Georg Krakl - Sachen mit Drachen

Deine Frischlinge
Werden Mischlinge,
Sprach der Drache
Zu der Bache.

Eigengeruchsprüfung im Trend

Ich kann mich gut riechen! Wer das sagen kann, hat schon gewonnen, denn er mag sich und hat sich angenommen. Vielleicht weil er oder sie streng riecht, denn strenge Gerüche kann man leichter riechen als unstrenge. Wer „den kann ich nicht riechen sagt“,  meint ja nicht, dass der andere nicht stinkt oder dass man selbst die Nase voll hat und an olfaktorischen Angeboten nichts in den Kopf dringt, sondern dass man den Geruch des anderen nicht aushält. Hier wird ja gern die männliche Form des Satzbaus genommen, denn Frauen mögen es nicht, wenn sie stinken, oder wenn andere denken und womöglich sagen, dass sie unangenehm röchen. Deswegen gibt es ja Douglas, mit dessen oder deren Produkten kann man jeden ungeliebten Geruch wegzerstäuben.
Die Wissenschaft hat festgestellt, dass tägliches Duschen ungesund ist. Wenn man den Körper in Ruhe lässt, bildet er eine schützende Kruste, so dass sogar der Hautwiderstand ansteigt und sich allen Anfeindungen erwehren kann. Das geht allerdings mit unangenhemen Gerüchen einher. Der gesundheitsbewusste Mensch wägt täglich ab, ob ob er sich selbst noch gut riechen kann, oder ihm die soziale Isolation zusetzt, wenn die Mitmenschen naserümpfend das Weite suchen. In diesem Dilemma steckt der moderne Mensch, denn wenn er den schützenden Schild auf der Haut einweicht und abschrubbt, nähern sich ihm vielleicht nette Mitmenschen wieder, diese bergen aber gleichzeitig das Risiko gefährlicher Infektionen, wenn sie in naiver Herzlichkeit das große Drücken kriegen, eigentlich aber nur selbst gedrückt werden wollen, weil sie selbst vor zwei Stunden geduscht haben.
Immer häufiger begegnen wir Menschen, die in ihre Kleidung hineinschnuppern, etwa am Kragen ihrer Bluse oder in Trikots. Bin ich das oder meine Klamotten?, scheinen sie zu fragen, und ob sie vielleicht ein neues Hemd anziehen sollen, oder sich alles auszuwechseln lohnt? Probleme, die es zu Zeiten des ritualisierten Duschen nicht gab. Hilfe und vielleicht Lösung bietet der Sport. Hier stinken in der Regel alle wie furzende Iltisse und es droht nicht das soziale Aus. Darüber hinaus ist der strenge Geruch eine sensible  Waffe, die einen Zweikampf entscheiden kann.
Auch für den Waidmann hat der Trend Bedeutung, kann er doch endlich im Wald ungestört der Jagd nachgehen, das Wildschwein läuft nicht mehr weg, sondern hält den ungewaschenen Ballermann für einen, wenn auch komisch aussehenden Artgenossen.
Stinke, wem Gestank gegeben, so lautete schon eine alte Volksbotschaft, als es  noch verpönt war, seine Dramgase in einem geschlossenen Raum abzugeben. Kein Thema, lautet die Antwort heute aus ungefragten Mündern.

Georg Krakl - Gedicht zu falscher Jahreszeit

Es ist Frühling,
wenn der Bauer auf dem Traktor sitzt,
mit dem Sprühding
hintendran, und die Felder spritzt,


Bodos Welttag des Loches

In diesem Jahr werden zum Welttag des Loches besonders die Ränder der Löcher geehrt. Jedes Loch hat nur einen Rand, das ist einzigartig, denn selbst die Straße hat mindestens zwei. Vielleicht ist der Mensch noch in der engeren Wahle, wenn man ihm andeutet: Halt endlich deinen Rand!, und damit meint, er solle sofort die Klappe halten.
Der Rand eines Loches hat nicht nur begrenzende Funktion, sondern auch hohe Bedeutung für die Existenz der Menschheit, ja sogar des ganzen Universum.
Ein  einziges Loch ohne Rand ließe alles in sich verschwinden, denn seineAausdehnung wäre unendlich. Wir könnten nicht herumstehen und in ein Loch schauen, denn es wäre nichts da, auf das wir unsere Füße stellen könnten.
Die Koexistenz von Loch und Rand, diese notwendige Symbiose macht unser Leben erst lebensmöglich. Niemand könnte sich aus einem Loch ziehen, weil es keinen Rand gibt, an dem er sich festhalten kann.
Wir fragen uns: Ist der Rand nicht sogar wichtiger als das Loch?
Das Eine ist ohne das Andere nicht vollständig. Das Loch würde in grenzenlosem Größenwahn enden und glauben, es könne sich immer weiter ausdehnen, obwohl es bereits die Unendlichkeit erreicht hat, und der Rand verkümmerte am Ende eines Kleides, an einem Acker, an einem Teller oder an der Straße; so sind beide mehr als die schlichte Summe ihrerselbst. Am Welttag des Loches wollen wir dessen gedenken, und auch der Tatsache Rechnung tragen, wie klein die Welt wäre, wenn sie nur aus einem Loch ohne Rand bestünde. Sie wäre nämlich gar nicht da.

