Neue Heilmittel: Tieressenzen

Da lacht der Therapeut und der Patient freut sich, endlich nicht mehr die labberigen Blütenessenzen auf dem Plastiklöffel, sondern mal was Deftiges. Tieressenzen geben dem Leben neuen Schwung; wer sich etwas schwerfällig fühlt und keinen Mut hat, Nein! zu sagen zu Kopfsalat und Bewegungslosigkeit, nimmt ein paar Tropfen Schildkrötenessenz und schon ist die Welt in Ordnung. Und wenn ein Panzer vor der Haustür herumdröhnt, dann ist das normal, denn Panzer und Schildkröte sind fast Synonyme. Wer mal wieder richtig abhängen möchte, der einverleibt sich Federmausessenz; gleichzeitg hilft sie beim Nachhausekommen in bedüdeltem Zustand ohne Taschenlampe und darüber hinaus ist das Ausweichen vor dem Nudelholz, das die zornige Ehefrau - wie es das Klischee will- schwingt, eine leichte Übung.
Wer seinen Pudel Purzel bewundert, weil der so flockiges Haar hat, kann den Kläffer in die Regentonne stecken und diese dann in die Sonne stellen. Aus dem Sud nimmt man einfach ein paar Tropfen ab und verdünnt sie eins zu hunderttausend, damit es nicht so nach Pudel schmeckt. Mancherorts wird auch der Entsafter benutzt, der im Winter ohnehin Schonzeit hat. Diese Maschine ist in der Lage, ein Konzentrat zuzubereiten, das des Pudels Charakterzüge wie Konfliktvermeidung durch Flucht nach hinten und Bestechlichkeit, wenn ein Stück Wurst lockt, je nach Dosierung zu initiieren, zu verstärken oder ins Gegenteil zu verkehren. Letzteres entzieht sich allerdings der Kontrolle, da der Proband natürlich mit seinem eigenen Charakter zu Buche steht. Bestechlichkeit, wenn ein Stück Tofu lockt, mag noch gehen, aber Konfliktprovokation durch Fluch nach vorn und spontanes Hochgeschwindigkeits- Starkstreicheln des Gegenübers sind da schon gefährlicher und auch juristisch folgenreicher.
Sei's drum, wer einmal wie sein Haustier sein möchte, tut es in die Regentonne oder den Entsafter. Manchmal wundert man sich, was in Fifi so alles drin steckt.

NEU: Gedenkmützen

Endlich auf dem Markt: 1-€-Gedenkmützen.

Ritter sein war nicht ohne

Klingeljagd. Früher und heute eine beliebte Aktion.

Der Beruf des Ritter war damals, als es noch Ritter gab, nicht besonders gefragt. Berufsunfähigkeitsversicherungen gab es noch nicht und das Risiko, ohne Arm, Bein und manchmal auch Kopf den Feierabend begehen zu müssen, war hoch.
Oft spritzte Blut und die Gefahr von Infektionen stieg, es roch süßlich, später faulig und in den meist angerosteten Rüstungen feierten die Bakterien wahre Orgien.
Olf. Ja, wer weiß denn  heutzutage, was Olf bedeutet?
Es ist die Maßeinheit, nach der die Intensität eines Geruches gemessen wird. 
5 Giga-Olf!, kreischt Lady Elane, als ihr Gatte Odo, den sie häufig auch Odor nennt, aus der Rüstung steigt. Die Unterwäsche, die zwar saugfähig, aber nicht selbstreinigend ist, bringt sogar Wolfshund Lassie zum Heulen, und Amme Rita, die das plötzlich brüllende Kleinkind auf dem Arm wiegt, kippt in Ohnmacht.
Immerhin hat Odo keines seiner Gliedmaßen verloren, auch wenn alle stinken, als verfaulten sie bereits an den Stümpfen.
Hohe Minne, das war damals ok, nicht aber die Face-to-face-, oder Bodytouch-Minne. Hohe Minne, er unten, sie auf der Zinne. Da war gut dahinschmelzen, wenn der Wind günstig stand. 
Wer die Dame des Herzens mal berühren wollte, musste schon die Burg erobern und ein paar Junker erschlagen, die gerade gebadet hatten und deren Verbleib in der Nähe der Angebeteten billigend in Kauf genommen wurde.
Hatte sich der Liebesbewerber durchgeschlagen, roch er nicht nur nach seinem Belagerungssud, sondern auch noch nach dem Lebenssaft der Erschlagenen, was den ersten Eindruck bei der Angebeteten doch sehr schmälerte.
Viele Ehe wurden daher nur mit Androhung von Waffengewalt geschlossen und vollzogen.
Alles in allem kein schönes Zeitalter.
Wir allerdings verdanken ihm die schöne Maßeinheit Olf, die in unseren hygienischen Zeiten schon lange nicht mehr in Giga-Einheiten gemessen werden kann. Allein 4711 Kölnisch Wasser kann noch den Eindruck erwecken, hier sei mächtig Olf gegenwärtig. Aber das ist rein subjektiv.

Schule geht neue Wege: Operante Konditionierung

Tee oder Möhre? Intermittierende Verstärkung
kommt später.
Renitente Schüler werden nicht mehr ausgegrenzt, sondern einfach umerzogen, spricht Schulleiter Kurt Sundbündig lächelnd in die Kamera.
Endlich habe man begriffen, wozu Lerntheorie alles taugen kann. Negative Verstärkung sei vielleicht gut, wenn sich ein Pädagoge abreagieren möchte, weil ihm die Frau weggelaufen sei, effektiv und von Dauer sei das aber nicht.
Basis des neuen Erziehungsmodells seien zuerst eine Art "Guantanamo"-Anzug in ansprechendem Blau und ein Mundschutz in Grün. Die Kombination habe früher schon für entsprechende psychische Einwirkung gesorgt; seine Oma habe immer einen Spruch in die Küche gezischt, wenn er sich zum Tanztee habe verabschieden wollen: Grün und Blau schmückt die Sau.Dabei habe es heißen müssen: Grün und Blau schmücken die Sau. Auf dem Lande sei der Plural damals nicht sehr verbreitet gewesen.
Mit Komplementärfarben wollen man jetzt hervorheben, was die Verstärker seien. Kaum noch ein Schüler könne zwischen Lob und Tadel unterscheiden, das müssten sie erst wieder neu lernen. Handverlesene Bio-Möhren seien die Bekräftiger, ein Guss aus einer formschönen Isoliertasse der Indikator für zu löschendes Verhalten; kalt ist gut, heiß ist scheiß, bringt Sundbündig es auf eine griffige Formel.
Jede kleinste Bewegung in die gewünschte Richtung werde sofort verstärkt, Gemurre und Gezurre an den Fußfesseln mit einem guten Schuss Kräutertee geahndet. Wenn denn Lob und Tadel klar seien, dann könne man auf intermittierende Verstärkung überschwenken, so Sundbündig, der erst kürzlich vom Bundespräsidenten ausgezeichnet worden war und seitdem den Beinamen "Der mit dem Wulff tanzt" trägt.
Auf jeden Fall wird der Versuch von anerkannten Pädagogen als frischer Wind in der vermufften Schulkiste bewertet, oder wie auch immer diese Metapher richtig heißen müsste.
Verstanden hat es auf jeden Fall jeder.

