Vorsatz für 2008: Weniger Fernsehen

Schwierig, ganz schwierig. Im Grunde komme ich kaum noch zum Fernsehen, bewusst, meine ich, mit Verstand gucken. Also, meistens esse ich dabei, das spart Zeit und ich habe das Gefühl, noch etwas vom Tag zu haben. Manchmal brauche ich das aber auch, um abzuschalten, also im Kopf, doof in die Glotze gucken, irgendwas Belangloses, um abzuschalten. Bloß nicht den Apparat! Dann könnte ich ja selbst nicht abschalten. Zum Einschlafen ist Fernsehen gut; seit ich ein paar Mal vor dem Bildschirm eingeschlafen bin und nachts um 3 wach wurde, mit völlig verspanntem Rücken, haben wir jetzt auch einen im Schlafzimmer. Da kann ich dann gleich liegenbleiben.
Vielleicht wäre ein Vorsatz besser, ein oder zwei Fernseher in unserem Haushalt abzuschaffen. Damit ich die Kinder auch mal wieder zu Gesicht bekomme. Damit wir mal wieder was Gemeinsames machen, z.B. die Sportschau gucken. Jeder hat ja seine eigenen Sendungen. Jeder geht seiner Wege bzw. sitzt in seinem Zimmer herum und guckt auf den Bildschirm.
Früher war das schöner. Da gab es nur einen Fernseher. Vor dem haben wir uns einmal am Tag getroffen, jeder hatte seine Chips dabei, eine Dose Cola oder ein Bierchen. Das war gemütlich.
Aber heute hat ja kaum noch einer Zeit für den anderen. Schade. Nur - wo soll man anfangen mit dem Aufhören?

Vorsatz für 2008: Abnehmen

Das mit der Diät hat ja nie geklappt. Schmackhafte Diäten gibt es nicht und der Spruch "Ich kann essen, was ich will, ich nehme nicht ab" hilft keinem weiter. Besinnen wir uns auf eine andere Qualität des Abnehmens, auf die mitmenschliche. Hören wir endlich auf, immer an den Worten anderer zu zweifeln. Meint der Chef, was er sagt, kann ich Angela Merkel trauen, was ist mit Roland Koch? Dass man mit Ehrlichkeit die Karriereleiter hinaufklettert, hat wohl noch niemand mit allem Ernst behauptet. Aber müssen wir denn immer denken, dass wir belogen werden? Brutalste Aufklärung hatte Koch in der Spendenaffäre der hessischen CDU gefordert; heiße Luft war das klimaschädigende Ergebnis für die Politwelt. Man muss vergessen können, vergeben und vertrauen. Das soll unser Ziel sein: Abnehmen. Wir nehmen all denen, denen wir gefühlsmäßig misstrauen wollen, ab, dass sie das meinen, was sie sagen, damit sie glauben, dass wir glauben, was sie meinen, und damit das Gefühl bekommen, wirklich zu meinen, was sie gesagt haben oder andersrum. Das Abnehmen ist ein komplizierter Vorgang.

Vorsatz für 2008: Ich rauche nicht mehr...

...aber auch nicht weniger. Alter Witz, über den lacht keiner mehr. Aber 2008 gehen die Raucher auf die Straße. Nicht um für ihre Rechte zu kämpfen, sondern um zu rauchen, weil sie in einem öffentlichen Gebäude arbeiten oder ihre Stammkneipe im Juli immer noch keinen abgetrennten Raum (In Frankreich: Fumoir, in Deutschland Smoklo als Abkürzung für smoke location) für die geächtete Bevölkerungsgruppe vorweisen kann. Rauchen auf der Straße hat aber auch Vorteile: Das Ausgegrenztsein schafft das Gefühl einer verschworenen Gemeinschaft, deren gemeinsames Ziel ist, ihren Genüssen zu frönen. Das Frönen fällt schwer, wenn es draußen regnet, was es in Deutschland ja meistens tut. Dann kann man sich immer noch als Opfer fühlen, was das Gefühl der Zusammengehörigkeit verstärkt. Zu prüfen ist allerdings immer, ob man mit denselben Leuten auch als Nichtraucher zusammenstünde.

Die Vorsätze für Raucher in 2008: Auf die Straße gehen oder im Regen stehen gelassen werden. Wahrscheinlich auch beides.

Vom Lande: Rasenmähen

Das Landleben ist schön. Muss schön sein. Das hört man immer wieder, wenn man die Ohren spitzt.
Nehmen wir ein Beispiel: Rasenmähen. Das gibt es nicht nur in der Stadt. Auf dem Lande kommt aber der Wettbewerbsgedanke dazu. Wer hat den lautesten, wer den schnellstens, wer den übelriechendsten Rasenmäher? Wer schafft es, die komplette Mittagszeit an einem Feiertag durchzumähen, ohne den Motor abzustellen?
Wenn einer anfängt, legt der nächste los. So, als sei ein unhörbares, nur den Eingeweihten sichtbares Startzeichen gegeben worden. Und: Als hätten alle schon hinter den Scheunentüren gelauert, nervös mit der Anlasserschnur spielend, um in jedem Moment die Schneidmaschine mit Getöse und einer blauen Abgaswolke zu starten.
Es ist Dezember. Die Rasenmäher ruhen.
Winter.
Mit dem Rasenmähen ist das so eine Sache. Dieser Vorgang des Alltäglichen sagt eine Menge über den Mäher aus. Feinste Psychoanalysen ließen sich vornehmen und lebenspraktische Hilfen anbieten.
Rasenmäherbenutzer halten sich für völlig normal. Das ist allerdings nur eingeschränkt richtig.
Nehmen wir ein Beispiel: Tante Lotte und Onkel Reinhold haben gar keinen Rasen. Sie bewohnen einen ausgedienten Bauernhof, in dem außerdem ein paar Schweine gemästet werden. Auf dem Hofgelände tummeln sich Hühner, die den einen oder anderen Wurm aus der zähen Erde zurren. Nun will es das Schicksal, dass das nicht so bleiben soll. Warum Idylle, warum Naturbelassenheit, wenn die Möglichkeit besteht, an einer Tombola teilzunehmen? Tante Lotte und Onkel Reinhold tun dies im Rahmen einer Weihnachtsfeier, z.B. des Schützen-, Heimat- oder Hühnerzuchtvereins. Die gezogenen drei Lose sind zwei Nieten und ein Haupttreffer. Der Haupttreffer ist ein Aufsitzmäher, der natürlich erst richtig zur Geltung und zu Würde kommt, wenn eine ausreichend große Rasenfläche vorhanden ist, um in aller Ruhe aufzusitzen und sitzen zu bleiben. Während des Sitzens mäht die Maschine den üppigen Rasen. Die Nachbarn stehen blass vor Neid am Zaun und denken: „Und wir müssen unsern immer noch schieben!“ Tante Lotte und Onkel Reinhold wollen sich den Genuss solcher Szenen, allein die Vorstellung, was in den Köpfen der anderen schon jetzt vorgeht, nicht entgehen lassen, sondern diesen weiter steigern und in den nächsten Jahren von Frühjahr bis Herbst in vollem Umfange auskosten. Als sie erkennen, was sie gewonnen haben, und als dies auch die Nachbarn erkennen, will ein hämisches Grinsen sich der Gesichter aller Nietenbesitzer und Krimskramsgewinner bemächtigen. „Die haben doch gar keinen Rasen!“ raunt der eine. „Nen Aufsitzmäher! Den könnense doch gleich wieder abgeben.“
Für Tante Lotte und Onkel Reinhold steht fest: Rasen wird eingesät. Jede Menge Rasen. Je größer die Fläche, desto tiefer wird der Neid in die Herzen der Nachbarn bohren. Und das haben sie verdient, die , die sieben Monate lang in der Mittagszeit ihre stinkenden Motoren angeworfen und sie beide gequält haben. „Jetzt sind wir dran“, denkt Onkel Reinhold. „Aufsitzmäher!“ Allein das schwere Wort erzeugt ein angenehmes Summen in der Magengegend.
Rasenmähen. Es ist ein Wettkampf. Hier zeigt sich nicht nur, wer den stärksten hat, sondern wer auch am längsten kann und das zu unmöglichen Zeiten.
Es ist fast wie Plastikmüllverbrennen am Freitag. Das ist genauso verboten wie am Donnerstag, aber am Freitag verschafft es noch einen besonderen Kick. Früher war es freitags erlaubt. Mit dem Verbrennvorgang kann jeder, der sich traut, noch einmal deutlich Protest einlegen und zeigen: Mir kann keiner was. Ich brenne, wann ich will. Dabei ist Brennen eben nicht der Vorgang des SICHVERZEHRENS durch Feuer, sondern das aktive Abbrennen von Material, das eigentlich bequem im Gelben Sack untergebracht wäre. Die Entsagung dieser Bequemlichkeit ist es gerade, die die große Freiheit des Landmannes oder der Landfrau ausmacht. Ich könnte es tun, wie bequem, aber ich gehe den steinigen Weg. Allerdings kräht kaum ein Hahn danach, ob Gustav seine Eternitplatten in Asche umzuwandeln versucht oder nicht. Jeder ist mit sich selbst und dem Brennmaterial beschäftigt, da bleibt keine Zeit, den Nachbarn zu erschnuppern, ob der vielleicht Blumenuntersetzer aus Bakelit, frühe Sechziger, einäschern will. Es geht um die Eigenständigkeit, um die Selbstbestimmtheit, und darum , das allen zu zeigen. Landluft macht frei, in Umkehrung des mittelalterlichen Leitspruches. Das gilt auch für das Rasenmähen; die feinen Abgase veredeln die Luft und spenden ein Aroma des Widerstandes und der Überlegenheit. Rasenmähen ist der Sieg über den Nachbarn, über die Natur, über die Bürokratie und letztlich über sich selbst. Welcher Städter kann das nachempfinden, geschweige denn selbst erleben?

