Andi Doth: Optische Täuschungen


Überall lauern Illusion und Manipulation. Die Hektik unserer Welt führt zu Fehleinschätzungen, weil wir uns nicht mehr auf unsere Wahrnehmung verlassen können. Wahrnehmung möchte man gern mit "wahr" verknüpfen; was aber ins Hirn dringt, ist eine Scheinwelt, in der es dem Hirn schwerfällt, die Wahrheit zu erkennen.
Ein einfaches Beispiel: Drei parallele Linien vor verwischtem Hintergrund sind uns ein Rätsel: Was ist das? In unserem Archiv werden wir nicht fündig. Wir werden alleingelassen mit unerklärbaren Informationen. Wer wundert sich noch, dass der eine oder andere gelegentlich Amok läuft und ein paar Menschen enthauptet, weil er sein Samuraischwert für eine Salatgurke hält? Anfangs war das nämlich so, dass der Amokläufer die Salatgurke für ein Schwert hielt, mit dem er dann, völlig harmlos, auf andere Mesnchen eindrosch, um zu demonstrieren, wie gefährlich es wäre, wenn Samuraischwerter frei verkäuflich wären. Irgendwann hat sich die Täuschung in ihr Gegenteil verkehrt: Zu Hause steht eine Schale Samuraischwertsalat und in der Einkaufszone surrt der japanische Stahl durch die Luft und Hälse, begleitet mit dem Schrei: Verbietet den freien Verkauf von Schwertern!
Erst wenn wir unser Leben entschleunigen, können wir die Wahrheit finden. Die drei parallelen Linien entpuppen sich dann als Schienen, durch einen vorbeifahrenden Regionlaexpress beobachtet. Langsamkeit, das ist die Lösung, auch wenn sie für den einzelnen erfunden werden muss. Vielleicht stellt sich heraus, dass eine entschleunigte Andrea Ypsilanti in Wirklichkeit Roland Koch ist; dass Angela Merkel in Zeitlupe wie Horst Köhler aussieht? Harte Wirklichkeit; aber die Wahrheit kann nur wahr sein, sie lässt sich nicht ändern. Wohl aber die Wahrnehmung, und davor müssen wir uns schützen. Im Bereich der Politik scheint es immer belangloser zu sein, wen wir wählen; aber in unserem persönlichen, kleinen Alltag sollten wir für unsere Zufriedenheit arbeiten, die sich durch Wahrheit einstellt. Die beschleunigte Ehefrau Doris sieht aus wie Heidi Klum, wenn Doris jedoch entschleunigt wird, gleicht sie eher Horst Köhler, der wiederum ein Trugbild ist. Damit ist die entschleunigte Doris ähnlich wie Angela Merkel, nur dass sie nicht ständig im Fernsehen erscheint oder entsprechende Diäten erhält. Doris macht eine Diät. Die aufgedunsene Welt der Illusionen hätte das auch dringend nötig.

Geburtstagslyrik: Kristin (Georg Krakl 2008)

Kristin II

Kristin,
krist ihn
nicht.
Schicht








Der lyrische Gastbeitrag: Manuel Ohlemeyer - Udo
Udo will es nochmal wissen!
Vergangene Reize
schleichen sich leise
in sein Altrockergewissen -
und er möchte sie nicht missen.
Der Nackenschalk hat ihn gebissen.

Udo will es nochmal hören!
Wie die Leute ihn betören
"Udo", werden sie laut rufen
mit ihm mit dem Rhytmus grooven.
Vielleicht kommt eine Hemmungslose
und reicht ihm eine Liebesrose
Er, in schwarzer Lederhose
Zieht den Hut tief ins Gesicht
Bevor er mit dem Image bricht
und eine Träne ihn ersticht

Udo will es nochmal sehen!
Wie alle in die Knie gehen.
Doch bei all dem Schnick und Schnack
bleibt ein schaler Beigeschmack.
Denn nicht mehr alle sind erfreut
wenn er in das Mikro heult
und gehn lieber zum Judo
oder hören Smudo
nicht
Udo.

Gefahren im Haushalt: Frühling

Es ist Frühling, der Mensch wird unruhig und versucht seinen aufkeimenden Vermehrungstrieb durch Aufräumen und Putzen zu kompensieren. Vorsicht ist geboten, denn die Dinge, die sich den Winter über problemlos vom Staub befreien ließen, sind gerade in dieser Zeit ungewöhnlich aggressiv. Wer seine Lesebrille zurück ins Etui stecken will, weil gerade in der liebeserfüllten Frühjahrszeit die Sehhilfe abschreckend auf mögliche Partner wirkt, kann üble Überraschungen erleben. Gerade in März und April sind die Kau- und Bissmuskeln der sonst eher reglosen Schutzkoffer für Brillen besonders ausgeprägt. Nähert man sich den Objekten nicht, fällt das nicht weiter auf. Auch das bescheidene Herausnehmen der Sehhilfe macht noch keinen Ärger. Wenn man jedoch kurz nach dem Aufenthalt auf einer WC-Brille sich dem Schutzraumfür den viel sensiblerenund feinfühligeren Verwandten nähert, kann es zu Übergriffen kommen. Bislang ist es der Wissenschaft nicht gelungen, die Ursache für diese Gefahr im Haushalt zu klären. Wohl dem, der keine Brille trägt. Bereits früher wusste man, dass der Sehbehinderte als "Brillenschlange" ein Verlierer war.

Astronautenalltag: Mondlandung

Robbi: Ich kann den Mond überhaupt nicht sehen....
Barnaby: Schlechte Sicht sowieso
Rudolf: Von hier siehst du den sowieso nicht...
Robbi: Und was ist das da hinten?
Barnaby: Ich seh nix.
Rudolf: Mach doch mal dein Visier auf, ja, genau, durch die Geldfolie siehst du wirklich nichts.
Barnaby: Ach, du bist es, Rudolf. Du hast eine Stimme wie Robert de Niro.
Robbi: Seit wann fliegt der denn zum Mond?
Barnaby: Keine Ahnung.
Robbi: Wo ist der Mond überhaupt?
Rudolf: Den siehst du von hier nicht.
Robbi: Das hast du eben auch schon gesagt.
Rudolf: Wenn's doch stimmt.
Barnaby: Nee, eher wie die deutsche Synchronstimme von Robert Redford...Rudolf!
Robbi: Also, der Mond ist nicht zu sehen. Und was ist das da hinten?
Rudolf: Die Erde.
Robbi: Wie jetzt?
Rudolf: Das runde, blaue Ding ist die Erde.
Barnaby: Robert de Niro, oder meine ich Peter Maffay, auf jeden Fall hat der eine Warze im Gesicht.
Robbi: Und der Mond?
Rudolf: Auf dem stehen wir jetzt. Und deswegen kannst du ihn nicht sehen
Robbi: Ich seh ihn ja doch! Ist denn heute nicht Vollmond?
Rudolf: Von der Erde aus schon.
Robbi: Und von hier aus?
Barnaby: Wenn du gehst, dann geht nur ein Stück von dir....
Robbi: Gut, dass Vollmond ist.
Rudolf: Wieso?
Robbi: Sonst hätten wir hier gar nicht landen können, bei Neumond zum Beispiel.
Barnaby: ...schläft nur ein Teil von dir.... oder ein Stück?...ein Teilstück...
Rudolf: ----(Beißt in den Überrollbügel seines Integralraumhelmes.)
Robbi: Wo ist denn jetzt der Mond?

Gedichte mit Tu-Sätzen: Haus am Meer (27.3.08)




Georg Krakl: Haus am Meer (2008)



Ach, Haus am Meer,
du stehst so leer
an sturmumtoster Küste.
Und wenn ich deine Nummer wüsste,
ich käm zu dir, würd in dir wohnen.
Doch ohne Nummer tut der Weg nicht lohnen.

