Müffelnde Halstücher

Fury roch damals nach Pferd. Das haben Pferde so an sich. Aber Pete, die alte Knitterbacke, dieser nette, freundliche, immer gut gelaunte Greis von 52 und gefühlten 80, das war eine Herausforderung, also mehr das Halstuch. Pete war immer nett am Set, hatte immer einen Rat auf Lager, er verkörperte im Film das, was er auch im Leben war, und das Halstuch, das trug er auch privat. Ich weiß gar nicht, ob das Halstuch aus der Zeit vor Fury war, oder ob es so speckig aus dem Fundus kam. Wenn wir traurig waren, konnte Pete trösten, wenn uns der Regisseur mal wieder richtig zusammengeschissen hatte, dass wir in keine Satteltasche passten, kam unser guter alter Faltenbalg, wie wir ihn gerne nannten, und fing an zu knuddeln. Er war ja auch ohne Frau und im Film kamen sowieso keine Frauen vor, das hätte den Plot ja noch komplizierter gemacht. Diese Drückerei jedenfalls sollte uns wohl wieder aufbauen, und das hat es dann auch, anders als Pete dachte. Immer wenn er uns losließ, gaben wir diesen ausatmenden Stoßseufzer von uns, weil wir die ganze Zeit die Luft angehalten hatten. Das war wie Extremtieftauchen ohne Atemgerät, denn Pete konnte lange und heftig drücken. Vielleicht brauchte er das auch irgendwie, er hatte ja auch Bedürfnisse, aber sein Halstuch hat uns einfach die Luft genommen. Pete dachte bei unseren erleichterten Ausatmern immer, das uns jetzt wohler sei. War es ja auch. Später haben wir uns aus den Augen verloren; ich habe Pete nie ohne dieses Halstuch gesehen.

Dein Bandana stinkt

Laura lehnte sich an Hotti und war glücklich. Sie spürte seine Wärme und es störte sie überhaupt nicht, dass er einen Kopf kleiner war als sie. Wenn sie saßen oder lagen, fiel das kaum auf. Sie sog die laue Abendluft ein und betrachtete den sinkenden Feuerball am Horizont, dessen letztes Licht die kommende Nacht ankündigte. Hotti bewegte sich, er schmiegte sich an sie und blickte hoch. Seine Augen strahlten, er musste glücklich sein, er war glücklich. Laura. Meine Laura, dachte er. Wie lange hatte er gezögert, sie anzusprechen? Die Zeit war zwischen seinen Händen verschwunden wie ein  Eiswürfel, den er sich häufig aus seinem Bourbon geklaubt hatte und dann gedankenverloren betrachtet hatte. Wie klein war die Zeit geworden, wie unbedeutend. Jetzt hielt er Laura im Arm, es störte ihn nicht, dass sie einen guten Kopf größer war. Ein guter Kopf, hahaha, dachte Hotti, ja, sie hatten einen guten Kopf, da gab es nichts dran zu rütteln.
Jetzt standen sie vor Hottis Harley und betrachteten den Sonnenuntergang. Laura küsste Hotti auf den Kopf.
Da war er wieder. Dieser Geruch. Was kann das sein?, dachte Laura. Sie hatte geduscht heute Morgen, Hotti gestern nach der anstrengenden Tour durch das Valley.
Sag mal, Hotti, kann es sein, dass dein Bandana stinkt?
Hotti flüsterte: Ein Bandana wäscht man nicht. Ein Bandana ist für die Ewigkeit.
In diesem Moment wünscht sich Laura, sie wäre einen guten Kopf kleiner als Hotti, obwohl, nein, dann wäre sie fast zwergwüchsig, nein, Hotti  wäre zwei Köpfe größer als sie.
Das hatte sie nicht gewusst: Dass man sein Bandana nicht wäscht, nicht mal in der Handwäsche wahrscheinlich.
Laura schluckt und wusste, dass diese Beziehung am Anfang ihres Endes stand.

Die Musik zum Sonnenuntergang: Hey Baby (Jimi Hendrix)
Lieder mit Bandana drin: Me and Bobby McGhee (Janis Joplin)

Mäckes-Barbie im Verkauf

Kunde: Barbie, gib mir ein Mettbrötchen!
Barbie: Nenn mich nicht Barbie.
Kunde: Du duzt mich doch.
Barbie: Trotzdem.
Kunde: Heißt du nicht Barbie?
Barbie: Schon.
Kunde: Wie soll ich dich denn dann nennen?
Barbie: Das ist nicht mein Problem.
Kunde: Finde ich schon.
Barbie: Ich habe keine Probleme....
Kunde: Blödsinn.
Barbie: ...höchstens mit Kunden, die mich Barbie nennen und ich das nicht will.
Kunde: Ich nenn dich einfach Barbie.
Barbie: Lass das.
Kunde: Wenn du  aber doch so heißt?
Barbie: Es gibt auch andere Namen. Wie heißt du zum Beispiel?
Kunde: Herbert.
Barbie: Ich sag ja auch nicht Herbert zu dir.
Kunde: Doch, hast du gerade gemacht.
Barbie: Hab ich nicht.
Kunde: Und ob. Du hast gesagt: Ich sag ja auch nicht Herbert zu dir!
Barbie: Ich heiß ja auch nicht Herbert.
Kunde: Das war ein Zitat.
Barbie: Wie du willst.
Kunde: Ich will ein Mettbrötchen.
Barbie. Wie du willst. Nicht: Was du willst.
Kunde: Ist hier ein Burgerking in der Nähe?
Barbie: Du musst dich endlich entscheiden.
Kunde: Ich nehm dann die Nulldiät.
Barbie: Typisch Mann. Immer gleich beleidigt.
Kunde ab.

