Heute: Die Welt geht unter

Ringo schluckte. Heute würde sein guter alter und zuverlässiger und auf sicheren Quellen basierender Küchenkalender enden.
Das bedeutete Weltuntergang.
Nirgends hing ein neuer Kalender.
Die Zeit war abgelaufen.
Alle hatten gelacht, als den Mayas nicht geglückt war, die Kugel zu versenken, aber das waren greise Gesellen, die verknittert aus dem Götterhimmel grinsten, weil sie sich wohl einen Scherz erlaubt hatten, den viele Menschen ernst genommen hatten. Scherze darf man nicht ernst nehmen, denn dann sind sie keine Scherze mehr.
Heute Nacht wäre alles aus.
Was konnte Ringo tun? Noch ein Apfelbäumchen pflanzen? Gut, es war mild und feucht draußen, optimal für eine Anpflanzung. Aber wenn der Frost zurückkäme, wäre es finito mit Äpfeln.
Obwohl das ja auch nichts mehr bedeuten würden, wenn die Welt heute unterginge.
Ringo überlegte, ob er seine Aktien abstoßen sollte. Auch das war jetzt zu spät.
Schnell noch 100€ spenden für Brot für die Welt?
Das gäbe Punkte für den Platz im Paradies.
Ringo zückte sein Portemonnaie und nahm einen 50 €-Schein heraus.
Die Sparkasse hatte noch offen.
50 € heute, 50 € morgen, falls die Welt noch steht, das ist der Deal, lieber Gott!, flüsterte Ringo, und glaubte seit heute wieder fast fest an den großen Weltenlenker. Wer weiß, wofür es gut war.

Jahresrückblick 2012

Januar
Februar
März

April
Mai
Juni

Juli
August
September

Oktober
November
Dezember


Ernst G.Meint: Flüchtige Umarmung (2012)


Während einer flüchtigen Umarmung im Saunabereich bemerkte Wildtrud, dass sie dicke Finger hatte, dass ihre Hand und ihr Arm überhaupt nicht zum Rest des Körpers passten, dass die Haut dieser Körperteile furchtbar rosa waren. Und der Kerl, der da zwischen ihren Fingern, nein besser zwischen ihren Armen klebte, einen kahlrasierten Schädel hatte und braun war, und Wildtrud überlegte, ob sich nicht doch Kontakt, oder zumindest eine Vorliebe, vielleicht sogar nur eine Neigung zur rechtsextremen Szene hatte.
Der braune Glattschädel trug aber keine Springerstiefel und auch keine weißen Schnürsenkel in diesen und außerdem nicht einmal eine Art Bundewehrhose in „schrecklich verwaschen“ und „fleckig“.
Was ist los mit meinem Leben?, dachte Wildtrud. Früher hatte sie NSU für ein Auto gehalten, an dem man vorne die Kühlerhaube öffnen musste, um festzustellen, dass der Motor hinten war, um dann die Haube dort zu öffnen, damit der Wagen nicht überhitzte.
Alles war irgendwie anders geworden.
Wiltrud liefen zwei kleine Tränen über die Wangen, denn sie wusste insgeheim, dass alles nicht ihre Schuld war; denn das war es nie gewesen. Vielleicht war es auch Schweiß.

Original und Fälschung: Kühlerhaube in den Sand stecken

Vassily Kannikski: Kühlerhaube in den Sand stecken (2011)
Drei Fehler gilt es zu finden in der Fälschung des berühmten Kannikski-Bildes "Kühlerhaube in den Sand stecken"
Kleiner Tipp: Das zweite Auto hat die Scheiben runtergekurbelt und im Original steht kein Bohrturm. Der dritte Fehler wird nicht verraten.

Weisheit des Alltags: Sei was du bist!

