Aristokratie bei McDonald

„Meister, einen Kaffee!“ Sergej, russischer Adel ohne Geld im Westen, spreizte den kleinen Finger der rechten Hand, lächelte sein Aristokratenlächeln und hoffte, der Ober würde seinen Wunsch bevorzugt erfüllen. Aber dieser Ober trug eine blöde, rote Mütze mit einem gelben Symbol, und bewegte sich wie seine Kollegen nicht hinter einem stählernen Tresen hervor. Kunde um Kunde ließ sich etwas zu essen oder zu trinken an diesem Tresen geben und schien auch dort zu zahlen. Obszön diese Unart. Niemals geht ein Herr von Welt zu einem Ober; das würde doch auch den Ober beleidigen. Dienen wurde durch bestimmte Verhaltensmerkmale des Dienenden und des Bedienten definiert. Das war unumstößlich. Ein Sakrileg, sie zu verändern oder eines auszulassen. Der Ober hatte zu kommen; der Herr von Welt wartete, weil er Zeit hatte. Unendlich viel Zeit. Sergejs Zeit wurde knapper , nein, seine Geduld schien sich von seinem Aristokratendasein gelöst zu haben. Verdammt, er hatte den Ober mit „Meister“ angesprochen. Das war Unterklasse. Aber zwei Stunden zu warten, das konnte niemand ernsthaft erwarten. Zwei Stunden ignoriert zu werden, während in der gleichen Zeit zig schrill-bunte Menschen neben grau-pomadierten Langeweilern bedient wurden. Am Stahltresen. Ach, wie vermisste Sergej das sanfte Stöhnen des Samowars, diese Beschaulichkeit, die die Zeit dehnte und zu einer Strecke ohne Ende machte, zu einer Geraden in die Ewigkeit ohne Stahltresen und bekappte Ober, die von Oben und Unten, von der Ordnung der Welt überhaupt nichts wussten.
„Meister, einen Kaffee!“ Ein letzter, unterklassiger Versuch um Aufmerksamkeit vorzusprechen.Wie erniedrigend, jetzt aufzustehen!