Vom Lande: Hahn

Es ist vier Uhr nachts. Es ist Januar. Die Sonne wird in frühestens 4 Stunden aufgehen. Ein Hahn kräht gewöhnlich zum Sonnenaufgang. Hier gibt es ein Tier, das dieser Regel nicht folgt. Es ist der Hahn von Tante Lotte und Onkel Reinhard. Warum tut er das? Senile Bettflucht oder Unverschämtheit?
Reicht nicht, dass die Schweine von Lotte und Reinhard die gute ländliche Abendluft verderben, wenn man sie sommers auf der Terrasse genießen will, weil sich eine laue Nacht ankündigt? Die Lüftungsanlage rotiert und schleudert die biogasgeschwängerte Luft ins Freie an den Abendhimmel. Die Idylle erhält den zweifelhaften Charakter, als sei eine Mülldeponie oder eine Tierkörperverwertungsanstalt in der Nähe. So schmeckt dem Nachbarn nicht einmal eine frisch gegrillte Rostbratwurst oder das Nackensteak.
Der Hahn kräht um 4 im Januar. Er zählt zum Geflügel. Gebeine nennt man die knöchernen Überreste eines Lebewesens höheren Ranges, dem man eine Bestattung gewährt. Der Hahn ist kein Wesen höheren Ranges. Trotzdem: Vielleicht sollte man dem Tier Gebeine machen.

Berufe ohne Aussicht: Küchenrolle

Der 28-Jährige Aikido-Sportler liegt in seiner Mulde und wartet auf eine Möglichkeit, seine über Jahre erworbene Kampfkunst zu erproben. Das Ganze findet in der Lüneburger Heide statt, die nicht nur eine relative geringe Zahl an öffentlichen Gewalttaten aufweist, sondern darüber hinaus auch noch lehrstellenbezogen Entwicklungsgebiet ist.
Vielleicht liegt es an der Wohngegend, vielleicht an der zusammengerollten Haltung des Sportlers: Weder kampftechnisch noch in Bezug auf eine berufliche Laufbahn tut sich in einer Gegend, in der Hermann Löns sogar gezwungen war, einen Hasen und gleichnamigen Kräuterschnaps für Jäger und deren Freunde (Mümmelmann) bekannt zu machen, überhaupt nichts. Was also tun mit Fähigkeiten, die niemanden interessieren, nicht einmal kahlgeschorene Stiefelträger, geschweige denn Hersteller von aufgerolltem Küchenpapier? Was ist denn überhaupt AIKIDO?
Es ist wohl eine Verteidigungstechnik mit rollenden und spiralförmigen Bewegungen, die es gleichzeitig geschafft hat, als Sport anerkannt zu werden, der sich immerhin einige Menschen in und um Lüneburg widmen. Sogar ein Tatortkommissar, der allerdings demnächst seinen Beuf bzw. seine Rolle an den Nagel hängen wird, übt diese Sportart aus, wenn auch ohne sichtbaren im Fernsehen übertragenen Erfolg ( Einmal herumgerollt, allerdings ohne kämpferischen Erfolg, da in die Erziehungsarbeit für seinen fast volljährigen Sohn eingebunden in Verbindung mit Rotweingenuss.)
Neuerdings liegen (rollen?) nun fehlgeleitete Spätjugendliche, die zwar in Aikido ausgebildet sind, aber noch keine lebenserhaltende Tätigkeit erlernt haben, herum und träumen davon, mit ihren teuer bezahlten Fähigkeiten in der Welt der Arbeitsagentur ihren Euro zu verdienen.
"Küchenrolle, das wäre schon was, selbst, wenn der Mindestlohn nicht gezahlt wird", träumt Kai P. aus Lüneburg von einem Leben außerhalb der Pension "Mutter". "Meinetwegen auch Fusselrolle", reduziert Torsten seinen Anspruch. "Hauptsache Arbeit." Traurig, dass hochqualifizierte Menschen keine Arbeit finden. "Selbst als Rolle Hartgeld konnte ich keine Arbeit finden", seufzt Peter K. und macht deutlich, wie weit die Schere klafft zwischen den Kleinverdienern und der Managerkaste. Stelle sich jeder einmal vor, wie lang eine Rolle sein müsste, wenn Deutsche-Bank-Chef Ackermann sein Gehalt in Hartgeld ausbezahlt bekäme. Bodos Welt ist da völlig von der Rolle.

Nachtrag: Weihnachtsgedichte

Georg Krakl: Weihnachtsmann 2

Der Weihnachtsmann, der gute,
hat einen Sack aus Jute.
Sein Bart ist weiß, die Mütze rot;
er isst so gerne Pfefferbrot.
Der Schlitten trägt ihn kaum, der morsche.
Der Alte führe lieber Porsche.

Georg Krakl: Weihnachtswünsche im Zoo (2)

Das Zebra wünscht sich einen Mantel ohne Streifen.
Das Gnu würd gerne mal den Löwen kneifen.
Der Elefant dagegen
wird erst einmal verlegen,
denn er braucht für seine Frau
einen Drahtverhau.
Niemand weiß, zu welchem Zwecke.
Streng genommen hat die Zecke
neben einer Zimmerecke
nur den Wunsch nach einer Decke
aus Acryl.
Das ist nicht zu vyl.
Und der Dachs
wünscht eine Tube Wachs.
Und der Hase
eine Blumenvase.
Und der Egel
die Gesamtausgabe Hegel.

Doch das Schwein, dies alte Schwein, erzählt,
dass Weihnachten auf Ostern fällt.


Vom Lande: Dorfkapellen zu Kaffee und Kuchen

Mit dem Rad unterwegs zu sein ist beschaulich. Die volle Pracht des dörflichen Lebens lässt sich ohne Hektik genießen. Manchmal zwingt ein Gewitter, sich an Orten unterzustellen, die normalerweise zu meiden sind; dem Liebhaber dörflicher Musik sind sie heilige Plätze. Dorfmusik wird gern an Mühlen gemacht, in oder vor den dazugehörigen Müllerhäusern oder in einem extra aufgebauten Kuchenzelt, in dem neben selbstgebackenem Kuchen auch Kaffee und Alkohol gereicht werden. Einem Faradayschen Käfig gleich schützt das Gestänge des Zeltes vor herabzuckenden Blitzen; gleichzeitig zwingt das Unwetter, die Ohren ungeschützt lautstarker Zeltmusik auszusetzen.
Mutige alte Männer haben ihre Instrumente ausgepackt und spielen gut hörbar ihr Repertoire herunter. Dieses ist begrenzt; aber da Wiederholungen wegen der eigenwilligen Interpretationen kaum zu erkennen sind, besteht keine Gefahr, dass sich das Publikum langweilt. Neben einem Akkordeon ist das zweite allgemein bekannte Instrument eine Trompete. Jedes für sich genommen kann sowohl fürchterliche als auch schöne Musik machen, je nachdem, in welche Hände es geraten ist; in der Kombination der beiden ist das Schöne wenig zu steigern, wohl aber das Fürchterliche, das sich förmlich potenziert, besonders wenn es durch eine Art Schellenstock ergänzt wird, der aus einem glockenbehängten, quergelatteten Besenstiel besteht, an dem auch eine Fahrradklingel befestigt ist. Solche „Vorsicht!“ signalisierenden Geräuschemacher findet man häufig an den Ausflugsstöcken trunkener Vatertagswanderer. Eine Art Rührtrommel komplettiert, sowie ein einsaitiger Bass, der aus einem Blecheimer als Resonanzkörper und einem anderen mit einer gummiartigen Saite bespannten Besenstiel besteht. Wenn im Mittelalter von Teufelsmusik die Rede war, dann trifft das in diesem Fall ganz genau auf eine solche mit Kaffee, Kuchen und Verdauungsschnäpschen präsentierte Musik zu. Ob sie den Teufel anlockt oder austreibt, oder ob die Musikanten vom Teufel geritten werden, bleibt offen. Kann auch sein, dass sich der in ländlicher Vortragskunst ungeübte Hörer zum Teufel scheren möchte, um nicht länger in diesem Klanggebilde aus Schnarren, Tröten, Schmettern, Scheppern, Rattern und Donnern zu verharren. Das Akkordeon klingt beim Luftholen asthmatisch. Der Sonntagsausflügler, der diesen Ort gezielt gewählt hat, bleibt von solchen Klängen unbeeindruckt. Er isst Kuchen, trinkt Kaffee und freut sich, dass er fürs Geld noch eine Kapelle bekommt, die zwar nicht gut aber laut klingt, und dadurch die mit einem Gewitter heranziehenden bösen Geister vertreibt. Die Musikanten haben ihren Spaß, denn eigentlich machen sie Musik, um einmal die Woche aus dem Hause zu kommen und damit einen guten Grund haben, einen zu trinken. Wobei unter „einen trinken“ der Gesamtvorgang der Alkoholaufnahme vom ersten bis etwa zehnten Bierchen gemeint ist. Das klänge der Frau, den Kindern, den Enkeln gegenüber blöd: Ich gehe mal einen trinken. Wir haben heute Abend Probe! Das ist ein Grund, aus dem Haus zu gehen! Gleichzeitig sind die Sonntagnachmittage mit Sinn gefüllt: Hilde geht vielleicht mit, oder fährt sogar den Opel Vectra zurück, setzt sich im Zelt zum Kuchen nieder, und freut sich, dass Heinz seinen Spaß hat, weil der erste Wacholder serviert wird. In Erwartung eines schönen Nachmittags, im Verlaufe dessen sich jeder in eine beschwingte Scheinseligkeit trinken kann, wird dynamisch noch ein bisschen zugelegt.
Da ist es auch nicht schlimm, wenn die Kapelle schlicht HeiWiWiGüFRi heißt, weil eben Heinz, Willi und noch ein Willi, Günter und Fritz zusammen spielen. Der Kulturbanause nutzt eine kleine Regen- und Blitzpause, um sich mit seinem Fahrrad von dannen zu schaffen, um lieber Naturklängen zu lauschen, wie etwa einem abziehenden Gewitter.