Endlich als Film: Die Mauer



Ansehen

Georg Krakl: Leiben ist nicht leicht (2012)


Verwachsenes verbogen
zu lieben wär verlogen
das Krumme geduldet
weil es der Landschaft den Menschen geschuldet
Verlangen
vergangen
am Schiefen sich weiden
kann niemand hier leiden

das Anderssein lieben?
ins Jenseits verschieben!

Neulich auf dem Lehrerparkplatz



Hömmal, was ist mit dir denn los?, höre ich Kollege Fritze den jungen Wolgscheck fragen, du parkst ja irgendwie wie eine Wildsau. Kuck dir das mal draußen an!
Wolgascheck kann sich nicht erinnern, je eine Wildsau parken gesehen zu haben und murmelt was von Eltern, die da ihre Kinder zur Schule gebracht hätten, da habe er nicht warten wollen und sei dann vielleicht etwas zu schräg in die Parklücke gezischt. Zwei Plätze hat er damit belegt, einen wertvollen Platz, der vielleicht zur vierten Stunde gebraucht wird und der dem Platzsuchenden die Zornesröte über vergeudete Parkplätze ins Gesicht treiben wird.
Und da zählt die Mutter mit Kind nichts mehr. 
Macht hier auf Platzhirsch, oder was?, grunzt Horst und Anne zischt: Parkt wie eine Frau! Meine Güte, in welchen Zeiten leben wir denn? Keine echten Männer mehr. Früher konnten die Einparken, die konnten Türaufhalten und Essenbezahlen im Restaurant. Mantelhelfen.
Andreas, der Sozialpädagoge denkt über die Psyche des dissozialen Parkers nach: Narzisstisch-depressiv. Läuft Gefahr, outzuburnen, wenn der so weitermacht. 
Nur Morschmeier kann das Ganze gelassen sehen: Die Deutschen parken ja schon wie die Südländer. Da wächst Europa aber mal zusammen.
Morschmeier ist mit dem Fahrrad gekommen und schrammt haarscharf an der Beifahrertür mit der Pedale entlang.
Upps, macht Morschmeier, na, wenn man so parkt, dann muss man mit Beulen rechnen. Der Südländer macht sich ja nichts aus Beulen, da wird der Wagen ja quasi geadelt, sagt Morschmeier zu seinem Fahrrad und verschwindet im Off.



Sprichwörter und Redensarten raten

Was ist hier dargestellt?

  • Schuster, bleib bei deinem Rappen
  • Die Schuhe an den Nagel hängen
  • Solange du deine Schuhe in meinen Baum hängst, machst du, was ich will
  • Der Schuh fällt nicht weit vom Stamm
  • Schubidudam
  • Wer Schuh spät kommt, den straft das lebend

Wo ist die Mauer?

Es gibt Menschen, denen fehlt sie: Die Mauer, die damals Deutschland in Ost und West einteilte.
Ach, waren das noch Zeiten, als wir noch etwas zu wünschen hatten. Also wir uns danach sehnten, dass die Mauer fiele.
Jetzt ist sie gefallen und wir haben nichts mehr zu wünschen. Wenn sie doch wieder da wäre, ächzt es aus nostalgischen Gemütern.

Nichts ist so, wie es einmal war, wenn man es wiederholt. Alles bleibt anders, weiß auch Herbert Grönemeyer zu vermelden, wenn man seine nuscheligen Sätze richtig verstanden hat, und so bleibt auch die Sehnsucht nach einer sauberen Trennung zwischen Ost und West anders, wenn sie nur dem Zweck der Wunschvermittlung dient, wenn sie nur ein Gefühl produzieren soll, dass die Welt gesunden könne, dass sie heil zu werden in der Lage sei. Dass solche Mitbürger bei professioneller Lebenshilfe vorstellig werden sollten, liegt auf der Hand.
Bis zum ersten Behandlungstermin aber hat Düsseldorf jetzt eine anschmiegsame Mauer aus geschmeidigem Betongemisch wunschlosen Bürgern angeboten, die in Pelzmänteln gelangweilt das Rheinufer auf und ab promenieren.
Wer seine Sehnsucht, wenn auch nur ersatzweise stillen will, kann sich in Verlängerung der Promenierstrecke an dieses Bauwerk drücken und einen Moment genießen, der vermittelt, dass alles wieder wir früher und die Welt eine Welt der offenen Wünsche nach Fall der Mauer und nach Wiedervereinigung ist.
Das Absurde dieses endlosen Geschehens bleibt im Getümmel der Pelzmäntel unentdeckt.

Alles bleibt anders (anhören)