Umarmen oder Umarmtwerden?

Manche halten es für ein Grundbedürfnis: Umarmt zu werden. Neidisch blicken die am Rande Stehenden auf das Herzen und Kosen der Nachbarschaft, die Thekenfreundschaften und Grillbekanntschaften schließen und sich in bierseliger Laune in den Arm nehmen. 
Damals nahm Mutter die Kleinen in den Arm, drückte und küsste; manchmal ließ sie die Kleinen in der Ecke stehen und brüllen, sie sollten bloß nicht verweichlicht werden, und überhaupt hatte sie einen Kessel Buntes auf dem Herd, da war jetzt keine Zeit zum Knuddeln; auch Friedhelm, der Postbote, konnte jeden Moment vor der Tür stehen mit der neusten Ausgabe von "Die moderne Hausfrau". Vor allem sollte solch temporäre Ignoranz, auch wenn Mutter das Wort nicht kannte, auf oben genannte Situationen vorbereiten. Abseits stehen und nicht umarmt werden. Früher konnten die Kleinen brüllen. Heute wäre das unschicklich. Aber kompensiert werden muss der Frust auf jeden Fall. In seiner zurückhaltenden Form sehen wir Menschen, die sich selbst umarmen. In einer mittel-lästigen Form rennen die Menschen hin und drücken alles, was vom anderen Geschlecht ist; das findet sich oft bei benachteiligten Männern, die Opfer sind vorwiegend Frauen, welche häufig im Unterleibsbereich zurückweichen, weil sie dem Überraschungsangriff anders nicht begegnen können. In der traurigsten Form tritt uns der Große Weltumarmer entgegen, der alles, was ihm vor die Brust kommt, in seine Arme schließt und glaubt, er habe etwas Engelhaftes in seinem Tun erkannt, das die Menschen glücklich machen müsse.
Was liegt in der Kindheit nicht alles begründet und verborgen!
Ist denn Umarmtwerden überhaupt ein Grundbedürfnis, oder nur eine bittere Reminiszenz an das Rumbrüllen hinterm Küchenherd, weil Mutter gerade die "Moderne Hausfrau" in die Hände gedrückt bekommt? 

Kleidung hat Funktion

Kleidung muss nicht immer zweckmäßig sein. Sie muss auch nicht immer schön sein. Kleidung bedeckt den Körper und ermöglicht es den Menschen, nicht nur nackt herumzulaufen, sondern bekleidet.
Das ist die Funktion von Kleidung, die Vermeidung von Scham. Was wäre, wenn alle nackt herumliefen und keiner wüsste was davon? Dann wären wir wieder im Paradies und müssten nur aufpassen, nicht wieder von diesem Apfelbaum zu essen, nicht wieder der Schlange zu lauschen, nicht auf Eva hereinzufallen. Die Frage stellt sich dann aber: Wer von den abertausend Frauen ist denn Eva?
Egal. Noch ist keiner nackt, und wenn, merkt das jeder sofort; also: Kein Paradies.
So gilt es, ein wenig auf sich zu achten, denn Kleidung kann ja schön sein, Kleidung kann auch anderen Zwecken dienen, zum Beispiel, sie später auszuziehen. Wenn man das vielleicht zu zweit macht, dann  hat sie ihre profane Funktion überwunden und steigert sich in zwischenmenschliche Dimensionen, die ihrer entbehren können. Das kann gefühlt der Warteraum zum Paradies sein, welches aber wieder mal geschlossen hat. Und zwar bis auf Weiteres. Vorsicht, wenn in den Warteraum die Morgensonne scheint.

Da ist was schief gelaufen...

Mücken umschwirr'n mich,
wie Motten das Licht.

Wer weitere Missverständnisse vermeiden will, hier ein Film in deutscher Sprache mit deutschen Untertiteln. Da geht nichts mehr scheif.

Nicht nur im Kino: Vor der Blutsbrüderschaft den Test machen

Karl: Du sollst nicht immer unter mein Lederhemd fassen!
Winne : Sieht doch keiner!
Karl: Ich mag das nicht!
Winne: Bist du Rassist?
Karl: Ich bin Deutscher.
Winne: Na, also.
Karl: Was heißt das?
Winne: Ein Rassist, der Deutscher ist, lässt sich nicht gern unter die Bluse fassen.
Karl: Das ist keine Bluse!
Winne: Aha!
Karl: Das ist ein Lederhemd mit Fransen.
Winne: Und wo trägt man das sonst?
Karl: Das kann man immer tragen.
Winne: Sollten wir nicht eigentlich Blutsbrüderschaft machen?
Karl: Wie, machen?
Winne: Also, ich schneid mir ein Loch in den Arm und du auch, und dann pressen wir die Arme aufeinander.
Karl: Das mag ich nicht.
Winne: Was jetzt?
Karl: Die Blutsbruderschaft.
Winne: Blutsbrüderschaft.
Karl: Klugscheißer.
Winne: Also, was ist jetzt?
Karl: Mit dem Schneiden, das mag ich nicht.
Winne: Komm, ist doch nur ein kleiner Schnitt.
Karl: Und wenn nicht?
Winne: Komm, jetzt sei keine Memme.
Karl: Nenn mich nicht Memme!
Winne: Wenn's doch stimmt?
Karl: (haut seine Schmetterfaust an Winnis Schläfe) Da hast du deine Memme!!!!
Winne: (kippt um)........
Karl: Und überhaupt! Hast du mal an Aids gedacht?
Winne: ......