Buchtipp: Simplify your wife (26.3.08)

Lothar Takko Kistenmacher:

Simplify your wife

Ein Buch für Männer, die jahrzehntelang versucht haben, die Frauen zu verstehen. Dieses Buch hilft, zu einem vereinfachten Verständnis zu gelangen, was den Männern insgesamt entgegenzukommen scheint. Warum kompliziert, wenn auch einfach? Warum weit, wenn auch nah?

Vielfältige Themen führen in die unüberschaubare Welt der Paarbeziehungen. Angelehnt an das Buch "Simplify your Life" wird erst mal richtig aufgeräumt, um anschließend zu sehen, was übrig bleibt, bzw. ob die Wohnung nicht viel zu groß für eine Person ist, weil die Ehefrau bereits unbemerkt ausgezogen ist. Selbst wenn das Verhältnis nicht zu kitten ist, so weiß man nach der Lektüre des Buches zwar nicht mehr über die Frauen; aber alles Gerümpel und der ganze Beziehungsmüll ist mitsamt den Ursachen aus der Wohnung. Da kann man es bei einem gemütlichen Herrenabend mal wieder richtig krachen lassen. Ein Buch für Männer und die es werden wollen. (Zum Foto ein Leserbrief: "Da hat Takko den Nagel auf den Kopf getroffen!" Bernd R.)

Andi Doth: Illusion (25.3.08)

So vieles in unserer Welt ist Illusion. Mancher Baum sieht aus, als warte er nur darauf, aus allen Knospen zu platzen, dabei ist es Dezember. Das Vorgaukeln falscher Tatsachen kann nicht mit dem Klimawandel entschuldigt werden! Hier versucht die Natur, den Menschen hinters Licht zu führen und imitiert das menschliche Miteinander. Wer erzählt dem anderen schon, was er verdient, oder ob sein BMW Zdreinummernzukleindafürzuteuer auf Pump gekauft wurde und der Brief noch bei der Bank als Sicherheit lagert? Illusion. Wir gucken den Leuten vor den Kopf, aber was dahinter west und siecht, bleibt uns verborgen. Vielleicht bin ich der einzige, der die dummen Elternbotschaften "Du sollst nicht lügen" und "Der liebe Gott sieht alles" für bare Münze nimmt und danach zu handeln versucht. Alle anderen sind aus diesem kindlichen Stadium heraus und lügen direkt oder indirekt, bis die Schwarte kracht. Das Schlimmste obendrein: Die Natur fängt auch schon an zu lügen. Sie täuscht etwas vor, was es gar nicht gibt. Gletscher verstecken sich, Pflanzen verschwinden vom Erdboden, Tierarten sterben aus. Angeblich, weil der Mensch zu viel Auto fährt. Wer's glaubt, kommt in die Ewigen Jagdgründe und kann dort vielleicht mit imaginären Drillingen auf die versammelten ausgestorbenen Tiere ballern. Auch ein Versprechen, das sich später vielleicht als Versprecher erweist; dann ist es aber zu spät. Also: Nicht alles glauben, was einem vor die Augen kommt. Auch der Aktentaschenträger im Business-Anzug schleppt nicht immer Schwarzgeld mit sich herum. Das passt sowieso in keinen Koffer.

Hasenkostüm gefällig? (24.3.08)

Wer hat schon Lust, zum Kostümverleih zu laufen und sich, wie jedes Jahr, ein Hasenkostüm zu kaufen, um die selbst bemalten Eier fachgerecht im Garten zu verstecken? Die geliehenen Kostüme riechen nach altem Schweiß mit schlechtem Deo; das treibt den Ekel durch die Nase direkt ins Hirn, das das dann weiterleitet ans Verdauungszentrum. Um den jährlichen Kampf gegen den Würgereiz zu vermeiden, hier der Tipp aus Bodos Welt: Einfach eine Kunstpelzhose für Kleinkinder oder Säuglinge kaufen (Größe für 1-2jährige, je nach Kopfumfang), überstülpen, ein Hasengesicht machen und los geht's. Anschließend kann das Objekt verschenkt werden, wenn nicht dieses, dann nächstes oder übernächstes Jahr. Die Bekanntschaft vermehrt sich zwar nicht wie die Hasen, aber manchmal ist doch ein Treffer dabei.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Weg ins Licht (23.3.08)

Gerade zu Ostern fragen wir uns: Was habe ich die ganze Zeit gemacht? Plötzlich ist schon wieder Ostern, die Regale in den Supermärkten quillen über von Schokohasen mit Progenie, die ihnen dieses dümmliche Aussehen verleiht. Wir fragen weiter: Wer hat eigentlich die Osterhasen erfunden und warum sollen sie bunte Eier verstecken? Alleingelassen ohne Antworten sitzen wir im Fensehsessel und sinken in eine tiefe Feiertagsdepression. Wisst aber, dass das zu unserem Weg gehört. Es ist nicht bequem, ins Helle der Erleuchtung zu gelangen. Einfacher ist es hinabzugleiten in die Finsternis der Steuerhinterziehung, des Lugs und Betrugs, des schönen Lebens in Villen mit Swimmingpools, dicken Autos, der exotischen Urlaubsziele, des Schmucks und des Bodyshapings. Wer will schon daran teilhaben? Sicher, jeder eigentlich. Jeder möchte genug Geld haben, um die Kontoeröffnungsgebühren in Liechtenstein mit Links zu zahlen, jeder möchte dem Autoverkäufer, der ihn vor einem Jahr übers Ohr gehauen hat, mit gleicher Münze heimzahlen, jeder möchte raus aus seiner eingestaubten Dreizimmerwohnung, jeder möchte einen BMW, einen Urlaub auf Hawaii und einen auf Form geschnitzten Körper. Bruder Neid steht uns im Wege. Wir haben nicht das Geld, um den breiten, bequemen Weg zu gehen, der direkt in die Hölle führt. Da soll's auch ganz schön sein, behaupten böse Zungen, Menschen, die das Beste aus ihrer desolaten Situation machen wollen. Denn Reichtum macht einsam; auch wenn man es anfangs nicht merkt vor lauter Prosecco und Kaviar und freundlichst plaudernden Partygästen. Den steinigen Weg gehen die, die wirklich nach einem guten Leben streben. Schritt für Schritt quält euch in die Höhe; der Lohn wird euch gewiss sein. Derweil wird in der Hölle mal wieder richtig gebechert. Eine Scheinwelt, von der ihr euch nicht gefangen nehmen lassen dürft. Macht eure Bude mal wieder richtig sauber, geht eine Runde um den Block, ein paar Sit-ups, um das Fett an Bauch und Hüfte zu shapen, eine schöne Tagesfahrt mit einem Reisebusveranstalter und das Leben auf dem harten Weg erscheint euch wieder lebenswerter. Irgendwann werden auch in der Hölle die Lichter ausgehen.

Folgen der neuen Rechtschreibung (22.3.08)

Die Folgen der neuen Rechtsschreibung sind spürbar. Besonders alte Menschen leiden zunehmend mehr darunter. Was früher als richtig galt, heißt heute schon ganz anders. Man hat den Eindruck, jeder kann so schreiben, wie er will. Dabei sind in der neuen Rechtsschreibung auch feste Regeln eingebaut, die es zu beachten gilt: Dass mit Doppel-s wird immer noch mit Doppel-s geschrieben, auch wenn sich einige Grammatiktumpel schon ins Fäustchen gefreut und auf die Abschaffung des zweiten S gehofft hatten. Das Wort Meer wird weiter mit Doppel-E geschrieben, sodass es keine Meerwertsteuer oder Meerwehrtsteuer oder Meerwährtsteuer geben wird. Auf keinen Fall heißt es jetzt: Der alte Mann und das Mehr. Da sei sowieso Hemingway davor. Alte Männer rennen aber jetzt verwirrt am Strand herum und suchen das Mehr, nur weil ihnen ihr rechtschreibuntauglicher Enkel aus Wut über eine verweigerte Taschengeldzuwendung geschrieben haben: Alter Mann, geh doch ins Mehr!