Der Gastbeitrag: Manni hasst Weihnachten

Warum Manni Weihnachten hasste, erzählte er uns gleich bei der ersten Begegnung. Die fand am Morgen des 24. Dezember statt, als wir gerade den Baum aufstellten. Als es klingelte und mein Mann die Tür öffnete, sahen wir Manni das erste Mal und in den folgenden Jahren sah er immer genauso aus wie an diesem Tag. Dass er obdachlos war, war nicht auf den ersten Blick an seiner Kleidung zu erkennen. Es war das fehlende Gebiss, das ihn brandmarkte, und dazu eine altmodische, verschmierte Brille mit unendlich dicken Gläsern. Dass er Manni hieß, erzählte er wenige Minuten später, nachdem mein Mann ihn hereingebeten, ihm zwei Wurstbrote geschmiert und einen Kaffee gekocht hatte. Ich blieb etwas auf Abstand, denn ich hatte noch sehr viel zu tun und war noch nicht wirklich bereit, mein Mitgefühl über meine persönliche Tagesplanung siegen zu lassen. Außerdem stank Manni fürchterlich nach Urin, was leichte Übelkeit bei mir auslöste.
Als Dankeschön schenkte Manni uns Kugelschreiber und seine Erklärung, weshalb er Weihnachten hasste. Er hatte als Kind nie ein schönes Weihnachtsfest erlebt, der Vater schlug die Mutter, immer wieder, und wenn er nicht sie verprügelte, dann ihn und die neun Geschwister. Weihnachten ging die Oma zum Vater und fragte ihn, ob er keine Geschenke für seine Kinder habe, nur Schläge, aber der Vater schrie die Oma nur an und jagte sie aus dem Haus, wenigstens schlug er nicht auch noch sie.
Manni erzählte zwar, warum er Weihnachten so sehr hasste, aber er tat das ruhig, fast freundlich, als ob er schon so oft darüber geredet hatte, dass er keinen wirklichen Hass mehr dabei empfinden konnte. Als er „Scheiß Weihnachten“ sagte, bat ich ihn, auf die Kinder Rücksicht zu nehmen, die ab und zu in die Küche kamen und den seltsamen Gast beobachteten. Sie waren schon etwas ungeduldig, weil sich wegen Manni das Schmücken des Baumes verzögerte, und gleichzeitig neugierig auf dieses Wesen aus einer ihnen bisher unbekannten Welt, einer schlecht riechenden Welt. Manni entschuldigte sich, aber danach unterbrach ich ihn nicht mehr, denn ich dachte, dass die Kinder es wohl verkraften werden, dass es Menschen gibt, die Weihnachten hassen, und falls sie auch mal Weihnachten hassen werden, dann bitte nicht wegen einer Mutter, die zu Weihnachten Fröhlichkeit und Freude verordnet hat und Männern den Mund verbietet, die nachts auf Friedhöfen schlafen, weil sie sonst kein Bett haben und es dort recht sicher ist.
Mein Mann wollte Manni überreden, Heiligabend bei uns zu verbringen, wenigstens am Abend zum Essen wiederzukommen, aber Manni lehnte dankend ab, er müsse weiter, aber vielleicht könnten wir ihm ja noch etwas Geld für die Weiterreise geben. Ich war erleichtert und schmierte ihm noch zwei weitere Brote für unterwegs, das Geld bekam er natürlich auch.
Von diesem Tag an stand Manni jedes Jahr am 24. Dezember vor unserer Tür, aß Brote, trank Kaffee und erzählte von seinem Hass auf Weihnachten. Wir gewöhnten uns an diese Besuche, für die Kinder wurde er im Laufe der Jahre eine Art Weihnachtsmann, der aus einem völlig verdreckten Rucksack Kugelschreiber holte und diese verschenkte. Er kam niemals an einem anderen Tag als am Heiligen Abend. Einmal sah ich ihn im Sommer oder im Frühjahr vom Auto aus zu Fuß die Landstraße entlangwandernd, nur wenige Kilometer von unserem Haus entfernt. Ich stellte mich schon auf Uringeruch und Kaffeekochen ein, doch Manni klingelte nicht, ob er einfach am Haus vorüber gegangen oder einen anderen Weg eingeschlagen hatte, wusste ich nicht. An einem anderen Tag sah ich ihn während einer Autofahrt auf dem Radweg liegen, ich hielt an und lief zu ihm, obwohl mir klar war, dass er nur seinen Rausch ausschlief. Er erkannte mich nicht einmal, sondern hielt mich für die Polizei und schenkte mir einen Kugelschreiber. Es war erst Mittag und der Asphalt reflektierte eine warme Septembersonne, also fuhr ich weiter. Nur einmal verbrachte Manni Heiligabend mit unserer Familie. Und zwar in dem Jahr, in dem seine Mutter gestorben war. Wie er davon erfahren hatte, blieb uns ein Rätsel. Er kam am 24. Dezember, in seinen alten Sachen, mit dem dreckigen Rucksack, aber rasiert und gewaschen, und erzählte von seiner Mutter, die, schon seit Jahren gelähmt, vor wenigen Tagen in einem Pflegeheim gestorben sei. Ich wollte unbedingt wissen, ob sie schon beerdigt worden sei oder noch nicht und ob Manni dabei war oder nicht, aber wir konnten keine vernünftige Antwort aus ihm herausbekommen. Er war sehr traurig, einige Tränen liefen über sein zahnloses, eingefallenes Gesicht und er sprach kein einziges Mal davon, wie sehr er Weihnachten hasste. Durch nichts hätte er seine Verzweiflung stärker zum Ausdruck bringen können. In diesem Jahr lud mein Mann ihm zum ersten Mal wieder ein, Heiligabend bei uns zu verbringen, Manni nickte nur, und dieses Mal erleichterte mich sein Nicken. Er blieb einfach sitzen, erst auf dem Küchenstuhl und am Abend auf dem Sofa, er aß nicht und trank nicht, sondern saß nur still da und sprach von seiner Mutter und deren freudlosen Leben. Plötzlich stand er auf, obwohl es schon spät war, wollte er unbedingt weiter, auf keinen Fall wollte er auf dem Sofa schlafen, was mich etwas erleichterte, denn ich konnte mich noch gut an den Uringeruch der letzten Jahre erinnern, wer wusste denn, ob Manni am nächsten Morgen auch noch so gut riechen würde wie jetzt. An der Tür waren wir etwas hilflos und wussten nicht, wie wir ihn verabschieden sollten, alles war anders, Manni wollte kein Geld und schenkte uns keine Kugelschreiber. Aber noch mehr als wir schienen die Kinder unter dem Fehlen dieser alljährlichen Rituale zu leiden, denn als ob sie ihn wieder zurückholen wollte aus seiner Trauer und seinen alten Geschichten und ihn einschwören wollte auf Altbewährtes, auf gute Traditionen, die uns ans Leben binden, sagte meine Tochter, während sie Manni kräftig die Hand schüttelte: „Scheiß Weihnachten!“ Marion W

Missratene Weihnachtsgedichte

Georg Krakl: Bescherung 1
Sogar der Weihnachtsbraten
war dieses Jahr missraten.

Georg Krakl: Bescherung 2
In einem der Pakete
war eine prächtige Rakete.
Am Tisch ließ Klaus sie sausen.
Gedacht war sie für drausen.

Georg Krakl: Krippe
Von der Gans lag das Gerippe
nach dem Essen in der Krippe.

Weihnachten bei Bodo(3): Die Tanne

Am Baum war ihm das Christkind nahe. Er hatte es nur um wenige Augenblicke verpasst, das ganze Jahr über würde er ihm nicht mehr so nahe sein.
In diesem Jahr hatte Bodo ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel bekommen, mit dem er nicht gerechnet hatte und ein Buch über einen Indianerhäuptling: Großer Häuptling Blaufeder. Vielleicht war er im letzten Jahr besonders artig gewesen, genau konnte er das im Vergleich zu den Vorjahren nicht sagen.
Die Kerzen waren halb abgebrannt und wurden gelöscht, damit sie morgen noch einmal Glanz auf den Baum bringen konnten. Gleich ging es nach Nebenan, zu Bodos Großeltern, in deren Haushalt auch Bodos Onkel mit Frau und zwei Kindern lebte. Auch wenn die Mutter es langweilig fand, den Abend nebenan zu verbringen und der Vater sich nicht traute, es langweilig zu finden, denn es waren immer seine Eltern und die Familie seines Bruders, wurde darüber nicht gesprochen. Der Gang gehörte zum Pflichtprogramm und war Bestandteil eines jeden Weihnachtsfestes, genau wie das Schmücken des Weihnachtsbaumes und das Braten der Schnitzel und der Gottesdienstbesuch, der immer länger dauerte als geplant.
Es war die Gelegenheit, einen Blick auf die Tanne der Nachbarn zu werfen und zu bewerten, wer in diesem Jahr den besseren Griff getan hatte. Auch wenn die Gespräche belanglos waren und sich um ganz andere Dinge drehten, meistens um merkwürdige Geschichten aus dem Krieg, riskierte sogar Bodo hin und wieder einen kritischen Blick auf das Immergrün, das verdächtig stark mit Lametta und Engelshaar bedeckt war, wahrscheinlich um Unzulänglichkeiten zu verdecken. Sicher, der Baum war größer als der ihre, wie jedes Jahr eben, er war ja auch für mehr Personen gedacht, und wurde außerdem von den Großeltern mitfinanziert, aber schöner war er nicht.

