Moppel, Pit und Peti schreiben Geschichte

Wie schreibt man Geschichte?
Moppel: Wie schreibt man eigentlich Geschichte?
Pit: Ich glaube groß....
Peti: Mit t auf jeden Fall.
Pit: Und mit Doppel-Ch.
Moppel: Wie spricht man das denn aus?
Peti: Geschichte. So, wie man's schreibt.
Moppel: Aha.
Pit: Noch Fragen?
Moppel: Erst mal nicht.

Georg Krakl: Weltmeisterschaft 2014

Wenn die Dribbler antizipieren
und doch die Bälle oft im Nichts krepieren:
Baller!Baller!,
sag ich: zielt genau und schießet wohl,
denn das Ziel da ist das Goal
der gegnerischen Schusspartei!
Das eigene zu treffen: Da ist nichts dabei!
Der Ball gehört ans Ziel!
So gewinnt man jedes Spiel.

Georg Krakl: Aus dem Zyklus "Kaputte Fische" (2014)

Theo von Doeskopp: Kaputter Fsch (2014)
Der Barsch
ist am Marsch
durch die Institutionen
-die in der Regel in großen Verwaltungsgebäuden wohnen-
zerbrochen.
Genau wie der Rochen.


Der Schellfisch
ist zerschellt.
In die Tiefe gesackt
und verschollen.
Abgekackt.

Der Hai
ist entzwei.

Der Barsch
ist im Arsch.

Butt.
Kaputt.



Alltagsironie: Selten blöd

Du bist wirklich selten blöd!, schrie Myrthe ihm hinterher.
Besser als immer doof, raunte er zurück.

Peter-Pan-Syndrom: Lebenshilfe im Gartenhäuschen


Für Erfahrungen im Grenzbereich, deren Bearbeitung den vorübergehenden oder längeren Aufenthalt in Schrebergartenhäuschen, Baumhütten, Schuppen, Atombunkern, Hundehütten oder Einmannzelten erfordert.

1.Situation 1: Die Luft ist dick. Es hat gekracht, nein, ein Schwelbrand hat die Atmosphäre verdorben. Alle schauen stumpf in eine Ecke. Niemand sagt  ein Wort. Alles befindet sich praktisch auf Messers Schneide. Dicke Luft.

Den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben ist die eine Sache; die andere wäre, die Sache auf die Spitze zu treiben, um eine explosive Entladung zu provozieren, welche die Luft reinigt.Gefahr.
Achtung: Besser Rückzug ins Wochenend- oder Gartengeräteaufbewahrungshäuschen und eine angesteckt! Inhalieren und ausatmen. Die dicke Luft förmlich nachbilden, um sie anschließend zu überwinden. Ruhe. Nicht ein Spaten wackelt. Die Schubkarre wagt nicht zu quietschen. Der Vertikutierer schweigt.

2.Situation 2: Die Luft ist immer noch dick. Es ist zum Schwindligwerden. Die dämlichsten Antworten seit Bestehen der Wohngemeinschaft, und wo sind die hundert dummen Fragen dazu? Schwindel und Schwindeleien. Wie von der Schindel getroffen. Wanken. Alles dreht sich. Achtung: Rückzug ins Spatenhäuschen, ein freundliches Wort zur Schubkarre und dann den Korkenzieher angesetzt!
Ein, zwei Gläschen guten Roten inkubiert (oder so)und alles Schwindlige hat Ursache und Sinn. Lecker. Gläschen Nummer drei beschleunigt die Katharsis. Die Inkubation schreitet fort. Die Wohngemeinschft fragt: Was der wieder ausbrütet?