Ich will einen Prince!, rief die Prinzessin und sie war schon reichlich zornig.
Der Frosch, den sie nicht von der Bettkante geschubst hatte, plapperte in einem fort. Er sei ein Prinz, sie müsse ihn küssen, er sei verwunschen und habe ein weißes Pferd!
Einen Schimmel, meinst du?, fragte die Prinzessin.
Nicht direkt Schimmel, das wäre ja unhygienisch, antwortete der Frosch. Küss mich und du weißt mehr!
Die Prinzessin tobte: Ich will einen Rockstar und keinen klebrigen Frosch!
Ja, dann küss mich eben! Dann hast du einen Prinzen!
Ich hasse Prinzen!, schrie die Prinzessin. In einer Strumpfhose mit einer Feder am Hut auf einem Schimmel, das ist doch lächerlich!, schrie sie.
Na ja, sagte der Frosch, aber der Prince ist ja so ein Dünner, irgendwie eher nicht heterogen, hat so einen spitzen Mund mit einem Oberlippenbärtchen; das ist doch nichts für eine richtige Prinzessin...
Halt dein Maul, schrie die Prinzessin, halt dein Froschmaul, ich werde jetzt nicht unhöflich, denn Frösche haben ein Maul, und dieses Maul werde ich nicht küssen!
Sie erinnerte sich an die Grimmschen Märchen, und da hatte niemand einen klebrigen Frosch geküsst, sondern den einfach an die Wand geklatscht. Immerhin war dann ein Prinz aus dem Gematsche herausgekrochen. In Strumpfhosen, aber ohne weißes Pferd.
Sie griff den Frosch  am Schenkel und knallte ihn vor die mit Seidentapeten beklebte Wand. Ein merkwürdig ekliges Geräusch war zu hören und an der Wand klebte ein zerschmetterter Frosch. Nichts mit Prinz oder Prince.
Die Prinzessin nickte und sagte: Mal wieder recht gehabt. Von wegen Prinz. Von wegen Pferd. Von wegen Strumpfhose und Feder am Hut.
Frosch bleibt Frosch.
Und das hätte sich der Frosch auch sagen können .
Schuster bleib bei deinem Rappen.
Du bist, was du bist. Da helfen auch keine Küsse!

Eh wurscht und E-Wurst

Die schönsten und erfolgreichsten Erfindungen kommen oft nebenbei. Da sagt die Dame: Das ist mir eh wurscht und meint vielleicht einen vegetarischen Bratling, der nicht schmeckt. Es ist ihr eh wurscht, denn sie isst das Sägemehlzeugs sowieso nicht.
Der bisher noch unentdeckte Erfinder, der sich bislang seiner Sprachbegabtheit rühmte, leitet von "eh wurscht" sofort E-Wurst ab und zieht Parallelen zur E-Zigarette, die mittlerweile kein Gesprächsthema auf dem Markt für Lungenkrebs ist.
E-Wurst, das wäre es! Die macht jede Imbissbude überflüssig, selbst der Gast auf der sommerlichen Gartenparty kann jetzt selber sein Würstchen grillen.
Wie soll das gehen: In die E-Wurst wir eine Stange geschoben, die, batteriebetrieben, das Fleischgemansche erwärmt und gart. Nach diesem Vorgang kann das Fleisch einfach von der Stange gekaut werden; die Batterie kann an jeder Steckdose wieder aufgeladen werden, ein reiner Kabelstrombetrieb ist auch möglich. Denkbar ist auch der Einsatz als E-Schaschlik, denn das Stäbchen, früher aus Holz, findet ja auch in diesem Gericht besondere Verwendung.
Im Winter kann das Gerät nebst Wurst gleichzeitig die Hände wärmen, wenn diese die Wurst umschließen. Wintergrillen! Da lacht die fleischverarbeitende Industrie.
Bisher ist allerdings noch nicht geklärt, wie man die Bräunung außen ohne Chemie-Zusätze erreichen kann. Aber auch da wird sich eine Lösung auftun. E-Ventuell.

Georg Krakl: Die Tüte breit (2012)


Die Welt so bunt,
das Rund so rund,
der Kopf so weit,
die Tüte breit.

Voll Filz die Laus,
in Saus und Klaus
und Hetti und Chantal,
die Zahl

ist groß
und schwer das Los
der Fernsehlotterie.
Ach, schlotter nie!,

sprach einst der Papst zu mir,
und lotter nie
das Otterknie!
Und kotter die

Ravioli nicht!

Das war mir arg zu schlicht.
War denn der Papst wohl aus dem Pott?
Vielleicht bankrott?

Sein Name war mir just entfallen,
kam der wohl aus St.Gallen?
Ja, hieß er Klaus?
Vielleicht auch Walter.
Kannsein auch „Kartenschalter“.

Ich zog an meiner Tüte
Und seufzte schwer: Du meine Güte!

Lebenshilfe im Alltag: Hat Ihnen diese Rezension geholfen?


