Anglophile Menschen haben Mut zur Hässlichkeit


Der Engländer galt nie als besonders schön, eher als rothaarig und sonnenverbrannt, mit dem Hang zum Alkoholismus und nur schwer zu bremsender Aggressivität. Der klassische Schlägertyp, den man am Samstagabend nicht in der Dorfdisko treffen möchte, weil der einem binnen weniger Minuten ein blaues Auge verpasst hat, war dann schnell von einem Trupp Militärpolizisten zusammengeknüppelt und abgeholt. Dass sich dieses schlechte Abbild der Inselmenschen nicht halten lässt, sondern nur den Klischee über eine Besatzungsmacht entspricht, zeigen Schaufenster, deren Gestaltung in die Psyche des Nordeuropäers schauen lassen.
Die Zeit spielt die alles beherrschende Rolle. Die Zeit rennt und rennt, die Uhren ticken und mit ihnen ticken die Engländer, in der Hoffnung, das richtig zu tun. Und Zeit impliziert Vergänglchkeit; hier wird im Sekundentakt Vergangenheit geschaffen, schnell ist das Alter erreicht, in dem man nur noch Schwarzweißfotos von sich zeigt, weil die in Farbe die Schokoladenseiten als plumpe Fäschungen entlarven.
Aber Bildung ist dem Menschen auf der regnerischen Insel wichtig, zerbrechlich zwar, denn die Kostümierung der Absolventen zeigt: Hier werden alte Zöpfe angenäht statt abgeschnitten. Eine Portion Nationalgefühl wird beigemengt, indem man bei jeder Gelegenheit Flagge zeigt, ohne die Bedeutung der Metapher entschlüsselt zu haben; Ideale verraten, aber die Landesfahne schwenken, damit sie von der Rückgradlosigkeit ablenkt. Ein Huhn stellt man dem Szenario immer gern bei: Ländlichkeit soll betont werden, das Bodenständige, die Liebe zur Heimat. Derart vollgepfropfte Schaufenster assoziieren dem Betrachter, Raum zu schaffen, um die Zeit zu überwinden.
Der Ire lacht sich über den alten Erzfeind inzwischen kaputt und stürzt einen Becher Tullamore Dew oder Jameson hinunter, in der Hoffnung, dass die Liebhaber übervoller Schaufenster bei der Betrachtung innerlich ersticken.
Eine Lösung ist das allerdings nicht.

Karl-Friedrich "Khalef" Motzke: Campingtagebuch - 4



Das ist Kroiff. Er will nur spielen. Niemand weiß jedoch, was.
Oder nach welchen Regeln. Da denkt man sich Gespräch aus, wenn das Untier eines Nachmittags auf dem eigenen Terrain steht oder vielleicht hinüberschielt, weil es einen Platz braucht, um sich zu entleeren. Ein holländischer Hund. Der Holländer ist überall zu Hause, wenn er Urlaub macht, nur nicht zu Hause. Er reist in allen möglichen Gefährten, früher nur im Wohnwagen. Aber was soll man zum Hund fragen? Vielleicht versteht der Besitzer kein Deutsch? Na, will der nur spielen? Was kann er denn? Ja, hallo, nicht mit dem Arm spielen, aus, Hasso, aus, lass los, pfui, lässt du jetzt den Arm los, ja, Kroiff heißt der Hund, aus Kroiff, aus, Platz!
Der Hund spielt weiter. Der Holländer ist gesellig, freut sich am Hund und lässt die Bemerkung fallen, der Rüde sei kein Kampfhund, auch wenn der manchmal so tue; dass sei ein weißer Boxer, ein Albino quasi, die hätte man früher, aus, Kroiff, nein, ich will nicht spielen, aus jetzt, die hätte man früher getötet wegen der Reinrassigkeit bzw. eben Nichtreinrasssigkeit.
Früher, ja, früher, das nützt dem Bespielten jetzt auch nichts.

Redewendungen: Schwamm drüber


Früher hätte man darüber gelacht...

Geschmacklos: Gruppensärge für Hunde


Das ist kaum noch zu überbieten: Hatte man Mozart, weil entsprechendes Geld gegen Lebensende fehlte, in Wien in einem Massengrab verscharrt, sodass heute niemand mehr weiß, wo Mozart, Schöpfer göttlicher Musik, heute liegt, und der Wiener, der für diese Missetat verantwortlich ist, gleichzeitig lässig seinen Mokka schlürft, so hat die Haustierwelt auch eine morbide Tragödie erreicht: Gruppensärge aus Plastik für den treuen Freund der letzen 14 Jahre!
Dem unerschütterlichen Begleiter hätte man gern einen Stein gesetzt oder wenigstens im Garten unter der Lieblingsbuche verscharrt, vielleicht auf das Kaminsims gestellt, auf die Fensterbank, oder man hätte seine Asche in den Lieblingsplatz im Sofa massiert, so soll jetzt der teure Beller mit werweißwelchen Artgenossen in einem schnöden Karton aus Pvc oder ähnlichem Abfallprodukt der Erdölindustrie in die Ewigkeit hineinhausen. Das geht zu weit, hier ist der Tierschutz gefordert! Wer auf seine Freundschaft mit dem Tier hält, kann nicht diesen Dumpingbestattungstrend mitmachen; etwas mehr Pietät!