Nina Ruge: Alles wird gut

Irgendwie fehlt das im Fernsehen, dieses "Alles wird gut!", so betulich, so unverbindlich und doch unverbrüchlich in der Verbindung mit dem staunenden Zuschauer, so weise dahingesprochen, so abgeklärt, so von oben herab geplaudert, so, als wenn der Zuschauer ein Jammerlappen sei, dem alles Mögliche passieren könnte, so, wie es Menschen mit Tourettesydrom nennen würden, verdammtbeschisssenabgefucktblödetussideinmakeupbröckeltwenndulachst! Was ist passiert, dass wir diesen Trost im Fernsehen nicht mehr finden? Nina, wo bist du? Hat dich dein Collagen verlassen, dass du dich nicht mehr auf die Straße oder vor die Kamera traust? Wir lieben dich auch mit Falten, vielleicht ein klein bisschen weniger, aber wir lieben dich, und darum geht es doch immer.
Sieben Jahre haben wir dich für zeitlos gehalten, eine Frau die nicht altert, weil du immer schon alt aussahst im krampfhaften Bemühen, jung zu wirken. Da kannst du nicht gewinnen.
Das ist aber  nicht schlimm!
Komm zurück und sag uns dein "Alles wird gut!". Meiner Oma glaube ich das auch.

Georg Krakl: Nicht bummelnde Frauen (2010)



Eine Frau hockt still am Wegesrand,
sie fummelt an der linken Hand.
Die Leute gehn vorbei und denken:
Ist mir einerlei,
wenn Frauen still am Wege hocken und nicht bummeln,
sondern nur an ihrer Linken fummeln.


Mensch und Seehund

Früher war das Verhältnis von Mensch und Seehund noch ungetrübt. Da konnte jedermann seinen müden Arm auf dem Schädel des Meeressäugers legen; der freute sich und glaubte, dass das eine besondere Art der Zuneigung sei, die ihm der Zweibeiner entgegenbrachte, welche ihn aus der Masse der Meeresbewohner heraushob.
Der Mensch zog sich sogar nackt aus, um dem gänzenden Fell des nassen Seehundes möglichst ähnlich zu sein, und jener weiterhin glaubte, dass sich Mensch und Tier in inniger Freundschaft befänden. Der Mensch aber hatte nur die Absicht, immer, wenn ihm danach war, seinen müden Arm auf den Schädel des freundlichen Tieres zu legen. Ab und zu spendierte er ihm sogar eine Dose Ölsardinen, die dem Tier aber schlecht bekam, da es vergaß, die Dose vor dem Verzehr zu öffnen.
Später, als sich die Menschen wegen ihrer Nacktheit schämten und Kleider anzogen, brachten sie dem Seehund bei, mit Bällen zu jonglieren und kontaminierten Hering aus der Luft zu fangen, der aus sechs Meter Entfernung von Tierpflegern zugeworfen wurde. Mit Kleidung und Wurfentfernung schlich sich auch eine unüberwindbare Distanz zwischen die Freunde; der Mensch begann dann, den Seehund zu ignorieren und nicht einmal Schuhe oder Portemonnaies aus dem gegerbten Fell zu tragen, weil es angeblich doof aussähe, bzw. völlig retro.
Die Seehunde aber waren enttäuscht, denn seit Jahrhunderten  hatten sie sich gewünscht, den Menschen Freunde zu sein, um vielleicht einmal als Hütehund auf die Herde Merinoschafe aufzupassen.
Seit aber die Synthetikbranche die ganze Wollpulloverindustrie zurückgedrängt hat, werden Hütehunde immer weniger gebraucht, häufig tut's sogar die Katze schon oder ein tollwütiges Meerhschweinchen.
Arme Seehunde, singt der Kapitän des Feuerschiffes Elbe 1, wer hat euch verraten?
Immer wenn das Lied erklingt, heulen die Seehunde und wälzen sich auf den eigens aufgestellten Seehundsbänke, die nur noch der Unterhaltung gelangweilter Touristen dienen.

Rick van der Linden: Hochzeit für Mutige


Meggi geht in die Kathedrale, als ob sie bereits in der Unterkleidung unidentifizierte Objekte vermutet. Warum der Krach?, denkt sie. Was machen die langhaarigen Leute hier? Wer hat die eingeladen? Und wo ist Bertil, mein Bräutigam? Vielleicht ist er doch nicht der Richtige, immerhin werden 60% der Ehen sowieso geschieden, und hundertprozentig hat Bertil  nie ausgesehen....
Kuck mal, was da los ist...