Greiser Vater und Nähmaschine
Wer eine Nähmaschine kaufen will, z.B. bei Amazon, sollte schnell mal die Rezensionen lesen, will heißen: Kunden haben was erlebt mit ihrem Produkt und schreiben jetzt darüber, um andere zum Kauf zu animieren oder ihnen davon abzuraten.
Nicht immer wird klar, ob man zuschlagen soll, oder nicht.


Es Kamm schnell an , 
innerhalb 2 Tagen war es da. 
Naja leider hat mein Vater sein Weihnachtsgeschenk selber in entlang genommen . 
Als wir aus probiert haben war die Lampe an und gab es einen Knall. Die Lampe war kaputt. Aber für diesen Preis kann man echt nichts sagen, in den Läden kostet die Nähmaschine mehr wie hier und die Lampe kostet gerade mal 2.50€ also macht man sich nichts draus und kaufen eine neue Lampe.

Man glaubt ja anfangs, hier habe ein Kunde einen Kamm bestellt, der auch angekommen ist, und der irgendetwas mit dem, vielleicht schon barhäuptigen, Vater zu tun hat, der so kurz vor Weihnachten seine Geschenke nicht nur sucht, sondern wohl auch auspackt.
Wenn ein Pakt kommt, muss es jemand in Empfang nehmen; der greise Vater, der sich eine Nähmaschine gewünscht hat, nimmt das Paket entlang, was wohl heißen soll, dass anschließend die Lampe kaputt geht. Dem voraus eilt ein Knall; das Entlangnehmen kann man als "Knappnebenhernehmen" verstehen, denn das Objekt ist wohl auf die Erde geknallt.
Wenn man die Lampe so richtig anhat, geht die nach einem Knall schon mal aus, und alle merken, wie bekloppt die Situation ist: Der Vater will gar keine Nähmaschine, die aber war eben so günstig und frei Haus lieferbar. Für Zweifünzig kann man nichts sagen, gesagt wird erst ab 5 E, da lohnt es sich allerfrühestens.
Kaufen neue Lampe.
Dann kann man sehen, ob Maschine noch gehen und nähen und Vater durchknallen.

Die Rezension regt zum Kauf an, denn was im Zusammenhang mit Bestellung und Lieferung alles passieren kann, das ist durchweg spannend und erheitert das Leben, das sonst eher alltagstrüb ist.
Auf jeden Fall Prädikat: *****


Manchmal sind Grammatikfehler zwingend: Georg Krakl - Beschiss

Albrecht Türer: Kopp von RP (2012)
Der Kopp, der hatte son
bisschen was von Robert Patteson
dem chicen Jung-Vampir
in Bis(s).
Scham dir
für Blut- und Filmbeschiss!

Georg Krakl: Kraulen und Graulen (2012)

Ich hab den Weihnachtsmann vergrault,
ich habe ihn am Bart gekrault.

Was ist Freiheit?

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Zähne nach China

Er will meine Zähne, dachte Elfie.
Er will meine Zähne, dachte Elfie, er will meinen weißen Zähne. Elfie krallte die Finger in den Behandlungsstuhl. Warum haben diese Stühle keine Armlehnen?, dachte Elfie weiter, an denen man reißen könnte, an denen man beweisen könnte, wie stark man ist, dem Zahnarzt zeigen könnte, dass nicht mit einem zu spaßen ist.
Er will meine Zähne, dachte Elfie, er will meine weißen Zähne und verkauft sie nach China, wo dann daraus billige Prothesen fürs Volk gemacht werden, die, wenn sie entsprechend eingekaut sind, wieder in den Westen verkauft werden. Nicht ohne ein paar Spritzer Weichmacher beigemengt zu haben. In den Zahnzwischenräumen würden wahrscheinlich noch gebratene Muskelfasern vom Hund sein.
Der Zahnarzt hob sein Werkzeug und fasste Elfie an den Kieferknochen.
Elfie presste die Zähne zusammen. Meine Zähne gehören mir, ich gebe nichts, auch wenn Weihnachten ist, auch der faule ist meiner, wer weiß was die Chinesen damit machen werden.
Der Kampf Gut gegen Böse war noch nicht geschlagen und jeder musste seinen Beitrag leisten.
Er will meine weißenweißen Zähne, presste Elfie heraus und holte zu einem gewaltigen Kniestoß aus.