Neues aus der Wörterwerkstatt


Jeden Tag ein paar neuen Wörter raushauen, dem Duden was zu futtern geben, das ist das Programm, nach dem Pedro von Pedros Wörterwerkstatt arbeitet. Morgens direkt nach dem Frühstück fasst er blind in den Buchstabensack und streut ein paar Hölzklötzchen mit eingebrannten Buchstaben auf den Tisch. Dann wird eine Viertelstunde intensiv geknobelt, was man mit dem Zufallsergebnis anfangen kann und dann ist auch schon wieder Feierabend. Weitere Arbeit schließt sich für Pedros Frau Tara an, denn die muss die neuen Wörter, nachdem sie sie beim Kaufmann ausprobiert hat - vorzugsweise im Netto-Markt, denn da klappt der Witz: "Tara im Netto" immer wunderbar, weil alle sofort nach Brutto suchen -an den Mann bringen, sprich: Käufer finden, die Geld für Überflüssiges ausgeben wollen.
Ätier hat Pedro heute morgen gelegt, und das Rechtschreibprogramm will sofort auf Äther verbessern. Ätier, das ist ein Tier, das in die Kategorie "Ekeltiere" gehört, wo jedes Kind sofort Ä! sagt und meint: Das fasse ich nicht an. Dazu gehören die Schlabberschnecke, der gemeine Blutegel und der Rosettentaucher, wie auch immer der aussehen mag. Wahrscheinlich glitschig an der Oberfläche, aber auch im Inneren. Pedro träumt davon, unregelmäßige Pluralbildung auf den Markt zu werfen, um als Erster diese Marktlücke zu füllen und richtig Geld abzugreifen:
Super, sagt er sich, ohne einen Buchstaben mehr zu investieren und ohne einen zu verschwenden, könnte der Plural von Ätier ganz einfach Tierä lauten. Tierä - das ist auch nicht so diskriminierend wie Ekeltiere. Pedro ist stolz. Plansoll heute 200prozentig erfüllt. Und das nach sieben Minuten. Jetzt muss Tara ran. Vielleicht gehst du heute mal in den Zooladen, Tara, ruft er ihr zu, und Tara hat den Mantel schon übergeworfen und die Einkaufstasche, in der die beiden neuen Wörter liegen, am Arm. Tschüss, ruft sie noch, aber Pedro hört nicht mehr zu; er grübelt schon über Alternativen: Reitä wäre auch möglich. Wie in Reitäkappe. Reitäkappen sind hässlich. Aber sagt man dann Ä!?

Ohrfisch

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Meditationstagebuch: Stille am Samstagmorgen


Es gibt keine Stille. Meditieren beruhigt. Stille erleben. Jawoll. Hinsetzen und ruhig werden, ruhig bleiben, nach innen lauschen und Stille erleben.
Bin extra früh aufgestanden, damit ich mal damit anfangen kann. Der Fernseher brummt. Oder der DVD-Recorder. Ich mache jetzt nicht die Augen auf! Aber der brummt. Einer von beiden. Ob der was aufnimmt? Da müsste ich ja was programmiert haben. Aber morgens um halb sieben! Was soll da kommen? Die Morgenandacht. Das ist Radio. Das ist der Kühlschrank. Der müsste gleich ausgehen. Wenn er die Temperatur erreicht hat. Ich hätte die Kaffeemaschine nicht anmachen sollen, Haushaltmultitasking. Wer Stille haben will, muss für Stille sorgen. Mein Stuhl knackt. Die Rückenlehne. Vielleicht ist es auch meine Wirbelsäule. Nasengeräusche. Ich werde verrückt. Ich hätte das Programm mit der Atmung machen sollen, dann könnte ich jetzt bewusst meine Nasengeräusche wahrnehmen. Die Vögel schreien. Ich empfinde das als Schreien, wenn ich hier sitze und Stille erleben will. Frühlingsvögel. Die sind immer so wild. Die machen sich selbst zum Verb und schreien rum, damit sie einen Partner finden. So geht das nicht. Nicht bei Menschen. Motorflugzeug. Um diese Uhrzeit. Wenn andere noch schlafen. Harro bellt. Harro, die Töle von nebenan. Ja, halt die Schnauze, Harro, ich will Stille! Halt die Schnauze zu sagen ist legitim, wenn es ein Hund ist. Warum denke ich darüber nach? Ich will Stille erleben. Ruhe jetzt! Mein Magen knurrt. Der Kaffee ist wahrscheinlich durch, das merkt der automatisch. Unten klappert der Briefkasten. Die Zeitung ist da. Heute mal etwas später, heute ist Samstag, ich bin extra früher aufgestanden, um Samstagsstille zu erleben, wenn die Stadt ruht und nur ich wach bin. Es ist doch der Fernseher. Ich blinzele mit einem Auge. Nein. Der Tiefkühlschrank ist das. Ob der mal wieder abgetaut werden muss? Sonst brummt der nie. Stille. The roaring sllence. Manfred Mann wusste schon, warum er laute Musik machte. Morgen mache ich Atmung. 

Blinded by the night (The Roaring Silence) anhören

Augen auf beim Bananenkauf

Das Auge kauft mit.
Da ist doch schon klar, was der Mensch mit Augen kaufen wird.
Es ist der Apfel unten links, hinter dem anderen Apfel, der wiederum rechts neben der Mandarine liegt und links neben einer Banane, die in echt eine Plastikdose ist.
Das Auge lässt sich zwar gerne täuschen, aber alles hat wohl seine Grenzen. Besonders beim Bananenkauf.


Der Hut ist wieder im Kommen. Zumindest im übertragenen Sinn. Wer hat denn hier den Hut auf, fragt Sandra und meint, wer hat das Sagen? Früher hätte sie gefragt: Wer hat denn das Sagen, wer ist der Chef, an wen muss ich mich wenden, wen muss ich anlächeln und wem muss ich einen Kaffee kochen?
Wer glaubt, dass der Hutträger die kulinarischen und erotischen Privilegien abschöpfen kann, täuscht sich.
Die Arbeitsgruppe grübelt: Wer soll denn da den Hut aufhaben? Was bedeutet,wer macht die Arbeit? Ich haue ab, der Hutmensch bleibt. Es müsste eigentlich umgekehrt sein, denn der, der geht, nimmt den Hut, setzt ihn auf und setzt sich den Unbilden des Wetters aus. Wer bleibt, braucht keinen Hut.
Die Krone aufsetzen. Das ist nachvollziehbar; Kronen trägt man im Mundraum oder, falls man König oder Kaiser ist, in geschlossenen Räumen, damit der Goldhut nicht nass wird oder von der scharfen Stadt- bzw.Landluft angegriffen und stumpf wird.
Ein Trost bleibt denen, die von ihrer Arbeitsgruppe im Regen sitzen gelassen wurden: Der mit Hut ist behütet. Das ist auch schön.