Georg Krakl:Der Fledermausmann


Der Fledermausmann wird für alle kämpfen
Der Lederhausmann kann das nicht.
Der Fledermausmann wird Gemüter dämpfen,
Arroganz und Eigennutz,
nicht wie der Lederhausmann Lutz,
der glattgegerbte Wicht,
der kann das nicht, der kann das nicht.

die farbigen sind im kommen
nicht die weißen
nicht die schwarzen
nicht die kleinen karierten

Helfer im Alltag: Bananenetuis

Hach, denkt man, was es nicht alles gibt: Ein Koffer für eine Riesenmundharmonika, die das teure Instrument vor Schmutz, Feuchtigkeit und Beschädigungen schützt. Ein bisschen unhandlich vielleicht, aber sicher nützlich. Dann klappt die Besitzerin des formschönen, gelben Etuis dieses auf und entnimmt nicht das vorgenannte Aerophon, sondern eine Banane. Der Betrachter staunt: Ist die Banane als frugale Frühstücksergänzung schon lästig, weil sie, wenn ins Büro mitgeschleppt, häufig von den im Aktenkoffer gelagerten Büchern und Unterlagen zerquetscht wird. Das wiederum hinterlässt dunkelbraune Flecken und einen unangenehmen klebrigen Brei in wertvollen oder wichtigen Dokumenten. Insgesamt eignet sich ein Apfel besser für den Transport an den Arbeitsplatz, er ist härter und kompakter und stammt aus der Region.
Bananen sind unhandlicher. Ein Bananenetui steigert das Ganze um ein Weiteres. Für Dokumente oder Arbeitsutensilien ist im Koffer kaum noch Platz, Priorität hat hier die unbeschadete Frucht im schützenden Behälter; manch Betrachter will diese Liebe zum unbefleckten Obst nicht nachvollziehen, auch nicht eine gesteigerte Fürsorge dem Obst gegenüber. Was kann dann den Menschen verleiten, solch monströsen Behälter zu verwenden? Zwar drängt sich auf, dass hier phallische Aspekte mitwirken, andererseits ist ein Zigarrenraucher auch nicht gleich ein unterentwickelter Sexist. Es ist vielleicht ein Werbegeschenk der Firma Tuppa. Man hat auf der letzten Plastidosenparty für über 300 € haltbares, aber überflüssiges Zeugs für Küche und Freizeit gehortet und diese gelbe Dose war ein Bonus, die Dreingabe, der Rabatt. Ein Rabatt den man sich schenken kann; im beobachteten Fall war es vielleicht die zukünftige Schwiegermutter. Mit dieser Erklärung muss sich der Betrachter zufrieden geben. Alles Banane!

Dumme Werbeslogans: Mit Brille wär das nicht passiert


Manchmal wär's sogar mit Brille passiert.

Günter Krass: Erinnerungen - Rohrstock -

Der Rohrstock ruhte in der Ablage für die Kreide unter dem Tafelblatt. Er war gedacht für Missetäter, die den Schulfrieden gestört hatten, ihre Hausaufgaben mehrfach nicht angefertigt hatten oder nicht in das Erziehungskonzept passten. Der Rohrstock hatte immer einen Namen; er wurde nach dem ersten Schüler benannt, der ihn auf seinem Hosenboden empfangen hatte. In erster Linie wurden Jungen geschlagen. Mädchen hatten immer ihre Hausaufgaben und schrieben sauberer. Sie malten schönere Bilder und konnten wie Mädchen gucken, was das Mitleid des strafenden Lehrers erweckte. Dass die Mädchen viele Jahre später beanspruchten, wie Männer behandelt zu werden, vor allem, wenn es um Rechte ging, verärgerte die damals Geschlagenen. Diese lehnten es dann ab, Frauen die Rechnung zu bezahlen, in den Mantel zu helfen und die Tür zu öffnen.
Der Rohrstock war als gerechtes Strafinstrument anerkannt; der aus Peddigrohr war besonders gefürchtet. Er pfiff durch die Luft, um anschließend und blitzartig einen beißenden Schmerz am Gesäß zu verursachen. Es war verpönt, zu weinen. Das war mädchenhaft, da war man schnell eine Heulsuse.
Das Peddigrohr stammten von der benachbarten Korbflechterei, die das Gerät in unterschiedlichen Stärken anbot. Besonders eifrige Schüler brachten auch Stöcke aus Weidenrohr mit, die aber den hohen Anforderungen nicht lange genügten. Wenn sie ausgetrocknet waren, wurden sie brüchig. Wenn sie bei der Strafausteilung abbrachen, konnte der Lehrer nicht beurteilen, ob die Strafe scharf genug ausgefallen war und musste eventuell nacharbeiten.
Die Geschlagenen waren für uns Märtyrer und wir bewunderten sie, wenn sie ein verkrampftes Lächeln präsentierten, um zu zeigen: Tat gar nicht weh. Doch wir wussten, dass der größte Schmerz die Demütigung war.
Wahrscheinlich tat es den Lehrern in der Seele weh, einem ihnen unterlegenen Menschen Schmerzen zuzufügen, aber sie musste ja ihren Erziehungsauftrag erledigen.

Frauenfeindliche Symbole für den Kühlergrill hässlicher Autos


Auf den ersten Blick denkt man: ein Zuhälterauto, große Kiste, potthässlich, amerikanisch, was für Angeber und Machos. Auf den zweiten Blick verhärtet sich die Hypothese: Nackte Frauen räkeln sich über der Stoßstange. Es ist fast unmöglich, dieses Bild zu beschreiben, ohne dass anzügliche Assoziationen ausgelöst werden.
Das Frauenfeindliche sind aber nicht die unbekleideten Leiber von weiblichen Personen, wenn auch nur stilisiert in Spritzguss, goldbronzefarben galvanisiert, sondern die Tatsache, dass die Damen bei einem Frontalzusammenstoß des menschenverachtenden Fahrzeugs demoliert werden, während der Fahrer ein Nickerchen in seinem Airbag macht, der sich natürlich punkgenau und lebensrettend aufgebläht hat.