Ländliche Lyrik: Frühling auf dem Land (21.3.08)


Zu spät

Der Frühling gibt sich Müh
Der Mühling kommt zu früh

Schulinspektion - Qualitätsanalyse (Teil 3): Hausmeister


Einen wesentlichen Eindruck von einer Schule vermitttelt der Zustand der Hausmeister. Sie sind quasi das Treppenhaus oder die Diele bzw. der Flur eines Wohnhauses. Hier wird der Gast begrüßt. Die Form des Erstkontaktes erzählt viel über den "Seelenzustand" einer Schule. Hört man ein freundlich-fröhliches MOGGEN? Die etwas burschikose Art, nett gemeint und einen gewissen Stolz auf die eigene Kaste vermittelnd, zeigt: Hier stimmt die Welt, etwas dick aufgetragen, aber eigentlich läuft der Laden. Wenn denn ein offenes Gesicht und ein Lächeln dazugehören. Das Lächeln kann natürlich auch ein Grinsen sein, im Sinne von: Na, den faulen Säcken gönne ich aber mal eine Schulinspektion, ständig hinter uns rumfragen, man kann ja nicht mal in Ruhe frühstücken oder im Heizkeller rumsitzen. Wurd auch mal Zeit, dass die auf Trab gebracht werden.
Genaues Hinschauen ist nötig. Gibt es ein Händeschütteln? Rustikale Verbrüderungsabsicht, die nicht angemessen ist? Kann heißen: Hallo, ich habe da auch noch was zu erzählen...?! Gibt es ein Wegschauen, ein Rumkramen in der Putzmittelkammer? Hier sind gute Absichten schon früh zerstört worden, hier liegen tiefe Verletzungen vor, die noch lange nicht verheilt sind. Da hat eine Schule die wichtigen Repräsentanten der inneren Zufriedenheit vernachlässigt.
Wir zu laut gesprochen? Wird in Gegenwart des Inspektors ein Dritter robust angesprochen? Haste schon die Zwei hier gesehen? Die kommen heute in deinen Unterricht! Zaghafte Antwort, halbe Lautstärke: Die sollen wohl auch den Heizkeller inspizieren....
Schwierig ist es , wenn die Hausmeister völlig vom Erdboden verschluckt sind. Aber wie man eine verweigerte Aussage zu ungunsten des Angeklagten interpretieren kann, so sind auch hier Rückschlüsse möglich. Und die sollten gezogen werden. Qualität definiert sich auch über das Fehlen von Elementen eines (nicht) funktionierenden Systems.

Lauschangriffe in Vorbereitung

Eine ganz neue Dimension des Lauschangriffes bereitet jetzt das Bundesinnereienministerium vor: Weißbehelmte Männer mit großen Ohren schweben an einem Drahtseil über öffentlichen Veranstaltungen und belauschen, was die Bevölkerung so von sich gibt. Den anfangs geplanten Einsatz von Zwerghubschraubern hat man verworfen, da die Geräuschentwicklung der Geräte so hoch ist, dass sich ein Hinhören erübrigt. Der Lauscher erhalten eine Spezialausbildung, die sie auch befähigt, hinter oder vor Gittern zu arbeiten. Ziel sei es ja auch, den unbequemen Denker, der seine Klappe nicht halten kann, hinter Gitter zu bringen. Denn zu sagen, was man denkt, kann staatsgefährdend sein und die innere Sicherheit verunsichern. Wo genau das Innen ist, konnte das Ministerium nicht beantworten.

Lyrik: Kristiane Alles-Weißmannnicht "Politik"

Politik

Da glaube ich einen Mann
gefunden zu haben
und es ist ein Politiker.
Makramee!
schreit es in mir.
Mein Flusensieb ist mir lieber
als ein seelenfressender
Selbstdarsteller
auf der Kanzel der Selbstverliebtheit
der Unterdrückung der zweitausendjährigen Zwangsheirat
Politiker mit deinem
Politkicker
So kannst du frau nicht ignorieren
Makramee! schreit es
Und du schießt dein erstes Eigentor

Gefahren lauern im Alltag

Der hygienebewusste Mensch von heute begnügt sich nicht mehr mit schlichtem Toilettenpapier, sondern ergänzt die aktuell nach geschäftlichen Sitzungen anfallende Körperreinigung durch sogenannte Feuchttücher. Sandra hilft zu einem sicheren Gefühl, alles ist sauber, der Mensch kann wieder unter seine Mitmenschen gehen. Der angenehm-penetrante Geruch Sandras überdeckt mögliche unangenehme Geruchsreste, die den sensiblen Mitbürger die Nase rümpfen lassen. Sandra ist ein Schatz!

Manchmal jedoch versteckt sich Sandra in ihrer Plastikbox, vielleicht weil ihr nicht genügend Aufmerksamkeit zugeflossen ist, sei es, weil sie nicht schon wieder Lust hat, anderen Menschen zu Sauberkeit zu verhelfen, um selbst eingesaut übrig zu bleiben. Sandra ist sensibel, sie möchte gebeten werden. Manchmal zieht sie sich einer Schnecke gleich in ihr Gehäuse zurück.
Sandra ist neben aller Nützlichkeit für den Waschzwängler auch eine Gefahr im Haushalt. Perfide beißt sie in Finger, die nach verborgenen Tüchern bohren und verursacht nicht nur Schmerzen, sondern auch Entzündungen im Fingerkuppenbereich und an der Nagelhaut.
Die moderne Zeit zahlt hier ihren Preis. Früher reichte ein geknittertes Blatt der Freien Presse oder des Mindener Tageblatts, heute ist die dreilage Klorolle schon überfordert und muss durch Sandra ergänzt werden. Das schafft Aggressionen, weil Sandra eigentlich gedacht hatte, sie werde zum Abschminken übermalter Gesichter benutzt werden. Gesicht ist Gesicht, hatte ihr der Sortimenter des E-Center zugeraunt, für welches dich einer benutzt, das entscheidet nicht das Feuchttuch, ist das klar?
Sandra musste kleinlaut beipflichten und schwor sich Rache zu üben.
Wer unverletzt im Haushalt bleiben möchte, der sollte bedenken, dass auch Reinigungstücher Gefühle haben. Wer mit Blumen spricht, fördert ihr Wachstaum, wer seinem Feuchttuch ein paar liebe Worte zusäuselt, macht auf jeden Fall nichts falsch!

Super: Heather Mills

Humpelstilzchen kann auch einmal einen Schnitt machen! Das hat Heather Mills jetzt bewiesen. Wofür und warum, kann keiner beantworten, aber die Welt ist doch immer voller Fragen, denen die Antworten fehlen. Die meisten Menschen verdienen ihr Geld durch harte Arbeit. Wie aber kommt man in kürzester Zeit auf 33 Millionen Euro? Tipp: Appes Bein und dann an Ex-Beatle Paul McCartney ranmachen! Nix tun, aber abkassieren. OK: Man muss im Groben wie die verstorbene Ex aussehen und vielleicht auch noch Vegetarier sein. Das ist doch immer noch besser, als von Almosen zu leben, oder? Ein Sieg emanzipierter, behinderter Frauen. Oder eher peinlich? Help, I need somebody... oder für Mac: Yesterday...

