"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Der Clown

Es gibt ihn in jedem Bekanntenkreis, in jedem Verein und unter den Arbeitskollegen: Den Clown. Wo es ihn nicht gibt, fehlt er einfach. Er macht die Witze, wir lachen darüber. Wir lachen auch, wenn wir die Witze platt finden, weil wir dazugehören wollen. Wir wollen Teil einer Gemeinde sein, die ihre Gemeinsamkeit im gemeinsamen Lachen über den Clown findet, weil sie sonst nichts hat, und die die lauten Töne bevorzugt, weil sie so deutlich sind, so erkennbar, so durchhörbar, deshalb so verständlich. Der Clown ist ein Einzelkind oder das Kind, das ein Junge werden sollte, obwohl es ein Mädchen ist. Er hat schon auf Geburtstagen der Erwachsenen seine Aufführungen gehabt, alle haben geklatscht, weil der kleine Mensch schon so lustige Sachen machen konnte. Das ist so geblieben. Obwohl der Clown schon groß ist, profitiert er immer noch vom Kindsein, greift zurück auf die alten Mechanismen. Das schräge Lachen der Gemeinde entlohnt ihn. Er ist glücklich in diesem Moment. Er glaubt sich selber als Teil dieser Menschengruppe, als dazugehörig, obwohl sie nicht mit, sondern nurüber ihn lachen, weil sei selbstgefällig denken: Gut, dass ich nicht so bin. Dabei steckt hinter der Maske die graue Einsamkeit, die Leere, der Misserfolg, Fuß zu fassen, seine Mitte zu finden, mit dem zufrieden zu sein, was ihm gegeben ist. Er rennt von Mensch zu Mensch, sucht seine Anerkennung, seine Aufgehobenheit, sein Angenommensein, und findet nichts. Der Clown ändert nicht sich, er tauscht die Menschen aus, mit denen er zusammen ist, denn sie erfüllen nicht seine Sehnsüchte; sie sind schuld an der Misere, sind Ursache für die Verdorbenheit der Welt, für die Mauern, die uns umgeben, die ihn nicht heranlassen an ihr Innerstes, weil sie ihn schon kennen. Sie haben schon erfahren, was es heißt, benutzt zu werden, ein Instrument gewesen zu sein, ein Mittel, aber auf keinen Fall ein Mensch. So macht der Clown weiter seine Scherze, immer auf der Suche nach neuen Menschen, die die Tragik seiner Komik noch nicht erkannt haben, die er noch nicht vertrieben hat. Und das ist kein Scherz, das ist nicht lustig, nicht zum Lachen. Das ist zum Heulen.