Heute an der Kasse: Rundesummeneinkaufen

Liebes Tagebuch!
Heute stehe ich an der Kasse im Treukauf und habe ein paar Kleinigkeiten für das Frühstück gekauft. Die Summe beträgt genau 5 € und ich bin erstaunt, denn bei den krummen Preisen, die an die Ware angeklebt sind, ist es eher unwahrscheinlich, dass man einen geraden Betrag erhält. Die Kassiererin freut sich, da haben Sie aber gut eingekauft, und ich freue mich, dass ich morgens um halb neun schon ein Lob erhalte in unserer häufig so loblosen Zeit. Ja, haha, antworte ich, und denke, was soll daran gut sein, dass ich eine runde Summe zusammengekauft habe? Eine Mausefalle und etwas Rattengift hätten vielleicht 10 € ergeben, was wäre daran gut, dass ich vorgehabt hätte, Mäuse mit Metallbügeln zu töten und Rattengift auszustreuen, das auch die Nachbarskatze zu sich nehmen könnte. Gut daran wäre, dass die dann nicht mehr auf den Rasen kacken würde, weil auch die Verdauung zu Ruhe gekommen wäre. Im Treukauf gibt es zwar Mausefallen, aber kein Rattengift. Von daher waren meine Überlegungen sinnlos. So freute ich mich mit der Kassiererin, die darüber vergaß, mich nach der Deutschlandkarte zu fragen, und ich antwortete nicht: Nein, keine Deutschlandkarte, ich will auch keine haben, wollte ich noch nie, das ist nur Auskundschaften von Konsumverhalten, gut dass ich kein Rattengift in der Einkaufstasche habe, wer weiß, welche Rückschlüsse daraus gezogen werden würden, etwa wenn die Nachbarskatze verschwunden wäre, oder tot unter dem Rhododendron gefunden worden wäre, worüber dann ein ausführlicher Bericht in der Lokalpresse stünde, weil Sauregurkenzeit wäre, und Katzen immer gehen. Die müssen jetzt ja sowieso aufpassen, weil der Jäger wieder Katzen schießen darf, dafür haben CDU und FDP gesorgt, und die Jägerschaft kann aufatmen, das Öko-Remmel-Gesetz der SPD ist weg, und die dürfen jetzt auch herumballern, wenn sie die Teilnahme an Schießübungen nachweisen können. Keine Prüfung! Da kann auch der Blinde mal schießen, und der muss nicht mal ein Tonröhrchen an der Schießbude getroffen haben. Dagegen ist mein Rattengift, das ich ja gar nicht kaufen konnte, harmlos.
Die Kassiererin freut sich noch immer und ich überlege, warum sie mich so erwartungsfroh ansieht. Das Geld, genau, ich gebe ihr einen schönen 5-€-Schein, und es ist gut, dass ich den habe, denn sonst hätte mir die runde Summe nichts genutzt. Nein, keine Deutschlandkarte sage ich, ohne gefragt worden zu sein. Weiß ich doch, sagt die Kassiererin, das sagen Sie doch jedes Mal. Was für ein schöner Start in diesen Tag und ich überlege, ob man daraus ein Hobby machen könnte: Einkaufen für runde Summen, sodass irgendwann das ganze Kleingeld überflüssig wäre. Nie mehr einen dicken Hintern durch zu viele Centstücke im Portemonnaie! Vielleicht würde man Dinge kaufen, die man gar nicht braucht, aber das machte man am Black Friday auch, oder Dinge, die man vielleicht irgendwann oder die irgendwer aus der Bekanntschaft brauchen könnte. Vielleicht wäre dann auch mal eine Dose Rattengift in meinem Einkaufswagen, nur um die beide Nullen hinter dem Komma und die Null direkt vor dem Komma zu erreichen. Wer Gift hat, wird es irgendwann einsetzen, das war eine alte Kriegsweisheit, und ich verwarf den Gedanken, aus dem Rundensummeneinkauf ein Hobby zu machen. Trotzdem: In der Apotheke würde ich noch einmal versuchen, auf eine runde Summe zu kommen. Ich bin gespannt, für welche Krankheiten ich einkaufen werde und wie die Dame am Tresen reagieren wird, vielleicht lässt sie ein paar Traubenzucker und paar Hustenbonbons mehr springen. Mit 5 € könnte ich allerdings nicht viel erreichen, da hängt die Preislatte schön höher. Ein schöner Morgen war es  allemal, das konnte ja noch ein guter Tag werden!

Georg Krakl - Du Elefant!

Du Elefant!
Du bist so elegant!
Dein Schwanz ist lang und dünn; hat hinten eine Quaste.
Und wenn ich deine Haut betrachte und betaste,
dann scheint sie grau und dick und faltig.
Dein Rüssel ist gewaltig.

Nur deine Ohren sind mir schnurz.
Da mag ich die von Österreichs Kanzler Kurz.

Georg Krakl - Soziales Verhalten im Laufe der Zeit

Einer für alle.
Heiner für Halle.
Rainer für Ralle.
Keiner für Kalle.

Ernst Jüngel - Die Mauer ist weg

Vincent van Eijnoor - Blick über den Tellerrand 
Die Mauer ist weg, ist verschwunden!
War eben noch da!
Sie war uns doch Stütze.
Wie soll'n wir gesunden?
Wir kranken an dem, was wir sah'n:
Freies Feld ohne Grenzen, die ganz große Leere;
Und Menschen, die eben noch Flüchtlinge waren,
entschwunden dem tödlichen Meere,
woll'n plötzlich gleich sein mit mir
und mit dir und mit allen Weißen.
Sie werden uns Gute bescheißen,
die leichtgläubig freigiebig sind.
Die sich nicht wehren!
Die friedlich ihr Leben leben
und alles für Fremdlinge geben,
welche brabbeln und gestikulieren,
dass wir die Kontrolle verlieren,
über das, was uns Goldes wert,
den eigenen Herd,
und den Großbildfernseher,
die Frau, das Kind und das Auto mit Allradantrieb.
Der Fremde, er schleicht wie ein Dieb,
macht große Augen, sein Lächeln ist schief,
will das Herz uns zerreißen,
das unermüdlich pumpt und pocht in jedem Weißen,
in jedem Guten, in jedem Menschen mit Anstand,
der arbeitet und schuftet mit eigener Hand,
nicht spekuliert
auf Almosen und Hartz vier.
Wir,
wir sind das Volk, wir sind im Recht!
Jetzt her mit der Mauer!
Es war doch nicht alles schlecht.







Jetzt neu: Spahnzange

Jens Spahn, scherzhaft auch Spahnferkel genannt und in Ableitung davon auch Sparferkel, Bundesgesundheitsminister und bekannt für ungewöhnliche Maßnahmen, die ihn selbst wenig betreffen, weil er genug Geld einfährt, hat einen neuen Vorschlag zur Kostendämpfung gemacht:
Zahnspangen sollen selbst mit der dann so genannten Spahnzange korrigiert werden. Jedes Kind weiß doch, dass der Zahnarzt so lange an dem Dinge schraubt und dreht, bis es wehtut und sich die Zähne einem neuen Rechtsruck fügen, so Spahn. Das könne jetzt jeder selbst erledigen und erhalte nach 10maliger Anwendung die Kosten für die Spahnzange ersetzt.
Nicht nur für den oralen Bereich ist das neue Instrument geeignet, auch für die Beschneidung von eingewachsenen Zehennägel könne man das Universalwerkzeug verwenden. Auch die Ferkelkastration sei ein wenig weniger schmerzhaft mit der Zange und so wolle Spahn, der schon in Verhandlung mit einem großen deutschen Werzeughersteller steht,  auch mit Kollegin Glöckner ins Gespräch kommen, um das leidige Herumeiern zum Thema schmerzfreie Hodenentfernung bei Schweinen zu beenden.
Ein werbewirksamer Slogan ist schon gefunden:
Probleme mit der Zahnspange?
Greife schnell zur Spahnzange!