Wenn Menschen nicht teilen können

Dyskalkulie!, brüllen die Nichtteiler, wir haben Schwierigkeiten mit der Bruchrechnung! Wir können Zähler und Nenner nicht unterscheiden, und der Bruchstrich macht uns Angst. Da ist es doch nur verständlich, dass wir nicht teilen können. Alles Quatsch, dass wir Mehrlingskinder sind, die ihren Geschwistern nichts gönnen, deren Moral heißt: Nimm, was du kriegen kannst! Wir sind doch keine Finanzjongleure oder Politiker! Wir können einfach nicht rechnen.
Oder wir rechnen immer mit dem Schlimmsten, im übertragenen Sinne nämlich, und da diktiert die vorhergesehene Not die Tat.
Aber niemand darf uns vorwerfen, wir wollten nicht teilen!
Eigentlich möchten wir ja. Manchmal kommt es sogar vor, dass andere Menschen unseren Kuchen in Stücke geschnitten haben, und wir sollen jetzt das unsrige Stück auswählen. Lächerlich! Wieso soll ich mir von einem Kuchen, der mir sowieso gehört, weil ich ihn angefasst und heimlich drauf gespuckt habe, ein Stück aussuchen? Das ist alles meins!
Teilen ist etwas für Leute, die keinen Hunger haben, die sowieso schon alles besitzen, die alles im Überfluss genießen. Die können bequem was abgeben, weil zu Hause die 100fache Menge wartet, verprasst zu werden.
Dyskalkulie! Das ist keine Krankheit, das ist wie schlechte Rechtschreibung mit Zahlen und das ist angeboren, genau wie Lekasteni. Oder wie man das schreibt, das wissen die Betroffenen ja selbst nicht.
Dreimal null ist null, das mag den Rheinländer zufriedenstellen, weil er sich im Dauerkarneval befindet. Aber der Mitteldeutsche, in Sinne von Normal- oder Durchschnittsdeutsche, kann dem nicht folgen.


Dr.Hahn: Menschen, die nicht teilen können
Wenn Zeitgenossen nicht teilen können, so fühlen sie sich meist der Ganzheitlichkeit verpflichtet. Wie schon Fritz Pearls feststellte, ergänzen diese Personen immer ein unvollständiges Objekt zu einem Ganzen. Wer einen angebissenen Kuchen sieht, stellt sich vor, wie der vollständig ausgesehen hat. Es geht ihnen gar nicht darum, den ganzen Kuchen zu essen, sie wollen ihn nur besitzen. Häufig verschimmelt das Süßgebäck in der Brottrommel oder im Küchenschrank. Wohlwissend, dass Kuchen die Bauchspeicheldrüse unnötig belastet, wollen sie die Mitmenschen, quasi als Rationalisierung ihres unsozialen Tuns, vor der pathologischen Fehlentwicklung bewahren. In Wirklichkeit ist ihnen im Kindergarten zu oft das Butterbrot von älteren Insassen aufgegessen worden. Das traumatische Erlebnis initiiert immer wieder den Akt des Wegnehmens und Bewahrens. Nur durch einen direkten Ellbogenstoß auf die Frontzähne sind solche Menschen in ihrer Eigenart umzuerziehen.

Verpasste Lebenschancen durch Medizinzubehör

Mandy: Barbie, warum trägst du denn einen Mundschutz, bist du krank?
Barbie: Das trägt man halt so.
Mandy: Und warum?
Barbie: Ja, so halt.
Mandy: Und Ken? Der kann dich doch gar nicht küssen.
Barbie: Ach, Ken, Ken, der hat geheiratet.
Mandy: Und bist du glücklich?
Barbie: Wie kommst du darauf? Ich hatte gehofft, er hätte mich geheiratet, wo wir doch schon so lange zusammen waren. Und geküsst hat er eigentlich auch nicht mehr. Nein, ich bin nicht glücklich.
Mandy: Hey, Barbie, so viel hast du schon lange nicht mehr gesprochen, ich meine, zusammenhängend.
Barbie: Das liegt wohl am Mundschutz.
Mandy: Glaub ich nicht. Der filtert doch eigentlich den ganzen Mist aus, da kommt doch immer weniger raus, als man sagen will, und bei Blondinen oft gar nichts.
Barbie: Seit wann kennst du dich mit Mundschützen aus?
Mandy: Seit dem 1.Februar 2008.
Barbie: So lange schon? Das macht mich traurig, dass du gar nichts davon gesagt hast.
Mandy: Ich hatte damals auch einen Mundschutz auf.
Barbie: Heißt es auf oder um?
Mandy: An.
Beide schweigen 5 Sekunden.
Mandy: Wie heißt denn Kens Frau?
Barbie (schluchzt): Guido!
Mandy: Nein?
Barbie: Und Ken heißt in Wirklichkeit gar nicht Ken.
Mandy: Nein????
Barbie (schluchzt lauter): Nein.
Mandy: Barbie, dein Mundschutz wird nass.
Barbie (hört auf zu schluchzen): Stimmt. Ich föhn den mal trocken. (Geht ab.)
Mandy: Ich geht dann mal, ich wollt noch ein wenig mit meinem neuen Mundschutz trainieren.