Weihnachten bei Bodo(2): Die Tanne

Nach dem Essen wurden die Wachskerzen des Baumes kurz angezündet. Das Engelshaar wurde noch zurechtgerückt, damit es nicht Feuer fing, die Bescherung konnte beginnen. Bodo musste rausgehen, weil ja das Christkind die Geschenke brachte und unter den Baum legte. Nach kurzer Wartezeit in der Küche, wurde er in das Wohnzimmer gelassen, später dann in die gute Stube, die nach dem ersten Umbau des Hauses entstanden war. Selbst wenn sich Bodo immer die Frage stellte, wie ein einzelnes Christkind gleichzeitig Millionen von Bescherungen vornehmen konnte, ohne außer Atem zu kommen und gerade ihm auch diese Jahr wieder punktgenau seine Geschenke zuzustellen, glaubte er fest an seine Existenz. Es unterschied sich natürlich wesentlich vom Aussehen des Jesuskindes in der Krippe, das wegen seiner Klein- und Hilflosigkeit natürlich nicht in der Lage war, Geschenke zu übergeben, sondern sah eher wie ein Mädchen aus, das kurz vor der Pubertät stand, das langes blondes Haar hatte, ein weißes Kleid und Flügel trug und für ihn unsichtbar bleiben musste. Weiß der Himmel, warum?

Zielstrebig steuerte Bodo auf die Tanne zu, jedes Jahr aufs Neue und auf eine immer neue Tanne, um dort seine Geschenke zu finden. Der Baum war also auch der Ort der größtmöglichen Nähe zum Christkind. Dort hatte es eben gestanden und Bodo war, als könnte er es noch riechen. Es roch ganz leicht nach Orangen und Keksen, was aber eher vom Weihnachtsteller herkam, der mit Orangen und Keksen aus der großen Blechtrommel belegt war. Die Blechtrommel nahm am Anfang der Adventszeit das Gebäck auf, das die Mutter hergestellt hatte. Am Geringerwerden des Inhalts konnte Bodo das Heranrücken des Weihnachtsfestes ablesen.

Weihnachten bei Bodo(1): Die Tanne

Nicht jedes Jahr gab es eine schöne Tanne. Manchmal war der Vater zu spät losgegangen und es gab nur noch leicht verkrüppelt aussehende Resttannen, die deswegen aber keinesfalls billiger waren, oder er hatte einfach nicht genau hingesehen und sich eine zweitklassige Pflanze in die Hand drücken lassen. Weihnachtsbäume, egal wie sie jedes Mal aussahen, waren immer verbunden mit Geschenken, mit Keksen, mit schönen Bescherungen, mit dem Warten auf das Christkind, mit den wunderbaren Weinnachtskugeln, die Bodo später hässlich finden wird, mit dem Aufstellen und Schmücken des Baumes, das sein Vater übernehmen musste als Mann im Haus, der eine Axt benutzen konnte. Damit musste er das dicke Ende so anspitzen, dass der Baum in den Ständer mit den drei Flügelschrauben passte, wenn diese weit herausgedreht waren. Mit Bratäpfeln und echten Kerzen, nicht diesen strombetriebenen unechten, in deren Verkabelung sich jeder im neuen Jahr beim Abschmücken verirren musste, und mit 13 Strophen Vom Himmel hoch, die Bodo in den Wochen vorher mit seiner Mutter am Stubentisch gesungen hatte.

Wenn der Stamm des Baumes zurechtgeschlagen war, bohrten sich die Flügelschrauben des gusseisernen Ständers tief in das Holz der Tanne, um dem Baum den nötigen Halt zu geben. Der Vater musst so lange korrigieren, bis alle zufrieden waren. Entweder stand der Baum nicht gerade oder die schönst Seite zeigte nicht nach vorn, sondern abgewandt in die Zimmerecke oder an den dunkelbraunen Wohnzimmerschrank, in dem die Sammeltassen standen. Manchmal wurde er ungehalten, wenn er keine Lust mehr hatte, Bierdeckel unter den Tisch zu schieben oder den Baum nach Wünschen der Betrachter zu drehen.
Das Aufstellen des Baumes zeigte auch etwas Nachteiliges über Tannen: Sie stachen. Jeder, der länger mit ihnen hantiert hatte, klagte leise über rote Flecken oder Pickel an Händen und Armen, die Ungeschickten hatten die auch im Gesicht. Tannen stachen. Sie waren nicht nur die netten Grundgerüste für lamettatragende Festtagsbäume, sondern hatten ihre Schattenseiten.
Irgendwann war die gläserne Spitze, eines der Schmuckstücke in der Weihnachtsschmucktüte, die eine große Einkaufstüte der Gebrüder Leffers, Herren- und Damenoberbekleidung gewesen war, zerbrochen. Einfach so in den Händen des Vaters war sie zerknickt. Sie war nicht einmal zersplittert, sie war einfach zernickt, als hätte sie schon lange keine Kraft mehr gehabt, ganz oben auf dem Baum zu stecken und das Weihnachtsfest zu krönen.
Manchmal war der Baum sehr hässlich, dann legte sich Unmut über das Weihnachtsfest. Wenn dann Heiligabend die Schnitzel zu lange in der Pfanne gewesen waren, weil der Gottesdienst zu lange gedauert hatte, war die Gefahr groß, dass noch Weiteres verdorben würde, etwa die gute Laune, die aus der Vorfreude beim Kauf der Geschenke entstanden war.
Die Champignons kamen aus dem Glas und wurden in einer zweiten Pfanne angebraten, dann über die Schnitzel gestreut und mit Kartoffeln serviert. Bei Gottesdiensten mit Überlänge wurde alles in die Bratröhre zum Warmhalten geschoben. Jede Minuten dort entzog dem Essen Flüssigkeit, es schrumpfte und wurde unansehnlich und zäh. Für das Essen war am Heiligabend der Vater zuständig, denn der wollte nicht in die Kirche. Je kleiner das Essen geworden war, desto größer wurde die Ablehnung von Kirche, Gottesdiensten, Pastoren und Gott allgemein. Da wusste ja auch keiner genau, ob es den wirklich gab.

Esoterik: Die andere Seite

Wie haben die Esoteriker sich bemüht, das Verborgene zu erblicken, das Okkulte, und haben es doch nur unzureichend geschafft. Wenn sie es denn geschaut hatten, konnten sie mit ihrem Wissen nichts anfangen. Wild gestikulierend liefen sie in der Gegend herum und schrien: Ein Loch! Ein großes Loch. Und ein Licht. Da oben war ein Licht. Und Schutt. Und Asche. Was wir hier auf dieser Seite für einen Weihnachtsbaum halten, ist drüben eine Tüte Zement, ein Betonbrocken oder ein Mauerbinder. Alles Illusion! Lasst ab von eurem Tun, lasst ab von Weihnachtsbäumen, stellt euch keinen Sack Zement neben den Fernseher! Die Leute, die das Geschrei hörten, dachten: Holt die Männer mit den weißen Jacken! Jetzt spinnen die noch mehr. Die haben ihre Tabletten nicht gegessen wie wir. Schließlich wurden es den einfachen Leuten zu viel und zu laut, so dass alle Esoteriker in die nächste Geschlossene eingeliefert wurden. Dabei hatten sie Recht: Viele hätten sich lieber einen Sack Zement ins Wohnzimmer stellen sollen als dieses verschmückte Ding von Tannenbaum.
Viele, wie diese beiden Mütterchen, gedenken jährlich des Irrtums von damals und riskieren einen Blick auf die andere Seite. Sie werden feststellen, wenn sie denn noch etwas sehen, dass sich dort ein großes Loch befindet, Schutt und Beton, oben je nach Tageszeit Licht und unten vielleicht ein Sack Fertigbeton.

Weihnachtsgedichte aus der lyrischen Restetruhe

Weihnachten im Zoo
Der Löwe
wünscht sich eine Möwe
in Aspik. Dazu zwei Klacks Spinat.
Das sei sehr delikat.
Kartoffeln wär'n dazu sehr gut,
gedünstet unter Zuckerhut.
Vom Salat 2 Blätter
und drei mild gebeizte Bretter,
in die man Löcher bohrt
und ganz sanft in Erdnussbutter schmort.
Als Sättigungsbeilage passt dazu
in diesem Falle noch ein Gnu.

Bodos Welt wünscht guten Appetit!

Ruprecht
Ruprecht
diesem wack'ren Knecht
ist mal wieder schlecht.
Hat die Nacht gezecht.
Mit dem Nikolaus trank er drei Stiefel
und zum Ende aus dem Schuh.
Jetzt sind sie per Du.

Eisenbahn
Opa tritt in seinem Wahn
auf die neue Eisenbahn.

Der ungeliebte Greis
latscht auch auf das Abestellgleis.

Auf selbiges, beschließt der Rest um sieben,
will man den Alten morgen schieben.

Bodos Weltdiättag: Abnehmen

Sie nahm so lange ab, bis sie nicht mehr ganz da war.

Nichtraucherschutz in Bodos Welt

Bodos Weltnichtrauchertag.
Kind, lass es dir gesagt sein, Rauchen ist schädlich. Ab dem 1.1.08 ist es sogar noch schädlicher, weil der Raucher auch bestraft werden kann. Schüler dürfen in Schulen nicht mehr rauchen, Lehrer nicht mehr im Lehrerraucherzimmer. Kranke nicht in Krankenhäusern. Christen nicht in Kirchen. Bürger nicht im Bürgerbüro und Ratsherren nicht im Rathaus.
Politker dürfen im Parlament nicht rauchen, Toilettenfrauen nicht auf öffentlichen Toiletten.
Rauchen macht schlechte Haut, gelbe Zähne, einen hohen Blutdruck und braune Tapeten im Wohnzimmer. Rauchen ist dumm, weil nicht einmal der Raucher weiß, warum er raucht. Ein Werkzeug des Teufels. Jetzt sollen in Raucher, wenn sie mal ein Bierchen in der Eckkneipe trinken wollen, in kleine, extra abgetrennte Räume gesperrt werden. Das ist die Hölle! Und niemand weiß, was Eckkneipen überhaupt sind. Viele sind so klein, dass es nur einen einzigen abgetrennten Raum gibt.
Dafür gehen alle Raucher jetzt auf die Straße. Und wann sind die Menschen das letzte Mal auf die Straße gegangen? Vielleicht beim Friedensmarsch Anfang 70.

