Versprecher im Alltag: Aus der Kaffeekasse trinken

Da lacht der weise Mann, wenn er hört, dass jemand aus der Kaffeetasse trinken wollte und dann sagt: Ich habe aus der Kaffeekasse getrunken.
Wir alle wissen, dass Kaffeekassen nie stimmen. Obwohl jeder, und wir selbst natürlich besonders, immer etwas mehr hineinlegt, als er vertrunken hat, ist nie genug drin. Dieses Additions- und Subtraktionsdilemma können nicht einmal weise Mathematiker erklären.

Wenn denn jemand, der die Kasse überzahlt hat, aus dieser - versehentlich, obwohl er etwas anderes sagen möchte - trinkt, dann deutet das auf das Bedürfnis hin, einen gerechten Ausgleich zu schaffen, der das Ungleichgewicht wieder in die Waage bringt. Er möchte, dass die Kasse stimmt.
Wer aus der Kaffeekasse trinkt, fügt ihr die ausgleichende Gerechtigkeit bei. 

Ob das in der Realität funktioniert, bleibt unerklärt. Die psychische Komponente der allumfassenden Balance scheint sich hier in die koffeingebeutelten Hirne gefressen und einige Areale zerstört zu haben.

Daher ist der Rat: Lege lieber etwas zu wenig in die Kaffeekasse. Wenn andere mehr rein tun, wird die Kasse schon stimmen. Der um Ausgleich Bemühte muss sich nicht so quälen, denn sein gutgemeintes Tun evoziert trotzdem schlechtes Gewissen. Da gilt es das Handeln zu rationalisieren. Das ist anstrengend.

Koffein ist ja sowieso nicht die optimale Substanz für die Gesundheitsfürsorge.
Also: Der Tschibo-Onkel mit der Melone damals, der hätte einfach mal die Klappe halten sollen. Heute stünde er im Verdacht, Kinder verführt zu haben, die wir damals noch waren. Und danach fahndet der Staatsanwalt.

Vielleicht wäre es das einfachste, wenn jeder das reintäte, was er reintun soll.
Dann ginge es auch den verstörten Mathematikern bessern.

Salzkrusten-Orakel - Der Schwanz am Ende des Tieres

Neulich vor 10 Tagen: Provence, 40 Grad Celsius. Ich trinke kaum. Jetzt aber. 3 Liter. Der Körper schwitzt. Und schwitzt. Fahrradfahren wegen des Fahrtwindes. Keine Abkühlung. Schwitzen. Schweiß, Salz und Drüsen. Das Unterhemd trocknet am Körper. Salz auf meiner Haut. Salz in meinem Unterhemd.
Bilder sind zu sehen, die mein Körper gemalt hat. Salzkrustenbilder.
Was will mir mein Schweißdrüsensystem mitteilen?
Ich gieße mir ein Glas Rotwein ein, denn es ist 18 Uhr. Ich trinke einen Schluck und beschließe, mit meinem Unterhemd Geld zu verdienen. Richtig Geld. Den Menschen zu zeigen, wo's langgeht. Karten zu entwerfen, die man kaufen kann; die man sich legen kann. Sich legen lassen kann. Legehilfe. Lebenshilfe.


Karte 1 etwa: Der Schwanz am Ende des Tieres.
Was kann es bedeuten, wenn man dieses Bild als Tageskarte gezogen hat? Ich lasse meine Gedanken schweifen, Brainstorming. Rotweinbeflügelt. Es sind immer noch 34 Grad.
"Das Bild: Du triffst ein Tier mit langem Schwanz, der am Arsch ist. Mit spitzem Kopf und dünnen Beinen. Das Tier demütigt ein Mitwesen, das du nicht bist. Das Mitwesen ist bereits blau angelaufen, weil es nicht die erste Demütigung ist, sondern ein alltäglicher Vorgang, den du nur beobachten kannst. Du hoffst nicht selbst in die Rolle des Mitwesens schlüpfen zu müssen, denn das Tier kennt keine Gnade. Du stehst gesichtslos daneben, dir fehlen die Arme, dir fehlt das Hirn, aber du hast ein paar prima Hirschhornknöpfe an deiner Jacke, die du auch zum nächsten Oktoberfest oder zur Wiese'n im Nachbarort anziehen kannst. Aus dem Himmel hängt etwas heraus. Das muss dich nicht interessieren, solange es dir nicht auf den Kopf fällt. Das Tier mit dem langen Schwanz hat dich noch nicht entdeckt und du hoffst, dass das so bleibt."
"Quintessenz: Vielleicht ist das Tier dein Chef. Überlege, was du über dessen Physiognomie weißt. Geh ihm heute aus dem Weg. Vielleicht meldest du dich krank und gehst zum Frühschoppen auf die Wies'n. Andern helfen bringt nichts, da läuft man vielleicht selber blau an. Wenn etwas aus dem Himmel raushängt, kuck einfach nicht hin! Freu dich über deine schicken Hirschhornknöpfe!"

Ich lese mir den Text durch. Sprachlich muss noch nachgebessert werden. Irgendwie muss alles noch diffuser und esoterischer klingen. Wenn der Chef eine Frau ist? Das passt das doch vorne und vor allem hinten nicht. Gut, Oktoberfeste gibt es mittlerweile überall und einen Himmel auch. Morgen ist auch noch ein Tag....Morgen ist auch noch ein Tag - Das ist doch auch ein schönes Thema für die Tageskarte!
Ich trinke einen Schluck Rotwein und freue mich, dass es mal wieder was zum Geldverdienen gibt.