Geschenktipps: Skelettaufhängung


Gerade zur Weihnachtszeit stellt sich die Frage wie jedes Jahr: Was schenke ich bloß Tante Frieda, Onkel Herbert, Oma Grete, Opa Horst? Die Reihe ließe sich ins Unendliche fortsetzen, die Zahl der zu Beschenkenden nimmt jedes Jahr zu, obwohl wir uns jedes Mal schwören: Nächstes Mal gibt es nichts, wir unterwerfen uns nicht dem Konsumterror. Dann aber sind Stützkäufe für Karstadt, Hertie oder Quelle angesagt, die nichts bringen, aber zum Fest der Liebe das Gefühl bescheren, man habe versucht, tausend Arbeitsplätze zu retten durch den Kauf von Sachen, die zu nichts zu gebrauchen sind.
Davon sollten wir uns trennen, denn es ist nur Scheinbefriedigung. Der Trend sollte zu Nützlichem gehen: Etwa einer formschönen Skelettaufhängung für den vor einem Jahr verschiedenen Primaten Bobo, den Onkel Horst in einem Karton für Skischuhe lagert. Die Augen des Onkels werden hell leuchten und endlich wieder Glanz bekommen, einen Glanz, den wir bei den letzten Bescherungen vermisst haben. Unser Glück spiegelt sich wieder in den Augen der Beschenkten, sagt ein altes indisches Sprichwort, kann aber auch aus Afrika stammen; Hauptsache, es ist was dran!

Mit Knopf, Herz und Hand....


Nicht knopflos herumrennen und Menschen verwirren.
In einer guten Bluse herumsitzen und ein spannendes Buch lesen.
Ruhe ausstrahlen.

Heute: Welttoilettentag


Frage zum Welttag:Wer hat sich den Scheiß denn ausgedacht? (Karl-Friedrich "Khalef Motzke)

Das kennt doch jeder: Auf der Autobahn, vorher Kaffee getrunken, Wasser dazu, soll ja gesund sein, und wieder vergessen, vor der Reise in den Urlaub die Flüssigkeitsmenge zu reduzieren, einfach, um Geld zu sparen. Raststätte. Normal habe ich Raststätten, die keine Bezahlklos haben, in meinem Atlas markiert, aber die Eintragungen sind fast alle schon überholt. Un diese ist definitiv keine. Aber der Druck ist hoch. Jetzt heißt die Frage: 50 Cent abdrücken und durch die Automatenschranke mit Gutschein für 20% Anzahlung eines Potts Rasthauskaffees an die Keramik, oder vorbei an einem schwarzen Mann, vielleicht sogar einem Exilrussen, der einen Unterteller mit relativ großen Münzen vor sich gestellt hat und von seinem Hocker aus mein Eintreten in die Bedürfnisbefriedigungsanlage beäugt. Vielleicht steht er sogar. Ich weiß gar nicht, welche Haltung bedrohlicher wirkt. Moderne Wegelagerei, denke ich, das hat es früher nicht gegeben, da hat man einem Reisenden, der später einen Kaffee an der Theke ordert, auch eine Möglichkeit gewährt, diesen bereits vorher zu entsorgen.
Nach Erledigung der geschäftlichen Dinge muss ich wieder am Raubritter der Neuzeit vorbei. Was gibt man denn so? Muss man überhaupt etwas geben? Die Toilettenmafia soll doch das ganze Geschäft in der Hand halten, Ostmafia vor allem, die haben schnell gemerkt, dass Geld nicht stinkt, auch wenn seine Herkunft das vermuten ließe.
Für den Russen will ich nichts geben, der setzt das doch gleich in Wodka um und schlägt seine Familie, das kann ich nicht unterstützen; aber vielleicht wird der aggressiv, wenn ich an dem vorbei will, und man weiß nie, wozu Menschen, die die Seele der Taiga in sich haben, diese Balaleikaschwermut, fähig sind. Und der schwarze Mann? Vielleicht hungert der, oder seine Familie und er schickt einen Notgroschen von dem hart ersessenen und erwischten Geld in die heimatliche Trockenzone, wo es nicht mal Trinkwasser gibt. Wir hier spülen damit unsere Klos!
Ich spähe vorsichtig auf den Flur, sehe den Teller, sehe einen leeren Hocker. Servicezeit, der Mann wischt! Ich presse das Geld in meine Faust und sprinte nach draußen. Entwischt. Und gespart. Ein Klogang, so billig wie früher, nur nicht so entspannt.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Die Hässliche-Schaufenster-Meditation


Raum und Zeit für eine Meditation ist immer, und immer mehr in der Vorweihnachtszeit ab Anfang November, wenn die Menschen sich durch die Straßen quälen und ihr Geld in die Geschäfte tragen, um ihren Mitmenschen und Lieben zu Hause Geschenke zu kaufen, die keiner braucht, nur, damit sie selbst auch Geschenke bekommen und nicht glauben müssen, niemand liebe sie. In dieser Zeit der Unrast und der langen Sätze, die kaum ein Ende finden, ist es geboten, den Geist zur Ruhe zu bringen, in Stille zu verharren, um neue Kraft daraus zu schöpfen.
Während die Frau oder die Mutter an der Warenfront kämpft und wir, die zurückbleibenden Männer, warten, kann die eigentlich unnütze Zeit mit Sinn gefüllt werden. Wenden wir uns einfach dem Schaufenster des Geschäftes zu, in dem die vorgenannte Dame entschwunden ist. Sie wird eine halbe Stunde fortbleiben, Zeit, uns um die eigene Gelassenheit zu kümmern. Selbst ein Schaufenster, an dem wir laut jammernd vorbeirennen würden, vor dem wir den Blick abwenden und fluchtartig, nach dem Autoschlüssel kramend, das Parkhaus aufsuchen, um schleunigst nach Hause zu fahren, bietet Objekte der Besinnung. Heften wir unseren Blick auf eine der Hässlichkeiten und konzentrieren uns auf sie. Bleiben wir beharrlich und schauen nicht zur Seite, lassen uns nicht von dem Straßenköter ablenken, der an unserem Hosenbein sein Revier markieren will, bleiben wir ganz bei der Sache und denken nicht. Lassen wir wirken. Atmen. Wirken lassen. Atmen. Das Objekt unsere anfänglichen Ablehnung wird seine Qualitäten entfalten und uns den Sinn seiner Existenz deutlich machen. Der liegt vielleicht im Verborgenen, in uns verborgen, so dass wir in uns suchen müssen, warum wir es ablehnen, wo unsere Blockaden liegen, die ein Lieben und Annehmen nicht zulassen wollen. Bleiben wir bei der Sache, gönnen wir uns die Zeit, so werden wir merken, dass dieser meditative Vorgang unser Leben bereichert. Wir werden innerlich klar und in uns strömt bedingungslose Liebe.
Vielleicht sollten wir für diese Meditation nicht goldbespritzte Weihnachtssterne nehmen, die jetzt massenhaft die Blumenläden verseuchen. Wenn wir Geduld haben, wird uns die nächste Wartezeit beschenken. Einmal ohne Groll auf die Rückkehr der Entschwundenen zu warten, kann schon Gabe sein.