3.Situation: Es ist viel gesagt worden. Jeder denkt: Es ist alles gesagt worden.  Wörter und Worte schwirren im Kopf herum. Innerer Monolog. Es ist zum Heulen. Es ist zum Hinschmeißen: Alles oder sich selbst! Quatschköpfe und Quasselstrippen, Labertaschen und Tratschtanten. Stille, Stille, wo bist du? Geschnatter, Gequake, Gegacker. Widerlich. Achtung: Verstärken, potenzieren und schließlich mehrfach ableiten.
Hinsetzen! Heulen! Ganz ruhig! Ein gutes Buch lesen. Da sind viele Wörter drin. Der Kopf wird frei. Das Buch denkt für mich. Bevorzugt Bücher lesen, deren Titel die Wörter „sitzen“ und „weinen“ beinhalten. Alles ist im Fluss. Gut sind Titel, die auch das Wort „Fluss“ anbieten. Um wen geht’s denn hier überhaupt? Um mich!!!! Um mich! Also, Tipp: Der Titel sollte auch das Wort „ich“ enthalten. Leider gibt es nicht sehr viele Bücher, die das erfüllen.

4.Situation: Alles kommt zusammen. Das sind die Tage, wo jeder gern nach Australien oder Irland auswanderte. Aber: Da ist auch nichts besser. Wer kann schon vor sich selber wegrennen? Und Irland ist viel zu nah. Grönland. Grönland ist an der Grenze, das ginge gerade so. Besser ist( und billiger bzw. risikofreier): Gartenhäuschen mit Zigarren, Rotwein und einem guten Buch!

Wohl dem, der ein Gartenhäuschen besitzt, in dem sich Spaten, Schubkarre und Vertikutierer "Gute Nacht" sagen!

Unheimliche Begegnung mit der Waldfee


Hallo Waldfee mit deinem roten Schleier, der deinen Leib umspielt!
Hallo Mensch!
Hallo, Waldfee mit deinem roten Schleier, der deinen Leib umspielt, warum trägst du sonst nichts auf dem Körper?
Hallo Mensch, es muss wohl so sein.
Hallo Waldfee mit dem roten Schleier und sonst nichts auf dem Leib, warum rauchst du denn neuerdings, das hast du doch früher nicht getan?
Hallo Mensch, es hat alles seine Zeit.
Hallo rauchende Waldfee, die hier fast nackt im Wald rumsteht, was willst du von mir?
Hallo Mensch, das musst du dich fragen.
Hallo Waldfee, die da raucht und einen roten Schleier trägt, der ihren Körper nicht verdeckt, das frage ich doch. Warst du vielleicht beim Friseur? Die Frisur ist mir neu und umschmeichelt deine bloßen Schultern?Hast du das für mich getan?
Hallo Mensch, stelle nie zwei Fragen zum Scherz, denn das gibt nur Schmerz.
Hallo Waldfee, die du hier so bloß und nackig, nur mit einem Schleier bedeckt, welcher rot und transparent ist, auf einem Felsen stehst, wie ist dein Name?
Hallo Mensch, ein Name ist immer Schall und Rauch und manchmal Legion.
Hallo Waldfee, sag einfach mal wie du heißt!
Hallo Mensch, das ist eine Frage, die ich verstehe.
Hallo Waldfee, das war keine Frage. Aber egal. Wie heißt du?
Hallo Mensch, mein Name ist Iris.
Ach, Iris, die aus dem Auge?
Hallo Mensch, die aus dem Auge.
Ach, Iris,Iris. Jetzt weiß ich Bescheid.
Hallo Mensch, dann kann ich ja gehen.
Ja, klar, Iris aus dem Auge! Man sagt doch, aus dem Auge, aus dem Sinn.
Hallo Mensch, dann mach's gut.
Ja,Iris, dann Tschüss! 

