Tipps für die Regierungsbildung

Politik besteht häufig aus Nullen, die sich aufgebläht haben, aber keinen Inhalt bieten.
Wenn es möglich wäre, einen Kanzler oder eine Kanzlerin zu finden, der oder die eine Eins wäre, dann könnten ihr sämtlich Nullen folgen und es ergäbe eine Regierungsmannschaft, die richtig was wert ist. Bei 6 MinisterInnen schon 1 Million irgendwas. Aber woher die Eins nehmen? Nullen sind ja genug da.

Bodos Welt-Wörterbuch: Arschbombe und Co 2 - Die 60er Jahre

BMW

Ein BMW war nicht die Bezeichnung für ein relativ unbedeutendes Auto - es sei denn, jemand hatte die Karosse dem Vater entliehen und konnte damit, natürlich mit den Kameraden angefüllt, durch die Straßen brettern - sondern die Bezeichnung für ein flachbrüstiges Mädchen, das in etwa dem Zuschnitt Francoise Hardy entsprach, der französischen Chansonette, die von angeblichen Oberweitenmängeln durch lange Haare und ein Asch Aspiré, ein gehauchtes h, das die Französin nicht ausprechen kann, ablenkte und damit erotische Versprechen ausflüsterte, die sie aufgrund der regionalen Distanz gar nicht einhalten konnte. Sie war für uns alle unerreichbar, sodass wir uns, wahrscheinlich aus Enttäuschung und um diese zu kompensieren, auf die fachmännische Beurteilung ihrer Brustwarzen konzentrierten, so als seien wir nicht wirklich interessiert an einem Blick oder einer Berührung. BMW - Das bedeutete "Brett mit Warzen" .Aufgrund der Unerreichbarkeit rückte der BMW in Form eines Autos wieder in Blickpunkt.  Derjenige, der ein flachbrüstiges Mädchen seine Freundin nannte, musste sich natürlich von den Neidern das "BMW" bieten lassen.
Manche Unbeweibten betranken sich und schluckten dazu BMW, was eigentlich WMB heißen musste: Wacholder mit Boonekamp. BMW ging aber besser runter und besser rein ins Ohr.

Pinte

Das ist die Kneipe, wo der Wirt weiß, wie du bist und wieviel du brauchst, um richtig schicker (stamm, voll, dicke, abgefüllt, breit...) zu sein. Damals im "Im Stillen Winkel" war das Hermann, der Mengen an Bier ausschüttete, die wir in uns hineinschütteten, bis wir eine Art Trancezustand erreicht hatten. Wenn ihr auffallt, fliegt ihr raus!, war das prophylaktische Satzgebilde, mit dem er die Angetrunkenen bei der Stange halten wollte. Wir konterten mit einem Gruppensprechgesang: Hermann, was müssen wir tun, um aufzufallen? Obgleich das schon eine Art des Auffallens war, blieben alle im Raum; niemand flog raus. Ärger gab es nur, wenn Billiardspieler die Hand ins Loch hielten, um das Verschwinden der schwarzen Kugel zu verhindern und das Spiele in die Länge zu ziehen. Es ging um Geld; das musste man in den Schlitz werfen und wenn die schwarze Kugel versenkt worden war, dann war Schluss und Zeit für frisches Geld.
Im Deichhof spielten wir vier Könige, ein Spiel zum dem nicht viel gehörte, lediglich ein gutes Schluckvermögen, etwas Geld und die Fähigkeit, das Gesoffene nicht wieder auszugöbeln.
Karten werden aus einem 32er Blatt gezogen; der erste König bestellt, der zweite trinkt an, der dritte trinkt aus, der vierte bezahlt. Getrunken wurde ein Stiefel. Die Wandprobe war obligatorisch. Lief noch etwas Bier aus dem Glasschuh, musste der dritte König selbst zahlen.


Bodos Welt-Wörterbuch: Arschbombe und Co - Die 60er Jahre


Arschbombe

Eine Arschbombe machte man im Sommerbad, da, wo man auch auf der Liegewiese rauchte und Pommes Frites aß.
Eine Arschbombe wurde vom Beckenrand oder vom Einerbrett abgeworfen.
Vom Dreier war das nicht zu empfehlen, da man neben der Badehose auch seine Zeugungsfähigkeit verlieren konnte. Jedenfalls tat es so weh, dass sich dieser Eindruck einstellte.
Arschbomben waren etwas für Angeber, für Naßmacher und die, die keinen Köpper machen wollten, weil ihnen immer das Wasser in die Nase stieg, was sich anfühlte, als zerstörte sich gerade das Hirn.
Schlimm waren Popel, die mit den Abgetauchten an die Wasseroberfläche kamen. Folge eines Köppers, bei dem man Luft aus der Nase gestoßen hatte während des Eintauchens.
Bei der Arschbombe werden die Beine angezogen und die Arme um die Unterschenkel  gedrückt. Wer am meistens spritzte, war der Sieger. Vorbereitung aufs Leben.


