Angewandte Mathematik: Über Brücken gehen

Die Mathematik hat herausgefunden, dass es nicht nur kürzer ist, auf einer Brücke geradeaus zu gehen, statt über einen darübergelagerten Brückenbogen, sondern auch ungefährlicher. Die Absturzhöhe steigt bis zur Mitte des Bogens und entfernt sich damit von der Absturzhöhe der Brücke selber. Erst ab der Hälfte wird die Gefahr weniger und nähert sich der auf der Brückenoberfläche.
Außerdem haben die Brücken oft ein Geländer, was den Bögen meistens fehlt.
Des weiteren ist es auch beschwerlicher, einen Brückenbogen zu besteigen, als einfach geradeaus zu schlendern. Wenn es berab geht, muss man aufpassen, dass man keine rutschigen Schuhe anhat, denn es geht ja ganz schön abwärts, das darf man dann nicht unterschätzen.
Ein Dank an die Mathematik, die endlich bewiesen hat, dass sie zu irgendetwas taugt, was man im Alltag verwerten kann.

Was bleibt, das bleibt

Permafrust: Wetter
Permafrustzone….ja, wir alle wissen von der dahinschmelzenden Permafrostzone, die dem Kulaken schlammige Gummistiefel beschert und die Zeichen für eine sich verändernde Welt ist. Angst und Schrecken, oder Hoffnung und Freude, was soll man empfinden, wenn man sich dessen bewusst wird? Ist Wärme besser als Kälte, oder umgekehrt? Alles ändert sich, alles fließt, jetzt auch in der Permafrostzone, so weiß der weise Asiate zu verbellen, und hilft damit nicht wirklich.
Was bleibt, hat Bestand: Die Permafrustzonen sind geblieben, die Bauchansätze und echten Bäuche, die Fetthüften und Schwarten, die Apfelsinenhäute und Hühneraugen, die offen stehenden Schubladen, die Waschbecken mit einem Haar drin und die leere Klopapierrolle, die zu lange unbemerkt geblieben ist und überrschend für  geschäftlichen Frust sorgt.
Was bleibt, schafft auch Sicherheit. Es ändert sich nicht alles in der Welt. Manches, wenn auch Nervendes, bleibt, und ich weiß: Morgen ist das auch noch so, da brauche ich mir gar keine Sorgen zu machen.
Deshalb, nicht nur gejammert: Das Schlechte hat auch etwas Gutes. Was paradox klingt, kann auch so sein, muss aber nicht.
Schöner hätte es der Asiate auch nicht ausdrücken können.

Günter Krass: Schreibblockade (2)

Schreibblockade: Da bleibt die Seite leer.
Das Gute an einer Schreibblockade ist, dass man ja eigentlich gar nichts schreiben muss, denn es besteht ja diese Schreibblockade. Der Kopf blockiert, die Finger gelähmt, der Körper windet sich und schwankt in peristaltischen Bewegungen vor und zurück, so als wollte er etwas auswürgen, was seit Jahren nicht verdaut worden ist.
Im Grunde ist es aber nur das Zwanghafte des Schreibens, das Geldverdienen mit dem Wort und die bange Frage: Kann ich auch morgen noch meine Schale Pommes im Biergarten an der Hufschmiede bezahlen, oder muss ich in der Bäckerstraße Musik machen und mich in Konkurrenz setzen zu osteuropäischen Profimusikern, die als Cymbel-Spieler im Westen kein Engagement bekommen haben, weil es nämlich keine umfangreichen klassische Literatur für Cymbeln gibt.
Wer hat schon von Beethovens Konzert in Es-Dur für Cymbel (eine!) und großes Orchester gehört? Niemand. Die Antwort lag wohl jedem auf der Hand.
Der Schreibzwängler mit einer Schreibblockade kann doch auch über Gummiproppen in Abwaschbecken schreiben, und dass man in die siffige Suppe packen muss, wenn der Proppen nicht raus will und die Kette abgerissen ist, weil sie dem brachialen Zug nicht gewachsen war. Das ist nicht appetitlich. Aber wenn jemand seine 120 Wörter am Tag schreiben muss, um zu überleben, dann ist das opportun.
Schöne Alliteration: Siffige Suppe. Schreibt man siffig eigentlich siffig?