Ekseption und Rick: Scheiße , Mann

Rick van der Linden, der Mann mit dem schnellen Finger, nein, Plural, mit den flinken Fingern, der uns, den Tumben und Langsamen, die Klassik, also, die, die jeder sowieso kannte, aber nicht nachsingen konnte, weil er Geigen hasste, beibrachte, indem er einfach die Melodie nachspielte und ein paar Zeltfestmusiker engagierte, die ihn auf Bass und Schlagzeug begleiten sollten. Rick hatte sich schön die Haare gewaschen und einen flotten Rechtsscheitel, was nicht seine politische Gesinnung wiedergeben, sondern eher wie eine Notenlinie wirken sollte. Wir starrten mit gebannten Ohren - hahaha! - auf die Tasten und dachten: Scheiße, Mann!
Und dabei ist es letztlich geblieben.
Später gab Rick ein Konzert in der Heimatstadt, kassierte richtig Geld, spielte 45 Minuten und verschwand dann. Wir dachten, es sei die Pause. Aber Rick kam nicht wieder und wir klatschten wie die Besessenen, denn wir wollten mehr Rick, oder unser Geld zurück.
Scheiße, Mann.
So war das eben damals. Also, mit Rick.
Rick hören

Bodos Briefe: Liebe Lady Gaga!

Ich bin erstaunt: Niemals im Leben hättest du, Gaga, es dir träumen lassen, Cher, der berühmten Cher, dein Fleischtäschchen in die Hand zu drücken, damit du einen "Award" entgegennehmen kannst. Dabei hast du wohl ganz possierlich mit den restlichen Fleischfetzen, aus denen dein Kleid gebastelt war, gewedelt.
Die reife Cher wird das wohl nicht weiter gejuckt haben, denn in den 60ern hat sie schon ihrem Gatten Sonny Bono die Rindsrouladen gewickelt und einen schmackhaften Sonntagsbraten daraus gemacht.
Was mich aber interessiert: Was hattest du denn in deinem Fleischtäschchen? Eine Frikadelle, oder den Käse, aus dem du deine nervtötenden Songs machst?
Fleisch treffen wir uns mal!
Fleisch auch nicht.
Nicht weiter schlimm.
Dein Bodo

Bodos Briefe: Liebe DAK!

Da hört man euch von "erweiterten Doktorspielen" sprechen, die in einem eurer Erholungsheime von 13jährigen gespielt - oder sagt man eher durchgeführt?- wurden.
Was sind denn erweiterte Doktorspiele?
Mutti, Mutti, er hat überhaupt nicht gebohrt!, schreit dass Mädchen im Werbespot vergangener Tage, und konnte damals noch nicht die Berufsgruppe der Zahnärzte diskriminieren.
Mama, der hat nicht gespritzt! Der hat die Spritze nicht mal in der Hand gehabt! Ist es das, was die DAK unter erweiterten Doktorspielen versteht?
Euphemismen haben schon andere vor euch benutzt; hier klingt das wie "Erweitertes Bildungsangebot" oder irgendetwas "extended", was es großzügig und kostenlos dazu gibt.
Eigentlich müsstet ihr da schon genauere Angaben machen können, denn ihr rechnet doch jeden Monat mit den Ärzten ab.
Vielleicht überfordere ich euch, denn hier waren es ja Kinder, denen wohl die erforderliche Aufsicht fehlte.
In Erwartung einer endgültigen Kategorisierung der Sparte "Doktorspiele" bleibe ich euer gespannter
Bodo

Kein Trinkwasser - Sparprogramm erfasst Entwicklungshilfe

Dass Entwicklungshilfeminister Dirk "Evil" Kniebel kreativ sein kann, hat er in seinen Kolumnen für das Kontaktmagazin "praline" bewiesen. Dass er  irgendwann Entwicklungshilfeminister werden würde, überstieg seine Vorstellungskraft, vielleicht sogar die der ganzen Menschheit, denn jahrelang hatte er für die Abschaffung des Ressorts plädiert. Immerhin wird sein Job gut bezahlt, und das versöhnt den kritischen Kniebel.
Seine Kreativität konnte er neuerdings zeigen, als er eine Antwort auf Merkels Fragen "Ja, wo können wir denn noch sparen, ohne uns selbst zu schaden?" lieferte.
Statt teurer Brunnenbauprojekte oder anderer Wasserbeschaffungsmaßnahmen in Entwicklungsländern schlug er das Anbringen von Schildern an Bäumen und Hütten vor: "Kein Trinkwasser" soll die Menschen einserseits darauf einstimmen, dass kein Trinkwasser vorhanden ist, und dass anderereits, falls Flüssigkeiten vorhanden sind, diese nicht getrunken werden sollten, weil sie höchstwahrscheinlich verunreinigt, oder gar kein Wassern seien, und ein erhebliches Infektionsrisiko darstellten. Vorbildliche Gesundheitserziehung geht hier Hand in Hand mit einem fortschrittlichen Sparprogramm. Das ist FDP!