Ekke Dützmann: Beziehungsberatung

Für Erfahrungen im Grenzbereich, deren Bearbeitung den vorübergehenden oder längeren Aufenthalt in Schrebergartenhäuschen, Baumhütten,Bauwagen, Gartengeräteschuppen, Atombunkern, Hundehütten oder Einmannzelten erfordert.Was tun, wenn's mal nicht rund läuft daheim?

Situation 1: Die Luft ist dick. Es hat gekracht, nein, ein Schwelbrand hat die Atmosphäre verdorben. Alle schauen stumpf in eine Ecke. Niemand sagt ein Wort. Alles befindet sich praktisch auf Messers Schneide. Dicke Luft.
Den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben ist die eine Sache; die andere wäre, die Sache auszusetzen und auszusitzen, um eine explosive Entladung zu provozieren,die vielleicht reinigt, oder auch die Explosion verhindern, weil sonst Verletzungen drohen durch herumfliegende Charakterzüge. Achtung: Rückzug ins Wochenend- oder Gartengeräteaufbewahrungshäuschen und eine angesteckt! Inhalieren und ausatmen. Die dicke Luft förmlich nachbilden, um sie anschließend zu überwinden. Ruhe. Nicht ein Spaten wackelt. Die Schubkarre wagt nicht zu quietschen.

Situation 2: Die Luft ist immer noch dick. Es ist zum Schwindligwerden. Die dämlichsten Antworten seit Bestehen der Wohngemeinschaft, und wo sind die hundert dummen Fragen dazu? Schwindel und Schwindeleien. Wie von der Schindel getroffen. Wanken. Alles dreht sich. Achtung: Rückzug ins Spatenhäuschen, ein freundliches Wort zur Schubkarre und dann den Korkenzieher angesetzt!
Ein, zwei Gläschen guten Roten inkubiert (oder so)und alles Schwindlige hat Ursache und Sinn. Lecker. Gläschen Nummer drei beschleunigt die Katharsis. Die Inkubation schreitet fort: Was der wieder ausbrütet?


Situation 4: Es ist viel gesagt worden. Jeder denkt: Es ist alles gesagt worden. Wörter und Worte schwirren im Kopf herum. Innerer Monolog. Es ist zum Heulen. Es ist zum Hinschmeißen: Alles oder sich selbst! Quatschköpfe und Quasselstrippen, Labertaschen und Tratschtanten. Stille, Stille, wo bist du? Geschnatter, Gequake, Gegacker. Widerlich. Achtung: Verstärken, potenzieren und schließlich mehrfach ableiten.
Hinsetzen! Heulen! Ganz ruhig! Ein gutes Buch lesen. Da sind viele Wörter drin. Der Kopf wird frei. Das Buch denkt für mich. Bevorzugt Bücher lesen, deren Titel die Wörter „sitzen“ und „weinen“ beinhalten. Alles ist im Fluss. Gut sind Titel, die auch das Wort „Fluss“ anbieten. Um wen geht’s den hier überhaupt? Um mich!!!! Um mich! Also, Tipp: Der Titel sollte auch das Wort „ich“ enthalten. Leider gibt es nicht sehr viele Bücher, die das erfüllen.

Situation 5: Alles kommt zusammen. Das sind die Tage, wo jeder gern nach Australien oder Irland auswanderte. Aber: Das ist auch nichts besser. Wer kann schon vor sich selber wegrennen? Und Irland ist viel zu nah. Grönland. Grönland ist an der Grenze, das ginge gerade so. Besser ist( und billiger bzw. risikofreier): Gartenhäuschen mit Zigarren, Rotwein und einem guten Buch!

Vincent van Eijnoor: Trauriger Hund (2007)


Trauriger Hund
Ein Hundeleben, das ist es, was man schlechthin immer häufiger dem menschlichen Dasein nachsagt, kein Leben von Menschen, für Menschen, ein Hundeleben. Dabei hat es der Hund gut, in der Regel, wenn er nicht gerade in Spanien oder Südamerika lebt, in Griechenland oder der Türkei, da, wo die Hunde dem Hundefänger entkommen müssen, um nicht in der Garküche eines Chinesen oder Kasachen zu landen. Oder wo sie herumstreunen und versuchen, sich ihre Nahrung von gutmütigen Touristen ergaunern, die vielleicht sogar gewillt sind, die Kläffer ins Heimatland zu bringen, um sie von ihrem Schicksal zu erlösen, um ihnen eine Zukunft wenigstens im Tierheim zu ermöglichen. Keine Kosten werden gescheut, damit das eigen Gewissen ruht, damit es endlich schweigt zur überfahrenen Katze letztes Jahr und zum plattgewalzten Igel nach durchzechter Nacht. Aber was tut man dem Tier an? Entrissen dem Mutterland, entrissen der Selbständigkeit, der Freiheit, überlassen der Öffentlichkeit als animalischer Sozialfall. Dosenfutter und dummbellende Artgenossen, das ist kein Hundeleben, das ist Hundelos, und zwar eine Niete. Da muss ein Hund traurig werden. Die Eu wird dazu demnächst eine Richtlinie erlassen, die den Transport von autonomen Mischlingen in benachbarte Länder streng limitiert. LimiTIERT!
Indrinda Khandi-Echt

Georg Krakl: Endlich (2009)


Endlich in den Körper schauen,
nicht mehr Ärzten blind vertrauen!

