Tonnes Tagebuch: Sturm heute

Liebes Tagebuch!
Auf dem Weg zur Arbeit stürmte es ganz ordentlich. Temperaturwechsel von minus 8 Grad auf 12 Grad plus. Kein Wunder. Der Körper tobte, Kreislauf, kein Wunder, wie gesagt.
Ich dachte darüber nach, wie man sich verhalten sollte, wenn jetzt ein Baum auf die Straße krachen würde, vielleicht sogar auf mein Auto.
Jeder, der Gefahr im Straßenverkehr sieht, neigt dazu, zu bremsen. Das wäre hier aber völlig falsch, fiel mir ein.
Ein leichtes Knacken ließ mich aufhorchen und an den Straßenrand schauen. Saßen die Bäume noch fest? Der Knacklaut war aber von einer halb gefüllten Pullmoll-Dose gekommen, die im Fach in der Fahrertür hin- und herschlackerte.
Vollgas muss es sein!
Natürlich, wer bremst, liegt vielleicht nicht unter dem Baum, kracht aber in ihn hinein. Weil der Wagen ja nicht sofort steht, wenn man gebremst hat.
Vollgas und hoffen, dass man dem Sturz entgeht, dass man dem Tod unter dem Stamm wegschlüpft quasi.
Da empfiehlt sich ein Motor mit viel PS. Verstehe nicht, warum die immer in der Kritik stehen.
Mit einem schwachen Kleinwagen läge man als Sturmopfer Nr.1 im Alusarg, nachdem die Rettungssanitäter auf Wiederbelebung verzichtet hätten. Ohne Patientenverfügung, nur aus optischen Gründen. So ein Baum ist hart.
Vollgas. Das ist die einzige Chance.
Ich hoffe, der Sturm hört bald auf. Der Porschefahrer ist mal wieder im Vorteil, die alte Sozialratte.
Tonne

Das Dorf reckt sich


Das Dorf hatte sich schon wieder verändert. Aus der alten Form, von oben gesehen, eines flachgeklopften Koteletts, war jetzt ein sich reckender Biber geworden, dem man das Fell abgezogen hatte, um daraus ein Paar Hausschuhe für die Angebetete zu machen.
Hausgeburt - das musste es immer sein, um authentischer Dorfbewohner zu sein.
Hausgeburt, das reimte sich auf Ausgeburt, aber das war Städterlyrik.
Was war mit den Klinikgeburten, den Angeheirateten, den Grenzbewohnern und vor allem: Was war mit den Zugereisten? Den Regionalmigranten?
Denen, die Kartoffeln ins Dorf brachten und dann in der Dorfkneipe ein paar Wacholder kippten? Das Klima im Dorf profitierte nur insoweit, als Nachrichten aus dem Umland eintrafen, gefiltert und verzerrt zwar, aber immerhin Neuigkeiten.
Schwere Zeiten für das Dorf, das als sich reckender und gehäuteter Biber Haltung bewahren musste.

ER geht...


Furchtbar schön hinter dem u.
Eines Tages dachte das erste  „Er“ in dem Wort „fruchtbar“, dass es nicht länger an seinem Platz bleiben wollte. Fruchtbare Felder, fruchtbare Menschen, fruchtbare Gespräche und Diskussionen und fruchtbare  Verhandlungen. Wie das „Er“ das alles über hatte. Nichts als  Verlogenheit. Die Felder waren überdüngt, die Menschen nahmen Verhütungsmittel, die Gespräche waren allgemeines Blabla, die Diskussionen selbstdarstellerisch und die Verhandlungen eigennützig und auf die Vorteile der Verhandlungspartner bedacht.
Angst macht ihm das „u“, das vor ihm saß, dieser dunkle Laut mit einem Abgrund in seinem Zeichen, aber was sein musste, musste sein, wenn man weiterkommen wollte.
So überwand das „Er“ das „u“ und es war gar nicht so schlimm, wie es  sich das vorgestellt hatte.
Schließlich war es hinter dem „u“ angekommen: Furchtbar, dachte  es. Ja, furchtbar, damit kann ich endlich etwas anfangen.
Vor ihm lag dieses furchtbar runde c und das furchtbar langweilige h, das wie ein Gähnlaut wirkte und zusammen mit dem c ziemlich verschnarcht klang. Hier ist mein Platz, dachte das „Er“. Furchtbar. Furchtbar schön. Hier will ich bleiben.
Und so blieb es solange, wie ihm das furchtbare Getue um furchtbare Felder, furchtbare Menschen, furchtbare Gespräche und furchtbare Diskussionen und Verhandlungen nicht auf die Nerven gehen würde. Aber wohin dann? 