Tonnes Tagebuch: Männer auf dem Platz

Liebes Tagebuch!
Gestern schaute ich aus dem Fenster, gegen Viertel vor elf, und blickte, da ich aushäusig war, auf eine Anlage mit 8 Plätzen, von denen einer durch drei weißhaarige, eher übergewichtige Männer und einen Glatzköpfigen mit weißem Schnauzbart belegt war. Eigentlich bestanden war.
Ein kleiner gelber Ball kullerte hin und her und die vier Männer wischten mit einer Art Tennisschläger durch die Luft, möglicherweise war das die Ursache für die Bewegung der kleinen gelben Bälle.
Liebes Tagebuch, ich will dir eigentlich nicht schreiben, dass es sich wirklich um Tennisschläger und Tennisplätze handelte, denn Tennis ist doch ein Bewegungssport.
Was machen vier Männer mit zu viel Speck zu bester Arbeitszeit in Deutschland, dann, wenn sogar die Arbeitslosen Schlange vor dem ARGE-Büro stehen, wenn die Hausfrauen durchsaugen und die Kinder sich in Kindergarten und Schule soziale Kompetenzen erwerben lassen müssen?
Es wirkte lustlos, wie die Männer ihre Körper über den roten Kunststoff schleppten, wie sie an ihren weißen Höschen zupften, weil die am Gürtel spannten, wie sie ihre Frisur mit gespreizten Finger richteten oder mit der flachen Hand den Schweiß von der Glatze wischten.
Ich empfand es als Affront gegen die Arbeitenden, denn ich selbst musste arbeiten.
Wie kann man sich öffentlich einem scheinbar für diese Männer unerquicklichen Vergnügen hingeben, wenn andere arbeiten?
Irgendwer arbeitet doch immer, sogar nachts, hätte ich früher gesagt.
Tennis ist längst ein Volkssport und kann niemanden mehr beeindrucken.
Was aber sollte die Aktion, wenn sie 1. nichts Besonders war und 2.nicht mal Spaß machte?
Ich konnte mich nicht der Erkenntnis erwehren, dass ihr Ziel die Demütigung derer war, die diesen Luxus finanzierten.

Im Gedanken empfahl ich Golf zu spielen, weil der nächste Platz 30 km entfernt lag und noch weniger Bewegung verlangte, als das hier Gebotene.
Oder Polo. Dann wäre mit den Herren der dazugehörige Anblick verschwunden.

Nichtdenken

Tipp des Meditationstrainers:
Denk dran, nichts zu denken!

Rätsel der Woche: Fische oder nicht?

Was kann das sein?, fragt sich der Rätselfreund und rätselt vor sich hin.
Auch in der Rätsel-Community ist Schweigen und Stirnrunzeln angesagt.
Manch einer will erkennen, dass es sich um eine von Oberkörperbekleidung befreite Dame handeln könnte, die sich zurücklehnt.
Das muss aber falsch sein.
Im unteren Bereich erkennt man einen Fisch, der gerade versucht, das Weite zu suchen. Gleich vor dem Tier ein Kampfrochen, der ihm die Luft abdrücken und zur Unterwasser-Pythom mutieren will. Wahrscheinlich das Ergebnis eines Castings von RTL oder so.
Ein Saugnapf aus dem Küchenbereich, an dem man Küchentücher aufhängen kann, nähert sich, weil es gerade im Unterwasserbereich immer wichtiger wird, auch mal was abzutrocknen. Denn der Fisch ist nass, es sei denn der Schwede oder Norweger trocknet ihn.

Georg Krakl: Paradox (2014)

Der Heilbutt
ist kaputt.

Krakl spart mit Worten, das weiß man mittlerweile. Das hat natürlich System, das hat auch Grund:
Lakonisch beschreibt der Dichter, dass ein Fisch, der Heilbutt, eben kaputt sei. Nicht irgendein Fisch, sondern der Heilbutt, als Symbol der bedrohten Fischwelt, als Heiler unter den Fischen, als der, der anzeigt, wenn die Wasserwelt baden geht. Der Heilbutt, im Sinne des Ganzbuttes, dem nichts fehlt, der ganz und gar vollständig ist, der in Einheit mit der Natur lebt, der sich unbeschadet im heilen Ozean mit kräftigen Schwanzschlägen bewegt, der ist kaputt.
Vielleicht hat Krakl zum Wort kaputt aus Reimgründen gegriffen; ein anderes wäre auch nicht möglich, denn es drückt lapidar und und unpathetisch aus, was wir alle längst wissen.
Die Lebenswelt unseres Fischfutters ist bedroht, sie ist beschädigt. Der Butt kann nur noch Butt sein, nicht aber Heilbutt, denn das lässt sich nicht so einfach reparieren, was da entzwei gegangen ist.
Krakl hätte auch schreiben können:

Der Hai
ist entzwei.

oder

Der Barsch
ist im Arsch.