Georg Krakl: Katzenkopf (2012)

Katze, Katze,
bist versteinert und ganz hart,
wo du früher zart
und flauschig,
wo dein Schwanz so weich und bauschig,
deine Tatze weich
und dein Schnurren einem E-Bike gleich
gewesen.

Jetzt dienst du als Katzenkopf
einem Straßenpflaster,
stützt das und die Laster,
lässt dich überrollen und betreten,
ungebeten.
Niemand fragt:
Was die Katze da wohl sagt?

Katze sagt nichts mehr.
Außen hart und innen schwer.
Kann nichts tun und kann nur sein.
Katze ist aus Stein.


Wenn Müll zur Qual wird.....

Neues Fachblatt gegründet.

Manche halten es für Lifestyle, andere nur für Unrat; Selbstausdruck und Kunst ergänzen die Argumente, die für das Anhäufen und Verbleiben von Materialien, Büchern, Elektrogeräten, ungeöffneten Kartons, Speiseresten, Cromargan-Platten und leeren Batterien gefunden werden.
Nicht jeder kann das nachvollziehen, denn Sozialisierung und Psyche sind unterschiedlich. 
Der von der Rasenkantenschneider-Mentalität der Nachkriegseltern Geprägte, der Strukturbedürftige und der Zwängler, der sogar die Unterhosen bügelt, wettern natürlich aus dieser Disposition heraus, dass der Unrat verschwinden müsse. Weg mit dem Dreck!, wird populistisch gereimt und damit werden Kreativität und Selbstausdruck niedergebrüllt.
Eingeschüchtert wagt der Sammlertyp nur noch heimlich, wenn er sich unbeobachtet fühlt, seinen Stapel Arbeitsblätter aus dem Vorvorjahr oder die Ansichtsexemplare nebst Begleitschreiben im Raum zu platzieren. Dabei ist es ihm ein Bedürfnis, etwas nicht wegzuwerfen, sondern aufzubewahren. Hier zeigt sich der erste Typus: Der konservierend-konservative. Das Alte gilt es zu bewahren, die Schätze der Vergangenheit zu sammeln und griffbereit zu halten. Wer weiß, ob wir da nicht noch etwas haben, über das ich mich selbst bzw. jemand anderer noch freuen wird? Wer will auf den Aha-Effekt verzichten, wenn unter dem Stapel auf dem Regal noch ein Dokument aus dem Jahre 1999 gefunden wird,  aus dem letzten Jahrtausend! Da hüpft dem Historiker das Herz in der Brust und die Hermeneutik will sich in voller Pracht entfalten! Der konservierend-konservative Typus geht noch einen Schritt weiter: Bereits Entsorgtes führt er einem noch existierend Haufen zu bzw. gründet einen neuen, dessen Aspekte nur ihm einleuchten, der Umwelt aber unwirklich und sinnentfremdet erscheint.
Unbewusst drückt der Typus den Wunsch des Festhaltens und Nicht-Loslassen-Könnens aus; er trauert dem Kindsein mit seinen Allmachtsphantasien nach und will diesen Zustand erhalten, was aber durch die Realität des Erwachsenseins verhindert wird. Er kompensiert das Unmögliche durch das Aufbewahren des Aufbewahrbaren und beweist mit jedem Stück mehr in der Sammlung die Richtigkeit seines Vorgehens.
In der nächsten Ausgabe:
Hier bin ich, hier will ich sein! Der demonstrative  Typus

Weisheit des Alltags: Kuck mich mal an!

Besser leere Gesichter als hohle Köpfe.

Georg Krakl: Fredi (2012)

Fredi ist so friedlich
und so niedlich
tut der Fliege nichts zuleide
nur die Beine raus und nur die Flügel ab
Fliege hat kein Grab

Fredi leidet
wenn die Weide
sich am Leid der Fliege
weidet

Wenn ein Kind zählen kann...


