenso freundlichen Bürgern, die vom Tanz in den Mai 2010 träumen. Aber bis dahin ist ja noch lang.

Diskriminierung: Roter Mann

Der rote Mann wird nach wie vor diskriminiert. Wohl hatte ihn der weiße Amerikaner nach Entdeckung des Reservats in dieses überführt, aber als in diesem unfruchtbaren Land Öl gefunden wurde, hatte der Ureinwohner auch dort keinen Platz mehr. In einem nicht mal gegenseitigen Wirtschaftsabkommen und mit dem Versprechen, Deutschland nicht in einen atomaren Panzergraben zu verwandeln, falls der Russe oder noch wahrscheinlicher, der Chinese, gegen Westen rückt, wurden die roten Männer auf deutsche Städte verteilt, wo sie unauffällig unter das Volk gemischt werden sollen, bzw. als Deko an Textilbekleidungsgeschäften und In-Kneipen, die auch alkoholische Getränke verkaufen, drapiert werden. Als Erinnerung an seine einstige Wehrhaftigkeit, als er noch auf einem Appaloosa mit dem Bogen in der Hand über die Prärie galoppierte, wird jedem der sogenannten Eingeborenen eine rotgefärbte Stange beigefügt, die dem Betrachter sagt: Auch wenn der rote Mann nackt ist, weil ihn der Amerikaner all seiner Güter beraubt hat, so hat er doch eine rote Stange, mit der er dir schnell eins überziehen kann. Also, habe Respekt und fixiere den Menschen nicht, starre nicht auf die Sitzfläche des Stuhls und suche nicht nach protzigem Federschmuck. Mach dir lieber ein Schild, auf dem steht: Wo ein roter Mann ist, da muss auch ein schwarzer her, und ein weißer und ein gelber, denn wir wollen eine bunte Gesellschaft sein! Dann marschiere mit diesem Schild durch Ibbenbüren, weil man irgendwo anfangen muss.

Versteckte Botschaften in Gedichten: Nicht Kern, sondern Zen

Nicht Kern, sondern Zen
Nicht kleckern,
sondern klotzen.
Nicht keckern,
sondern kotzen.
Nicht eckern,
sondern otzen.
Nicht ckern,
sondern Tzen.
Nicht Kern,
sondern Zen.

Hermann Döns (2009)
Genial, wie der Leser von Döns allmählich von der schlichten Aussage, die letztlich nur Redensart und Volksratschlag ist(kleckern/kLotzen), über das Tierreich(keckern) zur archaischen Verdauungsverweigerung (kotzen), über Neologismen(eckern/otzen) zu dadastischer Form(ckern/tzen), vom Verb alsdann zum Substantiv, gleichbedeutend mit der Menschheitsgeschichte, vom westlichen Volksempfinden ([Pudels] Kern) zur östlichen Philosophie (Zen) geführt wird. Wo hat man je mehr mit weniger Worten ausgedrückt?

Endreimlyrik: Georg Krakl - Primel (Frühling 99)

Das hat niemand so gewollt,
dass die Primel schmollt.
Was hat sie denn nur vergrämt?
Wer denn nur hat sie beschämt?
Hat man sie entblättert?
Oder gar beklettert?
Hat man sie beleidigt?
Oder nicht genug verteidigt?
Viel zu viel gegossen?
Ihren Liebsten just erschossen?
Trat man ihr das zarte Blatt
einfach platt?
Quetschte ihre seid'nen Blüten
wie gebrauchte Brötchentüten?
Was ist denn passiert?
Hat man sie püriert?
Mit dem Rasenmähgerät kupiert?
Massakriert?
Opariert?
Omariert?
Ach, hier hör ich lieber auf.
Primel, Primel, schmollst ja immer noch!
Haue mit dem Spaten drauf,
schmeiß sie in ein Loch,
das ich grade ausgehoben.
Zu- ist besser noch als aufgeschoben.
Primel, Primel! Musst nicht grollen.
Das hat dir jetzt nichts gebracht: Zu schmollen.
(Foto: Keine Primel)

Sich zeigen in der Kleinstadt

Die Stadt lebt; es ist ein Samstagmorgen der sonnigen Art: Hallo, allerseits,hallo,hi, Robbi, da bin ich, hier ist die Tanja, das ist meine Gefährtin, nein, wir sind nicht verheiratet, aber wir leben zusammen, heiraten ist was für Kleinkarierte. Ragazza! Eine Latte, due Espressi, ach, Sie sind Deutsche, macht nichts, dasselbe für uns, und Wasser dazu. Hallo Tom, ja du, wir hatten eine schweren Nacht, neinnein, das Übliche, und wie ist es mit euch?, hey, Richard, ja du, genau, toller Tag, ja, hier rumsitzen und gucken, das ist wie Kino, ups, habe gar kein Geld dabei, Ricardo, schreibst du's auf?, kein Problem?, danke, ich les da gerade ein tolles Buch, ja, Tanja ich weiß, es ist eigentlich deins, wissenschaftlich, über deutschen Wahnwitz, von damals bis heute, historischer Abriss, nein, für mich keine Latte, hier bitte, ich nehm die due Espressi, hallo Karl, mussmuss, ruf mal an, Paul, ach du, Rita, ja, setzt euch, keine Zeit, ja wir müssen auch gleich, Spargel, ja ist Saison, heute werden wir mal den grünen probieren, lecker, mit Parmaschinken, ach nee, Bündner Fleisch, das ist mir zu pappig, der deutsche Wahnwitz, selbst Hitler soll ihn besessen haben, deswegen war er Wagnerfan, Wotan und Wahnwitz, muss man gelesen haben, spannend, fast wie ein Roman, Ragzza! Pagare! Hallo? Man sagt nicht pagare? L'additione? Das versteht hier doch keiner, die sind doch alle deutsch, Ragazza, pagare! Subito! Prego, man will ja höflich bleiben, haha. Tschau denn, ja, demnächst, man sieht sich. Falls man nicht erblindet. Scherz.