Berühmte Postkarten: Brett aus dem Skiurlaub

Ihr Lieben!
Viele Grüße aus dem Skiurlaub.
Hier liegt Schnee, ich hoffe bei euch auch.
Leider sind die Pisten sehr flach und mit dem Abfahrtslauf klappt es nicht so richtig, weil man nicht weiß, wo es nach unten geht.
Auch gibt es viele Zäune, aber keine Skilifte. Warum auch, wenn niemand weiß, wo oben ist. Gottseidank ist es meistens nebelig.
Viele Grüße
Brett

Fahrräder hängen rum

Originalfoto und Installation: Sönke W., 2013
Vor Jahren waren es Turnschuhe, die leblos in den Bäumen baumelten. Ausdruck tiefster Depression und der Sinnkrise im Leistungssport.
Neuerdings muss man immer wieder und immer häufiger beobachten, dass Fahrräder in Bäumen hängen, um dort leb- und nutzlos zu verrotten.
Vermutlich hat sich hier die rasante Entwicklung der batteriemotorunterstützten Zweiräder niedergeschlagen, die das muskelbetriebene Fahrzeug vor die Sinnfragen stellt: Wer will denn auf mir noch sitzen? Wer  will denn mit mir noch fahren? Muss denn alles batteriebetrieben sein, was ein bisschen Schweiß kosten könnte?
Ermittlungsbeamte stellen sich die Frage: Wer hat hier geholfen, denn ohne Frage ist wohl klar, dass ein 28er-Fahrrad sich nicht selbst in den Baum hängen kann.
Hilfsbereiten Radlern sei gesagt: Die Selbsttötung ist in Deutschland straffrei, denn man kann natürlich die Täter nicht nach der Tat belangen; Hilfestellung bei diesem autoaggressiven Akt ist ebenfalls straffrei, d.h., das Rad hinaufzuheben wäre legitim.
Wenn es dann hängt und sich nicht selbst befreien kann, weil es sich das Ganze noch einmal überlegt hat, wäre dann "unterlassene Hilfeleistung" anzukreiden, was wiederum nicht ohne Strafe abgeht.
Originalfoto: Sönke W.

Text zum Melodieselberausdenken: Unheimlich


Der Baron, Frontman der Gruppe  Unheimlich hat Texte zum "Selberversingen" geschrieben, die seine Fans jetzt unter der Dusche oder am Lagerfeuer schmettern können. Erschienen sind die Texte als Bonustracks auf der neuen CD "Heimlichtuterei".

So wie du warst, bleib nicht hier,
geh kurz weg,
oder bleib, wo du bist,
Augenblick, oder kurzer Moment
ist ein Sack voll Zement,
den ich trage im Herzen
mit  wohligen Schmerzen,
du hast mich verraten
mit Worten und Taten
jetzt gieß noch was Wasser drauf
rühr kräftig um
soll so sein:
Und mein Herz wird zu Stein.

Lass jetzt los, los, mein Freund, und jetzt sorge dich nicht,
hältst du fest, wirst du seh’n,
Wie wir beide im Fluss der Unsäglichkeit kryptischer Scheiße vergeh’n.

Tonnes Tagebuch: Winterstraße

Liebes Tagebuch!
Der Winter hat uns fest im Griff, und da musste ich an die Menschen in Sibirien denken, und ob sie überhaupt Fahrradwege haben.
So weit die Füße tragen, hieß es damals in Schwarzweiß im Fernsehen, und ein Mann hatte sich Tausende von Kilometern aus Sibirien hinausgeschleppt, um nach Hause zu kommen. Jeder weiß, wenn man sich verirrt hat, läuft man im Kreis, man geht in seiner eigenen Spur weiter, immer wieder und wieder, bis das Ganz aussieht, als sei ein Radweg da. Was aber nützt der Radweg, wenn der Mensch zu Fuß geht?
Die Menschen in Sibirien sind arm, sie haben wahrscheinlich nicht einmal Fahrräder, denn wohin sollten sie mit diesen fahren? Sibirien ist so groß, dass man es mit dem Fahrrad nicht durchqueren kann. Vor allem weil es keine Radwege gibt.
Am Wegesrand meiner Wanderung sah ich einen Radweg und dachte: Wie gut es uns geht!
Und dann dachte ich: Vielleicht hat den ein sibirischer Mensch auf seiner großen Wanderung geschaffen, auf seiner Umlaufbahn, in seinem Kreis, der ihn gefangen hält, aus dem er nicht heraus kann, in dem er laufen muss wie der Hamster im Rad. In  einigen  Jahrzehnten wird aus diesem Radweg vielleicht ein Graben, voll mit Wasser, weil er tief genug ist, um dem Grundwasser Raum zu bieten.
Eines Tages wird das Grundwasser so hoch stehen, dass der sibirische Mensch, wenn er auf seiner Umlaufbahn wieder hier erscheint, einfach ertrinkt und erlöst wird aus diesem Kreislauf, in den ihn eine böse Fügung des Schicksals verdammt hat.
Zum Schluss dachte ich noch: Radwege strukturieren die Landschaft. Man erkennt Wiesen und Bäume und Felder und dazwischen ist ein Radweg. Wie schön. Und das nicht nur zur Winterszeit.
Tonne