Neues von der Reinkarnation

Für Menschen, die an eine Reinkarnation glauben, gibt es bedrückende Nachrichten: Man kann auch als Luftballon wiedergeboren werden. Angesagt sind also gute Taten, gute Taten, gute Taten für jene, die nicht auf der Mindener Herbstmesse am Kunststofffaden hängen möchten. Wenn man nicht an die Reinkarnation glaubt, heißt das noch gar nichts. Denn: Bewiesen ist das noch lange nicht! Deswegen lieber vorbeugen, damit es nicht heißt: Was hängst du denn hier rum? Wieso hängen? Ich schwebe! Und warum bist du hier? Keine Ahnung. Vielleicht hast du dich in einem früheren Leben immer so aufgebläht. Weiß ich nicht mehr. Aber, man kann gar nicht viel machen, so ohne Arme und Hände, ohne Beine und überhaupt. Man fühlt sich so leicht, finde ich. Das bringt mir jetzt nichts. Man muss das Beste draus machen. Ja, wie denn, ich komm doch hier nicht weg, und wenn, wo soll ich denn hin? Vom Winde verweht, fällt mir da ein. Hahah, sehr lustig. Da platzt mir gleich der Kragen! Würde ich deinem Kragen nicht raten. Also, Leute, ich bleibe hier nur so lange, bis die Luft raus ist. Meinst du, das wäre eine gute Tat? Wieso? Na, von wegen noch mal als Luftballon auf die Welt kommen. Einmachgummi wäre auch nicht besser. Stimmt.

Ländliche Lyrik: Verheult


Du wirkst verheult.
Man hat dein Lieblingsschwein gekeult.

Skistehen oder Poolliegen?


(Leserservice: Wichtige Wörter sind fettgedruckt!)
Warum Menschen gerne Ski fahren ist nicht bekannt. Noch weniger ist bekannt, ob sie wirklich gerne fahren, oder dies nur behaupten, um etwas andere Menschen, die nicht Ski fahren, neidisch zu machen. Möglich auch, dass sie lediglich wollen, dass andere kein Mitleid zeigen, weil sie Ski fahren müssen und daran keine Freude empfinden können. Wer bemitleidet wird, ist ein armer Tropf, ein Loser (Gesprochen: Lu:ser), ein totaler Versager. Niemand liebt dich, wenn du am Boden liegst. Das ist bekannt. Das gilt nicht nur fürs Skifahren. Das ist überall so. Ausgenommen natürlich der Schattenplatz am Hotelstrand oder Swimmingpool in heißen Ländern. Wer da liegt, ist ein Gewinner. Die Vollidioten finden morgens ihre Handtücher, mit denen sie ihre Plätze am Vorabend bunkern wollten, im Wasser wieder. Gleiche Bedingungen für alle: Ab sechs darf das Handtuch ausgelegt werden. Frühaufsteher sind im Vorteil gegenüber den ganz Ausgeschlafenen. Bei Halbtagsausflügen hat man dann immer „sein“ Plätzchen am Planschbecken, um sich von der beschwerlichen Besichtigungs- oder Shoppingtour zu erholen. Niemand wird am helllichten Tag wagen, das Handtuch dieser Soziopathen im Pool zu versenken. Darüber wachen die anderen, die trotz verbrannter Haut auf ihren Plätzen liegen. Weggegangen, Platz vergangen. Das gilt hier nicht unbedingt. Wenn das Handtuch liegt, liegt gleichsam der Besitzer; und den schmeißt man nicht ungestraft ins Becken, auch wenn einem danach ist, weil dieser Platz gestern mir gehört hat. Aushalten, durchhalten, Platz halten. Liegen muss nicht schlecht sein.

Der Skifahrer steht meistens. Er schaut, ob die Piste frei ist. Er genießt die Gegend. Er steht am Lift. An der Gondel. Am Liftpassschalter. An der Schneebar. Im Restaurant. Beim Après-Ski. In Skischuhen. Der Skifahrer steht, und zwar meistens an.
Der Skifahrer sitzt darüber hinaus. Er sitzt im Lift, in der Gondel, im Restaurant, wenn er endlich einen Platz gefunden hat. Er sitzt im Schnee, um wieder aufzustehen.
Er fährt den Hang hinunter. Auf der Piste. Er fährt die kürzeste Zeit. Je mehr er fahren will, desto mehr muss er stehen und sitzen. Das ist ein proportionales Verhältnis. Je mehr desto desto. Reziprok klingt schöner, wäre aber fatal. Je mehr, desto weniger eben. Das hieße, dass er gar nicht zum Fahren käme. Je mehr er stünde, desto weniger führe er. Bei vollen Gondeln geht die Fahrzeit gegen Null.
Der Skifahrer betreibt seinen Sport bei Nulltemperaturen. Vielleicht aus diesem Grund: Weil er sich im Grunde ein reziprokes Verhältnis wünscht. Je weniger er sitzt, desto mehr kann er fahren. Schluss mit Gegendgucken, Schneebarstehen, Füßeausruhen. Der Sport wird Stress. Niemand kommt zum Halten, alles endet in einer unendlichen Bewegung, die schließlich zu völligen Auszehrung des Körpers führt. Oder im umgekehrten Fall zu breitgesessenen Hintern und platten Füßen.
Skifahren ist im Endeffekt kein Sport, der gut tut. Er schadet. Das will niemand wahr haben. Wer kauft sich schon eine Skiausrüstung für richtig Geld, um hinterher festzustellen, dass das Bewegungsverhältnis der Sportart proportional ist, aber wunschgemäß reziprok sein sollte. Das wird niemand gern zugeben. Auch nicht, dass er seine Ausrüstung billigst wird verschleudern oder nach einem Schleudersturz durch die Haftpflichtversicherung eines naiven Mitfahrers wird finanzieren lassen müssen. Skifahren ist nicht einmal eine Freizeitbeschäftigung, die Wohlbefinden erzeugt. Entweder sitzt man zu wenig und fährt kaum, oder man fährt viel, sitzt und steht aber dauernd herum. Nur – woher die Zeit nehmen? Wer viel fahren will, muss noch mehr Zeit haben.
Da ergibt es doch einen Sinn, am Pool auf seinem Badetuch zu liegen, oder das Tuch alleine liegen zu lassen und sich derweil mit anderen Kostbarkeiten des Lebens zu vergnügen. Denn hier gilt: Je länger ich liege oder liegen lasse, desto länger liege ich, oder lasse ich liegen. Ein Verhältnis, das stimmt. Da gerät nichts durcheinander. Eine Ungleichung, die jeder verstehen kann. Herumliegen ist schlicht und auch für einfachste Gemüter keine Überanstrengung. Wer es dann noch schafft, kurz vor sechs aufzustehen und sein Handtuch an die richtige Stelle zu legen, der kann sich eines übersichtlichen proportionalen Verhältnisses sicher sein; und das ist richtiger Urlaub.
(Zum Foto: Verdammt, wo ist der Schnee geblieben? Eine verwirrte Skifahrergruppe steht vor dem Nichts. Das ist noch einmal superreziprok.)

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Lass ab von Häme!