Das Kind zählt vor. Das Tempo des Lebens. Das Kind.
Kinder sollten immer vorzählen, aber dieses Kind war ein Wechselbalg. Es sprach nur die englischen Zahlen und dann nichts mehr. Schwieg, starrte und schwieg.
Die Erwachsenen standen um den Grill und die Bratwurststückchen blieben im Mund stecken. Der Beat stampfte in ihren Köpfen. Es war das billige Bier, das der Gastgeber ausschenkte, um zu sparen.
Betrug an der Gemeinschaft, murrte das Volk und dachte, dass man sich doch auf der letzten Neusiedlergemeinschaftsversammlung geeinigt hatte, nur Qualitätsbier für das Ablöschen von Bratwurst zu nehmen.
Jetzt war es zu spät, die Feier war gelaufen.
Die Großen waren blau und das Kind starrte. Das einzige Kind in dieser unseligen Gegend.
Wieso nur dies eine, dachte Elmar und seine Finger krümmten sich in der Hose um sein Geschlecht.
Mary von Haus 16 hatte ihm gefallen, aber sie war mit Berti zusammen, den musste er respektieren, weil sie gemeinsam auf eine Scheibe geschossen hatten, aber ein Kind hätte er mit ihr gemacht, wenn sie gewollt hätte.
Ein Kind stand und starrte, ein einzelnes Kind. Wie sich das fühlen musste.
Eine Welt ohne Kinder!, hatte Brett damals posaunt, eine Welt ohne Kinder!, und alle hatten gegrölt, jau, und ohne alte Leute, nur so groovige Typen wie wir!
Alle gut drauf und einen drauf gemacht!
Jetzt bekamen sie die Rechnung: Das Kind starrte und schwieg.

Ratze im Käseland

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Hinter den Masken

Wenn wir in die Menschen hineinblicken könnten, stellten wir fest, dass sie nicht immer so schön sind, wie sie von außen aussehen. Im besten Fall sind sie genauso hässlich.
Was hinter der Fassade lauert, ist das wahre Du, das, was hinter der schönen Maske verborgen ist und sich auf uns stürzen will.
Hier könnten unsere Albträume Wirklichkeit werden, wenn wir denn hinter diese Maske blicken.
Der Inder glaubt, dass ein Lächeln, das man aussendet auch zurückkommt, dass dieses Lächeln die Welt etwas schöner macht.
Hinter der Maske befindet sich aber nur das Grinsen auf einem zahnbewehrten Maul, dass Gift und Galle spuckt, wenn man es provoziert.
Schönheit ist relativ. Die Elefantendame findet große Ohren chic und das Krokodil ein großes Maul. In der Tierwelt muss sich keiner verstecken, alles hat seine Berechtigung, das so ist, wie es ist.
Nur der Mensch versteckt sich, will anders wirken, als er ist.
Und wir anderen wissen nicht, ob Elefant oder Krokodil hinter dem "Was-darf's-denn-sein-Gesicht?".
Das Schlimmste aber ist der Karneval, wo der alltäglichen Kostümierung noch eine weitere zugeführt wird. Man kann nur hoffen, dass diese sich dem wahren Du nähert.
Was aber kann helfen?
Vielleicht einmal den Schminktiegel gegen eine einfache Hautcreme vertauschen und ein Lächeln aufsetzen, wenn man den Nachbarn trifft ,und der einmal nicht gerade den Rasen mäht oder Kanten schneidet. Vielleicht schippt er im Dezember ja auch Schnee, und da könnte man ins Gespräch kommen.
Du bist es, der die Welt schöner macht.

Im Einzelfall allerdings auch, wenn du im Haus bleibst.

Neo-Dadaismus: Theo von Doeskopp - Durch und Lurch

Hans de Aap: Einszweidrei (2012)
Da sind zwei, die sind so unterschiedlich, und sie möchten gerne eins werden, sich erden, die sind so niedlich, die sind so frei, so friedlich und doch so nebenbei, so durch und durch nur nebenbei, der Lurch von nebenan, kann und will das nicht verstehen, er müsste weinen und dann gehen, greinen und verstehen, dass niemals drei, außer Brei, etwas Sinnvolles, etwas Tolles oder Schönes leisten. Am meisten stört ihn das mit diesem Brei, der reichte doch für drei, so denkt das Wechselblütlertier, hier und jetzt, da reicht der Brei nicht nur für zwei. Bin ich denn der Dritte, oder geh ich in der Mitte? Bin ich doch der Zweite, geh ich in die Breite, oder in die Weite? Bin nur ein Lurch, da reimt sich nichts, nur "durch". Durch und Lurch, die zwei, die sind so unterschiedlich, und sie möchten gerne eins sein. Eins wie keins. 

Was will Kunst-Gekritzel?