Wenn die Qualitätsanalyse kommt: Ein Blick in den Schulalltag



Das freut die QA: Finger kaputt und doch Spaß im Beruf
Hoffentlich sieht der dann noch meine Gruppenarbeit, denkt Hubert, denn die muss ja mit drin sein. 20 Minuten Zeit, da muss die Gruppenarbeit irgendwie rein. Ohne Gruppenarbeit wird der Vorführzirkus doch abgewertet. Und nachher landet das vielleicht bei der Schulleitung. Na, die sind ja auch nicht besser dran, was da alles in den Akten steht, das ist doch für den Schredder. Auch was nicht drinsteht. Augendiener. Schöntuer. Papier ist geduldig. 
Lernzeit verplempern. Bloß nicht. Hoffentlich geht das mit der Begrüßung gut. Im Stehen. Ist das nicht reaktionär? Ich fand das doch selber schräg damals vor den Mottelkugelpädagogen, die mit Nachnamen Oberstudienrat hießen. 
Guten Morgen!, sage ich. 
Guten Morgen, Herr Reinermeier! Und nicht Herr Rainer Meier, wenn die das doch mal kapieren würden und dann dieses Geleier. Als wenn das ein artikuliertes Gähnen wäre. Kaum einer kann frei stehen, die brauchen Stützräder, damit sie vor Müdigkeit nicht umkippen. 
Und nicht Guten Morgen, Herr…..äh….Herr…äh…Herr Qualitätsanalyse! Höflichkeit hin und her, der Mann ist doch gar nicht da in seinem Anzug und dem Laptop, auf dem er sofort anfängt zu schreiben, als gäbe es bei der Begrüßung schon was zu schreiben. Sagt Rollo jedenfalls. 
Um Guten Morgen zu sagen, müssen die Schlafmützen ja erst mal aufstehen, das ist schon ein Akt, der Zeit kostet. Gemach, gemach! Woher die das Wort haben, weiß ich nicht. So was wie Losung kennen sie nicht, aber gemach. Losung. Verlosung vielleicht. Hauptsache gemütlich. 
Die Losung heißt: Flott begrüßen, weil der QA-Mann schon sitzt und tippt und sofort anfangen zu arbeiten, irgendwas, Hauptsache es geht los, hinterher kräht ja sowieso kein Hahn mehr danach, was es war.  Bloß keinen Eintrag riskieren: Lernzeit verplempert. 
Hoffentlich antworten die nicht auf meinen fragenden Blick. 
Aber guck doch mal nicht so, als wolltest du wissen, was die Schüler da gerade machen. Oder du sagst ein einfaches SO, dieses Unwort des emanzipierten Unterrichts: So!  Gleich kommt die Retourkutsche: Herr Reinermeier! Wieso so? Wir verplempern doch gar keine Lernzeit. 
Warum merken sich Schüler immer das, was sie sich gar nicht merken sollen? 
Was war überhaupt heute dran? Ja, gute Frage, das ist aber nebensächlich. 
Hier geht's um Qualitätssicherung und da ist wichtig, dass kein Schüler nach dem Unterricht dümmer ist als vorher. Qualitätssicherung eben. Die Qualität sichern. Nicht verändern. Wer weiß, wo wir enden? 
Wer nicht weiß, wo er hinwill, muss sich nicht wundern, dass er ganz woanders rauskommt. Lernzielorientierter Unterricht. Alte Kamellen. Hier geht's um Lernzeit verplempern. Nicht verplempern, natürlich. Morgen üben wir die Stunde noch mal, das muss alles viel schneller gehen. Qualitativ schneller. Und dann kann der kommen in seinem Anzug und dem Laptop. Lass ihn tippen. Nicht kippeln, Ben!

Neu im Fast-wie-Food-Shop

Der Wutburger.
Die Geschmacksverstärkerindustrie hechelt den Trends hinterher und versucht natürlich sich eine Scheibe von der Wurst abzuschneiden, sprich: Profit zu machen.
Der "Wutburger" hängt sich an eine Bewegung, in denen Bürger vor Wut anfangen zu demonstrieren, weil sie sich über das Gemache und Getue "der Herrschenden da oben" und die betulichen Gesten inklusive Hängebacken der Kanzlerin aufregen.
Das Dreieck, das Frau Merkel mit den Händen bildet, wenn es brenzlig wird, schreibt man auch esoterischen Zirkeln zu, nicht zuletzt der Hirnwäscherei von Scientology, die seinerzeit Tom Cruise dazu gebracht hat, Semi "Much" Moore zu beflirten.
Wutburger - eigentlich ein schönes Wort. Entscheidend ist aber für kritische Menschen, was drin ist.
Der Rest begnügt sich damit, dass es irgendwie wonach schmeckt.

Gedichte mit schweren Fehlern drin: Georg Krakl - Mein Hut, der hat zwei Ecken


Mein Hut macht mich so melancholisch
ein wenig auch katholisch
er ist so weich und schmiegt sich an
kein Hut an dem ein Mann
sich reiben kann.
Mein Hut hat nur zwei Ecken,
zwei Ecken hat mein Hut.
Bei einer käme ich ins Grübeln und ins Denken.
Mein Hut, der ist gemacht aus feinem Leder eines Schecken
und geschmiedet in der Glut,
und dass er nur zwei Ecken hat, das kann man sich glatt schenken.

Er macht wohl melancholisch,
ein wenig anabolisch,
und zu zehn Prozent katholisch.
Das ist mein Hut.
Und das ist gut.

Gummibärchen sind froh

Haribo macht Kinder froh, und unser Tommi grinst goldlockig in die Kamera. Am liebsten würde er alle Gummibärchen selber essen, aber er ist ja nicht doof, denn die Gummidinger sind ungesund.
Dass er nicht doof ist, beweist die Tatsache, dass er endlich die Samstagsabendzeittotschlagesendung "Wetten, dass...?" abgegeben hat.

Die Kinder aber glauben dem Märchenonkel, der in der Szene als "Guter Onkel Gottschalk" bekannt ist. Sei es, weil er eine Brokatweste trägt und lockiges Haar, mit dem er wie ein gealterter Posaunenengel aussieht, sei es, weil sein Name etwas mit Gott zu tun hat.
Dass er da einen Schabernack mit dem da oben treibt, wird einvernehmlich ignoriert.
Ein Engel soll ja damals aus dem Himmel geflohen sein, weil er vor lauter Langeweile und Herumposaune und -gesinge sich ständig neue Scherze und Schweinigeleien ausgedacht hatte. Er sei dann vom Torwächter Petrus abgemahnt worden und habe fluchtartig das Terrain verlassen, sei gestürzt und mache jetzt als sogenannter "Gefallener Engel" die Welt um uns herum unsicher.
Vielleicht steckt er sogar im Gummibärchen-Gottschalk und lacht sich ins Fäustchen, wenn die Kinder dick und rund werden und Hautausschläge bekommen, weil sie zu viel Lebensmittelfarbe gelutscht haben.
Gummibärchen sind lustig, sind niedlich, sind fröhlich und machen Kinder froh. Froh zu sein bedarf es wenig, weiß schon der Volksmund, den man deswegen stopfen müsste.
Vielleicht erzählt ein richtig böser Onkel den Kinderchen mal, dass Gummibärchen eigentlich nur gesüßte und gefärbte Knochen von Schweinen und Rindern sind.
Ach was, das wird nicht helfen, dann würden die kleinen Esser ja auch keine Bratwurst, keine Kindermortadella (Nomen est Omen!) oder Formfleisch zu sich nehmen.
Oma sagt: Der Tommi ist ein Engel.
Ob gefallen oder nicht, das tut nichts zur Sache. Auf die Botschaft kommt es an, und die ist froh.