Wenn dein Erzfeind öffentlich angeprangert wird, wenn die Obrigkeit auf ihn aufmerksam wird, wenn PC und Aktenschränke leergeräumt werden, wenn untersucht und ermittelt wird, hast du dann das Gefühl von Häme, von „Wurdauchmalzeit!“? Jahrelang hast du dich klein gefühlt, ohnmächtig gegen Gehabe und Auftreten, gegen Anweisungen und dringende Wünsche; endlich glaubst du, dass dir Gerechtigkeit widerfahren ist. Fühlst du dich wohl? Bestimmt nicht, denn im Innersten weißt du, dass Vergeben und Liebe die Lösungen sind, die dich er-lösen von der Qual der Wirklichkeit. Jahrelang hat dich eine Sehnsucht nach Rache auf das Rad der Realität geflochten, hat dich gebunden an deine geheimen Wünsche, von denen du nicht loskommst. Im Gefühl der Rache, des „Geschiehtihmrecht“ und des „Wirdwohlwasdran“ bleibst du winzig, verharrst du in deinem Kleinmut und bleibst unerlöst. Die Qual wird weitergehen. Jetzt zeigst du mit dem Finger auf die, die die Wahrheit nicht sagen wollen, die schweigen wollen, weil böse Stimmen ihnen das eingeflüstert haben, ihnen nahegelegt haben: Wer weiß, was mit euch später wird, wenn sich alles als Irrtum erweist, wenn der Geächtete zurückkehrt. Die Rache ist sein!, droht man den Ängstlichen, auf dass sie schweigen, und dieses Schwiegen ist mehr als 1000 Worte. Hinausschreien sollte ihr es, wenn alle Vorwürfe Lüge sind! Warte, Kleinmütiger, nicht zu lange auf deine Rache, sonst fällt sie auf dich zurück! Vergib und liebe, nimm dich selbst an und alle andere in ihrer Schwäche! Und wisse: Die Wahrheit lässt sich nicht tilgen, weder durch Schweigen, noch durch hundertfaches Wiederholen des Falschen. Die Wahrheit ist. Die Wahrheit dauert. Darauf kannst du setzen. Darum, lass ab von Häme und vertraue!

Nacht- und Nebelaktionen - Bist du es, Mutter?

Das passiert immer häufiger: Dass man sich in Nacht- und Nebelaktionen sein täglich Brot, etwas Bargeld oder einfach nur sein Recht verschaffen muss. Der entmündigte Bürger ist immer mehr auf Eigeninitiative angewiesen; früher sorgte der Staat für den Menschen, heute muss er es selber tun.
Es ist dunkel und neblig, der kalte Bruder der Sonne ist nur als diffuses Licht zu sehen, möglich auch , dass es eine Straßenlaterne oder ein Autoscheinwerfer ist, das lässt sich bei solchen Lichtverhältnissen niemals klären. Der Druck ist hoch, die Hände feucht. Jetzt gilt's, was immer es auch sein mag. Das ist die Nacht der Nächte, undsoweiterundsofort. Positive Affirmationen trommeln durchs Hirn, sollen beruhigen oder den nötigen Adrenalinkick geben, um das Vorhaben zum Erfolg zu bringen. Hans tastet sich durchs Dunkel, fühlt den Nebel förmlich mit den Fingern. Dann greifen seine Hände etwas Warmes, Weiches; Hans spürt Stoff, dann Haut, dann Fleisch, Haare, einen Menschen; das Herz hämmert, Adrenlin bis in die Fingerspitzen, der Urmensch in Hans warnt 'Hau ab! dafür ist das Adrenalin auch da!', 'Feige Sau!', kontert Hans in Gedanken, um sich selbst Mut zuzudenken, er greift höher, fasst ein Gesicht, Nase, Ohren, Oberlippenbart: "Bist du das, Mutter?"
Eine tiefe Stimme: "Sammal hast du ne Vollmacke!" Keine Frage, ein Befehl. Alkoholgeruch strömt Hans entgegen, vermischt mit Zigarettenrauch, jetzt dringt der Keipendunst in seine Nase. "Pack mir nicht im Gesicht rum!" Hans kennt die Stimme; das Gesicht dazu fällt ihm nicht ein. Helga ist das nicht, denkt er, dafür ist die Stimme zu tief. Die hat auch keinen richtigen Bart, analysiert er scharf. "Nimm die Finger da jetzt weg! Du kannst froh sein, dass ich gute Laune habe und kaum noch stehen kann!", brüllt die Gestalt. "Ach, du bist das, Horst, Mensch, alter Schwede!", ruft Hans jovial und haut Horst kräftig, aber kameradschaftlich auf den Rücken. Horst kippt vornüber und bleibt liegen, kurz darauf schnarcht er. "Ich hasse Nacht- und Nebelaktionen", murmelt Hans und wischt sich die Hände an seinem Mantel ab.
"Was wollte ich denn noch?", murmelt er leise vor sich hin. Geduckt schleicht Hans weiter durch die Nacht. "Ich hab's vergessen, ganz einfach vergessen; ich weiß es nicht mehr." Wie ein Mantra wispert Hans die Worte vor sich hin und verschwindet allmählich im Diffusen.

Neue Fahrradhelme in Planung


Die Industrie hat neue Fahrradhelme entwickelt. Die alten, stromlinienförmigen, die dem Kopf etwas Echsenhaftes verliehen, waren schon eine Gefährdung des Straßenverkehrs. Wenn ein entspannter Autofahrer plötzlich einer Riesenechse auf zwei Rädern angesichtig wird, so ist die erste Reaktion die Flucht: Aufs Gas und ab nach Hause in den schützenden Bau oder in die sichere Höhle! Sogar anerkannte Verkehrsgutachter bestätigen, dass der Nutzen der Helme den Schaden nicht aufwiege. Zwar sei die Zahl der Radfahrer, die nach rüpelhaftem Verkehrsverhalten unerkannt und unverletzt davon gekommen seien, enorm gestiegen, die Zahl der Blechschäden allerdings auch. Darüber hinaus seien die Helme aufgrund ihres spitzen Hinterstücks äußerst gefährlich, wenn sein Besitzer in einer Schlange steht. Das entnervte Nachhintenrucken des Kopfes, weil die Wartezeit zu lang wird, habe schon manchen eng anstehenden Frührentner vom Linoleum geholt; das müsse unbedingt verhindert werden, so dass die EU ein Verbot des Tragens von hinten spitz zulaufenden Fahrradhelmen in Menschenschlangen beschließen will. Findige Unternehmer haben im Vorfeld dieses Beschlusses bereits reagiert: Sie entwickelten einen ballonartigen Rundhelm, der den Besitzer schützen soll, dem Kopf aber leider etwas Meloniges gibt. Bisher wurden die Helme nur bei Fußgängern getestet, was sich als ungeschickt erwies: Passanten hielten die Helmträger für Wesen von einem anderen Planeten und versammelten sich sofort, um eventuell eine Friedensdemonstration zu organisieren, oder den Alien einfach mit Spaten und Plattschaufel, die jeder gute Bürger im Frühjahr in seiner Nähe weiß, zu erschlagen. Gut auf jeden Fall, dass der jeweilige Alien, wenn es denn einer war, einen soliden Rundhelm trug, der einen gezielten Spatenschlag locker abfängt. Dumm gelaufen: Aber wie, bitteschön, erkennt man einen Fahrradfahrer mit Helm, der gar kein Fahrrad mit sich führt? Da wird auch der neue Rundhelm nichts nützen.

