Berufe ohne Aussicht: Küchenrolle

Der 28-Jährige Aikido-Sportler liegt in seiner Mulde und wartet auf eine Möglichkeit, seine über Jahre erworbene Kampfkunst zu erproben. Das Ganze findet in der Lüneburger Heide statt, die nicht nur eine relative geringe Zahl an öffentlichen Gewalttaten aufweist, sondern darüber hinaus auch noch lehrstellenbezogen Entwicklungsgebiet ist.
Vielleicht liegt es an der Wohngegend, vielleicht an der zusammengerollten Haltung des Sportlers: Weder kampftechnisch noch in Bezug auf eine berufliche Laufbahn tut sich in einer Gegend, in der Hermann Löns sogar gezwungen war, einen Hasen und gleichnamigen Kräuterschnaps für Jäger und deren Freunde (Mümmelmann) bekannt zu machen, überhaupt nichts. Was also tun mit Fähigkeiten, die niemanden interessieren, nicht einmal kahlgeschorene Stiefelträger, geschweige denn Hersteller von aufgerolltem Küchenpapier? Was ist denn überhaupt AIKIDO?
Es ist wohl eine Verteidigungstechnik mit rollenden und spiralförmigen Bewegungen, die es gleichzeitig geschafft hat, als Sport anerkannt zu werden, der sich immerhin einige Menschen in und um Lüneburg widmen. Sogar ein Tatortkommissar, der allerdings demnächst seinen Beuf bzw. seine Rolle an den Nagel hängen wird, übt diese Sportart aus, wenn auch ohne sichtbaren im Fernsehen übertragenen Erfolg ( Einmal herumgerollt, allerdings ohne kämpferischen Erfolg, da in die Erziehungsarbeit für seinen fast volljährigen Sohn eingebunden in Verbindung mit Rotweingenuss.)
Neuerdings liegen (rollen?) nun fehlgeleitete Spätjugendliche, die zwar in Aikido ausgebildet sind, aber noch keine lebenserhaltende Tätigkeit erlernt haben, herum und träumen davon, mit ihren teuer bezahlten Fähigkeiten in der Welt der Arbeitsagentur ihren Euro zu verdienen.
"Küchenrolle, das wäre schon was, selbst, wenn der Mindestlohn nicht gezahlt wird", träumt Kai P. aus Lüneburg von einem Leben außerhalb der Pension "Mutter". "Meinetwegen auch Fusselrolle", reduziert Torsten seinen Anspruch. "Hauptsache Arbeit." Traurig, dass hochqualifizierte Menschen keine Arbeit finden. "Selbst als Rolle Hartgeld konnte ich keine Arbeit finden", seufzt Peter K. und macht deutlich, wie weit die Schere klafft zwischen den Kleinverdienern und der Managerkaste. Stelle sich jeder einmal vor, wie lang eine Rolle sein müsste, wenn Deutsche-Bank-Chef Ackermann sein Gehalt in Hartgeld ausbezahlt bekäme. Bodos Welt ist da völlig von der Rolle.