 

Parka

Der Parker war das Kleidungsstück des Protests, je speckiger und bemalter er war, desto mehr Protest drückte der Besitzer aus.
Er stammte aus dem US-Warenlager und war immer grün. Alle anderen Farben waren verpönt und andere Formen ebenso. Sie galten als domestizierte C&A-Klamotten, die immer wie frisch imprägniert und das Angepasste und Etablierte darstellten.
Leider waren Firmen wie C&A auf den Zug aufgesprungen, als klar war, dass der Parka die Uniform für die Friedensbewegung war, für die Vietnamkriegsgegner und für alle, die gegen alles Mögliche waren.
 

Negerköpper


Heute verbotener Begriff. Mit dem Kopf zuerst ins Wasser springen, dabei die Hände an die Hosennaht halten, wenn sie dagewesen wäre. Ein Sprung für Mutige, weil man nichts mit den Händen wegdrücken konnte, um den Kopf zu schützen.
Woher der Begriff kam, wusste keiner. Auch hatte er mit Negern, also schwarzen Menschen, nichts zu tun.
Der Negerköpper war ein Sprung für Superangeber und daher irgendwann Pflichtprogramm für alle, die nicht als Weichei oder halber Hahn gelten wollt


Fluppe

Eine Fluppe war eine Zigarette. Man rauchte nicht, weil es schmeckte, sondern weil man es tat. Am besten fing man vor 16 an damit, damit man mit 16 das erste Mal aufhören konnte. Das attestierte Lebenserfahrung und einen harten Kern, eine Gelassenheit, die sich von den Erwachsenen abhob, obwohl die auch rauchten, oft auch nur, weil man es tat.
Die Fluppe wurde auch Zigurd genannt, vielleicht hätte man es auch mit ieh geschrieben, von Ziehen abgeleitet; wir dachten aber eher an Sigurd, den Held aus einem schmalen Heft, der mit Tarzan und Tibor und Prinz Eisenherz konkurrierte.
Sigurd rauchte höchstwahrscheinlich nicht, denn es gab in seiner Zeit noch keine Zigaretten.
Kippe und Lungenbrötchen waren auch gängige Namen. Oder Zichte und Glimmstängel.





 

Die Kraft des Bildes - Zeitungsartikel und Blickfänger

Na, da sind mal endlich drei junge Männer von der Polizei verhaftet worden! Und dem Haftrichter vorgeführt! Na also, geht doch, denkt das Volk laut und freut sich, dass mal was passiert, dass Schluss ist mit dem ständigen DuDu!, mach das nicht noch mal, sonst wirst du dem Haftrichter vorgeführt!
Dann, beim zweiten Blick auf das Foto, kommt das Volk vielleicht ins Grübeln: Fünf Raubüberfälle und drei Männer, das macht insgesamt 15 Personen, dann kommt der Haftrichter dazu, das sind 16, abgesehen mal von den Polizisten, die die Gruppe verhaftet haben, da ist man locker bei 20. Zu sehen ist aber nur eine Person.
Bist du doof?, fragt das Maul des Volkes. Ein Diebestrio besteht aus drei Leuten. Der Haftrichter kommt dazu, das sind dann vier. Auf dem aussagekräftigen Foto sieht man eine Wand, an der herumgekritzelt wurde, so wie es früher die Gefangenen getan haben sollen, um ihre Tage zu zählen und nicht das Zeitgefühl zu verlieren. Die Wand ist scharf, im Hintergrund eine unscharfe Person auf einer einfachen Liege mit dreigestreiften Turnschuhen einer bekannten deutschen Sportartikelfirma und in dunklen Jeans. Die unscharfe Person liegt auf der Seite zu einer getünchten Kalksandsteinwand gewandt.
Bildunterschrift: Die drei jungen Männer wurden dem Haftrichter vorgeführt. Was grammatikalisch fragwürdig klingt - "wurden vor den Haftrichter geführt" hätte auch gereicht - wirft im Zusammenhang mit dem Foto einige Fragen auf:
Ist das der Haftrichter auf dem Foto? Warum liegt der? Wieso trägt der Freizeitkleidung, wenn Jugendlichen Respekt vor der Justiz vermittelt werden soll? Ist das sein Arbeitszimmer, in dem man scheinbar nur liegen oder stehen kann?
Oder ist das gar einer der drei jungen Männer, der hier den Tag verschläft, anstatt dem Haftrichter vorgeführt zu werden. Wo sind die anderen zwei Männer? Die Tür steht offen, sonst hätte man den Dritten ja nicht fotografieren können; sind die entflohen, weil die Vollzugsbeamten schlampig oder bestechlich sind?
Ist das überhaupt das richtige Bild zum Artikel, oder wurde es durch einen Zufallsgenerator ausgelost und ist so auf die Seite gelangt, weil niemand den Kram betrachtet und liest?
Fragen über Fragen und niemand, der sie beantworten kann. Mittlerweile sind die drei jungen Männer über alle blauen Berge, wenn diese Metapher erlaubt ist, und der Haftrichter, der sich aus Verzweiflung betrunken hat, schläft seinen Rausch aus. Dabei hatte er schon die guten Turnschuhe angezogen, um die Verfolgung aufzunehmen. Arme Justiz! Armes Deutschland! Arme Tageszeitung.