Sport: Neue Formen des Freuens

Fußballer umarmen sich, wenn sie sich freuen, etwa über ein schönes Tor, vielleicht den Anschlusstreffer, oder sogar das Führungstor. Meistens geht dem das Hochreißen des Trikots voraus, um das Unterhemd zu zeigen, oder aber die blanke Brust.
Der DFB hat nun empfohlen, dieser oft in der Kritik stehenden Sitte entgegenzuwirken. Männer weinen nicht, Männer umarmen sich nicht, weil sie heterogen sind und Männer reißen ihr Trikot nicht in der Öffentlichkeit hoch. Das haben Männer nicht nötig. Männer freuen sich eigentlich anders.
Eine gesellschaftlich akzeptierte Art des Freuens ist das Freudenhocken.
Der Schütze und die Vorbereiter des Tores hocken sich hin und lachen, sie schauen in die Richtung des gegnerischen Tores, fassen sich an das Kinn, als ob sie die Szene analysierten und wirken eher, als hätten sie beim Murmelspiel ein paar schöne Glaskugeln versenkt. Da fasst niemand wen an, da bleibt die blanke Brust bedeckt. Gleichzeitig ist dieses Freudenritual eine schöne Dehnübung. Wenn die Mannschaft hier einen Glückstreffer platziert hat und insgesamt scheiße gespielt hat, stimmt die Haltung auch. Fehlen nur noch eine paar Blatt Papier.

PS: Der Plural von Blatt (Toilettenpapier) heißt nicht Blätter, auch nicht Blatter (> Sepp Blatter > FIFA > ungetreue Geschäftsbesorgung) sondern merkwürdigerweise 400 Blatt, dreilagig.

Du bist anders

Du bist anders.
Du aber auch.
Ich bin ein Mensch.
Ich auch.
Alle Menschen sind gleich.
Du aber nicht.
Du auch nicht.
Einer allein kann nicht anders sein.
Wer sagt das denn.
Logik. Du musst ja anders als irgendwer sein. Sonst merkt man das doch gar nicht.
Und warum ist der andere dann nicht anders?
Der ist dann auch anders.
Und beides sind Menschen? Da sind ja alle Menschen anders.
Irgendwie nicht. Weil ja alle Menschen gleich sind.
Versteh ich nicht.
Ich auch nicht.
Gottseidank.
Wem?
Hä?

Georg Krakl - Bockige Zicke (Gedicht mit einem langen und widersprüchlichen letzten Vers)

Das fettig' Haar so lockig,
die Manschesterhose weit und glockig,
und des Mannes Janker eher stockig.
Bleiche Haut so pockig
und der Spruch: Ach, die, die block ich,
ja, die lass ich mir mal kommen, die ist flockig.
Und so artischokig.

Dieses alles und viel mehr,
danach und auch davor,
drang an der Zicke Aug' und Ohr. Die wurde darauf bockig.



Georg Krakl - Dame und Herren

Die Dame, die gern willig,
denkt: Dann still ich
eben,
geht den Herren was daneben.

Tennisarme - Neue Krankheiten im Sport

Besonders im Tennissport sind Krankheiten häufig. In dieser Sportart tauchte die erste Symptomengruppe auf, die speziell auf die übermäßige Benutzung des rechten Arms bei Rechtshändern, oder des linken bei Linkshändern hindeutete und sich im Arm schmerzhaft bis zum Ellbogen ausdehnte.
Demonstrativ zeigten Tennisspieler, wenn sie bei exzessiver Benutzung der Hände erwischt worden waren, ihre erhobenen Arme, um damit auszudrücken, dass sie nichts "gemacht" hätten, sondern nur gespielt.

Neuerdings schleicht sich ein neues Krankheitsbild ein, vor dem schon Päpste, die heute nicht mehr im Dienst sind, gewarnt hatten: Das "Ausgebeulte Hosentaschensyndrom".
Tennisarme findet man auch im Bereich zölibatärer Geistlicher, auch wen die sich sportlich gar nicht betätigten.
Vielleicht sollte man einen anderen Namen wählen, der nicht die Tennisspieler, die ja wirklich mit dem Ball spielen, diskreditiert. Sport und Krankheit, das ist seit jeher ein unleidliches Gespann.

Menschenskind!

Die Frau des Astronauten hasst den Mond
Schwarzes Loch im Abendbrot
Neil: Juri, ist noch Schwarzwälderkirsch in der Tube?
Juri: Habe ich gestern genossen, Genosse!.
Neil (die Tube betrachtend): Das hast du aber schön ausgedrückt.
Juri: Amerikaner wäre noch ein bisschen da.
Neil: Das ist diskriminierend.
Juri: Einfach genießen, Genosse!
Neil: Sag nicht immer Genosse zu mir!
Acryl












Immer wieder Pausenclown
Hauptsache Lacher
Ich konnte selber über mich lachen bzw. weinen.
Lächerlich ist nicht lachhaft ist nicht lustig ist nicht leben.
Ein Schlag ans Ohr ist besser als gar kein Körperkontakt.
Das ist lustig.
Ich muss weinen.
Acryl










SCholera (An der Schule kranken)
Krankheit schult
Schule ist die Form, in die wir gedrücktgeschobengequetscht werden, damit uns die Gesellschaft ausbacken und genießbar machen kann. Wer ist die Gesellschaft?
Acryl













Vordenker nachdenkend
Andenker umdenkend
Nachhaltig vorhalten und runterbrechen
Draufschauen drübergucken 
Was macht das mit mir?
Ich bin ganz bei dir.
Das macht Sinn.
Anüberlegen Anundfürsich
Acryl





Ausstellungseröffnung am Sonntag, 30.9.2018 um 11 Uhr VHS Bad Oeynhausen Foyer, Kaiserstr.14, Bad Oeynhausen. Die ausstellung läuft bis zum 3.11.2018

Poesie im Alltag: Strumpf

Versunken im Strumpf der Gefühle.
Bis zum Knie drin.

Vom Nebentisch abgehört.

Als wir Fische waren

Gerdfried Henneking - Als wir Fische waren/Sprachlos (2010)
Wir sind der Schwarm!, skandierten die Fische, weil sie es leid waren, aus ihrem Wasser gezogen und den Menschen zum Fraß hingeworfen zu werden. Wir sind der Schwarm!, schrien sie aus tiefster Seele, wenn denn Fische eine Seele haben, doch niemand hörte sie. Es waren stumme Schreie, die auf taube Ohren stießen.
Wir können Fisch, summten die Fischer in bestem Neudeutsch vor sich hin und puhlten ein wenig Schmalz aus den winderprobten Ohren. 
Ist noch Fisch da?, fagte der Esser. 
Wird allmählich knapp…., antwortete die Fischthekenbesatzung. 
Dann lass uns reinhauen!, nickte der Esser und haute rein.
Mein Schwarm war immer Viktor de Kowa, flüstert die Uroma und löffelte die Suppe aus, die man ihr eingebrockt hatte.

Der Ozean war derweil still.