Tonnes Tagebuch: Bad Kissingen

Liebes Tagebuch!
Heute beim Nägelfeilen musste ich an Bad Kissingen denken.
Das Bad hat ein Casino, in dem man Geld verspielen kann und einen Klangpark, in dem man lustwandeln und komische Geräusche hören kann, wenn man zur rechten Zeit kommt.
Ich war nicht zur rechten Zeit dort und das Casino hatte geschlossen.
Ich aß damals eine Schale Pommes mit ein paar Salatblättern an Fertigsauce. Von dem Gericht musste ich den ganzen Abend noch aufstoßen. Aber ich hatte etwas mitgenommen aus Bad Kissingen, eben diesen Beigeschmack, diesen Nachgeschmack, diesen Geruch aus dem Magen im Mund.
Und dann musste ich an Vichy denken. Auch so ein komischer Bäderort. Allerdings in Frankreich.
Die Trinkhalle verrostet, das Wasser immer noch salzig und die Atmosphäre morbid, so als ob die Kranken nicht zur Heilung dort gewesen wären, sondern um vom Leben Abschied zu nehmen.
Ich habe beschlossen, mit dem Nägelfeilen vorsichtiger zu sein; vielleicht ist das nur noch jedes zweite Mal nach dem Nägelschneiden notwendig.
An was ich beim Nägelschneiden gedacht habe, weiß ich nicht mehr.
Vielleicht an Gudrun und ihren Satz: Da hast du dich aber geschnitten.
Tonne

Was ist eigentlich eine Radierung?

Vassily Kannikski: Ich und mein Radiergummi (2013)
Einfach beantwortet:
Man zeichnet ein Bild mit Bleistift und radiert alles wieder aus, was nicht gut aussieht, oder nicht aussieht wie das, was man zeichnen wollte.
Wenn man das Bild gut verkaufen kann, dann kann der Kunde das Bild auch selber ergänzen, was einigen einigermaßen Spaß macht.
Auf dem Kannikski-Bild links ist so einiges schief gelaufen.
Einfach mal die alten Buntstifte raus und fröhlich ergänzt, wo der "Meister" danebengekritzelt und ausradiert hat.
Spannend ist auch zu erfahren, was das Bild eigentlich darstellen sollte.
Wie wir Kannikski kennen, mal wieder nichts.

Lauerndes Dorf

Das Dorf wusste alles.
Dass es so ruhig dalag und von oben aussah wie ein Rindersteak, täuschte.
Es war weder Steak noch ruhig.
Das Dorf arbeitete ständig.
Wenn es für den Fremden stumm und friedlich dalag, so wusste der Eingeweihte, dass es auf der Hut war und lauerte.
Das Dorf war ständig in Alarmbereitschaft: Wer wollte seine Ganzheit, sein Einssein zerstören?
Der Zugereiste, der sich ansiedeln wollte, hatte immer den Beigeschmack des  Gefärhlichen, des Bedrohlichen, des durch und durch Schlechten. Der Zugereiste war Fremdkörper im wahrsten Sinne des Wortes. Er musste aufpassen, dass das Dorf ihn nicht schluckte,  einkapselte und dann in eitriger Beule bis zur Notwendigkeit des Herausschneidens brachte.
Das Dorf wusste alles. Das Dorf wusste sogar noch mehr.
Das Dorf war Macht.