Alles nichts gegen die obigen Zeilen. Das eine zu nett, zu geziert, zu prätentiös.
Das andere platt und herb, was jeden Lyrikfreund vor den Kopf stößt.
Der kaputte Heilbutt, das ist paradox und zeigt in seiner Widersprüchlichkeit, wo wir gelandet sind.
Der Hering ist vom Massennahrungsmittel zur Delikatesse verkommen, den Matjes gibt es nur noch im VIP-Zelt und man schlotzt ihn in den Verdauungstrakt wie ehemals den teuren Beluga-Kaviar.
Krakl zeigt in seinem Zweizeiler, dass man mehr nicht braucht, um die Menschen aufzuwühlen und sie misstrauisch gegenüber jeder Fischfrikadelle und ihrer Produzenten werden zu lassen.
Die Welt kracht aus den Fugen.
Der Heilbutt
ist kaputt.
Und der Heilbutt steht für alles, was heil war.
Der Butt ist Schutt.
Das ist die nächste Stufe; und vor der sollten wir uns hüten.

Drinnen oder draußen

Drinnen oder draußen?, dachte Ben, als er die Sonne betrachtete.
Ich sitz hier in meiner Küche, die vielleicht die Welt bedeutet, die vielleicht die Welt ist, denn es ist eine Alno-Küche, eine teure Küche, die sich nicht jeder leisten kann, und deren technische Hilfsmittel, wie etwa der Kühlschrank, vor der Sonne schützen, vor ihrer unerbittlichen Wärme, die Eis schmilzen lässt, die den Schimmel auf den Käse und die Brotscheiben bringt, wenn sie sich mit Wasser verbindet.
Ausgesperrt oder eingesperrt? Ben blickte durch das Gitter und wartete auf die Antwort.
Das Größere ist immer draußen, hatte einmal ein weiser Mann gesagt, an den sich Ben nicht erinnern konnte.
Die Küche war größer als die Schublade, dann war die Küche draußen und die Schublade drinnen.
Wenn man nicht raus kann, ist man drin.Auch so ein weiser Spruch.
Die Sonne konnte definitiv nicht raus, nicht raus aus ihrer Umlaufbahn. Oder war es die Erde? Jedenfalls konnte sie nicht in die Küche, also kam sie nicht raus, weil sie nicht rein konnte, und damit war sie drinnen. Und Ben in seiner Küche draußen.
Schade, dachte Ben, dass ich niemanden habe, dem ich das erzählen kann.
Komm doch mal raus aus deiner Butze, hatte irgendwer, an den sich Ben nicht mehr erinnern konnte, gesagt. Wenn der Recht hatte, dann war er drin.
Drin sein, dabei sein, in sein, abei sein. Jaja, dachte Ben, alles so ein Durcheinander. Wer sollte sich da noch auskennen?
Die Sonne definitiv nicht, das stand schon mal fest.
Ben drehte den Kühlschrank 2 Einheiten höher. Kühlen muss der Kühlschrank, murmelte er und ließ die Rollläden runter, damit die Sonne nicht rausgucken konnte. Denn die war drin.
Und immerhin war es ja Bens Küche.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Der Clown