Das Bild ist zu sehen: Ab 30.9. -Ausstellungseröffung um 11 Uhr -  bis zum 5. 11. 2018 im Foyer der VHS Bad Oeynhausen. "Menschenskind!" zeigt ca. 60 Bilder in Acryl und Mischtechnik

Nie wieder Höhlenmensch

Die Höhle des Löwen, dachte Motz, rein zu diesem Sauarsch von Löwe, Hubert Löwe, Sachbearbeiter für Motzens Kleinscheiß, die Macht, die über Ja und Nein entscheiden durfte. Löwe, was für ein Name für einen kleinen Angestellten! Aber es stimmte: Die männlichen dieser Tiere gingen ja nie selber auf die Jagd, nur wenn es sein musste, weil die Frau gerade weggelaufen war, ansonsten schliefen die doch immer, furzten und verdauten die letzte Antilope, die Mutti angeschleppt hatte. Der König der Tiere riss sie dann auf und biss sich ein paar besonders feine Stücke heraus. Antilopen aufreißen, das bekam eine ganz neue Bedeutung. In der Disko dachte Motz immer an Gazellen, wenn er anmutige Mädchen entdeckte. Leider waren die meistens überschminkt aufgebretzelt und entsprachen dann nicht mehr seiner Wunschliste. Vielleicht hätten sie auch nein gesagt. Motz hatte feuchte Hände, klammerte sich an seine Unterlagen und stürzte sich in die Höhle des Löwen: Moin, Scheff!, platzte er in den Raum und Sachbearbeiter Löwe schaute konsterniert in Richtung Motz: Mahlzeit, Meister!, versuchte Löwe das übliche Begrüßungsniveau zu verlassen und adäquat zu kontern. Er hasste das plump Vertrauliche. Gut gebrüllt, Löwe!, haute Motz mutig raus und grinste dabei. Löwe grinste nicht. Das war kein guter Anfang, kroch es in Motzens Rücken hoch. Spaß beiseite!, kleinlautete er weiter, um den misslungenen Eingangsakt zu neutralisieren. Seine Unterlagen waren jetzt auf DIN-A-6 geknickt. Das Stammhirn hatte mittlerweile das Kommando übernommen, und wie damals im Bärenschlaflager, wenn die Bärin aufgeweckt worden war, gab es nur drei Möglichkeiten: Angriff, Flucht oder Erstarren. Motz stand bewegungslos vor dem Schreibtisch des Sachbearbeiters und konnte keinen Finger krumm machen. Rühren!, scherzte Löwe und grinste dabei nicht. (Fortsetzung kann sich jeder denken. Das Bild ist zu sehen: Ab 30.9. -Ausstellungseröffung um 11 Uhr -  bis zum 5. 11. 2018 im Foyer der VHS Bad Oeynhausen. "Menschenskind!" zeigt ca. 60 Bilder in Acryl und Mischtechnik)

Georg Krakl - Welt kaputt

Der Rand verlässt das Band.
Das Herz ist ohne Hand.
Der Saus ist weg. Alleine Braus.
Auch Bein
geht fort. Und Stein
ist ganz allein
am Boden. Asche 
sitzt in einer Flasche.
Sack hängt ohne Asche da. 
Und ohne Kopf, da muss der Kragen
schier verzweifeln und verzagen.
Die Welt zerschellt,
-weil ohne Gott- 
ist Schrott und Schutt.
Den Gott sucht Asche
in der Flasche.
Längst vergessen ist der Sack. Der Sonne
ist der Mond verschwunden, der sucht seine Sterne. 

Gott, nur Gott,
Der auch den Schutt, den Schrott, 
die Asche mit dem Sack, 
den Kopf auch ohne Kragen, 
Herz und Schmerz, 
auch Stein und Bein, 
und Saus und Braus 


und Sonne, Mond und Sterne liebt, 
der hat uns Menschen trotzdem gerne.

Gerhard Richtig - Schwarzweiß Bretterwand 2018

Gerhard Richtig - Schwarzweiß Bretterwand 2018
Georg Krakl - Schwarzweiß Bretterwand

Gewidmet Horst Seehöfer

Schwarz und Weiß
gleichen Warz' und Schweiß
oder Harz und Eis,
wie man weiß.

Wie apart,
Heidi, sagt der Bayern-Horst,
das ist nichts für Weiße.
Das ist Scheiße.

Grenzen sind für mich und dicht.
Überschritten wird hier nicht.



Schwestern unter sich: CDU und CSU - Das Ende des Pinocchio-Syndroms

Endlich reden die Koalitionspartner Klartext. Das darf den Bürger freuen und beruhigen. Nach wochenlangem Streit um das Umgehen mit Flüchtlingen wird endlich gesagt, was jeder denkt, und das kann der Bürger verstehen. Kurze und deutliche Botschaften, wie sie auch daheim in den Wohnzimmern gesendet werden, kein Verbrämen und Umdenheißenbreireden, kein Taktieren und Intrigieren. Endlich wird Politik verstehbar. Die Flüchtlinge sind derweil außenvor, wie man auf mittelneudeutsch zu sagen pflegt, und das ist ja sowieso im Interesse der Kontrahenten.

Elfriede Jellischrek - Die Kaviarspielerin

Die Kaviarlehrerin Erika Strohhut stürzt wie ein Wirbelwind in die Wohnung, die sie mit ihrer Mutter teilt.
"Komm", ruft sie ungestüm,"lass uns ein Spielchen machen, ich habe auf meiner Fortbildung ein paar Tricks dazugelernt!" Die Mutter grummelt aus ihrem Lehnstuhl Unverständliches in das Fernsehzimmer und Erika wiederholt ihr Ansinnen.
"Komm, ein kleines Spielchen, ich mache auch eine neue Dose auf!"
"Das wird ja wohl mal Zeit, der ganze Kühlschrank stinkt nach Fisch!", zischt die Mutter jetzt Verständliches ins Wohnzimmer.
"Komm, setz dich her!" Erika ist enthusiastisch.
"Nimm einfach die Dose aus dem Kühlschrank und lass die neue zu. Mir riechen die Finger nach jedem sinnlosen Fischeierpopeln eklig, ich mag das heute nicht und wahrscheinlich auch morgen nicht. Also, gib jetzt Ruhe, ich möchte Sturm der Liebe gucken und da stört Fischgeruch gewaltig, vor allem bei den Liebesszenen!", ergänzt die Mutter energisch.
"Du bist ein Serienjunkie, Mutter! Komm, lass uns eine Runde Kaviar spielen, mehr muss es ja gar nicht sein. Da kommst du mal auf andere Gedanken!"
Die Mutter schleicht zum Kühlschrank, holt die angebrochene Dose Beluga-Kaviar heraus, dreht sich zu Mitte der Küche hin und kippt den Inhalt der Dose auf den Fußboden.
"Hier, spiel alleine! Die Regel kennst du ja: Wer am meisten Eier aufgesammelt hat, wenn kein Ei mehr auf dem Boden liegt, hat gewonnen....Da bist du endlich mal Erste! Ich geh jetzt Sturm der Liebe gucken."
Erika sitzt mit heruntergeklappter Kinnlade am Küchentisch. "Mutter, du bist unmöglich!"
"Nichts ist unmöglich...", singt die Mutter beim Hinausschleichen.
"Ich hasse dich!", zischt Erika ihr hinterher.
"Besser als gar kein Gefühl!", hört sie aus dem Fernsehzimmer.