Das Loch in der Geschichte

Die kompetenten Herren in Grau und Beige mit den gestärkten Manschetten, in denen perlmuttene Knöpfe steckten, mit den dezenten, weil langweiligen Schlipsen und diesem Hüsteln zwischendurch, die mit gepflegten Händen die Noten in ein rotes Büchlein schrieben, hatten nicht bemerkt, dass die deutsche Geschichte, die sie uns Zöglingen vermitteln mussten, ein Loch hatte.
Ein riesiges Loch.
Wir waren am Rand des Loches angekommen. 1923.
Unser Geschichtsoberstudienrat hatte uns an den Rand geführt und wir standen gleichzeitig kurz vor dem Abitur.
Während wir uns als  Schüler am Rand des Loches, der das Datum 1923 trug, aufhielten, waren wir zur selben Zeit als Menschen auf der anderen Seite des Loches: In der Gegenwart, in unserer persönlichen Gegenwart.
Hitler und alles danach hatte es scheinbar nie gegeben.
Wir standen an einem riesigen Loch in der Geschichte und schauten, wie es an Rändern häufig der Fall ist, in einen Abgrund.
Unten hätten wir ebendiese Pädagogen sehen müssen, die sich und ihre Vergangenheit verleugneten, verschwiegen, vergruben. Deren Gesinnung in Sätzen wie: Sie wollen doch wohl nicht mit einem Hilfsschüler zusammen ihr Pausenbrot essen? deutlich wurde,wenn sie sich etwa über eine Gesamtschule äußerten.

Aber wir erkannten nichts in jenem Abgrund. Die Männer in Grau standen uns im Rücken und drohten uns zu stoßen, wenn wir auch nur ein Wort darüber verlören. Sie schwiegen wir über die vergessene Zeit, wie sie es taten.

Georg Krakl: Weihnachten und Ostern (2013)

Vassily Kannikski: Weihnachtskrikelkrakel zu Ostern (2012)
Ostermann? Doch Weihnachtshase?
Das ist hier die Phrase.
Weihnachtsostern, Hasenmann.
Jeder wie er darf und wie er kann.

Frauenversteher im Frauenland

Ben war Frauenversteher, er hatte Stricken gelernt und konnte weinen, er hatte in einem Geburtsvorbereitungskurs mitgehechelt, für den Fall des Falesl und obwohl niemand in seinem Bekanntenkreis überhaupt schwanger gewesen war, er konnte kochen, Kinder vom Kindergarten holen und putzen, beherrschte Smalltalk über Schwangerschaftsbeschwerden und aufgespritzte Lippen (widerlich!), besaß eine beachtliche Zahl an Schuhen im Schrank stehen, hatte Qi Gong-Kurse besucht;  Handarbeit hatte für ihn bei der VHS eine ganz neue Bedeutung bekommen, und überhaupt, zusammen mit der Zeitschrift Brigitte hatte er herausbekommen, wie Frauen ticken.
Er war mit dem alternativen Reiseveranstalter ins Frauenland gereist. Alles war lila, alles war weich und unmännlich, die Flüsse hießen Großer Zwirnsfaden und Die Nadel, die Berge hatten Namen wie Beauvoir und Schwarzer, eine große Wiesenlandschaft hieß Kittelschürze und das Moor nannte man Feuchtgebiet.
Ben blätterte in der Brigitte und suchte nach Erklärungen. Er fühlte sich nicht wohl.
Selbst die Sonne war hier weiblich und hatte diesen Blick wie Mutter früher, wenn er sein Zimmer aufräumen sollte.
Ben fühlte sich nicht wohl. Sein Bauch sagte ihm: Fahr nach Hause, alter Schwede!
Alles war umsonst gewesen. Frauen konnte man nicht verstehen. Nicht, wenn man ein Mann war.
Die ticken nicht richtig, flüsterte Ben und beschloss, in der nächsten lila Pause, die er in seinem Pflichtprogramm finden konnte, zurückzufliegen.

Visionäre Maler: Vassily Kannikski

Vassily Kannikski: Die FDP löst sich auf (2013)
Bodos Welt wünscht dem Künstler ein fröhliches "Na, hoffentlich hast du Recht!"

Ja, was denn nun?

Da schreit es der Weserstadtanzeiger förmlich in die Welt hinaus: Nasse Finger können besser greifen!
Ja, toll! Das wussten wir doch schon, aber jetzt haben wir es schriftlich. Wissenschaftlich festgestellt. Trocken Brot etwa, oder einen Schwamm, Trockenhefe.
 Menschen, die unter feuchten Fingern leiden, können aufatmen. Ihre Extremitäten haben einen Wert im Alltag bekommen und man weicht zwar dem Händedruck aus, aber respektiert jetzt das Feuchtgebiet in der Hand.
So weit, so gut.
Der interessierte Leser liest weiter und stellt fest, dass es sich gar nicht um nasse Finger, sondern um schrumpelige Finger handelt, die besser greifen können. Und dass die Gegenstände nass sein müssen.
Greisenhände greifen Generation Geldsack ab!, so könnte die BLÖD-Zeitung titeln.