Vassily Kannikski: Krizzelblume (2012) (Aus:
Von meinem Krizzelblock 2012)
Picasso hat ja einige Weihnachtsmänner für horrende Summen verkauft. Die waren nur aus einem Strich gefertigt! Sahen aus, als habe ein Vierjähriger unter Drogeneinfluss mit Anleitung von Tante Erna gearbeitet. Trotzdem! Verkauft. Wahrscheinlich, weil ein paar andere Bilder vom Maler mit Farbe gemalt worden waren und schöner aussahen. Bunter.
Jetzt kommt der Kannikski daher und versucht dasselbe.
Gut, er braucht mindestens zwei Striche und einen langen Punkt, aber das System ist das gleiche.
In ein paar Sekunden hat man dreißig Bilder hingekritzelt und vielleicht eine fünfstellige Summe auf dem Konto. Wenn denn einer kauft!
Was die Krizzelblume - niedlich: Krizzel mit Doppel-z- nun winters bedeuten mag, weiß keiner.
Es macht die Jahreszeit nicht weihnachtlicher, wohl aber das Unbehagen angesichts drohenden Konsumterrors. Im Rausch der Vorfreude aufs Fest lässt sich vielleicht der ein oder andere zum Kauf verleiten, weil er nicht schon wieder eine Friteuse schenken mag.
Ob sich Kunst hier nicht selbst Gewalt antut, bleibt als Frage offen.
Auf jeden Fall geht das gewaltig auf die Nerven.

Blüten im Dezember

Im Winter, wenn es schneit, von Blüten und Frühling zu reden, das ist seltsam, da schütteln die Menschen den Kopf und fassen sich an die Stirn.
Sie alle knibbeln ihre Adventskalender auf und freuen sich, dass das Bild eines Balles den 8. Dezember signalisiert, und dieser eine abständige Unmensch freut sich über Blütenblätter, die in seinem Kopf, vor seinem inneren Auge herunterrieseln.
Rieseln denn Blütenblätter?, fragt der abseits Denkende und an Sprache Interessierte.
Vielleicht rieselt der Kalk in deinem Inneren, der an deinen Hirnzotten abgeplatzt ist?, schnauft der Dämon aus dem Ostergras.
Das Hirn hat keine Zotten!, kontert der Frühlingsliebhaber, denkt aber trotzdem darüber nach, ob das die Folge eines Spritzers Kalklöser ist, die er dem Morgenkaffee beigefügt hat.
Heutzutage ist es schwer, anders zu sein.

Anmut im Alltag

Pawel Pikass: Almut (2012) (Aus: Aus meinem Krizzelblock)
Der Alltag ist oft verwirrend und wir wühlen und räumen, und schieben und kratzen, putzen und kramen, um ein bisschen Anmut zu entdecken, die diesen Alltag erträglich macht.
Manchmal findet einer, wenn er seine Decken zusammengelegt hat, die Almut, die schon etwas verstaubt und von Atemnot gequält scheint, weil die Decken eine ganze Zeit nicht gewaschen worden sind.
Das mag aber entfernt nur mit Anmut zu tun haben, die wir die ganze Zeit gesucht haben, während unsere Decken verschmutzten.
Vollgeschlabberte Teller türmen sich, Tassen und Terrakottafiguren starren vor Dreck, die Post der frühen Jahre liegt noch ungeöffnet unter dem Briefschlitz in der Haustür. Hasso bellt dumpf um die erlösende Spritze und das Katzenklos müsste auch mal wieder gereinigt werden.
Anmut!, schreit der Suchende, Anmut!
Almut wankt aus dem Schlafzimmer auf den Flur und flüstert: "Was ist?"
Die Welt ist voller Wirrnis, und wir sind mitten drin.

Peter Unterwolf: Bin jetzt mal weg (2012)

Pawel Pikass: Verhaltene Lebensfreude (2012)


Hat Verdruss.
Steine 
an die Beine.
In den Fluss.

Fotos schöner machen - Ganz einfach



Es geht so schnell,  aus einem Foto, das kurz vor dem Papierkorb hängt, ein ansehnliches Objekt zu machen.
Nehmen wir das Bild einer Person, die etwas holzig daherkommt, deren Haare an Spliss leiden und vielleicht sogar schielt; möglicherweise ist eine schlecht operierte Hasenscharte eine weiteres Manko, das dem Menschen das Leben schwer macht.
Auch wenn die Wirklichkeit nicht verändert wird, so kann der oder die Betroffene das geschönte Foto zu Hause aufhängen oder an Verwandte und Freunde verschenken.Etwas Rot, etwas Blau, feine Zunge, halbe Lunge und das Haar in Spraydosenmagenta! Das macht was her, da kommt doch Laune auf. Da macht Fotografieren auch wieder Spaß, denn egal, wie die Fotos werden, mit oder ohne Motivklingel (hahaha!) kann das keinen mehr kratzen. Ran an den digitalen Pinsel!