Exotisches auch für Vegetarier

Nach einem Afrika-Urlaub oder einer Exkursion in andere exotische Länder, finden sich Vegetarier immer häufiger in den Feinkostabteilungen großer Kaufhäuser, wie etwa dem KaDeWe, um sich das im Urlaub verweigerte Essen einmal von Nahem anzusehen. Grüne Mamba, rote Blindschleiche oder Ockerlurch standen auf der Speisekarte; der Vegetarier hat sich mit geschmacksneutralem Couscous abspeisen lassen, in dem vielleicht zufällig eine halbe Kakerlake für Fleischanteile sorgte. Immer größer wird der Wunsch nach Rückkehr in die Heimat, die Erinnerungen an einen wunderbaren Urlaub aufzufrischen. Dazu gehört auch der ausgefallene Speiseplan, der ganz klar mit dem Gesicht von Hanni verbunden ist, die kurz vor dem Würgereiz Löwenpranke an frittierter Javanischer Warzenschlange bestellt, und schließlich auch einen halben Teller voll hinunterbekommt. Das muss wiederholt werden, wenn auch nur im Kopf; aber dazu gehörn die Objekte des heimlichen Ekels, den man als Gourmet nicht zeigen will. Was aber den Vegetarier überrascht, ist die Tatsache, dass auch seinen geheimen Fleischeswünschen und -lüsten genüge getan wird; die Feinkostabteilungen bedienen den Fleischverweigerer mit buntestem Schlangenersatz. Den kann sich der Tofufreund ohne schlechtes Gewissen einverleiben. Seine Gäste, die nur an Originalschauplätzen hässliche Tiere essen, kann er mit solchen Objekten überraschen; erst wenn sie hineinbeißen, merken sie, dass es sich nicht um Schlangenfleisch, sondern um eine Mischung aus Zucker, Bindemittel und Knochenextrakten von fleischlosen Tieren handelt. Bis dahin ist der Spaßfaktor auf Seiten des Gastgebers und Grünzeugessers; selten kann man solche langen Gesichter sehen, selten ist die Körperbeherrschung mehr gefordert, selten das Zusammenpressen der hinteren Backenzähne kräftiger. Das zu beobachten, ist der Höhepunkt des Abends. Wie sagt der Nuschler? Schlange nicht mehr so gelacht....

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Der Choleriker hat unsere Liebe verdient

Hat der Choleriker nicht auch unsere Liebe verdient? Ist es unser Kleinmut, der es verhindert ihn anzunehmen als Mitmenschen, als Nächsten?
Du hast du ne Vollmacke, du verfluchter Sauhund, räum gefälligst das Laub, das dein verschissener Birnbaum in meinen Garten gepfeffert hat, auf deine Seite, aber dalli! Sonst zieh ich dir ein Horn! Ist das jetzt klar? Basta! Und Punkt! Dass das mal ein Ende hat hier. Feierabend! Sonst kauf ich mir ne Kettensäge und dann hat es sich ausgebirnt, Meister!!!!
Was steckt hinter diesen Worten, was hinter seinem cholerischen Auftritt, der auf den ersten Blick verletzend und gewalttätig wirkt? Die Augen des Brüllenden sind in Wirklichkeit ängstlich zusammengerückt; ein kleiner Geist hat in einem mächtigen Schädel seine Heimat gefunden und fürchtet, entdeckt zu werden. Schutzmechanismen, alt und neue, aus Gegenwart und Kindheit, greifen und setzen die Alarmglocken in Bereitschaft. Der Choleriker will nicht verletzen, er will das kleine Kind in sich schützen, das nie seinen Willen bekam, auch wenn es mit Nagelschuhen Glastüren eintrat, Blumenvasen in den Wohnzimmerschrank warf oder dem Hund von Tante Moni kleingeknickte Rasierklingen ins Hundefutter mischte. Schreie nach Liebe, manchmal stumme Schreie, manchmal laute, die Panzerglas zerbersten lassen konnten.
Liebe, das ist es, worum eine arme Seele hier fleht. Wir können nicht einfach weghören; wir müssen unsere Hilfe anbieten. Was spricht dagegen, den ersten Schritt auf den anderen zu tun, den Choleriker anzunehmen wie er ist, und ihn dadurch zum Guten zu verändern? Ist der Birnbaum nicht alt und gehört er nicht längst ins Trockenregal für das Kaminholz? Manchmal muss man sich trennen können, von alten Gewohnheiten und manchmal von einem alten Birnbaum. Wenn es der Liebe dient.

Gymnasiastenwitze der 70er: Passionszeit


Weinet nicht!
Auch Jesus wusste nicht, warum er gekreuzigt wurde.
(Diese Originalzeichnung entstand im Deutschunterricht eines deutschen Gymnasiums um 1970. Im Religionsunterricht konnte das Bild nicht gezeichnet werden, weil es den damaligen guten Sitten Jugendlicher entsprach, vom Religionsunterricht abgemeldet zu sein.
Letztendlich hat das Abgemeldetsein die Zerstörung des Gottesstaates der Oberstudiengeräte nicht erreicht. Ein völlig nutzloser Protest, von dem lediglich die Gastronomie profitierte, die die Unterrichtslosen beherbergte und beköstigte.)

Schulinspektion - Qualitätsanalyse(Teil 2): Mülltrennung


Oberinspektor Terrick und Assistent Harald berichten.
(Nicht autorisierter Text) Die Mültonne ist ein Buch. Klappt man sie auf, liegt das Schulleben in großen Teilen offen. Die Analysen des Kollegen Harald, der in Gummistiefeln und mit Latexhandschuhen die Abfallsammelstellen der regionalen Schulen erkundet, lassen auf die Qualität einer Schule wunderbar schließen. Wie hoch ist die Zahl der Kaugummis in Relation zum Gesamtvolumen des Müllaufkommens? Handelt es sich um eine Schule, die Kaugummigkauen im Unterricht toleriert? Dann sind die abgelegten Objekte eher in der Minderheit; hier scheint ein lascher Stil zu herrschen, der Schüler darf sich wiederkäuend im Unterricht langweilen, die Pädagogen halten das wohl für leises Mitmurmeln der Lernziele, oder haben wenig Kontrolle über das Verhalten der Schüler. Möglich wäre aber auch, dass die Mensangebote den Essgewohnheiten der Unterrichteten nicht entspricht, also eher vollwertige Ökokost aufweist, die vielleicht gesund, aber geschmacklos ist, die Schüler Kohldampf schieben und ihren Hunger, ärmsten Kokablätter kauenden Bevölkerungsschichten in Lateinamerika ähnlich, durch Kaugummikauen bedienen und die Kaumasse unbedingt lange im Munde bearbeiten wollen. Ansätze diese Verhaltens müssten sich in einem Schulprogramm, das die negativen Folgen der Globalisierung thematisiert, wiederfinden. Reichlich Kaugummis im Abfallcontainer deuten auf eine strenge Einhaltung von Regeln hin, die das Kaugummikauen auf dem gesamten Schulgelände verbietet; autoritative Pädagogik korreliert häufig mit Mensaangeboten, die aus fettigen Pommes oder Wredges mit überzuckerten Toamatensaucen und Sättigungsmaterialien, die überwiegend aus Zucker, Stärke, Tierknochenextrakten und Farbstoff bestehen. Man kann nicht alles haben: Öko und Ordnung stehen sich scheinbar diametral gegenüber. Kompromisse sind manchmal geboten; und wer isst nicht auch mal gern die schnelle Currywurst mit frittierten Kartoffelstangen unter einer guten Portion Mayonaise? Harald braucht das nach jedem Einstieg in die Tonne während der Schulinspektion. Harald, oder besser, der normale Mensch, ist ein guter Indikator dafür, ob eine Schule in Harmonie mit dem Bildungministerium arbeitet.

Der Bilderwitz im März: Nichts zu lachen


Die Apachen
hatten selten was zu lachen.



(Der Witz ist, dass es sich um Fellachen handelt; die wurden bekannt durch ihr Fell-Lachen, was normalerweise nur bei Pelztieren vorkommt. Apachen dürfen nicht verwechselt werden mit den Apallachen, die durch ihr Apall-Lachen bekannt geworden sind. Das Apalachen ist unbekannt, denn die Apachen hatten bekanntlich wenig zu lachen, wie man oben unschwer lesen kann.)

Wohnen: Zen oder Gemütlichkeit?