Schrumpelige Hände greifen besser, denn die Schrumpeln ähneln den Saug- und Klebenäpfen von Tieren in der Natur, die häufig an senkrechten Wänden hängen und in die Gegend schauen. Greise hängen auch meistens rum und greifen nach Gegenständen, denen sie sich früher nicht zu nähern gewagt hätten, weil sie eben schrumpelige Finger frei Haus geliefert bekommen haben. Vom Leben nämlich.
Was nun der Glatte-Haut-Wahnsinn der jungen Generation in der Welt noch zu suchen hat, weiß niemand.
Der Weiß-nicht-genau-Journalismus sollte sich aber mal mit feuchtschrumpeligen Fingern an den Kopf fassen und feststellen, ob der noch da ist.

Aggressives Laub bedroht Helgoland

Bronco lag am Boden.
Aggressives Laub bedrohte die Menschen und ganz Helgoland, das früher Legoland geheißen hatte. Bronco kauert auf der langen Anna, die so lang war, dass ihre Brosche einer Steilküste gleichkam.
Die lange Anna. Bronco seufzte. Seine alte Kindergartenspielgefährtin. Wie groß sie geworden war. Und Bronco war immer noch in sie verliebt. Wie zärtlich hatte sie ihn damals in ihren Händen gehalten, hatte ihn  geherzt, geküsst und liebkost. Gut, einmal hatte sie mit Bronco nach Lasse geworfen, den am Kopf getroffen, sodass sogar fast etwas Blut geflossen wäre, wenn Lasse nicht so mit den Händen gefuchtelt und den Tropfen Blut verwischt hätte.
Lasse. Was mochte er heute tun?
Seinetwegen hatte ihn Tante Elfie in die Spielkiste im Keller verbannt, wo alles Spielzeug landet, das erst mal Pause haben soll.
Jetzt lag Bronco auf der langen Anna. Aber die schlief und merkte das nicht.
Das aggressive Laub hatte sich auf Bronco gelegt und versuchte, sich um ihn zu rollen, ihn einzupacken und dann zu verdauen.
Anna! Lange Anna!, schrie Bronco, ohne einen Laut von sich zu geben.
Anna grunzte jetzt ein wenig. Bronco hätte nicht herkommen sollen.
Aber die Liebe ist stärker als alle Lasses und und ganz Legoland, das heute Helgoland heißt, und überhaupt.
Plastik, das war sein Kreuz. Plastic people! Bronco summte das alte Lied von Frank Zappa und schloss die Augen.
Gegen aggressives Laub konnte nicht einmal die Liebe etwas ausrichten.

Plastic People anhören

Frauen dürfen jetzt Bärte tragen

Endlich durch: FRAUEN DÜRFEN BÄRTE TRAGEN. Einen zweiten Erfolg verbuchte jetzt die Welt-Gleichstellungsbehörde nach der Erlaubnis für das Aufspritzen von Lippen in Schlauchbootformat mit dem dringend erwartetem grünen Licht für die Behaarung an Wange, Kinn und Oberlippe.
Auch die Gender-Mainstream-Bewegung atmet auf, denn nun dürfen sich im Rahmen der Gleichbehandlung Männer die Haare im Gesicht entfernen lassen und auch eine Lippenverkleinerung vornehmen lassen.
Als erste Frau stellte Gans Glüücklich ihre smarte Pelzschicht in Berlin auf der Hair-Bag-2013 vor.

Georg Krakl - Rituale: Hände schütteln (2013)

Besser wohl als Händeschütteln
ist doch Naserütteln
oder Ohrentütteln.

Besser wohl als Händereichen
ist das Lippenstreichen
oder Stirnerweichen

Allemal
Fürs Begrüßungsritual.

Guten Tag und guten Weg,
ihr Schüttelhände.
Ist wohl euer Ende
als Begrüßungskörperteile.
(Leider fehlt die letzte Zeile)





Malen nach Zahlen - Heute: Übung für Anfänger

Übung 1: Die 2 bedeutet hier Schwarz. Feld(er) mit 2 ausmalen, und fertig ist das Bild!
Übung 2: Die 1 bedeutet hier auch Schwarz. Feld(er) ausmalen und schwupp! hat man ein schwarzes Bild.
Für Fortgeschrittene:
Übungen 3-12: Dasselbe mit den Fraben Blau, Grau, Ocker, Umbra und Pepita machen.
 Wenn man 1 und 2 zusammenzieht, erhlät man 3. Für Farbe 3 ist aber kein Feld vorgesehen; daher bitte auf die Rückseite schmieren.
Nächste Woche: Wie van Gogh angefangen hat, der es mit Zahlen nicht so hatte, weil er meistens pleite war.

Der Herr Fischof

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Malen nach Zahlen - Heute: Schwarzweißmalerei

Die Zahlen 1 und 2 stehen zur Auswahl.
Die Zahl 1 bedeutet Weiß.
Die Zahl 2 Schwarz.
Die schwarzen Felder und Linien erhalten die Zahl 1; die weißen Felder die Zahl 2.