Meditation: Still und stumpf starren

Stumm auf den Stein starren. Das war stumpf.
Betrachtet den Stein, hatte der Meister gesagt, und denkt an nichts. Der Meister! Ronni war genervt. Ob der Meister einen Meisterbrief hatte, das war ja wohl sehr fraglich. In dieser Esoterikhöhle konnte ja jeder kommen und sagen, er sei der Meister. Tat natürlich nicht jeder. Auf den Stein starren. Stumm auf den Stein starren. Still werden, hatte der Meister gesagt. Stumm und stumpf auf den Stein starren, still werden, dass die Zeit stehen bleibt, und du stetig tiefer in das Sein des Steins eindringst. In einen Stein eindringen! Wie lächerlich! Ja, womit denn? 
Ronni ärgerte sich, für diesen Quatsch richtig Geld abgedrückt zu haben, nur weil Chanti gesagt hatte, tu mal was für dich!
Das war Jo! Das war eindeutig Jo, der vor ihm lag. Jo als Stein. Der Stein als Jo. Jo, die Couchkartoffel. Der lag doch auch immer so rum, oder saß rum, oder stand rum, oder was es sonst noch gab, wo man sich nicht zwingend bewegen musst. Du, kommst du gerade mal an mein Glas ran, fragte Jo, wenn er zu faul war, sich nach vorne zu beugen. 
Soll ich auch für dich trinken, hatte Ronni immer gefragt. 
Nee, nee, hatte Jo geantwortet, das geht schon, lass mal stecken. 
Bleib mal liegen, ich geb dir das Glas, hatte Ronni mit leicht ironischem Unterton gesagt. 
Jo ignorierte Ironie grundsätzlich. Das entsprach nicht seinen Lebensgrundgesetzen, vor allem nicht, wenn sie seine Bequemlichkeiten gefährden konnte. 
Jo, der Arbeitgeber, der anderen was zu tun gab. Jo hatte immer was, was er liegen gelassen hatte und scheute sich nie, andere um eine Gefälligkeit zu bitten. Kannste das mal abholen, das mal abschreiben, das mal wegbringen? Dies mal und das mal. Jo war der Meister im Aufbau eines Helfersystems ohne eigenes Leiden. Jo war der Stein. Liegen und liegen gelassen werden. In sich ruhen. Warten. Energie bewahren.
Ronni schwoll der Kamm. Der Meister konnte ihn mal. Schau still auf den Stein. Versetz dich in ihn hinein. Ja hallo! Was wollte Ronni denn  in einem vollgefressenen Jo? Was gab es denn da zu entdecken? Verdauungsprodukte? Das war doch totale Scheiße.
Meister! Ich muss mal! Ronni hatte die Blase voll. Irgendwie passte das jetzt gut zur Situation.
Der Meister nickte, was heißen sollte: Ok, Ronni, das ist jetzt total überflüssig, was du hier sagst und was du gleich machst. Am besten bleibst du draußen, wenn du fertig bist,  packst deine Koffer und verschwindest.
Der Meister sagte es natürlich nicht, er nickte es nur.

Aurasichtige Margot

Erich, ich kann deine Aura sehen! Margot H. war aurasichtig,
wie im sozialistischen Lager jetzt bekannt wurde.
Erich: Margot, kannst du meine Aura sehen?
Margot: Meinst du das rote Zeug da vor deinem Kopf?
Erich: Ich seh es ja nicht.
Margot: Also, irgendwas Rotgekritzeltes, als hätte Breschnjew ein Bild auf einem Foto von dir gemalt, kann ich sehen.
Erich: Und, sieht es gut aus?
Margot: Du weißt doch, wie der malen konnte. Kopffüßler sage ich nur.
Erich: Mist!
Margot: Kommunist heißt das.
Erich: Eben

Voller Schreibtisch und auswandern

Mein Schreibtisch ist voll, seufzte Erich H. damals und blickte nachdenklich in den Fernsehschirm. Erich, es sieht dich keiner, tröstete Margot, du kannst dich entspannen, das ist keine Kamera und du musst weder eine Rede halten, noch auf sauberen Schreibtisch machen.
Meine Mauer ist weg, jammerte Erich, und Tränen flossen über seine sozialistisch gemeißelten Falten und Gruben.
Erich, das war nicht deine Mauer, das war die Mauer von dem Spitzbart, dem Ulbricht, wispert Margot und streichelt sanft über Erichs ergrautes und schütteres Haar.
Aber der Weg ist frei in den Westen, Erich. Margot lächelt verschmitzt. Gut, dass sie alle Insassen der Jugenderziehungshöfe freigelassen hatte, kurz bevor die Mauer, dieses morsche Stück Beton, gefallen war, da konnte man sie nicht in Den Haag anklagen, und ehrlich gesagt, war das ja auch nichts gegen die Menschlichkeit, so eine richtige Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit, wo man eben nicht zimperlich war, sondern auch schon mal zeigen musste, wo's langging.
Südamerika, Erich, da geht's lang, da wolltest du doch immer mal hin!
Erich grübelt: Sind da nicht auch die vielen Nazis hingeflohen, damals nach dem Endsieg?
Erich, es gab keinen Endsieg, aber sonst hast du recht.
Margot, meinst du denn, das geht, wir und Nazis? Erich ist verunsichert.
Das passt schon, beruhigt Margot, irgendwie war da ja auch nicht alles schlecht. Genau wie bei uns.
Margot, ich weiß nicht, gibt es keine andere Lösung?
Margot antwortet, ein bisschen zu schnippisch vielleicht: Dann räum deinen Schreibtisch auf!
In Ordnung, dann lass uns eben nach Südamerika fahren. Beruflich kann ich hier auch nichts mehr werden und ich habe ja auch nur Parteivorsitzender gelernt. Die FDP hat schon einen, aber , weißt du, Margot, die könnte ich vielleicht so richtig groß machen. FED. Das wär's, das klingt gut.
Erichs Augen glänzen.
Margot verschwindet ins Schlafzimmer: Ich pack schon mal die Koffer!