Kind, bleib Nichtraucher. Vielleicht sind wir nicht schön, aber wir haben eine gesunde weiße Haut, weiße Zähne und die Tapeten im Wohnzimmer sind weiß.
Erhalte dir deine Natürlichkeit. Misch dich nicht unter die Abhängigen, die bald in kleinen verqualmten Räumen gezwungen sind, sich selbst zu beräuchern. Oder auf die Straße zu gehen. Das musst du nicht. Du bleibst, der Raucher geht.

Vom Lande: Horten an verschiedenen Orten

Der Neusiedler kennt Orte der Sammlung nicht, denn sein Grundstück ist zu klein. Jedes alte Haus, jeder Bauernhof hat einen Sammelplatz, eine Lagerstelle, einen Ort, wo der Mensch etwas horten kann, wo Ausgedientes vor der Verschrottung oder der Sondermüllentsorgung bewahrt wird.
Der Nichteingeweihte glaubt, es handele sich um einen Haufen Abfall hinter dem Schuppen. Der Kenner und feine Beobachter aber weiß, dass solche scheinbaren Privatmülldeponien in Wirklichkeit wohl sortierte und überlegt angeordnete Sammlungen von Dingen, von Gegenständen aller Art sind, die irgendwann einmal - wer weiß, was die Zeiten bringen?- zu irgendetwas nütze sein könnten. Niemand kann in die Zukunft schauen; aber in Demut soll der Möglichkeit gedacht werden, dass es uns schlechter gehen könnte, als es uns jetzt geht. Wer weiß, wozu das alles gut sein kann? Der Spötter raunt verhalten, dass es dem Dörfler schwer abgehe, loszulassen. Oder zu geben. Es genüge ihm, einmal im Jahr für die Kriegsgräberfürsorge 5 Mark, heute vielleicht 3€, zu spenden. Das Geben falle ihm schwer, so der Kritiker. Bevor der einen verrosteten Stacheldraht in ein Krisengebiet spendet, wo man ihn vielleicht dringend braucht, lässt er ihn lieber in der heimischen Zwischenlagerung verrotten. Niemand wisse ja wirklich, was Krisengebiete bräuchten. Mit Stacheldraht sei auch schon allerhand Unfug getrieben worden.
Des Neusiedlers Grundstück sieht rundherum geleckt aus. Die Bäume sind zwar mickrig, aber wachsen ordentlich an der Stelle, wo sie gepflanzt worden sind. Der Rasen wirkt durstig, denn der Lehmanteil des Bodens ist hoch. Die Pflanzen müssen gegossen werden. Das Unkraut ist entfernt. Das Grundstück ist gepflegt, was nicht wundert, denn es ist klein und überschaubar. Der Alteingesessene differenziert. Es gibt ein schönes Stück Garten für den Betrachter, der an Sonn- und Feiertagen die nachbarschaftlichen Beete begutachtet und die Wege auf- und abparadiert. Zur Straße hin ist gefegt. Der Hof nach vorn geschniegelt. Die Allmende fürs Auge, allen zugänglich, die das Bewusstsein der Nachbarn unterstützen soll: Hier wirkt eine ordnende Hand.

Hinter der Scheune beginnt das Private. Das Zusammenstellen der unterschiedlichsten Objekte. Hier steht ein Kunstwerk, das über Jahre, Jahrzehnte, wenn nicht über Generationen gewachsen ist. Wer erdreistet sich, einen einzigen Gegenstand zu verrücken oder gar zu entfernen? Die Bäume sind groß, die Pflanzen nur zur Straße hin mickrig, um deutlich zu machen: Hier wächst kein Unkraut. Der Rasen ist nach hinten hin satt, wird immer satter, durchwachsen von Wildkräutern auf fettem Mutterboden. Die Gehölze werden mächtiger und undurchdringlicher. Doch dann: Eine Lichtung! In Erfurcht erstarrt der Betrachter. Ein stählernes Bettgestell mit einer Egge, einem zerbrochenen Pflug und einem Fahrrad still vereint auf einem Haufen undefinierbaren Altmetalls. Das Allerheiligste! Der Betrachter verneigt sich und weiß, dass er hier unsichtbare Kräfte erzürnt, wenn er es wagen würde, auch nur einen Finger an das vor ihm Liegende zu legen.
Was ist, muss bleiben. Der Mensch soll es mehren. Das ist die Botschaft. Das ist Tradition.
(Zum Foto: Was tun, wenn der eigene Boden keinen Raum mehr lässt, um ein Kunstwerk zu bearbeiten? Bäume können Abhilfe schaffen.)

Jetzt anrufen: 88660 - Wer ist Franz? (Der Gastbeitrag)

"Tatort ist echt", sagt Franz. "Der Alte und Derrick nicht. Die sind nicht echt. Aber Tatort, und Aktenzeichen, glaub mir das!" Und weil Tatort und Aktenzeichen echt sind, hat Franz immer sein Notizbuch dabei und schreibt alle verdächtigen Nummernschilder vom Bildschirm ab. Dann ruft er an bei der Polizei, nicht den Notruf, die wollen das nicht, aber 88660, die Nummer kennt Franz auswendig. Oder er fährt mal vorbei und sagt Bescheid. Weil Franz meistens erst nachts dazu kommt, mal auf der Wache vorbeizufahren, gerät er immer an einen bestimmten Polizisten, der am liebsten nachts Dienst hat. Er kennt Franz und schreibt die Nummern auf.Wer hat Franz eigentlich erzählt, dass Derrick und der Alte nicht echt sind? Wer hatte Interesse daran, Franz auf den Unterschied zwischen echt und unecht hinzuweisen, obwohl die Person wissen musste, dass diese Information für das Leben von Franz nicht wirklich von Bedeutung ist? Hier wurde "echt" mit "bedeutend" oder "wichtig" und "unecht" mit "unbedeutend" oder "unwichtig" gleichgesetzt. Was dazu führt, dass Franz wichtige Autokennzeichen nicht notiert und entscheidende Hinweise nicht an den Nachtdienst auf der Polizeiwache weitergibt. Vielleicht war es der Polizist, der immer Nachtdienst macht (er hat seine Gründe). Vielleicht wollte er nicht mehr ganz so viele Nummern abschreiben und hat Franz eines Tages erzählt, dass er zumindest nicht die Nummern bei Derrick und dem Alten notieren muss, weil die nicht echt sind. Als Polizist muss er das wissen, im Tatort hat er selbst ja schon oft mitgespielt.Marion W

Der Bilderwitz: Astronautenalltag

Dieter(Bildmitte): Du, Klaus, was ist das da neben mir?
Klaus (rechts im Bild; schaut gar nicht hin): Das ist eine Parkuhr...
Dieter: Aber sie bewegt sich.
Klaus: Ist wohl ein Alien.
Dieter: Und jetzt?
Dieter: Am besten schmeißt du etwas Geld nach. Wieviel ist denn noch drauf?

Alien(links im Bild; denkt): gfhzrmtllkfvn njdjdkjd fhfdtgrbvfbsdb mm,m,m!"""" (Übersetzung: Oh, Shit, schon wieder zwei von diesen Aliens, die immer Dampfdrucktöpfe auf ihren Köpfen tragen und nicht mal "Guten Tag" sagen können. Darüberhinaus halten sie mich jedes Mal für eine Parkuhr.)

Kurze Geschichten aus Allerwelts

Astronautengeburtstagsfeier
Seit zwei Jahren kreisten Willi, Rudi, Torsten und Kai jetzt um die Erde. Jeden Tag stellten sie sich die Frage: „Warum bin ich Astronaut geworden?“ Jeden Tag gab es Essen aus der Tube. Jeden Tag war die einzige körperliche Bewegung das Drehen ihrer Daumen. Däumchendrehen nannten sie das auf der Erde. Jeden Tag fragten sie sich: „Ist jetzt Tag oder Nacht?“ Nicht einmal der Funkwecker funktionierte.
Gestern hatte Kai Geburtstag. Kerzen anzünden war verboten. Um zu tanzen oder Topfschlagen zu veranstalten gab es keinen Platz in der engen Raumkapsel. Die engsitzenden Raumhelme juckten genau wie die blauen Plastikraumanzüge. Das war die schlimmste Geburtstagsfeier, die alle erlebt hatten. „Wie alt bist du eigentlich geworden?“, wollte Willi wissen. „Keine Ahnung“, flüsterte Kai. „Ist klar“, sagte Rudi, und Torsten drückte sich ein Stück Geburtstagstorte aus der Tube. Mit Schwarzwälderkirschgeschmack.
Oberlehrer Kastenkopp unterrichtet
Oberlehrer Kastenkopp unterrichtet Jürgen und Bruno. Die beiden sind noch klein und Oberlehrer Kastenkopp gibt sich alle Mühe, sie zu ordentlichen Männern zu machen. Jungen weinen nicht, Jungen tragen keine roten Schuhe, Jungen haben die Hände an der Hosennaht, Jungen bügeln keine Taschentücher. Jungen sind schnell und widerstandsfähig, sie können gut turnen und sind wieselflink. Jungen sind stark und wissen sich immer zu helfen. Jungen sagen Mädchen, wo’s lang geht. „Helmut!“ brüllt es aus dem Fenster. „Ups“, sagt Oberlehrer Kastenkopp,“ meine Frau, was will die denn?“ „Helmut!“, brüllt es erneut. „Ja, Wilma!Was ist denn?“ Oberlehrer Kastenkopps Stimme klingt besorgt. „Helmut!“ Wilma Kastenkopp ruft nur „Helmut!“, nicht mehr. „Hm“, murmelt Oberlehrer Kastenkopp, „äh, Jungs, ich glaube, ich muss...“. Jürgen und Bruno sind verwundert. Eben hatten sie noch soviel lernen sollen. Jetzt musste Oberlehrer Kastenkopp. Was er musste, wussten die beiden aber nicht. „Jungen wissen immer, was Mädchen wollen, Jungs!“ sagte Oberlehrer Kastenkopp leise und rannte schnell ins Haus.
Nackte Hunde
Warum können Hunde nicht nackt sein? fragt Hansi. Sie haben nichts, was sie ausziehen könnten, erklärt der Vater. Manche Hunde sehen nackter aus als andere. Wenn sie nicht nackt sein können, sagt der Vater, können sie auch nicht nackter sein. Nackt kann man nicht steigern, nackt ist nackt. Wie schwarz auch schwarz ist. Hansi überlegt. Manche Hunde bekommen einen Regenmantel übergezogen, ältere Damen machen das gern, denen der Hunde Lebenspartner ist, der, der immer zuhört und keine Widerworte gibt, der trauert, wenn es Zeit ist zu trauern, der sich freut, wenn sich die Dame freut. Wenn diese Hunde nun ihre Regenmäntel ausziehen, dann sind sie immer noch nicht nackt.
Hunde stinken, wenn es regnet, sagt der Vater. Egal, was sie anhaben.
Hansi weiß, dass die Diskussion beendet ist.