Trecker werden in Frankreich verstoßen


Im heimischen Raum ist der Trecker auf dem Lande ein Statussymbol; der mit dem größten, mit dem stärksten, mit dem schniekesten und den größten Reifen am Fahrzeug ist der König für einen Sommer.
Ganz anders in anderen Ländern, etwa in der Auvergne in Frankreich: Da ist jeder froh, wenn er seinen Trecker los wird. Wie das Tierheim die ausgestoßenen, abgelegten Heimtiere in Obhut nimmt, die nicht mehr den Ansprüchen der Besitzer genügen, so stößt der wegen einer Missernte frustrierte Landmann seine Zugmaschine ab und platziert sie auf ödem Feld neben dort harrenden Genossen.
Als warteten die Abgelegten auf das Startzeichen zur Rallye Paris-Dakar, stehen sie in Reih und Glied und rasten zwangsweise und rosten.
Der Franzose isst Baguette und trinkt tagsüber Rotwein: Das sind die Vorurteile, denen sich ein neues dazugesellt: Er verstößt seine Trecker und lässt die Zeit an ihnen nagen.

Vincent van Eijnoor: Mutter hat ein Huhn geschlachtet (2010)


Mutter hat ein Huhn geschlachtet.
Jetzt sieht sie traurig aus.

Stopp - Die Zeiten ändern sich


Früher reichte das einfache STOP!, um einen Mitmenschen zum Halten zu bringen. Erst mit dem Aufkeimen der Rechtschreibreform wurde es anders, die Menschen regten sich plötzlich auf, sie tobten und  schrien, was der Unsinn denn solle; sie hätten jetzt jahrzehntelang relativ ordentlich geschrieben, jetzt würden sie wieder mehr Fehler machen. Sogar die Rechtschreibunkundigen meldeten sich lautstark zu Wort: Geldverschwendung! Ob wir nach der alten oder nach der neuen Rechtschreibung falsch schreiben, sei doch wohl völlig egal! Und hören könne man das sowieso nicht, denn dann hätten sie eben "KäldverschwendunK! Opp wi nacht der Aktenordner nacht der neunten Regtschreimung flasch bier tringen, dusseldoof!" geschrieben.
Da reicht ein einfaches P nicht, um den Mob zu stoppen, da ist schon ein doppeltes dran. Heißt es jetzt Mob oder doch Mopp?

Karl-Friedrich "Khalef" Motzke: Aus meinem Campingtagebuch(16) - Anhänger


Hetti: Ich finde immer noch, der sieht komisch aus.
Marki: Der Wagen? Jetzt fang nicht....
Hetti: An den habe ich mich gewöhnt; ich meine, der Anhänger.
Marki: Das ist ein Wohnwagen.
Hetti: Nicht ernsthaft, oder?
Marki: Ja, soll ich mir vielleicht ein 8-Meter-Monster hinter das Cabrio hängen?
Hetti: Ich habe mir den Kopf gestoßen beim Aufstehen.
Marki: Ich habe gleich gesagt, lass uns andersrum schlafen.
Hetti: Das geht doch mit deinen großen Füßen nicht.
Marki: Ins Cabrio passen die ja auch.
Hetti: Da kannst du ja auch sitzen. Trotzdem: Das passt irgendwie nicht.
Marki: Ich kann mir nun mal die Füße nicht verkleinern. Du kannst ja beim Aufstehen besser aufpassen.
Hetti: Ungeschminkt ist das ganz schlecht.....
Marki: Sieht doch sowieso keiner.
Hetti: Aber du!
Marki: Ich kenne dich doch. Mich brauchst du nicht mehr zu beeindrucken. Ich weiß auch, wie du ohne Schminke aussiehst.
Hetti (bricht in Tränen aus): Nein!!!! Du bist gemein!
Marki: Wenn's doch stimmt.
Hetti: Also liebst du mich nicht mehr?!
Marki: Schon.
Hetti: Was heißt schon? Das ist doch keine Antwort!
Marki: Doch.
Hetti: Wie doch?
Marki: Ich-lie-be-dich-doch!
Hetti: Das sagst du nur so dahin.
Marki: Ich habe extra deinetwegen den Wohnwagen gekauft.
Hetti: Anhänger! In einem Wohnwagen stößt man sich nicht den Kopf.
Marki: Ich schon.
Hetti: Ja, du. Immer nur du. Du bist ein Ichmensch.
Marki: Und du bist ein Dumensch.
Hetti: Das gibt es gar nicht.
Marki: Wohl.
Hetti: Nein.
Marki: Und ob.
Hetti: Du musst dich entscheiden. Ich oder der Anhänger.
Marki: Ich nehm den Anhänger.
Hetti(heult lauter): Du Ungeheuer! Ich hätte auf meine Mutter hören sollen, als sie gesagt hat, du hättest Segelohren und einen Silberblick.
Marki: Was hat das denn damit zu tun?
Hetti: Ist jetzt sowieso egal.
Marki: Wenn du meinst.
Hetti: Ja, meine ich.
Marki: Und das Cabrio?