Wo Bayern auch ist


Da werben sie wieder für Dirndl und Lederhosen, und das in Norddeutschland, wo der Bayer verrufen ist als tumber Gesell, der kaum die Backen auseinanderkriegt und niemand ein Wort seiner merkwürdig-ungehobelten Sprache versteht.
Wies'n! In Rüffeln, in Minden und in Frille ist bald wieder Wies'n. Und da braucht man ein Dirndl, eine Lederhose und ein kariertes Hemd.
Der Bayer ist sinnlich. Er denkt nicht viel, sondern poltert, säuft Bier und tanzt auf den Tischen in einem Riesenzelt zu hausgemachter Blasmusik. Unter den Tischen stapeln sich die Gebeine der toten Hähnchen, die zwischen den Bieren sorgfältig abgenagt und entsorgt worden sind.
So will der grüblerische Norddeutsche auch sein: Sinnlich. Wenig denken, viel saufen, tanzen und die hähnchenfetttriefenden Finger an der Lederhose abstreifen.
Die Norddeutsche will auch einmal ausladend Dekolleté zeigen und der Lederhosenträger soll hineinschielen.
In der Arbeit und im Privaten wäre das schon sexuelle Belästigung, mittlerweile in zwei Richtungen. Wer zeigt, rechnet immer mit einem Gucker.
Tanzen. Grölen und lustig sein, und endlich die norddeutsche Schwermut ablegen!Sein wie die geistigen Nachkommen eines irren Königs, der das Volk geplündert, aber die Ästhetik für Mickey Mouse vorbereitet hat.
Nicht immer nur denkendenkendenken, wie dämlich das Ganze ist.
Sau rauslassen.
Finger abwischen.
Herzeigen.
Hinfassen.
Burschikos und bajuwarisch.
O'zapft ist demnächst.
Der Franz Josef Strauß wächst im Kopf. 

Jetzt deutsche Marssonde


Motiviert durch die Marslandung der Amerikaner und durch schöne, aber nichtssagende Fotos in Rot und Braun haben jetzt deutsche Wissenschaftler das Modell einer eigenen Marsfähre konstruiert, vielleicht sogar einer Venusfähre, denn man wolle ja etwas anderes bringen und auch mal sehen, ob auf der Venus das berühmte Delta zu finden sei.
Modelltischler haben bereits eine verkleinerte Version angefertigt.
Ein wenig erinnert das Gefährt an einen Katamaran. Das sei aber zufällig.
Revolutionär sei, so die Wissenschaftler und Modelltischler Krause, der Flügelschraubenantrieb. Vier unabhängige Flügelschrauben hielten das Ding in der Luft, einige Plastikschlappohren stabilisierten das Ganze, auch wenn es eher einer abgehalfterten Käseglocke auf einem angestrichenen Frühstücksbrettchen gliche.
Seit dem kleinen Einmaleins haben die Deutschen nicht mehr viel erfunden. Aber ohne das kleine Einmaleins hätte eine Marslandung niemals stattfinden können.

Männer denken immer an das Eine

Kartenspielen.

Richard Gier und die Börsen-Onkels: Du, gib mir dein Geld


Richard Gier und die Börsen-Onkels: Du, gib mir dein Geld
Jetzt endlich der komplette Text zum Mitsingen und Selberergänzen des Dark-Doome-Deathmetal-Hits. Melodie und Akkorde ebenfalls zum Selberbasteln, auch ohne Vorkenntnisse. Verzerrer empfohlen.

Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
Du, gib mir dein Geld
… (ab hier selber ergänzen)

Sportlerprobleme

Der Sportler mit Schuhgröße 52 sollte irgendwas mit Skifahren machen.

Was tun mit einem Loch?

Kann man ein Loch ausschneiden?
Auf diese Frage haben weder Philosophen noch Soziopathologen eine Antwort geliefert.
Wer kann helfen?