Das Extrem an Ungemütlichkeit ist ja wohl das Zen-Schlaftzimmer einer aufstrebenden Managerin, in dem sich nur ein Futon oder Flachbett befindet und diffuses Licht durch eine dünne, mit quadratischen Lichtausschnitten versehenene Holzwand dringt. Kargheit dominiert, Übersichtlichkeit. Eine Falte in der Bettdecke würde Stress erzeugen, ein Popel auf dem schlichten Fußboden hätte einen mittleren Nervenzusammenbruch zur Folge. Ein Zen-Zimmer soll beruhigen. Es soll Klarheit erzeugen, was ja bei deutschen Manager besonders wichtig und notwendig ist. Alleinstehende Männer haben solche Zimmer, um obengenannte Damen zu beeeindruckend. "Ach, legen Sie ihren Mantel doch hier aufs Bett!", ist der plumpe Versuch zu beeindrucken, in der Hoffnung, die Dame würde sich wenig später neben ihren Mantel legen.
Niemand findet Zen-Schlafzimmer gemütlich, aber keiner sagt etwas. Die Steigerung der Ungemütlichkeit wäre, wenn auf dem Fußboden eine Schale mit Sand stünde, daneben eine kleine Harke, mit der man sinnlose Muster in den geglätteten Sand ziehen kann.
Immer wieder fragen sich die Menschen, wo Besitzer solcher Zimmer eigentlich ihre Kleidersammlung und ihr Gerümpel lassen? Die brauchen doch einen extra Raum, damit das, was im Schlafzimmer fehlt, untergebracht werden kann, denkt jeder. Eine ganze Zen-Wohnung müsste demnach im Garten einen Container haben, um all das Nützliche und Sinnlose, das keiner wegschmeißen will, unterzubringen. Im Grunde ist die ganze Gemütlichkeit in diesem Container; die Zen-Wohnung impliziert maximal 16° C Raumtemperatur; kalte Luft erzeugt klare Gedanken. Ob ein Zenschlafzimmer dann neben dem Schlafen auch anderen Dingen dienen kann, ist fraglich.
Gemütlichkeit ist imer auch Unordnung. Hier liegt was rum, da auch. Wenn ich mich setzen will, muss ich erst Ritas Dackel entfernen, da liegt die Katze, die muss auch weg, den Stapel Zeitungen noch und dann schließlich die Pommes von der Vorwoche. Jetzt aber hinsetzen, die Sofakissen zurechtgerückt, gut die Flaschen müssen vom Tisch, den Fernseher an; der Bildschirm ist frei, unverbaut. Hoffentlich fällt der röhrende Plastikhirsch nicht von der Bildröhre. Die Zinnbecher sind auch nicht schlecht, besonders gemütlich sind die Wandteller und die jugoslwischen Holzarbeiten und handgeknüpften Teppiche, die als Tischläufer Verwendung finden. Hier leben Menschen! Das kann man an jeder Ecke, in jedem Winkel sehen und begreifen. Hier hat jemand Spuren hinterlassen, Spuren, die in keinen Staubsaugerbeutel passen. Aber Staubsaugen ist ungemütlich; wer sich so richtig im Wohlbefinden suhlen will, braucht auch ein bisschen Dreck. Das ist doch zwangsneurotisches Verhalten, ständig zu saugen und zu wischen, ständig Sand zu harken und das Schlafzimmer so auszuräumen, dass jederzeit eine Management-Dame ihren Mantel ablegen könnte. Ein gemütliches Wohnzimmer muss sein wie ein ausgetretener Schlappen: Ungesund, aber zum Wohlfühlen. Ich bin zu Hause! Hier lebe ich. Mir doch Wurscht, was Karrierezicken wollen!
Heimlich werden Zenschlafzimmerbesitzer sowieso in ihren Containern sitzen, um sich richtig mit Gemütlichkeit vollzusaugen. Da reicht oft ein Kubikmeter Sitzraum, um durchzuatmen und sich zu erholen vom Stress des Aufgeräumtseins, der Klarheit, der kühlen Übersichtlichkeit. Zen ist japanisch, Gemütlichkeit ist deutsch.

Andi Doth: Was machen gegen Heulsusen?

Da stehen sie vor dir: Heulsusen. Gleich wird es aus den Augen schütten, du musst nur noch das richtige, oder besser, falsche Wort sagen, schon geht's los. Du verlässt das Hallenbad, fühlst dich gut, hast ordentlich Bahnen gezogen und dann fällst du fast über eine vollgestopfte Badetasche, die mitten im Gang steht, die du nicht gesehen hast, weil du im Moment in anderen Regionen schwebst. Du denkst an ein kühles Helles oder ein Gläschen Roten, das oder den du dir gleich genüsslich in die Kehle rinnen lassen wirst, vor dem Fernseher, in dem die Lieblingstatortwiederholungssendung auf WDR 3 ausgestrahlt wird. Du weißt, es ist Donnerstag, morgen kommt Freitag, und dann ist Wochenende. Was kann dir jetzt noch passieren. Die Welt hat Gutes für dich vorbereitet. Dann tritt dein Fuß in Dumpfes, du schreckst hoch, denkst, du hättest in einen leblosen Körper getreten, der dort am Boden liegt; es ist nur eine dunkelblaue Badetasche, in der feuchte Handtücher und anderes Zeug lagern, alles, das in ein paar Tagen stinken wird, wenn es nicht heute Abend noch in die Maschine kommt, um anschließend aufgehängt zu werden oder im Trockner zu landen. Dein Adrenalinspiegel hat sich erhöht, du spürst feine Nadelstiche in den Fingerspitzen. Warum hast du dich so erschreckt? Das war doch eine vollkommen harmlose Situation? Du denkst an letzten Donnerstag, als dein Fuß fast in einem älteren Herrn stecken geblieben wäre. Der Mann am Boden entpuppt sich schnell als Obdachloser mit passender Fahne, die dir den Genuss deines Gläschen Rotweins vergällen will. Natürlich sprichst du den am Boden Liegenden an, der erzählt mit triefenden Augen seine Lebensgeschichte, denn du kannst Heulsusen nicht widerstehen. Fast hättest du mitgeheult, so ergreifend, so nah am richtigen Leben ist die Schilderung. Du beschließt mit dem Rotwein und auch mit dem Bier aufzuhören; und überhaupt, dein ganzes maßloses Leben willst du umkrempeln. Dir geht es zu gut!, schreist du dich an. Du bringst den Triefäugigen ins Heim; am nächsten Tag wirst du deinen Wagen waschen und den Innenraum aussaugen. Wäre sowieso mal fällig gewesen. Der Tatort ist vorbei, als du nach Hause kommst. Der Rotwein schmeckte sauer, das Bier schal. Du schläfst schlecht und beschließt am nächsten Morgen, kurz vor der Waschnanlage, solche Menschen demnächst zu meiden. Donnerstagsabendverderber. Üblegefühlemacher!
Jetzt steht dieser rotznasige Junge vor dir, kurz vor seinem größten Tränenausbruch, kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Was kannst du schon machen? Du sprichst ihn an, jaja, Schlüssel verloren, Geld gestohlen, Bus ist weg; er weiß aber noch, wo er wohnt; jaja, das ist zu Fuß zu weit. Jetzt fängt er an zu erzählen und du alter Jasager sagst ja, wenn er fragt, ob er aufhören soll. Neinnein, geht doch eigentlich, das Neinsagen, aber in Wirklichkeit ist das Nein ein Ja. Du weißt, was jetzt kommt. Der Abend ist gelaufen. Wahrscheinlich wird dir der Bursche, wenn er zum Thema lebensgefährliche Krankheiten gekommen ist, in den Wagen kotzen. Morgen Waschanlage, Innenraum muss auch mal mit Seife gereinigt werden. War sowieso fällig. Tatortwiederholungen kotzen dich an, genauso wie Rotwein und Bier; dir stehen die Tränen in den Augen. Warum ich, warum ich, fragst du dich später, als du in deinem vollgekotzten Wagen vor der Ampel stehst. Warum ich? Du heulst und spürst Erleichterung. Jemand klopft an die Scheibe. Kann ich Ihnen helfen? Jaja, sagst du alter Jasager, und meinst eigentlich nein. Und wie?, fragt es draußen. Keine Ahnung, antwortest du, und die Tränen fließen nur so über deine Wangen.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer:Das Universum ist ein großes IKEA-Regal