Da hinten liegt Amerika

Das ist nicht Amerika, dachten wir.
Da hinten liegt Amerika, sagte der Vater, wenn unsere Beine zu müde waren, um noch weiterzukrabbeln.
Was ist denn Amerika?, fragte wir, denn in unserem jungen Käferleben hatten wir noch nichts über Amerika gehört.
Amerika ist Amerika, sagte der Vater, das kann man nicht erklären, das muss man erleben. Also, auf jetzt, die Beine geschwungen und ab! Ihr habt doch sechs davon, da wäre es wohl gelacht, wenn ihr das nicht schafftet.
Seit wann lachen Käfer denn?, fragten wir den Vater, und der sagte: Seit es Amerika gibt!
Dankeschön, bedankten wir uns, und uns wurde auch klar, dass Käfer zur Ironie neigen können, wenn sie durch dumme Antworten dazu gezwungen werden.

Wir wollten nicht nach Amerika, weil wir nicht wussten was wir da sollten. Letzte Woche sollten wir noch bis Europa krabbeln und dann stellte sich heraus, dass Europa ein durchgesessener Ohrensessel war. Europa!
Und jetzt Amerika. Das war nicht fair.
Endlich erreichten wir den Rand der Muschel und blickten auf den Wohnzimmertisch, der auf seiner glatten Oberfläche einige kreisrunde Gläserabdrücke aufwies.
Das soll Amerika sein?, fragte wir missmutig.
Nein, das natürlich nicht, aber ein kleines Stück hinter dem Wohnzimmertisch, da liegt es und freut sich auf uns, wollte der Vater uns Mut machen.
Ich krabbel heim, sagt Max und ich schloss mich ihm an. Weiß du denn wo das liegt?, fragte ich Max.
Nein, sagte Max, aber das ist doch allemal besser als Amerika.

Vorweihnachtszeit


Der Weihnachtsmann räkelte sich.
Unbehagen.
Er hatte den ganzen Sommer und den Herbst durchgeschlafen. Es war frisch und kalt in seinem Kobel. Er ahnte, dass es Dezember war.
Der Weihnachtsmann grunzte und blinzelte. Dezember. Klar. Der Kalender sagte es eindeutig. Zeit, die Rentiere parat zu machen. Die würden wahrscheinlich die letzten Monate wie jedes Jahr über die Stränge geschlagen haben und ihre fetten Bäuche kaum vor den Schlitten schleppen können.
Und überhaupt: Was sollte das Ganze mit Weihnachten überhaupt. Das war doch Konsumterror. Obwohl jedes Jahr der Schlitten leichter geworden war, kaum noch Geschenke, alle bestellten im Internet, diese verwanzten Weihnachtsmänner.
Das konnte einem die Lust auf Bescherung verderben.
Beschneidung statt Bescherung!, dachte der Rotmantelweißbart verärgert. Das tat wenigstens richtig weh! Internet. 
Am liebsten würde er liegenbleiben und noch ein Ründchen ratzen, aber das gab bestimmt Ärger mit dem Christkind. Das war doch jedes Jahr so hyperaktiv, freute sich noch auf diese blödselige Stimmung, Glöckchenklingeln und dann im weißen Unterhemd durch die Wohnzimmer zischen, Geschenke unter den Baum und ab die Post, dass es bloß nicht gesehen wurde. Was nützte denn das lockige Haar und das weiße Unterhemd, wenn es keiner sah?
Die Zeiten hatten sich geändert. Das war nicht schön.
Der Weihnachtsmann erhob sich mühsam, die Knochen knackten und schmerzten, zum Zahnarzt hätte er im Herbst auch gemusst. Jetzt war keine Zeit mehr dazu.
Wenigstens war kaltes Bier im Kühlschrank. 
Aber zuerst musste er die Rentiere wecken, die bestimmt noch im Koma lagen.
Besinnliche Vorweihnachtszeit!, spuckte der alte Sackträger aus. Nächstes Jahr! Nächstes Jahr war Schluss. Altersteilzeit und fertig!
Aber dieses Jahr war dieses Jahr.