Stephan I. Meyer - Bis(s) zum Morgenkauen

Meine Mutter fuhr mich heruntergelassenen Scheiben zum Flughafen. Ich dachte, während der Wagen vor sich hin schaukelte, über diese Metapher nach: Mit heruntergelassenen Scheiben. Wenn meine Mutter bildhafte Ausdrücke benutzte, wusste ich, dass sie wieder mal schlecht drauf war, oder supergut, also mal wieder depressiv oder manisch war. Mit heruntergelassenen Scheiben ließ sich eigentlich nicht fahren, was konnte sie meinen, Bremsscheiben? Bremsscheiben fuhren ja auch nicht, sondern bremsten eher.  Hatten wir denn Scheibenbremsen in unserem neuen SUV? Scheiben jedenfalls konnten nicht von sich aus fahren, dazu brauchten sie immer eine Achse. Irgendwelche Antiken hatten ja auch das Rad schon erfunden, aber konnten damit nicht fahren, wahrscheinlich schossen sie auf die Scheiben, mit Pfeil und Bogen oder mit Tontauben. Ich dachte an meine eigene Fahrradprüfung in Klasse 5, da hatte ich doch glatt ein paar Pylonen, die ich damals noch für einäugige Riesen gehalten hatte, umgerissen. Die Nacht vorher hatte ich denkbar schlecht geschlafen, denn mit einem  24"-Fahrrad zwischen einäugigen Monstern herumzukurven, das machte mir Angst. Gottseidank waren es dann nur orange-weiße Plastikhütchen und ich atmete auf. Den Führerschein habe ich heute noch im Portemonnaie, falls ich ihn mal brauche. Während ich über das Herunterlassen von Scheiben nachdachte, kaute ich auf ein paar Frühstücksresten herum, so wie man gelangweilt ein Kaugummi dental durchknetet, das schon völlig geschmacklos geworden ist. Und ich wusste plötzlich ganz genau, wenn dies ein Roman wäre, in dem ich mitspielte und meine Mutter mit heruntergelassenen Scheiben, dann wäre hier der Höhepunkt erreicht. Falls der Roman "Bis(s) zum Morgenkauen" hieße, denn das war jetzt reines Morgenkauen, gelangweilt, genervt, leicht flugangstbeträufelt und fade. Das hatte keinen Biss. Es schmeckte wie durchgekaut, wie ausgelutscht, wie abgeleckt, oder noch schlimmer: Wie angeleckt. Das machte kleine Kinder immer, wenn sie etwas für sich haben wollten. Tommi saß damals mit angeleckten Ohren in der Spielecke. Britta hatte mit ihrer Zunge über seine Ohren geschlabbert und beanspruchte Tommi jetzt nur für sich. Angeblich habe ihn jeder haben wollen, damals. Ich wollte ihn auf keinen Fall mehr haben, denn angeleckte Ohren stinken erbärmlich nach verwesender Kinderspucke. Beim Nachempfinden dieses Geruchs und gleichzeitigem und gelangweiltem Herumkauen auf Frühstückcerialien, also Haferflocken und anderem Brösel, hatte ich mir innen in die Backe gebissen. Ich schmeckte den metallenen Geschmack von Blut. Jetzt hatte ich meinen Biss. Den Biss zum Morgenkauen. Passend zum Morgenkauen. Ich versuchte, das Seitenfenster des SUV herunterzulassen, aber es war schon unten. Warum das? Es gab doch eine Klimaanlage. Ich spuckte das Gemisch aus Blut, Spucke und Frühstücksresten durch die Fensteröffnung. Die Hälfte landete auf meinem Kragen, durch den Fahrtwind wieder hereingedrückt, die andere an der Verkleidung der Tür, weil ich nicht genug Druck hatte aufbauen können. Da hatte ich meinen Biss. Endlich wusste ich auch, was die Metapher "mit heruntergelassenen Scheiben" bedeutete. Es war gar keine Metapher. Das konnte ja noch ein interessanter Flug werden. Mutter ließ die Scheiben hochfahren und schaute mich gereizt von der Seite an. Was ist mit dir los, schien sie zu fragen. Ich guckte zurück, also ob ich auch etwas sagte. Tat ich in Wirklichkeit aber gar nicht. Das Blut hatte aufgehört zu rinnen, jetzt tat es weh. Ein Tag, um nicht zu fliegen.

Georg Krakl - Angesichts des Gipfels

Er fand sein Gemächt
gar nicht schlecht.

Es gab zwar so Frauen,
die wollten mal schauen
und sagten so Sachen
und mussten dann lachen.

Das war ihm nicht recht;
sein Gemächt,
das war prächtig und echt.

Doch angesichts jenes mächtigen Gipfels des riesigen Berges
erschien es ihm wie der Zipfel des oft so verhöhnten, verspotteten Zwerges,
den er nicht bemitleidet hatte.
Es war ihm die Latte
macchiato kein Trost.
Er fühlte sich ohnmächtig, schicksalsumtost.

Der Berg aber schwieg und mit ihm der Gipfel.
So sang er: "Gelobt sei's Gemächt,
denn was echt ist, ist echt,
auch wenn's nur ein Zipfel."

Ameisen halten die Zwerge für Riesen.
Vom Mond aus gesehen ist der Berg ziemlich klein.
Das hat Galileo unlängst bewiesen.
Und so soll es wohl weiterhin sein....








Begattungsinstitute

Partnervermittlungsbörsen sollen demnächst Begattungsinstitute genannt werden. Damit soll verhindert werden, dass die Vermittlungsportale in den Verdacht geraten, aus Profitgründen unter dem Deckmäntelchen der Prämisse "Niemand soll alleine einsam sein" ihr Geschäft zu betreiben, bzw. in Verdacht zu geraten, man habe irgendetwas mit Kuppelei zu tun. Der Beruf der Kupplerin war in der Vergangenheit ja eher wenig beliebt, es sei denn man konnte eine gute Partie machen oder seine Bedürfnisse befriedidgt sehen. Der Begriff "Begattungsinstitut" sei die Rückkehr ins seriöse Fach, so konnte man unlängst lesen. Eine Klage des "Deutschen Verbandes der Bestattungsinstitute" wird vorbereitet. Man darf gespannt sein.