Maulkorb oder Mundschutz?


Der Müll am Wegesrand hat sich verändert. Früher war es selten, dass man einen Mund- und Nasenschutz im Gras fand. Sah man einen dort liegen, glaubte man sofort, sie gehöre einem Oberarzt, der direkt vom OP-Tisch weg das Weite gesucht hatte, weil er keinen richtigen Schnitt machen konnte, weil der Patient trotz ausreichender Betäubungsmittel geschrien hatte oder einfach, weil ihm alles zu viel geworden war.

Das ist heute anders. Der Mundschutz gehört zum alltäglichen Erscheinungsbild der Menschen und liegt demzufolge auch am Wegesrand, weil ihn unbesorgte Bürger dort abgelegt haben. 

Eine Woche tragen ist genug, der ist ja völlig durchgesifft, da ist aber auch keine Ecke mehr keimfrei, also weg damit! Soll sich die Natur drum kümmern, daher kommt ja auch das Virus, oder heißt es das Virus, ist ja auch egal. Ist ja noch nicht mal FFP2. Fünfklassengesellschaft. Vom einfachen Synthetik-Schal bis zur Darth-Vador-Luxushardcover-Maske mit Platinkatalysator - jedem das Seine, weil er es sich leisten kann, oder eben nicht, so denkt der Mensch, der seine Papiertüte am Gummiband an den Wegesrand wirft und glaubt, er habe jetzt mal richtig gegen die verlogenen Gesundheitswelt protestiert. War nur keiner da, um zuzugucken. Da muss man schon nach Washington vor das Capitol fahren, wen man auf interessierte Menschengruppen treffen will.

Zukünftige Altertumsforscher werden bei ihren Ausgrabungen nicht mehr zwischen Maulkorb und Mundschutz unterscheiden können; ist der erste eine Metapher, die sich auf ein Redeverbot bezieht, zum Beispiel, wenn einem Pfarrer untersagt wird, gegen den Verschleppungskünstler und Kirchenmann Wölki zu sprechen, weil der zu Missbrauchsfällen in der Kirche einiges verschweigt, meint der Mundschutz eine Art Barriere, die verhindern soll, dass jener Pfarrer den Oberhirten anspeichelt, bzw. ihm die Aerosole ins Gesicht hustet, weil der das vielleicht verdient hat. Alles natürlich rein sinnbildlich.

Da sollten wir uns lieber um den flüchtigen Oberarzt kümmern. Der Wölki kümmert sich derweil um unser Seelenheil, um die Kunstfehler des Schnitters im Himmel zu korrigieren oder zu kompensieren. Und das soll uns alle auffordern, nicht einfach unsere Masken abzuwerfen, sondern die Bewahrung der Schöpfung aktiv mitzugestalten, in der ja auch der Missbrauch vorkommen kann, sonst hätte der liebe Gott ihn nicht gemacht.

Mann, Mann, wo kann  man landen, wenn man eine vollgesiffte Alltagsmaske am Wegesrand findet!


Schön hässlich

Wie schön kann das eigene, eben noch verachtete Leben sein, wenn  einem etwas wirklich Hässliches begegnet.
 

Wo nicht viel ist

Wo nicht viel ist, ist immer noch mehr, als wo gar nichts ist.

(Örtliche Weisheit, 2021)



 

Krauses Haar ist dir gegeben

Wie gern hätte Bob die Haare glatt gehabt, damals, als lange Haare modern waren. Wie lang seine Haare, die sich in wüsten Locken kräuselten, letztendlich waren, konnte man nur im Hallenbad sehen, wenn sie richtig nass waren. Aber auch dann gaben sie nicht richtig nach und standen quer vom Kopf ab. 


Bob ließ die Haare wachsen und wachsen, bis er Mühe hatte, ein Zimmer zu betreten, weil sein Kopf zusammen mit dem Bewuchs einen zu großen Durchmesser hatte und nicht durch den Türrahmen passte.

Zwar wurde der Afrolook kurz darauf erfunden, aber nicht nach Bob benannt.

Lang waren die Haare aber doch nicht, höchstens sperrig oder breit. 

Langhaariger! Das klang revolutionär! Aber Breithaariger? Das war, als ob Frisur und Frisör zusammen einen gesoffen hätten. Querkopf ging gerade noch so, aber die gab's schon; vor allem hatten die oft kurze Haare und waren um die 50, hatte weder Frau noch Familie. Die lebten auf dem Land und wählten noch nicht mal CDU, was ja schlimm genug gewesen wäre.

Wozu Locken wirklich da waren, konnte der traurige Möchtegernlanghaarige erst mit der Erfindung der Minipli-Frisur erkennen, dem Vorläufer des Mikrofaser-Wischmops, den vorsätzlich Volksmusikanten und abgehalfterte Schlagersänger trugen. Zumindest wurde nach Bob ein bekanntes Sportgerät benannt. Den Einer-Bob benutzte man, wenn einem schlecht war. Er hatte zwei Griffe und ein großes Loch zum Reinkotzen. In alten Kneipen, die seit 100 Jahren nicht renoviert haben, findet man den noch. Bob ist auch ein halber Hund, weil dem der Schwanz fehlt. Mit Schwanz hieße er Bobtail. Hätte Bob damals die Haare gleich glatt gehabt, wäre das alles nicht geschrieben worden. Und gelesen schon gar nicht.


 

Endlich


 Die Schweiz will fröhlicher werden.