Menetekel in der Natur

Da schimmert uns aus der Ferne die Natur an, durch die Fratzen der Dämonen, die sie ersticken wollen. Pestizid und Fungizid, die düsteren Geschwister, knebeln das frische Grün, um es zu zerstören, um den Menschen zu knechten, ihn zu unterwerfen und letztlich zu vernichten. Wer genau hinsieht, kann die Geißel der Erde sehen und muss nach einigem genauerem Hinsehen feststellen: Das sind ja wir Menschen, wenn wir uns die morgens vor dem Alibert angepappten Masken abnehmen, das sind unsere wahren Gesichter, die wir sogar vor uns selbst verbergen wollen.
Ignoranten wie wir sind, sehen wir nur die Balken und Splitter in Augen, Stirn, in Händen und Füßen unserer Nächsten, nicht aber den Pfahl im Fleische, der uns vergiftet und zum parasitären Krebs der Umwelt macht, die uns erhalten soll. Beschlossene Sache: Wir werden uns selbst entfernen, ohne es zu wollen, weil wir uns nichts selbst erkennen wollen.
Hab jetzt keine Zeit, Gerda! Vor allem nicht, mich selbst zu erkennen. Ich weiß auch gar nicht, wie das geht, Gerda! Jetzt sei mal ruhig, gleich ist Anstoß. Die Schwarzgelben, du weißt. Lass uns morgen drüber reden; oder stell das Thema doch mal in der Frauenhilfe vor. Kannst mir ja erzählen, was dabei rausgekommen ist.
So ist die Zeit. Die Mahnung im Spiegel bleibt dem Menschen fremd und unverständlich wie damals Belsazar das Menetekel: Du hast eigentlich eine Hackfresse. Nimm mal die Maske ab!

Hutträger können normal sein

Kaum jemand geht noch mit Hut. Vielleicht ein paar abgehalfterte Fregatten (Abgehalfterte Fregatten!) in Ascot, die von den Krähenfüßen ablenken wollen und nur durch das Meisterstück einer Putzmacherin Beachtung finden. Wie traurig.
Der normale Mensch kann sich einen Hut nicht leisten.
Er könnte sparen und dann eine Melone oder einen Stetson erstehen. Das kann er wohl wirklich, will es aber nicht. Ein Hut führt zu Entsetzen. Der normale Mensch, zu dem sich auch der normale Mensch mit Hut zählen möchte, lacht über normale Menschen mit Hut.
Kein Geld im Portemonnaie und La Paloma pfeifen, gebraucht der nromale Mensch ohne Hut eine Metapher falsch, die irgendetwas mit dem letzten Loch zu tun haben will.
Wer Hut trägt, ist arrogant, will sich abheben, will anders sein, und das soll er dann auch, glaubt die Masse.
Du bist anders!, brüllt die Menge und lacht schenkelklopfend. Du bist nicht wie wir!
Ich nicht Anders, flüstert der Hutträger, Ich bin Andreas.
Die Menge lauscht nicht, sondern johlt. Hat gar nicht gehört, was Hutträger Andreas vorgetragen hat.
Ergo: Ein Hutträger kann normal sein. Es merkt nur keiner.

Auf dem Lande beobachtet: Was Landschaft erzählt


Wie das Land, so das Volk, das auf ihm lebt.
Die knarzigen Kopfweiden neigen sich dem Fremden zu, kahl rasiert wie der Wirt der Dorfkneipe, der seinen Mann an der Theke steht, als sei er mit Karabinerhaken arretiert, der den letzten Gast nicht allein lässt und ihn weckt, wenn sein Kopf auf die Tischplatte sinkt, sich sein vollgekritzelter Bierdeckel in die Stirn presst.
Die archaischen Bäume grüßen den Autofahrer, der vielleicht nur mal links oder rechts abbiegen will, und bringen ihn zum Nachdenken: Was für eine Landschaft? Hier hat das Leben begonnen, hier wird es enden. Der Stacheldraht erinnert an die Beengtheit allen Seins, an die individuelle Beschränktheit, die Begrenztheit, die deutlich macht: Bis hierher und nicht weiter. Alles hat mal ein Ende.
Dort die fröhliche Birke, deren Zweige im Wind wippen, sie ruft uns zu: Nehmt das Leben leicht, lasst mal wieder was wippen!
Die Verkehrsschilder, die unbeirrbar mahnen, dass auch anderen Vorfahrt zu gewähren sei, trotzen dem städtischen Egoismus, der sich nur seinen Vorteil erkämpfen will. Das trübe Grün der Wiesen weiß zu erzählen: Es ist nicht alles grün, was grün aussieht. Manchmal ist es verwaschen, manchmal grau. Was bunt ist, muss noch lange nicht Heiterkeit symbolisieren. Die Schwere des Lebens immer im Kontrast mit der Leichtfertigkeit und der Heiterkeit, die die Schwere erst erträglich machen. Der nasse Asphalt schmatzt unter den Reifen. Auch hier hat die Zukunft bereits begonnen und sie lädt nicht ein zum Verweilen, sondern führt uns weg in unbekannte Gefilde, vielleicht ins Nachbardorf, wo sich auch ein entschlossener Kneipenwirt an die Theke krallt und nicht untergehen weil, nicht aufgeben, nicht scheitern will, sondern seinen Wirt steht, wie es auch sein Vater und sein Großvater getan haben und von ihm erwarten.
Einzig Trost spenden die Fahrbahnbegrenzungstreifen in ihrem unschuldigen Weiß. Es gibt ein Leben jenseits des Horizonts, scheinen sie zu versprechen, während gedankenlose Autofahrer mit schmutzigen Reifen Spuren auf ihnen hinterlassen.

Leute

Was sollen die Leute nur sagen?

Hast du schon gehört?
Nein, was.
Na, du weißt schon.
Wer sagt das denn?
So allgemein wird das gesagt.
Und wer genau?
Na, die Leute eben.
Welche Leute?
So allgemein die Leute.
Und wer genau?
Die Leute eben. Alle eben.
Du auch?
Nein, natürlich nicht, sonst würde ich ja nicht fragen.
Was hast du denn gefragt?
Na, ob du schon gehört hast?
Und was?
Was die Leute erzählen.
Nein, was erzählen sie denn?
Das weiß ich ja nicht, sonst würde ich ja nicht fragen.
Dann sind wir schon zwei.
Wie zwei?
Die erzählen, was alle erzählen.
Wer könnte das denn wissen?
Die Leute.
Und wer genau?
Na, so allgemein die Leute.