Neo-Kubismus (Klötzchenkunst): Vassily Kanniksky - Nackte Männerköpfe

Vassily Kanniksky: Nackte Männerköpfe (2014)

Günter Krass: Neulich beim Herumschwimmen

Neulich, als ich so herumschwamm, steckte ich aus lauter Neugier den Kopf unter Wasser, und dort sah ich eine Frau in einem Bikini, die eine Elektrogitarre in den Händen hielt und darauf spielte.
Sie hatte den Kopf verzückt nach hinten und zur Seite gelegt; das Wasser spielte mit ihren Haaren.
Hallo, gute Frau, sagte ich, denn die Frau war nicht unattraktiv, haben Sie schon gemerkt, dass sie die Gitarre verkehrt herum halten?
Die Frau reagierte auf meine Frage nicht, sondern verharrte in der Verzückung.
Mir fiel ein, dass man sich in Musikerkreisen gern duzt. Zwar war ich kein Musiker, aber die Frau versuchte ja durch ihre Gestik und die innige Umarmung des Saiteninstrumentes zu dieser Gruppe klangerzeugender Menschen zu gehören.
Du spielst, als seist du Linkshänderin!, wurde ich etwas vertraulicher und hoffte, die Frau würde reagieren. Die aber zeigte keine Regung.
So wie Jimi Hendrix damals!
Ich hoffte, einen entscheidenden Impuls gegeben zu haben, denn wer will nicht wie Jimi Hendrix Gitarre spielen können? (Anm. der Red.: Stefan Mrotz, der spielt Trompete)
Die Frau blieb unberührt von meiner Frage.
Ist es nicht gefährlich, unter Wasser eine Stromgitarre zu spielen? Vor allem, weil dies gar kein Strom, sondern ein einfacher Fluss ist!
Meine provokante Frage sollte die Dame aus der Reserve locken. Natürlich hatte ich gesehen, dass gar kein Kabel in die Gitarre gesteckt worden war.
Nichts. Die Frau reagierte nicht.
Ich gab auf, denn mir war die Luft ausgegangen.
Enttäuscht schwamm ich nach Hause zurück und legte meine alte Jimi Hendrix-Platte auf, die gemütlich auf dem Plattenspieler knackte und knisterte..

Auf dem Campingplatz belauscht: Mutter, da geht eine Frau....


Mutter?! Hier geht eine Frau in Stöckelschuhen und Nylonstrümpfen.....Natürlich ist das was Besonderes, das ist hier auf dem Campingplatz....Ja, Mutter ich bin hier auch auf dem Campingplatz, sonst könnte ich die Frau ja nicht sehen,sie trägt ein....Ja, was will ich mit einer Frau? Wie kommst du darauf, dass....Das Kleid ist seitlich geschlitzt....Ja,schon, sie sieht schon ganz gut aus, irgendwie.....Ja, weiß ich doch, gut, das war ein Flop damals, da habe ich mich geirrt, ich hätte auf dich hören sollen.....jetzt hör doch mal zu.....wieso nicht in diesem Ton....Mutter! Gleich ist sie weg.....Ich meine doch nur, ob ich die vielleicht ansprechen sollte....Ja, was weiß ich, deswegen rufe ich doch an.....Übers Wetter sprechen ist doch langweilig......Was sie mit Stöckelschuhen auf dem Campingplatz macht?.....Ja, das interessiert doch gar nicht, ich habe auch ein Oberhemd an....Ja, das du gebügelt hast, das weiße, ja, seit gestern, nein, es hat keine Flecken!....Mutter!Jetzt hör doch mal auf,nein...,ja....,ich bin auch auf dem Campingplatz.....weil ich hier Urlaub mache....Wieso sollte ich eine Ferienwohnung....Darum geht es doch gar nicht....Ich will lediglich....Lediglich? Wieso klingt das geziert?....Gestelzt?....Jetzt hör mal auf....ich habe nur gemeint, weil...wegen dem Flop von damals mit Rita.... Ob die im Zelt wohnt?....Das weiß ich doch nicht, ja, da muss ich hinterher gehen....nein, das kann ich mir nicht vorstellen...Stöckelschuhe und Zelt, das passt irgendwie nicht....ja, sie ist geschminkt...dezent....Lippenstift.....die Augen etwas....die Haare schulterlang.....B-Körbchen schätze ich....Mutter, ich meine, was willst du denn jetzt....ob sie Deutsch spricht....keine Ahnung, das ist hier Frankreich....ach, du meinst, dann wohl Holländisch....was hast du denn jetzt wieder gegen Holländer?....Holländerinnen!....Jetzt hört mit diesen alten Kamellen auf....Jetzt ist sie weg....ich muss...Mutter...ich leg jetzt auf....jaja man kann ein Handy nicht auflegen, habe ich selber gesagt....ich beende das Gespräch....ja...nein....weg! Schwupp. Weg. Aus den Augen....mag sein, dass sie morgen schon wieder abreist. Welche Sprache unsere Kinder denn mal sprechen sollen....ich weiß doch noch nicht mal....vergiss es, Mutter....vergiss es....Tschüss! Nein, ich rufe nachher nicht noch mal an......auf jeden Fall nicht vor neun....

Günter Krass - Die Rättin

Zu Weihnachten eine Ratte, das war mein Wunsch, ich wusste nicht Recht ob ich sie als Spielgefährten oder als leckere Vorspeise haben wollte, und indem ich es dachte, drängte sich mir gleichzeitig auf, dass es sich um eine Rättin handeln sollte, nicht nur wegen ihres zarteren Fleisches, sondern weil, wenn nicht als Speise genossen, ich mir vorstellte, dass sie anschmiegsamer sei.
Kurz musste ich eingenickt sein, denn mir träumte, ich hielte ein in heller Sauce geschmortes schönes und schlankes Exemplar in Händen und drückte es mir an die Wange, so als wollte ich alles: Die Speise und Spielgefährtin.
Ich schreckte auf, öffnete die Augen und spürte mein Herz pochen. Wie absurd, ein Wort, das bereits mit weiblichem Artikel stand, noch einmal zu verweiblichen. Und wie nahe das Wort verweichlichen lauerte. Die Rättin als die verweichlichte Form der Ratte, die doch sowieso schon weiblich ist.
Der Ratte. Das ist Genitiv. Rattus. Das Lateinische war hilfreich. Ratta. Die Rättin? Gab es das?
Ich war verwirrt und beschloss, lieber über meine nördliche Pfütze zu schreiben. Das Steinhuder Meer. Vielleicht auch den Dümmer See. Dümmer. Das war so ein schöner Komparativ.
Wenn man rattig steigerte, käme ein "Rattiger" heraus. Und wenn diese Katze nicht täglich ihr Kreuzworträtsel löste, dann müsste man das Wort mit drei t schreiben. Katzen lösen keine Rätsel. Ratttiger.
Ach, die Welt war unüberschaubar. Am einen Ufer des Dümmers konnte ich das andere sehen. Der Dümmer war überschaubar, und wegen seiner Überschaubarkeit liebte ich ihn. Das war nicht dumm.