Es gibt ihn in jedem Bekanntenkreis, in jedem Verein und unter den Arbeitskollegen: Den Clown. Wo es ihn nicht gibt, fehlt er einfach. Er macht die Witze, wir lachen darüber. Wir lachen auch, wenn wir die Witze platt finden, weil wir dazugehören wollen. Wir wollen Teil einer Gemeinde sein, die ihre Gemeinsamkeit im gemeinsamen Lachen über den Clown findet, weil sie sonst nichts hat, und die die lauten Töne bevorzugt, weil sie so deutlich sind, so erkennbar, so durchhörbar, deshalb so verständlich. Der Clown ist ein Einzelkind oder das Kind, das ein Junge werden sollte, obwohl es ein Mädchen ist. Er hat schon auf Geburtstagen der Erwachsenen seine Aufführungen gehabt, alle haben geklatscht, weil der kleine Mensch schon so lustige Sachen machen konnte. Das ist so geblieben. Obwohl der Clown schon groß ist, profitiert er immer noch vom Kindsein, greift zurück auf die alten Mechanismen. Das schräge Lachen der Gemeinde entlohnt ihn. Er ist glücklich in diesem Moment. Er glaubt sich selber als Teil dieser Menschengruppe, als dazugehörig, obwohl sie nicht mit, sondern nurüber ihn lachen, weil sei selbstgefällig denken: Gut, dass ich nicht so bin. Dabei steckt hinter der Maske die graue Einsamkeit, die Leere, der Misserfolg, Fuß zu fassen, seine Mitte zu finden, mit dem zufrieden zu sein, was ihm gegeben ist. Er rennt von Mensch zu Mensch, sucht seine Anerkennung, seine Aufgehobenheit, sein Angenommensein, und findet nichts. Der Clown ändert nicht sich, er tauscht die Menschen aus, mit denen er zusammen ist, denn sie erfüllen nicht seine Sehnsüchte; sie sind schuld an der Misere, sind Ursache für die Verdorbenheit der Welt, für die Mauern, die uns umgeben, die ihn nicht heranlassen an ihr Innerstes, weil sie ihn schon kennen. Sie haben schon erfahren, was es heißt, benutzt zu werden, ein Instrument gewesen zu sein, ein Mittel, aber auf keinen Fall ein Mensch. So macht der Clown weiter seine Scherze, immer auf der Suche nach neuen Menschen, die die Tragik seiner Komik noch nicht erkannt haben, die er noch nicht vertrieben hat. Und das ist kein Scherz, das ist nicht lustig, nicht zum Lachen. Das ist zum Heulen.

Weisheit süddeutscher Zeltfeste: Schunkeln

Mit Furunkeln
am Hintern ist schlecht Schunkeln.

"stream-of-consciousness-technique": Formulare ausfüllen

Karl sitzt am Küchentisch, ein Formular vor sich. Ja, gut, den Name angeben, das kann wohl jeder, sonst wüssten die gar, nicht , wer ich wäre, da hört der Spaß aber auf, von wegen Spaß mit langen a, das ist Spass mit Doppel-s, dann die Straße, Geburtsort, wer will das wissen, wenn da so ein weinseliger Vorstadtbeamter, Häuschen im Grünen versteht sich, zwei Kinder und eine Frau die Yogakurse besucht, weil sie den alten Wackelkopf nicht mehr aushält, wenn der abends nach Hause kommt, seinen Schlips zurechtrückt, die Hausschuhe paratgestellt und die Flasche Bier geleert, im Sessel sein Nickerchen macht, weil es im Büro heute so unruhig war, Publikumsverkehr, eine Person war da und die hatte sich noch verlaufen, was soll aus Deutschland werden, wenn sich degenerierte Sesselfurzer um die Belange der Bürger kümmern, über deren Anträgen Butterbrote verzehren und Kaffee trinken, den möchte ich sehen , der mir einen Kaffeefleck auf mein Formular trinkt, dem müsste man mit der bloßen Hand, Geburtsdatum, warum ist das wichtig, wenn es um eine belanglose, ich seh es vor mir, wie diese hirnlosen Staatsdiener sich vor Lachen die feisten Bäuche halten, weil sie sich köstlich amüsieren, dass ein rechtschaffener Bürger wirklich glaubt, sein Anliegen, in Form eines Formulars der Behörde vorgetragen, in den nächsten zehn Jahren bearbeitet werden würde. Ich glaube, ich sauge erst mal Staub oder räume die Spülmaschine aus.Karl steht auf und saugt Staub.