So kann man schnell und problemlos ein schönes Negativ erzeugen.
Weil: Schwarzweißmalerei ist eigentlich immer negativ.


Die Lösung gibt es morgen.

Malen nach Zahl: Die Lösung - Schwarzweißmalerei

Also schön ist das nicht. Aber wer es anders hat, hat es falsch.

Neo-Dadaismus: Theo von Doeskopp - Silvesternachlese


Balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla
balla balla.

Weisheit des Alltags: Die Sonne und die Welt

Vassily Kannikski: Die Sonne ist ein Spiegelei (2013)
Wenn die Welt ein Baumarkt ist, dann ist die Sonne ein Spiegelei.

Pawel Pikass: Landschaft (2013)

Pawel Pikass: Die Zivilisation macht der Natur einen
Strich durch die Landschaft (2013)

Georg Krakl: Spagat (2013)


Pawel Pikass: Schmerz des Akrobaten beim Spagaten (2013)
Abgebrüht
An jede Wand gesprüht:
Willi sein Spagat
War akkurat

So unendlich
Unverständlich

Willi hat geschrien vor Schmerzen
Das ging jedem sehr zu Herzen

Wenn, dann dies gesprüht:
Willi hat sich abgemüht
In der Tat
Es sah aus wie ein Spagat

Ökoklo für Hardcore-Ökos

Früher trug man rückfettende Wolle auf der nackten Haut und Birkenstock-Latschen, mit denen man am Stock ging, strickte in Sitzungen und hatte einen 300-Tage-Bart, der die Buchstaben aus der letzten Suppe enthielt.
Im Laufe der Jahrzehnte steigerte sich die Hardcore-Öko-Bewegung in extreme Verhältnisse, während der Normalo domestiziert wurde und Anzug und Kostüm trägt, deren Accessoires maximal grün sind:  Schlips oder  Pandora-Anhänger.
Den Hartgesottenen sind Unterhose und Socken zerbrochen; nichtsdestotrotz arbeiten sie an neuen Symbolen der Öko-Hardcore-Bewegung. Ein Beispiel ist die Naturholz-Toilettenbrille, die aus einem Stück gehauen wird. Erhältlich ist das Ganze in ausgesuchten Läden und wird am Stamm geliefert, muss zu Hause also noch nachgearbeitet und feinjustiert werden.
Mit Klotz wäre das zwar formschöne, aber eher unpraktische Ding für den ebendort Befindlichen, da die Durchlassöffnung natürlich zu klein ist.
Immerhin könnte hier noch einmal richtig Selbstmitleid gepflegt werden: Keiner hat uns lieb, obwohl wir es so gut meinen. Jetzt sitzen wir in der Sch...

Hörfehler der Woche: Saudumm

Als bester Hörfehler der Woche wurde diesmal
"Saudumm und Gonorrhoe"
gewählt.

mit Fischen telefonieren

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Damals: Die Kniebundhose aus Leder

Niemand mochte die Bayern im Norden, und das ist auch heute noch so. Die sprachen komisch, tranken morgens schon dünnes Bier und klatschen sich auf die Oberschenkel und die Waden.
Auch die Frauen sprachen komisch und trugen Kleider, die den Oberkörper freilegten und mit viel Rüschen verziert war.
All das wollte man im Norden nicht.
Nur die Lederhose.
Die Lederhose aus rauem Leder.
Die Lederhose aus rauem Leder, die nach langem Tragen und Gebrauch speckig wurde.
Sieben-Tage-Klosett nannte man sie und drückte damit aus, dass sie ein Teil des Körpers werden konnte.
Unwaschbar und wenn man die Riemen unter dem Knie fest anzog, auch wassserdicht.
Die Lederhose war teuer in der Anschaffung, aber, da fast unzerstörbar,  rentierte sie sich.
Heute sagt man: Rechnete sich.
Wer viel umfiel, hatte nie ein Loch in der Hose und musste nicht zum Kunststopfer. Wer fettige Finger hatte, konnte diese an seiner Hose abtreiben und imprägnierte sie dadurch. Sogar sein Taschenmesser konnte man auf ihr schärfen.
Nur waschen konnte man die Lederhose nicht. Und deswegen hätte man sich gewünscht, sie wäre in Bayern geblieben.

Weisheit des Alltags: Tattoo

Zur Trennung von Christian und Betti:

Vorsicht vor Frauen mit Tattoo,
kann sein, die sind wie du.