Pawel Pikass: Katze, ihren Schwanz betrachtend (2009)


Welche Meditation liegt in dieser Zeichnung! Ein Tier, dem man das Denken nachzusagen sich verwehrt, eine Kreatur, der inneren Einkehr unfähig, wie man glaubt, betrachtet versunken den eigenen Schwanz. Wie viel können wir Menschen daraus lernen? Wenn wir selbst uns vor das Bild knien und ruhig werden, still, konzentriert, auf die puristische Linienführung uns richten, wenn unser Hirn nicht einfach einen mehrfach geknickten, gekurvten, gebogenen Strich sieht, sondern eine Katze, die ihren Schwanz betrachtet, dann können wir zu der Erkenntnis kommen, dass das Ganze doch mehr ist, als die Summe seiner Teile. Hier greift der Kosmos ein, hier findet Schöpfung statt, und nicht nur als Kopfgeburt, sondern in einem umfassenden Zusammenhang, der seine Spuren in der Welt und in ihren Menschen und Dingen hinterlässt.
Almuth von Dingen

Georg Krakl: Schweinerippe (2009)

Beim Gartenfest aß ich gegrillte Schweinerippe,
die war so lecker kross und schweinegroß.
Ich dachte auch an Schweinegrippe.
Und: Ist das jetzt mein Todesstoß?

Ich war geimpft!
Was hatte man geschimpft
auf Impfung und die Pharmaindustrie!

Die Schweinerippe schmeckte mir wie nie!

WinFried Hackeböller: Hausschuh (rostfrei) (2009)


Zum Kaputtlachen! Mal ein Bild ohne Rost. Das passt doch gar nicht zu dem alten Hackeböller. Schlappen, sage ich da nur. Einen Schlappen haben, das ist doch für Fahrradfahrer ganz traurig. Eine Schlappe erleiden, das ist tragisch. Schalke etwa, die sind doch traumatisiert durch viele Schlappen.
Hackeböller hat's raus, wie er den Menschen des Medienzeitalters im Allerinnersten verletzen kann. Da hilft nur, Bild kaufen und an die Wand nageln. Anschließend mit Metallkrampen drauf schießen.
Ekke Dützmann

Pawel Pikass: Osterhase (2009)


Meister Pikass, mal von dieser Stelle aus: Der Osterhase kommt erst 2010 wieder und eigentlich ist das ein Mythos; den gibt es gar nicht wirklich, nur Leute, die andere gern mal über den Tisch ziehen wollen, verklickern denen, es sei eine besonders gute Tat, wenn man sich ein Bild dieses Nichteierlegers kaufen würde, vielleicht einen auf eine Million limitierten Druck zu 15,-€. Was der Käufer als günstig ansieht und hofft, die Ware wertsteigend ins Kinderzimmer zu hängen, ist nichts als Geschäftemacherei. 15 Millionen Euro! Zieht man mal die Herstellungskosten von 15,- Euro ab, dann bleibt da immer noch ein erkleckliches Sümmchen, um nicht zu sagen, eine Riesensumme! Denn die Versandkosten trägt ja wieder mal der Endverbraucher.Es wäre tröstlich, wenn man das Bild auch wirklich verbrauchen könnte, dann wäre nämlich weg.

Georg Krakl: Schwarzes Urinal (2009)


Bedenke, wie du lebst,
und auch, wonach du strebst.
In der Hölle schmeckt das Pilsbier häufig schal,
und schwarz ist jedes Urinal.

(Aus: Georg Krakl - Zur Hölle mit schalem Pilsbier,
Minden 2009, S. 5)

Karl-Friedrich "Khalef" Motzke: Aus meinem Campingtagebuch - 3


Wenn das Wetter schlecht ist im Urlaub, was nicht vorkommen darf, fotografiert der Passionierte den Makrokosmos des Urlaubsdomizils, damit der Dia-Abend einen Sinn bekommt. In der Auvergne, dem Bayern von Frankreich, regiert mitunter der Regen, und es gibt ein Überangebot an schleimigen Gesellen, die manchem Feinschmecker gern auf dem Teller lägen. Hat man den Hang zur Grillwurst oder dem Kotelett aus der Pfanne, kann das den Appetit auf das abendliche Stück Fleisch vergrämen. Im Gras kann man die glitschigen Kreaturen noch dulden, aber wenn sie morgens am Moskitonetz des Schlafzeltes emporkriechen und eine Spur aus einer undefinierbaren, eher durchsichtigen Masse hinterlassen, ist das kein guter Start in den Morgen. Gut, man sollte nicht Ökoplatz buchen, wenn man damit rechnet, dass der eine oder andere Regen fällt, denn die Gesellen kommen aus dem Buschwerk, das sich schließlich als Feuchtbiotop enlarvt. Die trockene Jahreszeit variiert. Der Nachbar aus Hildesheim kratzt mal wieder mit Handfeger und Kehrblech die kriechenden Leckerbissen zusammen, um sie dann auf Platz 10 zu entsorgen, der gerade frei ist, aber heute Abend mit Sicherheit von einem Durchreisenden okkupiert werden wird. Selber schuld!, klingt es im Inneren. Die Verwunderung wird groß sein, dass sich hier Schnecken versammeln; wer weiß, wofür sie demonstireren wollen? Selbst Kampfhund Beppo kann mit dem sich windenden Fleisch nichts anfangen, schließlich liegen die nicht in der Knoblauchtunke, die Herrchen immer dazu nimmt.Das Schlimmste aber ist, wenn man die Stielaugen betrachtet, die aus den weichen Körper wuchern: Der Urlaubsuchende fühlt sich beobachtet. Als wenn es nicht reichte, wenn es verstohlene Blicken von den Plätzen 12, 14, 26, 16 und 11 gibt. Eine Ferienwohnung kann eine Alternative sein.