Neuer Entwurf für die schweizerische Flagge: 58

Im letzten und neuesten Entwurf für eine neue Flagge in der Schweiz wird dokumentiert und für alle bei jeder Gelegenheit sichtbar gemacht: Die Schweiz will 58 Prozent.
Verglichen mit dem Rest der Welt ist das weit mehr als die Hälfte.
Unklar ist bisher, wovon.
Man munkelt, der Kuchen sei gemeint.
In Bezug zum Weltkuchen sind das gut 9 Stücke, wenn das Rund in 16 Teile geschnitten worden ist. Auch das ist mehr als die Hälfte.

Weisheit der Tierwelt: Kleben

Kleben und kleben lassen, sagt der Uhu.

Christo hat Spuren hinterlassen


Christo hatte seine Frau Christine an der Geschenke-Verpackungsstelle einer Parfümerie kennen gelernt und sich von dem betörend-betäubenden Gerüchen im Duftmarkengeschäft benebeln lassen.
Nachdem Christine den Job als Schleifchenbinderin geschmissen hatte, flohen  beide in den Osten und verpackten den Reichstag in Berlin.
Millionen Menschen kamen, um das Werk zu betrachten; viele lebten sogar schon vor Ort und konnten tagtäglich vor dem Monstrum sitzen. Der Bundestag legte die Arbeit nieder, weil es keine Eingänge gab, was aber in der Bevölkerung nicht wahrgenommen wurde.  Die gelbe Presse teilte mit, die Abgeordneten seien auf Urlaub bei Freunden.
Aus dem Verpackungsmaterial fertigte man später Mülltüten und Windelvorlagen für die Love-Parade, bzw. verkaufte das Ganze auf Kunstmärkten als Frühstück-Sets, auf die man seine Pappteller stellen konnte. Die Loveparade wurde nur ein einziges Mal in Berlin gefeiert, da die Einlagen wenig nutzten. Alle Parkanlagen, Hauseingänge und U-Bahnschächte wurde mit nierengefiltertem Red Bull oder andere Substanzen gewässert.
Viele hielten die Aktion "Versteckt den Reichstag!" für Scharlatanerie und schwiegen. Manche schrien es laut heraus: Scharlatanerie! Da ist keine Kunst!
Dabei war es doch Kunst, denn die Menschen wurden zum Nachdenken angeregt. Sie dachten zum Beispiel: Ach, wie hässlich sieht mein Pferdeanhänger aus. Den will ich mal schnell verpacken; das hat Christo ja damals auch mit den unansehnlichen Reichstag gemacht.
Und schon standen vor vielen Häusern überwiegend auf dem Lande schöne Kunstwerke, die nur entfernt an hässliche Pferdeanhänger erinnertenn.
Man sieht, dass es sich nicht immer lohnt, sofort herumzukrähen. Manchmal muss man still werden und nachdenken. Kunst kommt von Kunstmarkt, und nicht umgekehrt, bzw. von künstlich. 

Teflon und Telefon

Ein wenig Herumgeschiebe am Wort Telefon, ein e entfernen und schon haben wir eine Beschichtung, in der Heißgemachtes nicht ansetzt.
Mit dem Handy geht das nicht so einfach.
Was schließen lässt, dass das gute alte Telefon eben seine Vorzüge hat.
So schreit die Kommunikations-Community nervös: Telefone zu Bratpfannen!  Gebt dem Handy eine Chance!
Wie schön, als wir noch zu zweit kommunizierten und lässig den Hörer an der Schnur baumeln lassen konnten. Da gab es noch kein: Die Seele baumeln lassen. Das war überhaupt nicht nötig.
Abhängen, wenn sich alle langweilten, oder aufhängen, wenn das Gespräch unangenehm wurde.
Den Hörer auf die Gabel knallen. Wo geht das denn mit einem Handy?
Nur: in die Pfanne hauen, das geht auch mit dem modernen Mobilteil. Und wenn nicht den Gesprächspartner, dann das Gerät, das schlechte Laune verbreitet, weil der Gesprächsteilnehmer nicht so mitspielt, wie wir das gern hätten.
In die Pfanne mit Teflonbeschichtung hauen, ein Ei drüber und schön kross anbraten. Dann in die Tonne damit!
Moderne Kommunikation. Muss nicht jedem schmecken.

Georg Krakl: Ehrensold (2012)

Verdammt, schon wieder gekleckert. Blöde Bio-Eier...
Nur weil mir Geld gefällt und Gold
hab ich den Ehrensold
doch nicht gewollt.

Herr Wuff, warum denn dann?

Weil ich im Lotto nie gewann.
Denn Ehrensold ist Gott sei dank
"6 Richtige" ein Leben lang.

Da gibt es nichts zu meckern.
Das Schlimmste ist das Kleckern.
Mir liegt das Klotzen.

Das wiederum, Herr Wuff, find' ich zum Kotzen.


Warum Geburtstag feiern?