Jetzt entdeckt: Das Tor zur Welt

Ab dem späten MIttelalter, nachdem man entdeckt hatte dass es eine Weite Welt gibt, glaubte man, das Tor zur Weiten Welt sei ein mächtiges steinernes Monstrum, in der Nähe von Hamburg oder Ruffeln oder sonstwo, durch das man unbedingt stapfen musste, um in die sagenumwobene Weite Welt zu gelangen.
Nachdem die Physik festgestellt hat, dass die meisten Naturgesetze nicht so funktionieren wie sie sollten, wenn man es mit Nullen zu tun hat, hat der Mensch sich wieder auf Makrokosmos und das Selbst konzentriert.
Das Tor zur Weiten Welt kann überall sein. Es kann dein Ohr sein oder ein handgetöpfertes lackiertes Tondings aus dem VHS-Kurs "Erst Makramee, dann mal sehen II/ Töpfern ohne Ton für Taube", alles geht. Und das beruhigt. Nicht mehr weit ausschreiten, sondern bei sich bleiben. Still hinsetzen und denken: Wo habe ich denn mein Tor zur Weiten Welt hingetan? Und siehe da, es tut sich auf. Ob es dann aber wirklich lohnt, hinauszugehen, muss jeder für sich entscheiden. Da bleibt wenigstens alles beim Alten.


Freizeittipp: Höhenwandern üben


Und plötzlich ist es soweit. Es wird höhengewandert. Steile Berge warten, Eisenleitern, Abgründe, die in Alpträumen der Kindheit nicht hätten schlimmer sein können.
Aber: Gesagt, getan. Die Mitreisenden erwarten die Teilnahme, es gibt kein Zurück. Versprochen ist versprochen; wer sich versprochen hat mit seiner eiligen Zusage vor 3 Monaten ist selber schuld.
Bange Fragen tauchen auf: Bin ich schwindelfrei? Habe ich eine Eisenleiterallergie? Was ist eigentlich ein Karabinerhaken, kann man damit schießen? Sollte ich Müsliriegel mitnehmen, falls ich eine Woche in einer Gletscherspalte verbringen muss?
Fragen ohne Antworten, die erst am Berg ihre Berechtigung erfahren.

Um ein bisschen Sicherheit in das Unternehmen zu bringen, heißt es üben.
Neben dem Aufessen von Müsliriegeln kann man etwa seine mangelhafte Schwindelfreiheit verbessern.
Besonders zukünftigen Bergtouristen, die im zweiten Stock eines Altbaues mit Hochparterre wohnen, kann man raten, einfach das Balkongeländer abzumontieren und ein paar Stunden pro Tag auf dem ungesicherten Terrain zu verbringen. Öfter mal an den Rand gehen und nach unten schauen, um ein Gefühl von Tiefe und von drohender Verunfallung zu bekommen. Vielleicht sind 10m nicht zu vergleichen mit Bergwänden, die einige hundert Meter abfallen. Ein Sturz vom Balkon wird aber auch nicht ohne tiefschürfende Blessuren ausgehen. Es gilt, die Angst zu besiegen. Darum auch einmal nachts auf die Planken treten und dabei visualisieren, wie es wäre, wenn man ungeschickt über einen Gummisschuh stolpert und versucht, sich an einer weiteren Person, die dieselbe Übung macht, festzuhalten.
Desensibilisierung ist garantiert.
Ansonsten: Bergheil!

Autoren unter Druck: Peter Hanswurstke - Sonne, Mond und Kuchen

Da oben war der Mond, hier unten der Kuchen.
Ich begann zu suchen, die Sonne war da, aber was zur Tonne hatte ich vergessen? Einfach nur den Kuchen essen? Wenn etwas fehlt, kann man es nicht verdauen.
Ich wollte meinem Bauch vertrauen, der aß ja alles, aber bei Galles zu Hause wäre der Teufel los, bloß weil ich Kuchen äße, aber ein Element zum Sack Zement noch mal ganz einfach fehlen ließe. Stehlen hieße andern etwas nehmen. Aber was? Müsst mich schämen, grämen, wäre wütend, früher, ja, wohl immer überbehütend, aber jetzt wütend, zornig, wie Rosen dornig anderen gegenüber und ich kam nicht drauf: Was fehlte hier? Butterbrotpapier oder Butter, Mutter oder vielleicht Cousine Dita, welch ein Name, welch ein Wort, vielleicht fehlte der rechte Ort: Bielefeld oder Wagendorf, ein kleines Stück Schorf, eine Nadel, eine Frau von Adel oder ein Pastor, ein Kunststoffohr, ein Bein vom Huhn, vom Stuhl, vom Tisch, vom Fisch, ach, nein, Fische haben keine Beine, das sind die Lügen.
Ich schweife ab.
Ich weiß nicht, was fehlt.
Irgendetwas muss doch fehlen. Sonne, Mond und Kuchen.
Das ergab doch keinen Sinn.
Das war ein doofer Kinderabzählreim gewesen. Damals.
Sonne, Mond und Kuchen.
Na, klingt aber nicht schlecht. Muss man erst was Besseres suchen!
Und finden!