Texte ohne Bildzusammenhang: Aggressive Schaufensterpuppen


Die Welt wird kälter,
selbst die Schaufensterpuppen ballen die Hände zur Faust.
Das hätten sie früher nie getan, da waren sie herzliche, offene Gestalten,
die uns glauben ließen, wir würden ihnen eine Freude machen, wenn wir die hässlichen Fummel, die uns die Mode diktiert hatte, von ihren Kunststoffkörpern weg kauften.
Jetzt sind sie aggressiv, weil wir ihre Masche durchschaut haben. Wir geben uns schlau. Dabei haben wir FDP gewählt. Im Durchschnitt jeder Wähler ein bisschen.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Metallgeländermeditation


Oft fehlt uns der Halt im Leben, wir sind wieder einmal enttäuscht worden. Fifi begrüßt Nachbar Theo freudiger als uns selbst, die Frau geht zum Frauenspoort und bleibt nicht zusammen mit uns vor dem Fernseher sitzen, höchsten wenn eine langweilige Tiersendung kommt; der Drucker streikt und es regnet aus trübem Himmel.
Wir glauben, alles habe sich gegen uns verschworen, alles habe uns verlassen, niemand sei mehr bei uns, mit uns, halte uns die Hand, führe uns durch dunkle Tage und helfe uns, nicht am Leben zu verzweifeln. Auf Mensch und Tier ist kein Verlass, sogar Maschinen, diese gefühllosen Helfer im Alltag, versagen ihren Dienst.
Da ist es gut, zu wissen, wie wir uns selber helfen können:
Metallstangen können uns helfen in Momenten der Ohnmacht, Halt zu geben. In guten Tagen haben wir sie verächtlich als aalglatt, eiskalt und hart eingestuft, in den schlechten werden sie zu guten Freunden. Sie sind an vielen Stellen zu finden, in öffentlichen Gebäuden und an U-Bahnstationen etwa. Legen wir beide Hände fest um die Stangen und spüren wir den Stangen nach. Was wollen und was können sie uns mitteilen? Geben? Lehnen wir uns nach hinten, sorgen sie dafür, dass wir nicht umkippen, beugen wir uns nach vorn, verhindern sie, dass wir, symbolisch gesehen, die gesellschaftliche Kellertreppe hinunterfallen und uns vielleicht das Jochbein oder einen Arm brechen. Wir bleiben an unserem Platz und wissen endlich, wohin wir gehören. Mit jeder Mínute, die wir verharren, greifend, klammernd, festhaltensd, erfahren wir, dass auch wir geborgen sind im Universum, dass wir dazugehören, egal, wen Fifi fröhlich ankläfft, egal was unsere Frau tut. Auch unser Drucker scheint nur noch ein sinnloses, überflüssiges Ding zu sein, das streiken kann, wann es will. Es interessiert uns nicht. Und wenn wir unsere Hände lösen, dann ist klar: Wir haben uns umsonst gesorgt, wir sind wieder im Rennen, mit uns muss man rechnen!

20 Jahre Mauerfall


Frau: ich habe das Gefühl, dass ich von einer Kaffeemaschine verfolgt werde.
Mann: Blödsinn.
Frau: Das ist ja wie damals in der Ostzone.
Mann: Du meinst DDR.
Frau: Ich meine schon Ostzone.
Mann: Hatten die denn damals Kaffeemaschinen?
Frau: Nein. Die haben ja sogar auf so ein Plastikauto wie den Trabbi 10 Jahre gewartet.
Mann: Na, also.
Frau: Trotzdem.
Mann: Das heißt doch jetzt Ostdeutschland.
Frau: Nein, es heißt immer noch Kaffeemaschine.
Mann: Versteh ich nicht.
Frau: Die Stasi hat doch jede Menge Spitzel angeheuert.
Mann. Auch Kaffeemaschinen?
Frau: Gab's doch gar nicht damals. Die haben immer selbst aufgebrüht.
Mann: Also hinkt der Vergleich doch.
Frau: Ostzone ist Ostzone.
Mann: War.
Frau: Trotzdem.
Mann: Fühlst du dich denn bedroht?
Frau: Infiltriert.
Mann: Haha, wegen Kaffeemaschine. Ich verstehe.
Frau: Du hast doch keine Ahnung, wie das damals war.
Mann: Du doch auch nicht. Du warst doch im Westen.
Frau: Das Gefühl zählt aber.
Mann: Typisch Frau. Immer aus dem Bauch heraus.
Frau: Spielst du jetzt auf meine Figur an?
Mann: Ich geh wieder nach drüben.
Frau: Was soll das denn jetzt?
Mann: Ist nur so ein Gefühl.
Frau: Drüben gibt's nicht mehr.
Mann: Mir doch egal.

Gedichte mit doofen Floskeln: Georg Krakl - Ein Stückchen weit (2009)

Von oben auf die Welt zu schauen
verschafft der Welt Zufriedenheit
und wohliges Vertrauen,
als sei es gar nicht höchste Zeit,
als sei das Leben ganz im Lot,
als gäb's nur Glück und keine Not.
Von unten auf die Welt zu blicken,
das wird die Lage nur verzwicken,
das geht ihr quer, das schafft nur Trauer,
da reagiert sogar der Mischwald sauer.
Es ist wohl mittlerweile Zeit,
zu insistieren,
nicht nur dem Gelde nachzugieren.
Und wenigstens ein Stückchen weit.