Vom Wertvollen und Unnützen

Es war in der Zeit, als die Menschen alles hatten. Nach einer langen Zeit der Entbehrung hatten sie eine Ära der wirtschaftlichen Wunder erlebt, etwa den gelben Pudding oder auch Töpfe aus Bakalit, Waschbeton und die Verschandelung von öffentlichen Gebäuden durch komische Bilder, Glasbausteine und schräge Wände.
Schließlich waren die  Menschen satt und konnten sich nichts mehr schenken, selbst Vertrauen ging nicht mehr als akzeptables Präsent durch, nur noch als witzige Bemerkung, über die keiner lachen wollte.
Dann erdachten die Mensch Gegenstände, die zwar teuer waren, aber deren Funktion ungeklärt blieb.
Man wählte Materialien, die irgendwie wertvoll wirkten, vielleicht weil Sklaven oder Kinder dafür unter unmenschlichen Umständen schufteten. Genaues wusste man nicht, wie man auch in der Vergangenheit nichts Genaues hatte wissen wollen, lediglich die Möglichkeit, ein Geschenk machen zu können, stand im Vordergrund.
So gab man dem Nächsten, den man lieben sollte wie sich selbst, einen Zinnbecher zum 48.Geburtstag und bekam dann leider selber einen zum nächstmöglichen Termin, der noch prachtvoller war als der selbst verschenkte. In der Zeit des Alleshabens und des Langweilens wollte man den Nächsten nicht nur liebhaben, sondern auch noch übertrumpfen.
Über die Jahre sammelten sich immer mehr Becher, Dosen, Aschenteller, Wandschalen und  anderes Gedöns an, standen in den Regalen und sammelten den Staub auf ihren Oberflächen.
Für Zinn ist nicht viel drin, hieß es immer, wenn man einen ehemals wertvoll erscheinenden Becher zum Altmetallhändler brachte. Und so ließ man das Unnütze in den Regalen der Wohnstuben und Küchen stehen und hoffte, dass diese es eines  Tages an den Ort seines Ursprungs zurückkehren würde, was aber niemals geschah.
Heute erinnern wir uns dieser Zeit des Überflusses und gedenken, dass uns das Wasser deswegen bis  zum Halse steht.

So ist Afrika


Die beiden Köpfe standen in der Steppe und unterhielten sich.
Und sonst?, fragte der eine.
Muss, sagte der andere.
Man will nicht klagen, jetzt der eine.
Wer klagt, hat versagt, darauf der andere.
Wie kommst du denn darauf?, fragte der eine.
Na ja, reimt sich eben, erwiderte der andere.
Ach, du meinst, alles, was sich reimt, ist auch richtig?, fragte der eine.
Ich denke schon, entgegnete der andere.
Was reimt sich zum Beispiel auf Körper?
Auf Körper?, fragte der andere.
Ja, auf Körper, da bin ich mal gespannt.
Im Moment nichts, sprach der andere zögernd.
Aha!, jetzt der eine. Dabei ist der doch so wichtig.
Wieso?, fragte der andere.
Na, weil du keinen hast.
Du auch nicht.
Das sehe ich anders.
Wieso?
Man hat mich bis zum Hals eingebuddelt.
Das ist bitter.
Wieso?Ich habe wenigstens einen Körper.
Bringt aber vorerst überhaupt nichts.
Ich denke schon.Jetzt mal raus mit dem Reim auf Körper!
Hörper?
Was soll das sein?
Wo ein Körper, ist auch ein Hörper.
So ein Quatsch! Was erzählst du denn da? Was ist denn ein Hörper?
Zum Beispiel das Risiko, dass man eingebuddelt wird und nicht weg kann.
Nee,ne? Nicht wirklich! Das meinst du nicht ernst?
Doch, doch! Ich für meinen Teil habe keinen Körper und keinen Hörper. Ich kann jederzeit wegrollen, zum Beispiel jetzt sofort. Kannst ja mitkommen, wenn das völlig unbitter ist, eingebuddelt zu sein.
Warte mal! Das war doch nicht so gemeint! Bleib doch hier! Man hat mich eingebuddelt und das ist unheimlich bitter. Waaaarte!

In der Zwischenzeit war ein Elefant vorübergeschritten und wunderte sich über einen rollenden Kopf: Ich dachte, die muss man einpflanzen, damit was aus ihnen wird?
Ein Erdmännchen schaute aus seinem Bau und betrachtete den Kopf mit dem eingebuddelten Körper: Lecker, endlich wieder Körper zum Abendessen.

Der rollende Kopf aber rollte weiter und weiter und dachte: Hörper! Genial! Was für ein Einfall! Was soll das noch mal gewesen sein? Ach, ist doch egal.

Ein Affenbrotbaum wiegte sich einsam am Horizont.
Die Sonne lachte. Ist doch klar.
Das war Afrika.