Franz Gaffka: Der Abzess


Als Gregor Samso eines Morgens nach unruhigen Träumen in seinem Bett aufwachte, fand er sich in ein ungeheures Ungeziefer verwandelt. Er vermutete, er sei eine Schmeißfliege, saß an der Zimmerdecke und schaute auf sich herab, oder auf das, was er vorher gewesen war. Sein menschlicher Körper lag in embryonaler Verkrümmung unter der feuchten Bettdecke. Augen und Lippen zuckten, so als träumte der verlassene Körper einen schlechten Traum.
Gregor an der Zimmerdecke erinnerte sich an die letzen Worte seines Vorgesetzten: Sie sind eine Schmeißfliege am Furunkel vom Arsch der Welt.
Gregors Facettenaugen ruckten unruhig hin und her, als ob sie etwas Feindliches entdecken wollten; das Feindliche saß jedoch in seinem Kopf.
Gregor war völlig entfallen, warum der Vorgesetzte diese lange Beleidigung ausgestoßen hatte.
Im Moment des Ausbruchs seines Vorgesetzten hatte er darüber nachgedacht, ob es nicht heißen müsse, am Furunkel des Arsches der Welt, doppelter Genitiv, kompliziert und stilistisch eher fragwürdig.
Der Gebrauch des Dativs - schon wieder Genitiv, dachte Gregor - deutete eher auf einen restringierten Sprachcode hin, eher auf  untere Mittel-schicht mit rücksichtsloser Karrierementalität.
Als Gregor hatte fragen wollen, ob es nicht am Furunkel des Arsches der Welt, also, ob nicht der Furunkel im Genitiv stehen müsse, hatte er sich bereits vor der Tür wiedergefunden und überlegt, ob der Arsch der Welt mittels des Omphagus, des Nabels der Welt, zu ermitteln sei.
Der Nabel der Welt lag in Griechenland, in Delphi, im Apollotempel.
Die Frage war, ob von da aus nach Norden oder Süden, vielleicht aber auch nach Osten oder Westen, möglicherweise auch zwischen diesen zu suchen sei, denn fest stand, dass die Welt sich drehte.
Muss der Furunkel nicht Abzess heißen?, dachte Gregor und rollte mit den Facettenaugen.
Alles wirkte so langsam, so bedächtig, so traurig.
Der Körper im Bett hatte sich erhoben und zur Fliegenklatsche gegriffen.

Brühendheiß fiel Gregor an der Zimmerdecke ein, was die Metapher "Etwas an der Klatsche haben" wirklich bedeutete.  Eine Nano-Sekunde zu spät allerdings.

Der Medizinsektor setzt auf "Happy Aua"

Starker Konkurrenzdruck macht kreativ. In Krankenhäusern und auch Arztpraxen bietet man jetzt zu Zeiten, wenn der Ansturm auf teure Geräte nachzulassen droht, das sogenannte "Happy Aua".
Zum halben Preis werden Leistungen angeboten, die nicht im Abrechnungskatalog der Krankenkassen stehen. Wer IGel immer noch für Tiere hält, die im Garten hüstelnd durchs Gebüsch krabbeln, ist schlecht informiert. Individuelle Gesundheitsleistungen, abgekürzt IGel, sind Leistungen, die vielleicht nicht notwendig, wohl aber individuell, d.h. aus der eigenen Tasche, bezahlt werden. Immer weniger Menschen wollen ein Extra-Röntgenbild inklusive Alu-Rahmen, wenn es doch zwischen den Zehen juckt. "Happy Aua" schafft neue Anreize und belebt natürlich auch die - nach eigener Aussage - stagnierende Medizinbranche. Es muss nicht unbedingt etwas wehtun, wenn man "Happy Aua" nutzen will. Im Mittelpunkt sei ja auch der Kontakt zwischen Patienten und Gesundheitsdienstleister; da muss man auch mal als Patient selber losgehen und einen Schritt auf die "Men in White" machen, wobei "Men" Synonym für "Frau in Weiß" sein kann, wie jeder weiß.

Georg Krakl - Gedicht mit nicht gelungener Metapher am Ende

Gerhard Richtig - Der Dichter ist nicht ganz dicht (2018)
Die Kraft des Gedichts

Gesicht wie püriert oder frisch operiert,
das Hirn eng verschnürt, zugeschmiert
im Innen zermahlen,
es schwirren die Wörter und Zahlen,
zum Lesen und Teilen und Malen.
Die Liebe dahin,
das Herz ist so schwer,
und letzte Tropfen aus letzten Flaschen hängen am Kinn,
alles leer,
nur Stau statt Verkehr.
Zum Zahlen fehlen die Scheine,
zum Mahlen die Zähne. Ach, jedem das Seine!
Das ist dir kein Trost, 
wärst gerne gekost
gedrückt
und gestreichelt
geschmeichelt.
Da ist aber nichts,
kein winziges Lob eines wingzigsten Wichts.

In dir kein Streben
um weiterzuleben.

Und dann: Etwas Licht.
Ein Gedicht.
Wie es reimt
und keimt
und Zerbrochenes leimt!

Gedicht, ob püriert oder frisch konstruiert:
Ist dir Motor fürs Leben.

Ach, Reimhaufen du, ich schmeichle hier nicht.

Du bist ein Gedicht!

Georg Krakl - Rotraud

Neon Rauh - Rotraud Rothaut 2018
Dachtest: Find die Wonne
in der Sonne,
Kind des Lichts!
Nackt im Schatten hinterm Traktor
Eingecremt mit Lichtschutzfaktor
Trugest nichts
Und oben kein Ozon
Zum Schutz. Nur des Bauern Sohn.

Rotraud
Ist jetzt Rothaut.

(Unverbrannte Stellen gibt es, welch ein Segen!
Da, wo jener Bauernsohn gelegen.)

Nachrichten aus dem Aggroministerium: Singvögel schuld am Insektensterben


Obwohl man, wie AGRO-Ministerin Föcking Schulze mitteilt,  noch bis 2021 Ursachenforschung betreiben will, sind jetzt schon Verursacher des Insektensterbens bekannt: Singvögel.
Diese ernähren sich in der Regel ausschließlich von Insekten, weil ihnen der typische Körnerpickerschnabel fehlt. Gerade in den letzten Jahren scheint der Appetit der Insektenfresser ungezügelt.
Gemeinsam mit dem Heimatministerium will man nun Maßnahmen ergreifen, etwa die Legalisierung des Luftgewehrgebrauchs auf dem eigenen Grundstück. Es sei durchaus ein Anreiz, auf lebende Objekte zu schießen, wenn es denn der guten Sache dient. "Man muss also nicht mehr Jägersmann werden, wenn man mal was schießen will, was sich bewegt", so die Botschaft aus dem Ministerium für Aggro-Industrie und Umwälzschutz.
Weiterhin wolle man Zugvögeln, die sich von Insekten ernähren, eine Wiedereinreise verbieten, falls sie nicht auf den Verzehr Insekten verzichteten.
Zugvögeln - diesem Problem wolle man sowieso einen Riegel vorschieben, so verlautet es aus dem Verkehrtministerium. Auch die Deutsche Bahn nickt dazu.
"Wir sind auf einem guten Weg", so Stimmen aus dem AGRO-Ministerium, "wohin der auch immer führen mag."