Gedichte um die Monarchie herum: Georg Krakl - Ich hab dich lieb (2009)

Ich hab dem König einen Brief geschrieben:
Ich liebe dich!
Es ist bei diesem Brief geblieben.
Er mag mich nich.
(Dazu lesen: Wolf Wondratschek: König-Ludwig-Lied, Chuck's Zimmer, München 1974)

Gedichte zu Beziehungen:Georg Krakl - Mitternachtsmandala (2009)

Mitternachtsmandala

Ich lieg im Bett
Und rundherum nur dunkle Nacht
Es ist die Bernadette
Die komische Geräusche macht
Ich hab sie in der Bar getroffen
Sie war schon ziemlich angesoffen
Jetzt schnarcht sie laut
Ich habe Gänsehaut
Wie schnell hat man die Frau an sich im Bett
Zumindest Bernadette
Von Scham vermiss ich jede Spur
Doch leider schläft und schnarcht sie nur

(Dazu lesen: Wolf Wondratschek - Mitternachts-Mandala, München 1974, Chuck’s Zimmer

Gedichte mit überlangen Zeilen


Georg Krakel: Markt der Möglichkeiten (2009)
Du rennst und suchst
den Markt der Möglichkeiten
schaust und fluchst
und blickst zu allen Seiten.
Verdammter Platz!
Sprich einen Satz
Komm, melde dich!
Der Markt der Möglichkeiten rührt sich
nicht.
Es ist doch seine Pflicht!
Wie du das hasst!
Du hast ihn just verpasst.
Er lag am Boden unter dir,
du bist kein witternd' Tier
du hattest einfach kein Gespür
dafür.
Du rennst jetzt weiter, rennst
und suchst
und fluchst.
Schau hin, dass du den nächsten Markt der Möglichkeiten nicht verpennst.

Pawel Pikass: Weihnachtsmann (2009)


Zu früh, Meister!
(Das kennen wir doch schon von Picasso - lustige Namensähnlichkeit, übrigens, lustig, hahahah!- mit dem Kugelschreiber ein richtiges Geschäft zu machen. Der Meister, der sich ja dann auch mit farbigen, aber viel teureren Bildern durchgesetzt hat, war sogar zu bequem, den Stift abzusetzen, sondern zeichnete seine Figur in einer Handbewegung aufs Tapet. Wird ja nicht bezahlt, das Absetzen und Neuanfangen, soll er gesagt haben, als er ca. 1100 kleiner Zeichnungen angefertigt hatte und Frühstückspause machen wollte. Seine Muse Gaia, die er liebevoll "Pampel" nannte, hatte ihm frischen Orangensaft gepresst und servierte dazu eine selbstgedrehte Zigarette. Pikass scheint dieses System, mit Billigprodukten den Markt zu überschwemmen, um damit renommierten Künstlern zu erschweren, ihre Ölfarbenschinken an den Mann zu bringen, übernommen zu haben. Auch hier wieder alles in einem Strich, schlichtes Material und überschaubare Thematik. Vorteil gegenüber Picasso: Billiger und man kann erkennen, was der Künstler darzustellen versucht hat. Weiter so; demnächst bei Karstadt, wenn die bis dahin nicht pleite sind.)

Kann der Kasper noch Vorbild sein?


Der Hohensteiner Kasper war früher ein naives aber letzendlich dann doch pfiffiges Kerlchen, das am Ende alles zum Guten wenden konnte, entweder dem Krodidil eins mit Klatsche überbraten, den Teufel eins zwischen die Hörner geben oder dem Ganaoven kräftig in den Sack treten, in dem dieser sein Diebesgut wegschleppen wollte. Den Kasper ließen wir fröhlich auf der Bühne seine Dinge erledigen, nach dem Motto, wo Worte nicht helfen, kann ein kräftiger Schlag auf die Zwölf nicht verkehrt sein, und hofften, dass sich unsere Kinder ein Beispiel an ihm nehmen. Wenn dann Klein-Tobi im Kindergarten statt Klatsche die Sandschaufel nimmt, um Lucas, den er fälschlicherweise für ein Krokodil hält, attestiert Tante Laura dem Zögling eine diffuse Aggressivität, die therapiert werden müsse. Da wünschen sich die Eltern die verpönten Teletubbies herbei, die zwar sprachlos machen, aber wenigstens keine Waffen benutzen. Der Kasper als Retter der Welt hat ausgedient, die einfachen Lösungen sind nicht mehr die besten. Auch wenn das Publikum laut johlt, wenn dem verhassten Teufel so richtig einer übergezogen wird, ist das kein Argument, schlagende Beweise zu fördern.
Auch die neue Variante des Kaspers, der dem veränderten Zeitgeist entsprechen soll, kann da nicht weiterhelfen: Die Mütze mit Blattgold belegt, die Nase vom Schönheitschirurgen zugespitzt, das Gebiss aus dem Dentallabor und die Lippen rotgeschminkt - das kann nicht überzeugen. Die Erwachsenen halten ihn für sexuell desorientiert und die Kinder für ein Weichei, dass getreu dem Motto "Gewalt ist keine Lösung" daherschwafelt und in Tränen ausbricht, wenn er nicht die Bösen bekehren kann. "Heulen statt Beulen" hatte er sich auf die Fahne geschrieben; aber wer will das wirklich lesen? Niemand.

Georg Krakl: Drüben gibt's auch schon nicht mehr (2009)


Volle Kanne, alles im Eimer,
laut heult der Reimer,
der sich Dichter nennt,
er gießt sich Likör auf die Lampe
und er flennt und flennt und flennt
Hat den Anschluss verpennt,
an neudeutsche Dichtung.
Eine mächtige Wampe,
die nennt er sein eigen,
die will er auch zeigen,
aber die Richtung
der neuen Gedichte,
den Clou dieser Dichtergeschichte,
die weiß er nicht,
denn er war da nicht wach.
Das hält ihn in Schach,
er kann sich nicht rühren,
den Zeitgeist nicht spüren.
Geh doch nach drüben, so schreit's immer mehr.
Aber drüben? Das gibt's auch schon nicht mehr.