Alltagsvergesslichkeit: Kaffee

Wo Kaffee draufsteht, ist auch Kaffee drin.
Georg kam zurück in die Küche: Ah, die Tasse Kaffee, die werde ich mir jetzt genehmigen, hach, da freue ich mich ja so drauf.
Georg nahm einen Schluck.
Hm, summte er, Kaffee, komisch, allerdings.Aber steht ja drauf: KAFFEE. Gut, dass es das gibt, wenn man etwas vergesslich wird, denkt Georg weiter nach, dann weiß man, was man hat.
Schmeckt irgendwie nach Cola.
Vielleicht fairhandelter Kaffee? Oder was biologisch Angebautes?
Georg nimmt noch einen Schluck, es fehlt ihm dieses Strömen durch die Energiekanäle des Körpers am frühen Morgen.
Irgendwie auch kalt, der Kaffee, kalter Kaffee. Kalter Kaffee! War das nicht ein Schimpfwort für unbequeme Gedanken eines Kollegen?
Das ist doch kalter Kaffee, was du da vorschlägst!
Süß war der Kaffee auch. Süß und kalt. Eine fatale Kombination.
Ramona damals wann auch immer war süß und kalt gewesen. Kalter Kaffee eben, nur gesüßt.
Der Kaffe hatte auch irgendwie Kohlensäure drin, spürte Georg. Seit wann war denn Kohlensäure im Kaffee erlaubt? Würde er gleich bei Wikipedia nachschauen.
Aber es steht ja Kaffee drauf, dachte Georg, und wo Kaffee draufsteht, ist auch Kaffee drin. Das war immer so gewesen. Daran sollte niemand rütteln. Auch Georg nicht, dachte Georg.

Haiku des Tages: Kirschblüten-Harakiri

Die Mutter macht im
Winter ein Glas Kirschen auf.
Die sind so köstlich.

Du hingst an Baumes
Blatt und ließest dich fallen.
Danke, Kirschblüte!

Den gelben Pudding
esse ich gern mit Kirschen.
Das schmeckt so lecker.

(Was ist ein Haiku, Mutter?
Kind, das ist ein Gedicht aus Japan mit 5 Silben in der ersten, 7 in der zweiten und 5 in der dritten Zeile.
Was sind Silben Mutter?
Kind, das erzähle ich das nächste Mal.)

Kinder von heute


van Doeskopp: Schräger Akt (2012)

Erst fängt Mondrian an, mit seinen drei Lieblingsfarben Blau, Rot und Pepita rumzustreichen, immer im rechten Winkel, denn das ist seine vierte Farbe, der rechte Winkel, und damit man ihn sieht, streicht er ihn schwarz an, und dann kommt Theo van Doesburg und kippt das Ganze ein bisschen, haut einen Rahmen drum und glaubt etwas Neues geschaffen zu haben, etwa ein Emblem für Ikea oder eine neue Nationalflagge, möglicherweise für die Schweiz, weil die dringend eine neue sucht, schließlich macht Piet Schlendrian eine schlichte Kopie nach eigenen Motiven
(Akt im Gegenlicht) und Theo van Doeskopp ergänzt mit "Schäger Akt im Gegenlicht, an dem ein Fussel anhängig ist". Die Frage bleibt: Wo ist denn der Akt? Was ist der Fussel? Ein Relikt einer Unterarmrasur oder woher? Und: Wo sind denn die rechten Winkel? Hier gibt es doch nur Ecken. Wenn es noch Nussecken wären, dann ginge es ja! Wenn das Gelb nicht wäre, könnte man es Großbritannien anbieten für eine neue Flagge. Die alte ist ja doch sehr steril.