Weisheit des Alltags: Komische Vögel

Pawel Pikass: Komischer Vogel (2012)
Tomatensauce und Scriptol auf Postkarte
Die komischen Vögel gewinnen unsere Aufmerksamkeit, nicht die, die davongeflogen sind.
Die komischen Vögel haben geringelt Socken ohne eine Ringeltaube zu sein und können nicht fliegen, weil sie nicht wissen, dass sie Flügel haben. Oder einfach keine Flügel haben. Eier legen können sie meistens auch nicht. Nicht einmal den Schnabel halten.
Der Adler am Himmel, wie mächtig seine Spannweite auch sein mag, wie scharf sein Auge, seine Krallen, sein Schnabel, wird als Adler oft gar nicht erkannt.

Kuck mal, ein Vogel!, schreit das Kind.
Wo?, fragt die Mutter.
Da oben!, antwortet das Kind.
Ja, dass man da nicht nach unten kuckt, ist doch wohl klar!, sagt die Mutter genervt.
Jetzt ist er weg! Das Kind heult fast.
Na, also, sagt die Mutter, kuck dir lieber den komischen Vogel da an der Ecke an. Hat Ringelsocken und keine Flügel, aber einen Speckhut und eine Blechdose mit einem Schild davor, auf dem "Ich brauche Geld" steht.
"Der braucht Geld", sagt das Kind.
"Ich auch", brummt die Mutter, "und das ist überhaupt nicht komisch."

Das Leben zeigt, das Vögeln nicht immer der kreatürliche Respekt gezollt wird. Wer wegfliegt, ist nicht da und wer sitzenbleibt und keine Flügel hat, ist einfach komisch. Tragisch.

Wo bleibt unser Butterbrot?

Paul"Klötzchen" Klotz: Butterbrot kubistisch (2010)
In Zeiten der Globalisierung haben Pizza, Ketchup und weiche Brötchen mit einem Belag aus geschredderten Rindern einen weltweiten Siegeszug angetreten. Brutal zeigen sie sich an jedem Ort des Globus und lassen dem alternativ motivierten Esser keine Chance, sich ohne sie vor dem Hungertod zu retten.
Wo bleibt unser gutes altes Butterbrot?
Wo bleibt dieser praktische und nahrhafte Kalorienträger, den man problemlos anfassen und  ohne Werkzeug essen kann?
Es ist nicht gerecht, dass alles, das ausländisch klingt, auch bei uns verbreitet wird und das, was uns Jahrtausende ernährt hat, verdrängt.
Der Esser sollte sich seiner Wurzeln besinnen, statt ständig in die kulinarische Modekiste zu greifen. Und darüber hinaus sollte er sich dankbar zeigen und der "Klappstulle" eine Perspektive aufzeigen: Schick dein Butterbrot um die Welt!
Das wäre mal was.

Hier mehr lesen.

Die Lappen ruhen

Winter.
Die Lappen ruhen.
Staub und Dreck haben Zeit sich zu erholen.
Stille in den Räumen.
Nur das leise Flocken der Flusen.
Das Nuscheln des Sandes vom Vorjahr.
Das Raunen des Schmutzes aus den Rillen deiner Sohlen.

Das Frühjahr wir kommen
und alles holen.
Die Lappen so trocken und still.
Sie werden feucht und tun, was die Jahreszeit will.


Hera Blind: Erstes Wachen (2013)

Der Vorsatz war: Das erste Wachen
neujahrs sollte mir mit einem Lachen,
dem Gefühl von Heiterkeit....
dann war ich heiser, weit
und breit kein heilend Tropfen
blind
wie Blinde sind
saß ich im Bett, die Ohrenstopfen
gar noch drall und fest
den Böllerkrach zu dämpfen
und ich musste kämpfen
und sortieren
doch ich wollte schauen, wollte stieren
war doch blind
wie Blinde sind
und die Erinnerung entfernt
war da nicht Bernd?
doch wo sein Schnarchen, sein Geruch, sein Lärm?
Ein Grummeln im Gedärm
erzählte von duchlebter Nacht.
Und Bernd war Hans. Ach, zum Verrecken!
Das Neujahrslachen blieb im Hals mir stecken.


War was?

Wars gestern, heute oder morgen?
Warns Katzenjammer oder Sorgen?
Wars ich, warst dus oder wars keiner?
Wars sauber oder sogar reiner?
Wars nur ein Jahr oder warns zehn?
Wars Bleiben, Kommen oder Gehn?
Warns Maya oder Madegassen?
Nur wenige oder die Massen?
Die Antwort ist nicht von Belang.
Mal Grunzen oder mal Gesang.




Gratulation: Miss Karpfen 2013

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