Grenzen der Leistungsgesellschaft: Manches ist zu hoch

Schneller, höher, weiter. Immer hatte er sich um Spitzenleistungen bemüht. Beim Spiegeleierwettessen hatte er, trotz zu hohen Cholesterinspiegels, 16 Eier auf Kreisebene geschafft, bevor er sie der Kloschüssel übergab. Beim "Fahrradschlauchaufpumpen bis er platzt" war ihm am Hals eine Ader geplatzt, so dass er den Sonderpreis für die interessanteste Verletzung erhalten hatte. So war es sein Leben lang gewesen. Immer mehr, immer besser, immer länger, immer größer, immer weicher, immer dicker, immer dünner. Immerimmer. Und dann eines Tages hatte er sein schwarzes Fledermauskostüm angezogen und war auf das Dach des Wohnblocks gestiegen, um den schnellsten menschlichen Düsenjet abzugeben. Das war ihm nicht gelungen. Er war auf einen mit S-Steinen gepflasterten Parkplatz, der für den Hausmeister reserviert war, gefallen. Es war der dritte Fleck, der durch einen Sturz entstanden war, aber der mit Abstand wunderbarste. Der Fleck glich einem Albatross. "Das war zu hoch für ihn" stand auf seinem Grabstein. Und der war ziemlich normal.

Leserbrief(3): Literaturtipp

Lieber Bodo (bei der Anrede bleibe ich, ich habe als Frau sowieso einen schlechten Orientierungssinn, wie soll ich mich sonst in virtuellen Welten zurecht finden?)!Ich habe noch einen Literaturtipp (zum Wünschen oder Verschenken) für alle Vegetarier und Menschen, die sich noch intensiv mit Schlachterlebnissen in ihrer Kindheit beschäftigen: E.B.White, "Wilbur und Charlotte". Das Schwein Wilbur soll eigentlich, wie es sich gehört, geschlachtet werden, aber es freundet sich mit der Spinne Charlotte an, die beginnt, kunstvolle Spinnennetze zu weben, z.B. mit der Inschrift "Prachtschwein". Die Menschen glauben an ein Wunder, ihnen wird klar, dass man solch ein Schwein auf keinen Fall schlachten darf, weil man z.B. auf Ausstellungen Preise mit ihm gewinnen kann. Wilbur darf leben! Das kleine Mädchen Fern (bietet sich als Identifikationsfigur an) versteht, was die Tiere miteinander reden und weiß als Einzige, was im Schweinestall wirklich geschehen ist. Und ist natürlich überglücklich.Diese Geschichte lässt sich natürlich auch problemlos auf andere Tiere übertragen, z.B. auf Hühner: Das Huhn Eddi realisiert eines Tages, dass ihm mit einer Axt der Kopf abgeschlagen werden soll, doch da ist ja noch der kleine Wurm Kevin, der in den harten Boden des Hühnerhofes tiefe Furchen gräbt und dabei das Wort "Spiritual chicken" zustande bringt. Oder das Kaninchen Melanie, dem im November allmählich bewusst wird, dass sein Käfig eine Todeszelle ist, aber unerwartet Unterstützung von der Katze Winnie erhält, die in einer Nacht 30 Mäuse fängt und aus diesen den Schriftzug "Kuhles Kaninchen" formt (die mangelnden orthographischen Kenntnisses der Katze hätten Melanie fast doch noch den Tod gebracht, außerdem müssen in diesem Beispiel auch wieder Tiere sterben).Es sind erdachte Welten, Welten, in denen Tiere einander beistehen, in denen Menschen offen sind für Wunder und bereit sind, auf ihr Suppenhuhn oder das Schnitzel zu verzichten, aber schon der Glaube an diese Welten kann alte Wunden heilen und neue Vegetarier hervorbringen. Hier muss ich meinen Leserbrief beenden, denn ich muss dringend weiter nachdenken über die Welt der Vergangenheit und die Welt der Gegenwart, über reale und virtuelle Welten und ihre Schnittstellen. Und ich muss unbedingt meinen Bücherwunsch für Weihnachten notieren (ein vegetarisches Kochbuch).

Marion

Aristokratie bei McDonald

„Meister, einen Kaffee!“ Sergej, russischer Adel ohne Geld im Westen, spreizte den kleinen Finger der rechten Hand, lächelte sein Aristokratenlächeln und hoffte, der Ober würde seinen Wunsch bevorzugt erfüllen. Aber dieser Ober trug eine blöde, rote Mütze mit einem gelben Symbol, und bewegte sich wie seine Kollegen nicht hinter einem stählernen Tresen hervor. Kunde um Kunde ließ sich etwas zu essen oder zu trinken an diesem Tresen geben und schien auch dort zu zahlen. Obszön diese Unart. Niemals geht ein Herr von Welt zu einem Ober; das würde doch auch den Ober beleidigen. Dienen wurde durch bestimmte Verhaltensmerkmale des Dienenden und des Bedienten definiert. Das war unumstößlich. Ein Sakrileg, sie zu verändern oder eines auszulassen. Der Ober hatte zu kommen; der Herr von Welt wartete, weil er Zeit hatte. Unendlich viel Zeit. Sergejs Zeit wurde knapper , nein, seine Geduld schien sich von seinem Aristokratendasein gelöst zu haben. Verdammt, er hatte den Ober mit „Meister“ angesprochen. Das war Unterklasse. Aber zwei Stunden zu warten, das konnte niemand ernsthaft erwarten. Zwei Stunden ignoriert zu werden, während in der gleichen Zeit zig schrill-bunte Menschen neben grau-pomadierten Langeweilern bedient wurden. Am Stahltresen. Ach, wie vermisste Sergej das sanfte Stöhnen des Samowars, diese Beschaulichkeit, die die Zeit dehnte und zu einer Strecke ohne Ende machte, zu einer Geraden in die Ewigkeit ohne Stahltresen und bekappte Ober, die von Oben und Unten, von der Ordnung der Welt überhaupt nichts wussten.
„Meister, einen Kaffee!“ Ein letzter, unterklassiger Versuch um Aufmerksamkeit vorzusprechen.Wie erniedrigend, jetzt aufzustehen!

Bildung: Die Liste als Ruhepol

Eine korrekt ausgefüllte Liste hat was, so etwas Übersichtliches, so etwas von Ordnung, von heiler Welt. Hier erfüllt sich der Traum vom Überschaubaren, vom Kontrollierbaren, vom Machbaren innerhalb von Schule etwa. Begegnen uns nicht ständig Chaos und Unordnung?

Wenn sonst überhaupt nichts klappt, eine Liste ist immer eine schöne Erfolgsbestätigung. Sie ist quasi die Psychokrücke, wenn das eigene pädagogische Weltbild zur Debatte steht und die Argumente fehlen. Eine Liste kann man abhaken. Sie zeigt, wie weit man gekommen ist, oder was noch zu tun ist. Sie reduziert das Vielschichtige auf Überschaubarkeit. Sie beruhigt das schlichte Gemüt, das Angst hat vor dem Nichtfassbaren und seiner nicht kontrollierbaren Entgleisung.
Eine Liste hat auch so etwas Glattes, sie ist ein Handschmeichler, und sie ist eine Augenweide in all der Unordnung dieser Welt. Eine Liste spricht nicht. Sie wirkt. Sie ist meditativ.