Überhört: Die Steel Guitar


Was haben wir früher nicht alles wohlwollend überhört? Oder wussten wir gar nichts von der Existenz einer Steel Guitar? Anfangs glaubten wir an Hawaii, an weißen Sand, Palmen und halbnackte Mädchen, die uns Blumenketten andienten. Das war wohl ein Traum.
 Cowboymusik war das, was Crosby und Kollegen da runterrasselten; es fehlte lediglich eine quietschende Geige, die zwischendurch auch ein paar Glissandi krächzte und ein Honky Tonk-Piano, dann hätte sich der enttäuschte Plattenkäufer mit einer Flasche Whisky den Frust weggespült.
Die Musiker waren wohl Wunschcowboys ohne eigenes Pferd; eine Pistole konnte ja damals jeder im Supermarkt kaufen. Die Gruppe wollte von diesem nervtötenden Gedudel, an dem sie hing, wie der Kuhtreiber an seinem Sattel, ablenken und verbreitete Botschaften für Eltern mit schwererziehbaren Kindern: Teach your children. Der Steel Guitar-Spieler tat, als interessiere ihn das gar nicht. Vielleicht war er selber ein Schwererziehbarer. Den größten und langanhaltensten Applaus erhielten Crosby und Co, als ihr Nervtöter mit der Brettgitarre auf den Knien wie erschossen vom Stuhl kippte und endlich die ganze Pracht des schönen Stückes zu hören war. Manchmal ist mehr wirklich weniger, bzw. umgekehrt.
Reinhören

Heißer Herbst

Die Grünen drohen ob der Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke, es werde ein "heißer Herbst" und die Regierungskoalition möge sich "warm anziehen".
Der kritische Konsument schluckt einen Moment und hält inne, irgendetwas stimmt hier nicht. Zwar ist er auf der Seite der Grünen, aber hat die bunte Claudia Roth ein Paradoxon konstruiert?
Wenn es heiß ist, zieht man sich nicht warm an. Dann würde einem ja noch heißer. Eher zieht man sich aus.
Ein Aufschrei geht durch die Republik: Angela Merkel im Bikini, Dirk Niebel in Badehose!
Die ganze unansehnliche Bagage in knappster Unterwäsche!
Sollte man da nicht lieber den üblen Kompromiss der Schwarzgelben hinnehmen, weil es die bessere Alternative ist?
Grüne, lasst den Herbst kalt werden, eiskalt, ganzganz eiskalt, damit sich die Koalition warm anziehen muss! Gibt denen Pelzmützen aus Zobelimitat, denn noch ist zu viel zu sehen von Gesichtern, deren Nasen immer länger werden, von Körpern mit kurzen Beinen.
Liebe Claudia Roth! Metaphern sind schön, wenn sie passen. Manchmal verwirren sie Sympathisanten, und das ist dann schade. Denken kommt vor dem Sprechen, sagt der weise Mann.

Ein Garten braucht einen Zaun(1)

Wenn ein Zaun fehlt, kommt es oft zu Alkoholmissbrauch
und Vandalismus
Damals wetterten die Ökofritzen in ihren Jacken aus rückfettender Wolle, während sie gemütlich ihre Socken strickten: Weg mit den Zäunen! Befreit Deutschlands Gärten! Wohin das geführt hat, kann heute jeder in der Tagespresse nachlesen: Die damaligen Gemüseliebhaber nennen sich zwar immer noch Grüne, tragen im Parlament aber keine Turnschuhe mehr mit Sohlen aus naturbelassenem Kautschuk und sind nicht mehr ständig schwanger, weil sie Verhütung ablehnen, sondern zeigen sich im Anzug und freuen sich, wenn sie einen Ministerposten bekommen haben. Jeder ist käuflich, meckert der FDP-Politiker, alles eine Frage des Preises.
Weg mit den Zäunen! Daran will sich kein Grüner mehr erinnern; mittlerweile hat er selbst ein schnuckeliges Eigenheim mit Naturschwimmbecken und Gewächshaus. Fehlt letztlich nur noch der Gartenzwerg, der wohlwollend und milde lächelnd das Ganze bewacht. Denn ein Zaun ist schon da, vielleicht, weil der Nachbar CDU-Wähler ist oder Katholik, weil der auf Spatzen schießt oder Katzenfallen baut, Hunde hasst oder eine verdächtige Glatze hat.
Vielleicht weil er schon beim Kauf des Hauses vorhanden war. Sachwerte ohne Grund zu vernichten ist der Umwelt nicht zuträglich, sondern belastet diese durch die Entsorgung.
Warum eigentlich die Existenz eines Zaunes umständlich erklären? Sie erklärt sich von selbst: Ein Zaun gibt Struktur in den Garten und in das Leben der Menschen, die ihn bewohnen oder benutzen. Er kann den heute Erwachsenen, die immer noch unter einer antiautoritären Erziehung leiden, die Grenzen aufzeigen, die sie seit Jahrzehnten vermissen.
Der Zaun kann Verantwortung einschränken und so das Leben erleichtern. Die Vogelmiere oder die Distel, die sich vom Nachbargrundstück leise durch die Einfriedigung schleichen will, kann eindeutig dem Nachbarn zugeordnet werden. "Hier, kuckensemal, das ist ihr Unkraut, tun Sie das gefälligst weg!" Dieser Satz hat endlich Beweis und Rückhalt und kann umso kräftiger artikuliert werden. Das Selbstvertrauen wird gestärkt, kein infantiles Stammeln mehr, wenn man sein Eigentum verteidigen muss.
Gleichzeitig hilft es bei der Kategorisierung der Mitmenschen. "Schlampe und Hempel" steht auf der Kiste, in die wir Nachbar Schmitz einsortiert haben. Der Angriff seines Würgekrautes fügt diesem Vorgang eine weitere Bestätigung zu. Wir hatten doch Recht.
Der Zaun macht die Welt überschaubar. Das ist meins, und das da hinten ist leider nicht meins. Überschaubarkeit entlastet das Hirn, das sich nicht ständig mit topographischen Problemen beschäftigen muss. Mit geschlossenen Augen durch den Garten rennen, ist der gut gemeinte Rat, haptisch-taktile Erfahrungen machen; die Kniescheiben werden uns schmerzlich signalisieren, dass wir die Grundstücksgrenze erreicht haben. Wie wissen schon die weisen Ärzte: Der Schmerz ist mein Freund. Und wir nehmen unsere Umwelt, unsere Gartenwelt, viel feingliedriger und vielfältiger wahr.
Der Zaun ist der Rahmen, aus dem wir nicht fallen werden.
(Wird fortgesetzt)