Weisheiten der Welt: Schlangen

Neon Rauh - Frau im Schlangenhaus
Mensch, vergiss die Tröte nicht, wenn du zur Schlange gehst!

Aus dem Nahen Osten 
(DDR 1987)


Wertewechsel in der Finanzwelt

Vincent van Eijnoor - Anbetung (2006)

Alltag im Saustall


Georg Krakl - Frühling

Es ist Frühling.
Und da spritzt der Landmann
Nicht von Hand, man
Sieht er hat ein Sprühding.

Das sprotzt Gülle
In die ländliche Idülle.

Tonnes Tagebuch - Rassige Zweikämpfe

Liebes Tagebuch!
Neulich las ich in der Tageszeitung, dass sich Nachwuchsfußballer "rassige Zweikämpfe" geliefert hätten und ich konnte erst mit dem Begriff rassig nichts anfangen. Obwohl eigentlich schon. Ich dachte da erst mal an rassige Zigeunerinnen, wie sie auf auf Ölgemälden der Elterngeneration gern abgebildet wurden. Keiner weiß, warum diese Ölgemälde, die meiste weißbebluste und üppigbebuste junge Frauen mit schwarzem Haar zeigten, überhaupt aufgehängt wurden. Die jungen Frauen trugen große goldene Ohrringe und blickten den Betrachter verführerisch an. Die Ehemänner schielten zurück, wenn die Ehefrauen das nicht sahen und hätten wohl gerne etwas mehr in die Bluse geguckt und auch schon mal Hand angelegt und vielleicht sogar ein Stündchen mit der Dame und einem Schafverbracht, natürlich vollkommen unverbindlich, denn jeder wusste, dass diese rassigen Zigeunerinnen nicht für die Ewigkeit planten, sondern mehr in den Tag hineinlebten, an den Haustüren billigen Tand gegen hart erarbeitete D-Mark tauschen wollten oder heimlich in die Wohnzimmer schlüpften, um sich an den Errungenschaften der Wirtschaftswunderzeit dauerhaft zu ergötzen, was bedeutete, dass sie diese mitnahmen, ohne dafür zu bezahlen. Nicht mal ihren Tand tauschten sie ein. Rassige Zigeunerinnen waren für die deutsche Hausfrau Menschen zweiter Klasse, die es auf Hab und Gut und auf den attraktiven, wenn auch bereits zum bauchfettansatzneigenden Ehemann abgesehen hatten. Wenn die Ehefrau im Raum war, schauten die Männer allesamt gelangweilt an die hässliche Tapete, um dann, wenn sie sich allein wähnten, die Augen schnell zum Ölgemälde lenkten, um durch kleine Zotigkeiten anzudeuten, dass sie ja auch schließlich Männer waren. Als Frau kam die natürlich insgesamt nicht in Frage. Man wusste ja auch nicht, mit wem sie es schon getrieben hatte.
In Zeiten, wo es verpönt ist, von Zigeunerschnitzeln oder Zigeunersauce - die ja beide eine gewisse Schärfe aufweisen, wie sie auch bei der rassigen Ölgemäldedame vermutet wird - zu sprechen, scheint es befremdlich, dass jemand von rassigen Zweikämpfen spricht. Vielleicht war auch rassisch gemeint, denn häufig kommen gute Fußballer aus fremden Ländern, deren Bewohner dunklere Häute haben, als die Eingeborenen in der eigenen Heimat. Man sagt eigentlich nicht Eingeborene, wenn man von deutschen Bürgern spricht, wenngleich der Begriff stimmt. Aber Eingeborener klingt so, als wolle man das Wort Neger vermeiden, und bedient sich eines neutraleren Begriffes. Wenn der aber neutral wäre, könnte man ihn auch auf Deutsche anwenden, tut man aber nicht.
In Zeiten des Wiederaufkeimens des braunen Gedankengutes ist das Wort rassisch für Bildungsbürger, die als selbstreflektiert gelten wollen, nicht angemessen.
Es ist ja auch gar nicht rassisch zu lesen, sondern rassig.
Rassig- wir denken wieder an die Frau in weißer und vorne tief dekolletierter Bluse mit den goldenen Riesenkreolen im Ohr, rote, volle Lippen hat sie auch noch-rassig steht dann für schnell und kraftvoll, ohne Rücksicht auf die eigenen Knochen, mit dem Willen zum Sieg, mit der Absicht auch ins Wohnzimmer zu schleichen und Statussymbole zu entwenden, mit einer Schärfe, die einem bis ins Hirn schießt, so als habe man sich eine halbe Tube Löwensenf extra mit dem Esslöffel verabreicht- also rassig, das können die Deutschen eigentlich nicht, weil sie das alles nicht sind. Sie sind verlässlich, pünktlich, ordentlich. Vielleicht etwas langweilig, sodass sie sich kaum Chancen bei der rassigen Ölgemäldetante ausrechnen; aber Qualität zahlt sich letztendlich aus. Und eine Ehefrau, die lieber bügelt, als gebügelt zu werden, zeigt, dass sie ein aktives Mitwesen ist, und nicht passiv alles geschehen lässt.
Vielleicht wäre es Zeit, ein schönes Ölgemälde aufzuhängen, das ein Stück des schönen deutschen Waldes zeigt. Der ist nicht rassig, aber da ist alles drin, was ein Wald braucht. Und das reicht.

Georg Krakl - Suppenhuhn und Schäferhund

Ein Schäferhündchen
hatte einst ein Schäferstündchen
mit einem Suppenhuhn.
Da gab’s nicht viel zu tun
Du bist so nackt und weich
und auch so bleich,
ein wenig kalt,
vielleicht schon alt,
kannst keine Eier legen,
musst in die Suppe wohl deswegen.
So sprach der Hund,
dein Mund,
der ist ein Schnabel.
Hab dich zum Fressen gern,
mein Suppenstern.
Ich ess dich ausnahmsweise mit der Gabel.

Georg Krakl - Blutdruck (Extended Version)

Blutdruck

Das Blut,
es drückt auf die Arterien und Venen,
auf Knochen, Kopf und Sehnen.
Der Kopf ist rot,
der Druck macht tot,
wenn man die richtigen Tabletten
nicht regelmäßig nimmt.
Dann ist man nicht zu retten.
Und der Arzt sagt: Stimmt.

Er schreibt dir ein Rezept dagegen.
Das ist ein Segen.
Beide lachen sie.

Der Blutbedrückte und die Pharmaindustrie.