Vom Lande: Regen und Hunde

Es regnet heute. Auf dem Land fließt das Land praktisch vom Land auf die Straße. Das Land ist der Acker und gleichzeitig die Masse, aus der er besteht. Erosion, sagt man in der Stadt. In der Stadt gibt es kein Land, das weggespült werden könnte. Das heißt dort Erde. Die Erde wird weggespült. Oder der Mutterboden. Davon gibt es aber nicht viel. Die meisten kennen das Wort nur flüchtig und gebrauchen es in alternativen Kreuzworträtseln. Lehm erodiert in dem Sinne nicht, er ist das Ergebnis von Erosion. Das was überbleibt eben.
Auf dem Lande geht niemand freiwillig zu Fuß, ausgenommen Zugereiste, die niemand wirklich ernst nimmt. Das Spazierengehen, das ohne Grund zur Erquickung von Körper und Seele stattfindet, ist verpönt oder wird kritisch beäugt. Da macht man sich seine Gedanken, wenn jemand einfach nur durch die Gegend geht. Wer das wirklich dauerhaft vorhat, der schafft sich einen Hund an. Der Hund ist der Grund, rauszugehen. Er ist vor allem der Grund, auch mal an Nachbars Grundstück vorbeizuschlendern und einen Blick in den Vorgarten oder durch die Wohnzimmergardine zu werfen. Ohne Hund wäre das neugierig. Mit Hund ist es fast unvermeidlich, denn irgendwohin muss der Mensch ja gucken.
Der Hund ist Grund, mit einem anderen Menschen zu sprechen. Da muss sich keiner ein Thema überlegen, wie der Smalltalk in Gang kommt. Immer Wetter, Wetter, das ist öde. Wenn beide einen Hund haben, ist das einfach, denn oft fangen die Köter an zu balgen oder zu bellen oder zu knurren, um sich dann ineinander zu verbeißen. Das Trennen der beiden Kontrahenten schafft Verbundenheit; lediglich wenn Fifi zu derbe Wunden abgekriegt hat, kann die freundliche Stimmung in Feindseligkeit ausarten. Dann wird gar nicht mehr gesprochen. Nicht mal gegrüßt. Geschweige denn, leicht genickt beim Vorüberschreiten. Es gibt Regeln. Ist der eine Hund zu groß, darf der andere nicht zu klein sein. Der größere darf niemals den kleineren als Essen betrachten. Begattungsversuche werden geduldet. Der eigene Hund sollte nicht den Nachbarn beißen; das muss dem Tier beigebracht werden. Der Nachbar darf keine herablassenden oder abschätzigen Bemerkungen über das Tier machen. Insgesamt wird geraten, lobend die Beweglichkeit der domestizierten Wolfsbastarde zu kommentieren, etwa wenn sie sich eine junge Katze gesucht haben, um der mal zu zeigen, dass man sich nicht nur aus der Dose ernährt. Hunde sterben in der Regel eines normalen Todes, weil sie etwas Rattengift gefressen haben oder vor ein Auto gelaufen sind. Gelegentlich tun sie dies auch aus Alterschwäche oder weil ein nervöser Waidmann sie für Schwarz- oder Rotwild, je nach Farbe des Hundes, oder für Hoch- bzw. Niederwild (je nach Größe) gehalten hat und daraufhin, um auch endlich mal zum Schuss zu gelangen, seinen Drilling entladen hat, nach vorn hinaus nämlich, durch das Rohr in Richtung Wild bzw. wildgewordenen Hund. Das ist dann auch die Begründung, dass der Treffer einen Hund erwischt: Der Hund ist wild geworden. Mein Hund ist nicht wild, sagt Flottmanns Henni. Der Hund ist Wild geworden, sagt der Waidmann, ohne den feinen grammatikalischen Unterschied zu bemerken. Der Leser mag schmunzelnd die Feinheiten der Groß- und Kleinschreibung bemerken und ebenso die dazugehörige kommunikative Schwierigkeit. Den Sprechenden wird sie entgehen.
So ist das häufig: Die Jäger schießen und die Menschen reden aneinander vorbei.
Heute regnet es. Da bleibt auch der Jäger lieber im Trockenen, und einen Hund schickt man nicht vor die Tür, es sei denn, er muss. Dann bleiben Frauchen und Herrchen im Haus, denn was sollte es in den Vorgärten und hinter den Gardinen schon zu sehen geben? Nichts, was nicht längst bekannt wäre.
Das Land schiebt sich braun und feucht vom Land und bleibt auf dem Asphalt hängen.
Zum Bild: Kleiner Hund und großer Hund. Es gibt feste Regeln, und die sollten eingehalten werden. Wackeldackel zählen auf dem Lande nicht als echte Hunde. Sie sollten auf der Hutablage eines Audi 80 bleiben.

Georg Krakl: Der Triathlet

Da am Horizont
So ungewohnt
Ein Triathlet?
Nein. Er geht.
Da unten im Kanal!
O wie fatal!
Ein Triathlet?
Nein. Er steht.
Da hinten mit dem Rad!
Ein Sportler in der Tat!
Ein Triathlet?
Er schiebt, ach seht.

Die Frage, die im Kopf sich dreht:
Was ist das denn, ein Triathlet?

Lyrische Restetruhe: Hund (Georg Krakl)

Einer kurzen Begegnung gewidmet
(Nach Kristiane Alles-Wiemansnimmt)

Ich führte dich aus
einzwei Abende.

Jetzt bin ich
Hunderte von Kilometern
fort -
Im Tierheim

Ein Stück von dir
ist mitgekommen.

Ich glaub', es ist ein Finger.
Georg Krakl 1997

Engel - So sehen die aus?(2)

Was soll man als Mensch in der Vorweihnachtszeit, der unter Einkaufsstress und Magenverstimmung aufgrund einer süßsauren Melange von Currywurst, Lebkuchen und Glühwein leidet, dem die Ohren sausen von verschiedensten Versionen der bekanntesten Weihnachtslieder, die aus Kinderkarussells oder Ponyreitbuden gleichzeitig tönen, von einem Engel halten, der sich die Ohren zuhält, obwohl oder weil er gerade "Vom Himmel hoch" oder "Klingglöckchenklingelingeling" singt, nein, dem Gesicht zu urteilen, förmlich schreit, so, als dürfe der Weihnachtsgesang nicht zum Halse heraushängen, sondern müsse möglichst viel Distanz zum eigenen ätherischen Körper gewinnen? Wir, die Menschen der Vorweihnachtszeit, sind die Schutzbefohlenen, derer sich die Engel annehmen sollen. Wer will das einem Engel zutrauen, der eher einem Querulanten aus der Kaulquappengruppe des örtlichen Kindergartens stammt? Zu klein, zu laut und obendrein nicht überzeugt von seinem Tun. Da kann man doch nur dem Rat der Supernanny folgen: Stille Treppe! Hinsetzen und Maul halten! Wundersam, die die Figur links, die scheinbar innig lauscht. Sie stammt aber augenscheinlich aus einer anderen Baureihe, die keine Ohren besitzt, dafür aber gefiedert sind. Richtige Engel sehen wie Engel aus und nicht wie verkleidete Kinder.

Geschenktipp zu Weihnachten: Ein Buch

Frank Schwätzing - Der Scharm

Vom Lande : Sauna

Das Schwitzen in einer Sauna und das damit verbundene nackte Herumsitzen oder Herumlaufen hat sich auch auf dem Lande aus der Tabuzone herausgewegt und ist im Zuge der Liberalisierung des eigenen Körpers und der manchmal angenehmen Möglichkeit, einen anderen nackten Körper zu beäugen, eine akzeptierte Freizeitaktivität geworden. Auf dem Lande gibt es Saunen selten; wenn, dann sind sie kleinen, privaten „Heilbad-Häuser“ angegliedert, deren Öffnungszeiten knapp bemessen sind, so dass man Mühe hat, durch das Zeitfenster hinein- und hinauszuschlüpfen. Großzügiger sind da Saunalandschaften in Hallenbädern oder Fitness-Centern. Um diese zu besuchen muss man sich in die Vorstadt oder in die Weitläufigkeit einer Kleinstadt bewegen. Im Zuge der allgemeinen Motorisierung kein Problem.
Richard ist der lauteste. Er sitzt in einer Gruppe von 4 übergewichtigen Männern, die sich wohl jede Woche treffen. Ihre Themen sind bezogen auf den Ort, an dem auch fremde Ohren mithören müssen : Allgemeines Geplapper über Fußball, Frauen, Saufen und Urlaub. Sex wird heute ausgeklammert, weil eine Frau im Raum ist, deren Blick vielleicht taxierend zwischen die Beine der Plaudernden geraten könnte. Sie lachen dröhnend. Richard ist der Wortführer. Bodo schwitzt mit, allein schon, weil er sich anhören muss, was Richard erzählt. Es geht um das stundenlange Sitzen in einem Bomber, der auf die holländischen Antillen fliegt, schön sei es da, müsse man einmal im Leben gesehen haben, wirft Ernst ein. Seine Frau schlafe um Punkt 6 Uhr ein und würde dann 12 Stunden durchschlafen. Alles staunt lauthals. Im Flugzeug? Oder jeden Abend? Im Flugzeug, sie würde dann von der Reise nicht viel mitbekommen. 4 Stunden Fliegen sei anstrengender als 9, weil es viel lockerer wäre, in die Karibik zu fliegen. Richard preist einen kräftigen Schluck als gute Möglichkeit, das durchzuhalten. Sowieso würde er jetzt drei Tage nach Schottland fahren; drei Tage schön durchsaufen. Da käme er mal vom Bier runter. Whisky, das wär’s. Nein, nicht in Cola oder mit Eis. Dann könne er ja gleich Cola trinken. Whisky dürfe man nicht panschen. Den müsse man pur trinken. Man müsse auch nicht so viel trinken wie bei Bier, streut Günther ein. Genau. Als er 16 war hat Bodo mit Freunden verglichen, was jeder getrunken hatte. Anerkennung bekamen die, die am meisten drin behalten konnten. Cord musste nach dem dritten Halben immer kotzen. Der war in punkto Mannwerdung in einem echten Hürdenlauf. Haha! Dröhnen. Richard erkennt nicht, dass auch andere Gäste in der Saunakabine sind; die schweigen; sie sind gezwungen zuzuhören. Der Calmud macht das schon richtig. Aber das Tor am Samstag, ich habe mich geärgert. Die kriegen doch nichts hin; Fachsimpeln. Die Übergewichtler wissen Tipps, was auf dem Platz passieren müsse, damit es bergauf geht. Ich hatte sogar Kopfschmerzen hinterher, als ich das gesehen habe. So habe ich mich geärgert, erzählt der grauhaarige Rainer noch unter der Dusche. Richard, der schlankste der Männerrunde, der aber durch prägnante Körperbehaarung und die etwas zu langen Arme etwas Schimpansenhaftes hat, von der lediglich der aufgedrehte Schnäuzer und die durch natürlichen Haarausfall entstandene Vorne-Kurz-Hinten-Lang-Frisur ablenkt, macht Crash-Schwitzen. Ohne Ruhepause hechelt er von einer Hitzekammer in die nächste, wohl um zügig an die Theke zu kommen. Seine Kollegen halten da nicht mit; Bodo ist froh, dass Richard einen anderen Rhythmus hat, vor allem, einen schnelleren. So ist die Saunalandschaft nach einer Stunde von ihm befreit, weil er wohl noch eine Trainingseinheit vor dem Schottlandaufenthalt durchziehen will.
Bodo geht in die Schweigekammer, den Ruheraum, wo nicht gesprochen wird und lauscht dem leisen Röcheln der Eingeschlafenen. (Zum Foto: Das Vorurteil, der dörfliche Mensch würde in seiner Freizeit nur Treckerfahren, gilt schon lange nicht mehr. Viele haben überhaupt keinen Trecker.)