Im Mittelalter wurde robust gefeiert
Warum feiert man Geburtstag?
Das Leben bekommt Struktur, ist die oft lapidare Antwort.
Dabei ist noch nicht einmal klar, welche Struktur, denn je nach erreichtem Alter kann man die verstrichene Lebenszeit in Dreißigstel, Zweiundvierzigstel oder Einundachtzigstel teilen. Das bringt aber erst mal gar nichts, wenn man nicht weiß, dass es vielleicht insgesamt Hundertstel werden, oder nur Zweiungdreißigstel.
Es geht nicht immer nach der Reihenfolge, sagte meine Oma schon, und meinte, dass sie zwar dran wäre, altersmäßig, aber noch lange nicht dran sein müsse. Der liebe Gott holt sich gelegentlich auch Jüngere in den Himmel, vielleicht um das Durchschnittsalter zu senken, oder einfach, weil es schöner anzusehen ist.
Wer neunundvierzig wird, feiert seinen fünfzigsten Geburtstag. Hach, werden einige sagen, dann habe ich meinen runden Geburtstag ja ganz falsch gefeiert!
Es ist wie damals in Mathe, fünfte oder sechste Klasse, wir Schüler sollten Zäune berechnen. Wenn man eine Strecke von hundert Metern mit einem Zaun versehen will und nach jedem Meter einen Pfahl setzt, wie  viele Pfähle braucht man dann? Die Lösung wollte mir nur schwer einleuchten: 101. Bei Null geht es nämlich schon los. Wenn man, was natürlich unrealistisch ist, einen Meter einzäunen will, braucht man zwei Pfähle.
Ich fragte mich damals, wer auf die Idee gekommen sein musste, eine Strecke einzuzäunen? Da konnte man doch immer neben Anfangs- und Endpfahl vorbeirennen. Denn Zäune sollte Menschen oder Tiere vom Wegrennen abhalten, bzw. verhindern, dass sie reinrannten. Aber wo hinein?
Ich beschloss damals, es mit den Indianern zu halten, die das kleinkarierter Verhalten weißer Viehzüchter nicht nachvollziehen konnten und gegen jegliche Zäune waren. Sie brauchten die Freiheit der Prärie, und ich brauchte sie auch: Die Freiheit von Mathematik, die sich philosophischer Fragestellungen immer entziehen wollte.
Wer seinen achtundfünfzigsten Geburtstag feiert, ist erst siebenundfünfzig Jahre alt. Denn wie bei den Zaunpfählen zählt der Tag der Geburt natürlich mit. Geburtstag nämlich.
Gefeiert habe ich den garantiert damals nicht, ich war ziemlich kaputt von der Geburt, und erinnern kann ich mich auch nicht mehr.
Auch von den ersten Feiern ist nichts hängen geblieben, wahrscheinlich haben die Verwandten gefeiert, Torte gegessen und Bowle geschlürft, und ich habe in der Zeit geschlafen.
Also lässt sich die Frage, den wievielten Geburtstag man feiert, gar nicht beantworten.
Es geht wohl mehr ums Älterwerden. Ein Vorgang, der jeden Tag passiert, und dessen fortgeschrittenes Stadium man an der steigenden Unlust erkennt, Geburtstage zu feiern.

Geburtstage sind Gedenktage. Bedenke, dass du geboren wurdest. Was hast du aus deinem Leben gemacht? Warum denkst du jetzt über diese Frage nach? Und dann die Erkenntnis: Ich bin ja gar nicht mehr jung.
Nicht mehr jung! Ein Euphemismus  für alt. Man ist so alt, wie man sich fühlt, sagte meine Oma. Aber alt eben. Sie hätte doch sagen können: Man ist so jung, wie man sich fühlt. Hat sie aber nicht. Meine Oma war sowieso immer schon alt.

Gegen die philosophische Depression, die der permanent sich steigernden Sinnkrise entspringt, hilft letztendlich eine Feier: Wegfeiern. Einfach wegfeiern. Nette Menschen um sich sammeln, die das Geburtstagskind daran erinnern, dass sie auch älter werden. Gemeinschaft empfinden. Nicht allein den nächsten, kleineren Nenner, "erleben", und froh sein, nicht mehr überflüssige Fragen nach der Anzahl der Zaunpfähle auf einer Hundertmeterstrecke beantworten müssen.


Verhunzt nicht die Kunzt

Kunst muss raus!, schreit der Liebhaber. Kunst darf nicht auf dem Schrank verrotten und sich den neugierigen Blicken der Bevölkerung entziehen. Kunst hat etwas Exhibitionistisches. Kunst will betrachtet werden.
Kunst will begriffen werden, aber beileibe nicht angefasst.
Finger weg! Nur gucken!
Welch Sakrileg, das, was der Öffentlichkeit gehört, zu verstecken.
Kunst gehört allen. Genau wie es heute die Kunststoffe sind, die sich jeder leisten kann, und früher vielleicht einmal unerschwinglich und nur den Reichen und Schönen bzw. Hässlichen vorbehalten waren. Was war es für eine Pracht, aus einem Kunststoffbecher zu trinken! Das Volk schnitzte noch seine Holztröge, da hatte die herrschende Klasse bereits Kunststoffmesser zum Wegwerfen!
Und genauso ist es mit der Kunst heute! Sie gehört dem Volk! Sie ist demokratisch.
Also: Raus damit!

Jetzt wieder aktuell: Schuluniformen

Es wird wieder diskutiert über Schuluniformen. Um den unterschiedlichen Gewohnheiten, Bräuchen und Vorlieben der Schüler, Eltern und Lehrer und den dazugehörigen vorgesetzten Dienststellen gerecht zu werden, ist ein bunter Mix entstanden, der zudem noch lustig anzuschauen ist.
Eine Mischung aus Schützenverein, Reichswehr und Karnevalsclub bietet den Trägern viele Vorteile:
Mächtige Leder-Handschuhe schützen den Schulkreideallergiker, eine Mütze dämpft Schläge mit dem Lineal und kann gleichzeitig das Attribut des Klassenbesten tragen: Den Troddel, zu hochdeutsch Trottel. In der Mensa sorgt einen breite Schärpe dafür, dass der gute Drillich nicht besudelt wird. Ein formschöner schlanker und blitzblanker Säbel hindert am allzu schnellen Wegrennen und wirft sich im Notfall zwischen die Beine des Schulflüchtlings, wenn der sich mal wieder dem Lernen entziehen will.
Die Schulkleidung baut aber vor allem jene auf, die Halt finden in Recht und Ordnung, die gerne gedient hätten, wenn man sie gelassen hätten, und die nach dem Rauswurf aus dem Schützenverein ihrem Schießgewehr nachtrauern.
Unterschiedliche Kordeln und Tressen und andere Plaketten und Broschen zeigen dem Außenstehenden, wen sie vor sich haben. Der Fünftklässler hat erst mal nichts zu zeigen bis auf den nackten Uniformstoff, ab der Klassen 6 wird an die Eleven und auch Pädagogen informativer Schmuck gehängt; bis zum Schulleiter erinnert der Ausgestattete immer mehr einem Weihnachtsbaum, wenn man Kritiker glauben will.
Platz ist aber auch für kleine Mitteilungen, die die Kategorisierungen erleichtern: Eine Null etikettiert den Dümmsten der Klasse, eine Trompete den Störer, ein X, das ein U sein sollte, den Lügner, ein geöffneter Mund den Butterbrotdieb, ein rosa H den Hausaufgabenvergesser. Und wer die Schule demnächst verlassen sollte und zum "Abschuss freigegeben" ist, bekommt eine kleine Zielscheibe vor die weiche Mütze, die die Träger dann samt Besteck bald abgeben müssen.
"Pädagogik ist doch immer ein lustiges Feld, wo auch Spaß mittun kann!", um den beliebten Reformhauspädagogen Hartmut von Händewig zu zitieren. Und warum sollen nur die Rheinländer das ganze Jahre lachen?