Großer Wettbewerb: Basteln für Bodo(s Welt)


Es gibt so viel Unnützes auf der Welt, so viel Hässliches, das man sich heimlich wegwünscht, aber nicht laut sagt, weil es nett gemeinte Geschenke sind, warum also nicht dem Ganzen noch ein paar Abscheulichkeiten hinzufügen?
Wer etwas für Bodos Welt bastelt, kann wenigstens sicher sein, dass sich die Redakteure darum reißen werden, einen lustigen Artikel über das Produkt zu schreiben. So hat das Sebstgebastelte doch einen Sinn. Es bringt ein Lachen in die Welt. Und: Es muss nicht immer ein Fensterbild sein! Es gibt schöne Werkstoffe, die man zu diesem Zwek missbrauchen kann. Also, ran ans Werk! Der Sieger erhält alle Objekte für seinen Hobbykeller!
Wer sein Objekt nicht persönlich oder per Post übermitteln kann, darf auch ein digitales Foto schicken.
Einsendeschluss ist Heiligabend.

Männer sind Schweine


Wenn die Deutschrockgruppe "Die Ärzte" hinausposaunt, Männer seien Schweine, muss sich der Mann wohl Gedanken machen, wie es zu einer solchen Selbstbeschmutzung kommen kann. Dazu zieht er sich normalerweise in sein Innerstes zurück und guckt ein Fußballspiel, trinkt ein paar Flaschen Bier und raucht eine Schachtel Zigaretten. Am nächsten Tag ist dann alles wieder klar.
Es gibt aber immer wieder Männer, die früher als Typ "Frauenverstehenversucher" scheiterten, die das selbstironische Moment des Liedes nicht verstanden haben, und in eine Art Büßergewand schlüpfen, das wir normalerweise nur aus dem Tatort kenne, wenn die Spurensicherungn vor Ort ist. Dort sind die Anzüge weiß, hier sind sie rosa, schweinchenrosa eben. Der Anzug ist schweißtreiben, sodass ein entsprechendes Körpergefühl aufkommen kann. "Schwitzen wie ein Schwein" und "Stinken wie Schwein" werden sofort assoziiert, auch von der umstehenden Bevölkerung.
Dass aber selbst menschliche primäre Geschlechtsmerkmale in diese Buße mit eintauchen müssen, gebietet Vorsicht. Was will uns der Träger eines geringelten, rosafarbenen Schweineschwanzes sagen?
Vielleicht sollten wir ihn fragen, bevor es zu spät ist und ein hilfloser Mann, der früher ernsthaft versucht hat, sich Frauen verstehend, nachfühlend, ja empathisch zu nähern, auf die schiefe Bahn gerät.

"Männer sind Schweine" anhören

Günter Krass - Erinnerungen: Autorebellion

Wir haben uns die Haare wachsen lassen, weil wir aufbegehrten, weil wir anders sein wollten als die Elterngeneration mit ihrem Besserwissertum, diese Generation der Richtigtuer, die in ihren Gärten wurschtelte, wenn es am Haus nichts mehr umzubauen gab, die sich nachkriegsgetrieben Schmerbäuche anfutterte und Zigarettenrauchen für normal hielt, die Bier mit einem Korn dazu trank und am Silvesterabend Bowle schlürfte und dazu Salzstangen knapperte, bevor der Kartoffelsalat mit den obligartorischen Würstchen im zarten Saitling, später in zarter Eigenhaut serviert wurde. Unsere Haare reichten bis zur Schulter und darüber hinaus und man verspottete uns als Mädchen, weil uns sonst nicht beizukommen war. Schließlich begriffen wir, dass lange Haare allein die Gesellschaft nicht veränderten. Die ersten Abtrünnigen, vielleicht Enttäuschten, begannen, zum Frisör zu gehen und sich pflegeleichte Kurzhaarfrisuren verpassen zu lassen.
Einige wenige blieben bei den langen Haaren und protestierten unermüdlich weiter, sie ließen nicht los von den alten Zielen und glaubten, dass irgendwann ein sozial verträglicher Kommunismus die Welt steuern würde oder ein "Make love not war" das Bewusstsein verändert hätte. Ihnen war entgangen, dass sie selbst die Generation waren, die sie immer noch provozieren wollten.Ein fatales Versäumnis, denn mittlerweile waren die Kinder fast schlimmer als die Erwachsenen damals: Sie nahmen die Langhaarprotestler überhaupt nicht zur Kenntnis,sie hatten nicht mal Spott für sie übrig, denn selbst das Fernsehen zeigte sie nur, wenn uralte Hits von Greisen gespielt werden mussten. Und dafür hatte doch jeder Verständnis, dass man auch im Alter etwas Sinnvolles tun musste, wenn nicht Makramee, dann Hardrock.

WinFried Hackeböller: Autorebellion (Rostlaube) (2009)



Georg Krakl: Rostlaube
Sitz in meiner Rostlaube.
Vergangen mir der Ostglaube.
Dem Volke alle Macht!
Hab heimlich damals schon gelacht.

Georg Krakl: Entschuldigung (2009)


Du Rechteck, du Quadrat,
du Grade und du Schief,
du Nagel, Öse, Niete!
Du Hilfe, die ich rief,
und niemals kam.
Du Kram!
Du Glutamat!
Du, Stippvisite!
Ich weiß nicht, was ich sagen wollte,
ich tat es, weil Carola schmollte.
Entschuldigung!
Für mich: Ent-Huldigung!