Engel - So sehen die aus?

Jeder hat sich bestimmt schon einmal gefragt, wie denn Engel aussehen? Gut, die Frage, ob es sind denn wirklich gibt, stellt sich hier nicht. Bodos Welt geht einfach von ihrer Existenz aus. Engel haben Flügel, damit sie fliegen können. Wie sonst könnten sie schnell zu dir (oder dir) kommen, um ihr gutes Werk zu tun? Engel sind ungeschlechtliche Wesen, die aussehen, als seien sie von einer anderen Welt: Sie kommen aus dem Himmel. Wo aber ist der Himmel? Das wird doch wohl nicht jener Ort sein, der tagaus tagein wolkenverhangen und düster aussieht, gerade jetzt im Dezember, der wassergefüllt dem Schneewünschenden und Liebesuchenden das kalte Wasser ins Gesicht klatscht und von dem man nicht vermutet, dass dort der liebe Gott wohnt und alles sieht, was wir so machen.
Eins ist sicher: Engel sehen nicht so aus wie Dirk Bach. Das Foto allerdings scheint ein Schnappschuss zu sein: Dirk Bach im Alter von 5-7 Jahren, der sich ein paar verschimmelte Flughilfen angeschnallt hat und versucht, aus einem goldenen Buch, wahrscheinlich seinem Adressbuch mit den Handynummern seiner Kindergartenkollegen, zu lesen, oder, was viel schlimmer wäre, zu singen! Dirk Bach ist ein Stand-up-Comedian (was immer das sein mag) und kein Engel - weil er im Privatfernsehen auftritt. Wie aber sehen denn Engel aus? Hat schon jemand, der diese Zeilen liest, einen gesehen?

Die Gastgeschichte: Nadja

Mein Nachbar hat Geburtstag und ich gehe hin. Es ist November, kalt und nass, aber der Weg ist kurz. Mein Nachbar hat einen großen Ofen, in dem ein Feuer brennt, und viele Gäste, die auch für Wärme sorgen. Nadja ist die Schwiegermutter meines Nachbarn und kommt aus Sibirien. Sie erzählt mir beim Essen vom Leben vor der Perestroika, von verbotenen Gottesdiensten für Kinder und erlaubten für die Erwachsenen. In ihrem Haus treffen sich die Kinder zur Sonntagsschule und ihr Mann, der nicht glaubt, duldet alles und verteilt das Essen. Alle Kinder von Nadja, die Schwiegersöhne und Schwiegertöchter, die Enkel, sitzen auch am Tisch, alle bis auf Viktor, den Ältesten, der noch in Sibirien mit seiner kranken Frau und den Kindern lebt, und das bedeutet, die Familie ist zerrissen, zerteilt, ebenso Nadjas Herz, das auch an diesem Abend halb in Deutschland und halb in Sibirien ist.
Ich trinke Wodka mit Nadja, weil ich glaube, dass ich zu ihren Worten nur Wodka trinken kann, außerdem bin ich zu Fuß, mein Sohn ist auch hier, er wird meinen Mantel und die Schlüssel finden.
Das Essen wird warm gehalten, es riecht nach Spiritus, ich bemerke, dass ich den Geruch mag. Nadjas Sohn sieht mich fragend an, man könne daraus schließen, dass ich auch den Geschmack mag! Ich wusste nicht, dass Menschen auch Spiritus trinken, ich bleibe beim Wodka, weil er so gut zu diesen das-Leben-ist traurig-und-schön-Gesichtern passt. Mein Sohn hängt mir den Mantel um die Schultern, er hält auch schon den Schlüssel in der Hand. Er zieht sich und seiner kleinen Schwester die Winterjacken an und sie stellen sich wartend an die Haustür. Ich will zu ihnen, aber es sind Gäste da, die ich nicht kenne, und ich finde, als Nachbarin muss ich doch wissen, wer diese Menschen sind, mich interessiert vor allem, wie mein Nachbar sie kennen gelernt hat. Er erzählt mir zu einem Gast drei unterschiedliche Geschichten, die ich nicht glauben will, aber eines stimmt: Das Elternhaus dieses Mannes war ein altes Fachwerkhaus neben einem Imbiss, den alle kennen, und dieses Haus ist abgerissen worden, und mein Nachbar heizt mit den zersägten Eichenbalken seinen Ofen und sein Gast freut sich über die Wärme, die sein Elternhaus an diesem Abend verbreitet, ich stehe nur da und will nachdenken, aber mein Sohn kommt und zieht mich in die Kälte hinaus, aber der Weg ist ja kurz.
Marion Wittemeier

Neues aus Allerwelts(3): Schäuble mal wieder

Schräuble mal wieder! Da sitze ich nichtsahnend vor dem Fernseher und gucke mir die Tagesschau an. Ich schrecke auf, Datenschnüffler Schräuble, Quatsch!,Schäuble im Bild, rotnasig, - ich frage mich ob von einer Erkältung oder übermäßigem Rotweingenuss herrührend- und bedeutungsvoll. Er hebt an zu sprechen. Es geht um Guantanamo, das amerikanische Foltercamp, in dem man ohne Prozess und ohne Rechtsbeistand festgehalten werden kann, wenn sich amerikanische Ermittler überlegt haben, dass man aussieht wie ein Terrorist. Unschuldsvermutung beiseite, das gelte nicht bei Terrorismus, so der rollende Minister. Und, so fügt er hinzu, die Kritiker von Guantanamo sollten sich eine bessere Alternative überlegen. Zack, da sind wir Blödis doch wieder einmal von einem kompetenten Minister plattgemacht worden; wir sagen nichts, weil der Mann ja im Rollstuhl sitzt. Schwerbehinderung. Was kann man da tun?
Ist doch klar, dass man dieses Foltersystem ohne Rechtsgrundlage, das gegen die Menschenrechte verstößt, kritisieren muss! Alternativen gibt es schon. Die einfachste wäre, man schreibt nicht mehr von Guantanamo sondern von KZ, US-KZ vielleicht, damit man differenzieren kann und sich nicht in diese NS-Masche reinziehen lässt. Die Kriterien sind doch ähnlich: Unbequeme Menschen werden werden auf einfache und bequeme Art entsorgt, also der Öffentlichkeit entzogen und schon mal vorsorglich bestraft. Vielleicht reden sie ja über irgendetwas, was der CIA gebrauchen kann. Weiß man doch nicht...

Dass ein christlich-sozialer Minister mit entsprechender Kollektiv-Vergangenheit solche Sätze herausplappert, scheint nahezulegen, nicht nur weiter Guantanamo zu unterstützen, sondern vielleicht einen schlagkräftigen Dienst einzurichten, der den Amerikanern Informationen oder auch Menschen zuspielt: CSSS wäre doch eine schöne Abkürzung für Christlich-Soziale Schmutz-Staffel. Ministerin Cypries macht einen Anfang und nimmt den Minister in Schmutz, äh, Schutz. Bodos Welt schüttelt die Kontinente.
Ich überlege, was Schäuble getrieben haben könnte:
  • Infolge eines grippalen Infektes überzogener Genuss von Wick Medinait

  • Infolge Erschreckens über das eigene Tun überreichlicher Genuss von belastetem Rotwein, der auch die Gehirnzellen schädigt.

Mehr fällt Bodos Welt nicht ein.

Zum Foto: Es ist Advent. Möge dem Minister dieses Licht aufgehen, möge er erleuchtet werden. Aber unbedingt ist es allen Insassen von Guantanamo gewidmet, wie gut oder schlecht sie auch sein mögen.

Kindergeschichte: Die drei gibt es überall

Das sind Dumpfbacke, Feuerkopf und Furz. Sie stehen auf Spielplätzen herum oder auf Schulhöfen. Es gibt sie überall. Feuerkopf hat immer einen Spruch auf Lager: He, du Flasche, pass auf, dass du nicht über deine eigenen Beine fällst!

Über die eigenen Beine, als könnte man noch andere Beine haben! Feuerkopf kann nicht mal richtig lesen, immer bleibt er stecken und stammelt, aber kein darf etwas sagen, weil er ihm sonst Schläge androht. Feuerkopf ist stark. Aber dumm. Leider weiß er nicht, dass er dumm ist. Er hält sich für schlau, und das ist das Dumme.

Dumpfbacke ist so schlau wie Feuerkopf. Nur lässt er nicht einmal Sprüche ab. Er steht immer in der Nähe von Feuerkopf, weil die anderen Angst vor Feuerkopf haben. Niemand hat ihn je sprechen gehört. Höchstens in der Schule. Er meldet sich selten und dann freuen sich die Lehrer, wenn er sich mal meldet, weil sie glauben, dass Dumpfbacke etwas weiß.
Kann ich mal aufs Klo?, ist das Einzige, was er fragt. Die Lehrer seufzen dann und lassen ihn gehen.

Furz ist klein und stinkt gelegentlich. Er gehört zu denen, die an allen möglichen Stellen ihre Körpergase ablassen, um andere zu ärgern. Er findet das lustig, wenn sich die Umherstehenden die Nase zuhalten und Bäh! Widerlich, ekelhaft, warst du das schon wieder, Furz?, rufen.

Dumpfbacke und Feuerkopf grinsen dann und Furz fühlt sich wohl, weil er Anerkennung bekommen hat. Respekt, sagt Feuerkopf, Klassefurz, Furz!
Da kann man sehen, für was man in dieser Welt Anerkennung bekommen kann. Man muss nur die richtigen Leute kennen.