Günter Krass: Erinnerungen - Über den Wolken

Damals dachte ich noch, dass über den Wolken die Freiheit reisengroß sei. Ich war gestürzt und hatte mir die Haut unter der Nase aufgeschürft. Ich lag auf dem Rasen und starrte selbstbemitleidet in den Himmel. Wind Nord-Ost kam es mir in den Sinn, als ich die Luftbewegung am linken Ohr bemerkte. Jetzt auf einer Startbahn stehen, vielleicht Startbahn o4, was auch immer das bedeuten mochte, ein leises Motorengeräusch war zu hören, wohl Onkel Rudi, de ferne seinen Rasen mähte, oder mit der Motorsense seinen Graben ausmäht, nein, halt, das war ein schärferes Geräusch, bis hier hörte ich die Motoren, denn irgendwo da draußen musste ein Zweiter seinen Rasen mähen, so war das immer, wenn einer angefangen hatte, war schnell ein Weiterer dabei, jetzt dröhnte es in meinen Ohren, sie hatten ihre Gashebel bis zum Anschlag aufgezogen, dann der Regen, ich hatte ihn gar nicht bemerkt, der Asphalt nass, dachte ich beim Aufstehen, und - wie ein Schleier staubte der Regen. Der Asphalt bebte, als Günni in seinem Ford Capri an mir vorbeizog, wie ein Pfeil eben. Ich beschloss an diesem Nachmittag, Gitarre zu lernen und irgendwann als Liedermacher Karriere zu machen, wenigstens als Schlagersänger. Die Wunde unter der Nase war auch schon fast zugeheilt.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Sei wie der Wassertropfen

Ich habe Rücken, heißt es immer wieder, wenn Menschen auf ihre Unbeweglichkeit angesprochen werden. Der Sichfürweisehaltende, der hinter den Worten sucht, und das Okkulte, das Unentdeckte finden will, bietet gleich Erklärungen an: Der hat kein Rückgrad, die ist halsstarrig, starrsinnig, unbeweglich, unflexibel, verstopft und ein Geizkragen. Alles versteckt im Satz: Ich habe Rücken.
Wir sollten ablassen von Negativem, sollten uns dem Positiven hinwenden, sollten alte Gewohnheiten ablegen und Neues zulassen, damit das Alte ersetzt wird. Das biege ich schon hin, spricht der Rückengeplagte in seinem Alltagsstarrsinn, und glaubt, durch Biegen und Brechen die Probleme zu lösen, die ihm das Leben entgegenstellt. Gefehlt! Biegen und Brechen sind nur Ausdruck und Verlängerung seines Leidens, das die Unentwickeltheit seines Bewusstsein, seines Seins allgemein, widerspiegelt. Sei wie der Tropfen auf dem grünen Blatte, kann der Rat sein, der sein Leben in andere Bahnen lenkt. Sich den Gegebenheiten des Lebens anpassen, nicht starr herumsitzen, nicht durch die Gegend hinken, sondern sich anschmiegen, in die Ritzen und geheimsten Orte des Lebens kriechen, den Makrokosmos entdecken, das Hohle ausfüllen, die Leere in Fülle verwandeln. Der Wassertropfen macht es uns vor. Klein und unbedeutend erscheint er uns, und doch ist er Teil des großen Ozeans, aus dem wir alle stammen, und in dem wir zurückkehren werden. Mit meinem Rücken geht das nicht, ist die Ausrede, die schnell zu Hand ist. Vertane Zeit, wenn du auch nur einen Moment zögerst, den Rat zu befolgen. Aus dem Stand heraus wie der Wassertrofen sein, ohne Anlauf, ohne Vorlauf, ohne ein Morgenfangichan. Sieger sein über unsere Schwächen, denn wer sich selbst bezwingt, ist der Held! Wer wollte denn nicht immer der Held sein? Niemand. In diesem Sinne: Tropfen sein.