Weiße Oberhemden sind wieder im Trend


Jahrelang waren sie weg vom Fenster: Weiße Oberhemden. Mit der Auflösung der Kleinfamilie zugunsten von Singles, Alleinerziehenden und Patchwork-Families verschwanden auch die Wäscherinnen und Büglerinnen, die für ein strahlendweißes Oberhemd sorgten. Natürlich reicht ein Kauf bei Kik oder Ernsting's Family nicht aus, denn ruckzuck ist das weiße Oberhemd mit Eigelb, Rotwein, Leberwurst und anderen übelreichenden und widerlich aussehenden Substanzen besudelt. Da hilft nur Waschen und anschließend Bügeln. Wer will das schon machen? Natürlich die brave Hausfrau, die längst nicht mehr zu Hause herumsitzt. In den späten 70ern hielt man Schwarzes für hip und trendy. Schwarze Unterwäsche konnte endlich unbegrenzt getragen werden und das sah man nach dem Waschen nicht, weil nichts kontrastierte. Mit der Unterwäsche entwickelte sich ein allgemeiner Trend zu dunkler Kleidung, die war pflegeleicht; zwar nie richtig sauber, aber man hatte sie im Handumdrehen wieder im Schrank oder auf dem Leib.
Mit der Entwicklung zum Dunklen löste sich auch die Familie immer mehr auf; nur ein paar Unentwegte trugen weiterhin weiße Unterhosen und hielten die Familie stabil. Was der Mann "drunter" trug, konnte ja keiner sehen; die Frau am Herd und Tisch und im Bett wusste Bescheid, aber man blieb treu und es gab keine peinlichen Enthüllungen.
Während der Rest der Gesellschaft in Schwarz die Partner tauschte, schrubbte sich die gute Hausfrau die Finger wund.
Dann die Wende: Mit dem Fall der Mauer als Symbol für eine sich auflösende Gesellschaft sehnte sich der Mensch nach der Stabilität einer intakten Familie. Die ersten Männer begannen nach weißen Hemden zu schielen, die ersten Weihnachtswunschlisten wiesen wieder das bekannte SOS auf, Schlips, Oberhemd und Socken, mit dem Zusatz: Das Hemd bitte in Weiß, lieber Weihnachtsmann!
Bis heute erkämpft sich das weiße Hemd seinen Weg zurück in die Mediengesellschaft des 21.Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Herrschenden längst keine weißen Westen mehr haben, in der Unschuld an Bedeutung verloren hat.
Weißes Hemd! Geh voran!
Mehr Weißes Hemd

Ungestempelte, italienische Briefmarken


Endlich Post aus dem Urlaub anderer Leute! Man hat mich nicht vergessen! Freude kommt auf nach einer langen Durststrecke; ich bin nicht allein! Es gibt Menschen, die an mich denken! Man liest die Karte und überlegt, warum man mit Evi angeschrieben wird, der eigene Name ist Mario? Und wer sind Bruno und Barbara? Wieso schreiben die eine Karte? Kenn ich nicht!, schießt es durch den Kopf und dann kommt Enttäuschung auf, daraus resultiert Aggression. Die können mich alle mal, ich will meine Ruhe! Karten schreibt doch heute sowieso keiner mehr, wird rationalisiert. Und dann fällt der Blick auf die Briefmarke. Post aus Italien. Nicht abgestempelt! Typisch Italiener. Vorurteile werden hervorgekramt und helfen über den negativen Zustand durch eine fehlgeleitete Karte hinweg. Stempeln gehen können die, Stütze abholen, aber eine Briefmarke ordenlich zu entwerten, dazu reicht die Energie wohl nicht mehr, wenn man stundenlang vor der Bar herumsitzt  und Frauen hinterherglotzt, dabei Rotwein schlürft und selbstgedrehte Zigaretten raucht. Stundenlang. Wenn diese Faulheit wenigstens jemandem nützen würde! Eine ungestempelte Italienerbriefmarke hat einen Gegenwert von 0,65 €, aber eben nicht hier. Sie abzuknibbeln oder gar mit Wasserdampf zu lösen, bringt nichts. Da müsste man nach Italien fahren und sie auf einer Karte abschicken. Aber die Fahrtkosten!
Obwohl - vielleicht könnte man die Karte an sich selbst adressieren und bekäme endlich Urlaubspost?
Streng genommen gehört die Karte wohl Evi oder Bruno und Barbara.
Ehrlich gesagt: Italien ist kein Urlaubsland!