Alles hat seinen Platz. Jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze, selbst der Stein und das Mettbrötchen, selbst das profanste Ding hat seinen Platz. Wir alle sind Teil der großen Ordnung. Wir sind aber auch zu klein, um diese Ordnung zu durchschauen. Doch wir können gewiss sein, dass wir uns am rechten Platz befinden. Stell dir das Universum vor als riesiges, unendliches IKEA-Regal, als Billy Unendlich, oder SKANARE Universell; da schwebt das Billyregal in der Ewigkeit und wir unbedeutenden Wesen sitzen auf einem Regalbrett, dass uns bei unserer Geburt zugewiesen wurde. Wir sind eine große Billy-Familie, nicht nur verbunden mit den Seelen unseres Reaglbrettes, nein mit allen Wesen und Seelen der gesamten Bücherwand. Die wir früher als Aliens, Marsmännchen oder Extraterristische abwerteten, vielleicht vor ihnen Angst hatten, weil uns die Amerikaner gelehrt haben, dass technisches Knowhow gleichzusetzen sei mit Bösartigkeit, die können wir alle lieben, denn sie sind unsere Brüder und Schwestern, wir können sie im Geiste umarmen, denn sie sind verwandte Seelen, wie fremd uns auch Gumminasen, Brokatmützen und lallende Gesänge sein mögen. Es sind alles Seelenverwandte, die nur auf einem anderen Brett sitzen. Wenn es uns auch unmöglich ist, im materiellen Raum Kontakt mit ihnen aufzunehmen, so bleibt die Gewissheit durch die Überwindung von Raum und Zeit auch das Billy-Regal zu überwinden und einzuschweben in den wahren Zustand der Existenz, in der es keine Bretter mehr gibt und wir direkten Zugang zu allen Wesen haben, weil wir eins sind mit ihnen. Ein Besuch im nächsten IKEA-Laden sollte uns hin und wieder an die Unzulänglichkeit unserer Existenz erinnern, vielleicht nach getanem Einkauf bei einer schönen Portion Kötbullar.

Das Sonntagsgedicht: Monotonie - von Georg Krakl (2008)

Monotonie

Mono
Ton
Not nie
Toni
Ono
Ono
Not
Mon
On
Not on
Onie
Onie
Otonie
O Toni
Mon
Toni
Ie
Toni
Ie
Mon Toni

Serie: Schulinspektion - Dunkler Himmel?


Endzeitstimmung in NRW-Schulen? Schulinspektoren schwärmen aus und nehmen tiefe Einblicke durch 20-minütige Unterrichtsbesuche, Befragungen der Mitarbeiter und Inspizieren des Schulgebäudes.
Die Kollegien sind beunruhigt?
Gesamt- und ähnliche Schule liegen noch im Dornröschenschlaf, da bis vor kurzem noch keine Inspektoren bereit standen. Das soll jetzt anders werden. Harri, hol schon mal den Wagen!

Thema: Schule - Schulinspektion/Qualitätsanalyse

Zwischenbilanz

(Nichtautorisierter Bericht: Oberinspektor Stefan Terrick, Assistent Harald; Auszüge)

Name der Schule: Tiefe Einblicke liefert der Name einer Schule. Nehmen wir ein Beispiel: Die Schule heißt Winnetou-Gesamtschule. Wenn dieser Name in der Realität auch nicht existiert, so lieferte er doch Aufschlüsse über das Konzept und die geistig-körperliche Haltung der in dieser Schule Beschäftigten. Karl May entspricht vielleicht nicht den literarischen Anforderungen des Bildungsbürgertums, so zeigt die Namensgebung aber, dass ein integratives-rassenverständigendes Konzept vorliegt. Die Geschichte zeigt, dass es wohl möglich ist, weiß-indianische Freundschaften zu schließen, die sogar in Brüderschaft mündet durch das symbolische Vermischen des Blutes, was im Zeitalter von AIDS natürlich überhaupt keinen Aufforderungscharakter besitzen darf. Wie Old Shatterhand sich der fremden Kultur der Apachen nähert und wie diese ihn aufgrund körperlicher und geistiger Höchstleistungen, besonders des Schläfenfaustschlages zur vorübergehenden Beruhigung des Gegeners ohne ihn wirklich aus den Mokassins oder Cowboystiefeln zu hauen, gipfelt, kann beispielhaft genannt werden, im klaffkischen Sinne exemplarisch. Die Vermischung der Körpersäfte durch die Herbeiführung eines eheähnlichen Zustandes zwischen Old Shatterhand und der Winnetou-Schwester N'tscho-Tschi zeigt, dass der "gute" Weiße auch in der Lage ist, sich über Rassenvorurteile hinwegzusetzen und sich vor dem Hintergrund überhöhter und romantisierter Gefühle (Liebe) in eine lebenslängliche Verantwortung mit einer der eigenen Rasse nicht angehörigen Person, in diesem Falle einer Frau, zu begeben. Das kann in der heutigen ichbezogenen Wirklichkeit, die Rassenvermischungen lediglich aufgrund angelesenen Gewissens toleriert, von großem Vorteil sein. Was den Sachverhalt der Namensgebung aber weiterhin bedeutungsvoll macht, ist die Erkenntnis, dass, selbst wenn hier "ungebetene" Freunde in der Gestalt von Schulinspektoren auftreten, immer noch die alte Regel gilt: Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Schulen mit solchen Namen müssen bereits vor Betreten des Gebäudes einen riesigen Bonus bekommen.
Qualitätssicherung: Ein Schüler darf nach dem Unterricht nicht dümmer sein als vorher. Der Lehrer sorgt dafür, dass sein Wissenstand erhalten bleibt.

Pünktlicher Unterrichtsbeginn: Illusion, dass in Deutschlands Schulen wirklich pünktlich mit dem Unterricht begonnen wird. Zwar brechen die meisten PädagogInnen pünktlich auf, werfen noch einen Blick ins Sekretariat, rufen vielleicht: Ich geh dann mal in den Unterricht!, aber auf dem Weg zum Klassenzimmer gehen die meisten verloren. Die erste verschwindet im Lehrerarbeitszimmer(Ich hab da noch Material liegen...), der zweite auf dem Lehrerklo (Ruhe schaffen vor der Doppelstunde...), die dritte im Kopierraum (Ach, das Arbeitsblatt...) und der vierte bleibt hinter der Hausmeisterloge stehen, um den Vertretungsplan eingehend zu studieren und herauszufinden, in welchen Raum er seit drei Minuten sein müsste. Weitere Stationen können der Karten- oder Lehrmittelraum, das Elternberatungszimmer, die Bibliothek oder der Putzmittelraum sein. Ganz Selbstbewusste verwickeln den Kollegen X in ein Gespräch auf der Treppe, wobei fachbezogene Wörter eingestreut und laut gesprochen werde, um den Eindruck zu erzeugen, man unterhalte sich nicht über die Highlights des Wochenendes, sondern über die Unterrichtsentwicklung der der 8a. Unerfahrene LehrerInnen erscheinen relativ schnell da, wo sie hingehören. Der Rest verliert sich in den unendlichen Weiten des Schulgebäudes.