Auf ein Zeichen warten


Lange hatte er gegrübelt. Hatte auf ein Zeichen bewartet.
Hatte Bein über Bein geschlagen und in den Garten gestarrt.
Wo war das Zeichen, das ihm den Weg wies?
Da, ein Vogel hatte gerade sein Geschäft gemacht, vielleicht konnte man darin lesen, wie es die weisen Frauen im Kaffeesatz machen?
Dort, eine Blume hatte sich bewegt, obwohl kein Wind zu spüren war, vielleicht ein Tier, das sich durch die Pflanzen bewegte. Aber was wollte diese Blume sagen?
Es war schwer.
Es war schwer, überhaupt ein Zeichen zu finden, und dann auch noch zu deuten.
Alles war so verwaschen und verschwommen.
Vielleicht sollte er sich auch erst einmal klar werden, worüber er etwas wissen wollte. Nur auf ein Zeichen zu warten, war nicht klug.
Ein Zeichen gehörte immer zu einem Problem.
Gestern dieses Schild mit dem Werbeaufdruck für ein Dentallabor. Ja, die Zähne, die hatten ja immer etwas, diese scharfe Kante unten links, diese Kälteempfindlichkeit hinten rechts oben und dann gelegentlich dieser Schmerz, den er zu ignorieren versuchte. Das war aber auch zu deutlich. Das Schild sagt mir, dass ich mal wieder zum Zahnarzt gehen soll! Tolle Botschaft. Da wäre er sogar selbst drauf gekommen.
Er schaute auf sein linkes Knie, auf dem seine Hand ruhte. Der kleine Finger zeigte aufwärts.
Genau. Ein Zeichen. Auch wenn man das eher vom Zeigefinger erwarten könnte, schien hier das Regelwerk außer Kraft gesetzt zu sein. Der kleine Finger hatte etwas zu zeigen: Da lang! Nach oben! Es geht aufwärts.
Er lächelte. 
Warum so weit schweifen, wenn die Zeichen sogar am Körper waren?
Der kleine Finger, wer hätte das gedacht?
Schön, auf der Welt zu sein. Sie war doch voller Zeichen und Wunder.
Und: Wunder gibt es immer wieder, wie schon seinerseits Katja Epstein so weise sang.
Einfach mal hinsehen, nicht rumplärren, dann geht es auch aufwärts .
Er erhob sich, streckte sich und atmete tief durch.
Endlich konnte es losgehen. Konnte er losgehen.
Er wusste nur noch nicht genau, wohin.

Rechner mit Gefühlen

Die unendlichen Weiten des Weltalls, Sterne über Sterne, Milchstraßen, Galaxien, schwarze Löcher.
Der Bordcomputer war verstört.
"Was mag das bedeuten", fragte er sich, " dass ich angesichts dieser Grenzenlosigkeit, dieser Größe, dieser einzigartigen Schöpfung das Gefühl habe, ein Ceranfeld zu sein?"
"Na", bemerkte der Commander, " hast du mal wieder deinen Melancholischen?"
Der Rechner summte, zog die 134.Wurzel aus Pi und suchte dann weiter nach unentdeckten Primzahlen.

Hotel in Köln: Loch in der Decke


Die Nacht war grausam gewesen in dem Hotel in Köln. Der Glaseinsatz der Zimmertür war zerbrochen gewesen, scharfes Glas lud zum Verbluten ein, alles war notdürftig mit einem Prospekt vom Baumarkt zugeklebt.
Am Spiegel hing ein Zettel: Spiegel.
Wer musste hier nächtigen, dass er nicht wusste, dass ein Spiegel nur ein Spiegel ist, und dass das Gesicht im Spiegel sein Spiegelbild war und nicht ein wirklicher Mensch, der dem Betrachter ziemlich ähnelte?
Von der Straße her Lärm; Steckdosen hingen auf dem Flur aus der Wand.
Es gab eine Küche und einige Kaffeemaschinen; allerdings fehlten die Steckdosen für die Maschinen.
An den Fliesen klebte ein weiterer Zettel: Zwiebel/Zwiebeln.
Das war definitiv falsch. Fliesen waren keine Zwiebeln.

Um halb neun ein Asiate an der Tür, der in sein Zimmer wollte, was aber erst so wirkte, als wolle er Prospekte verteilen. Sein beharrliches Herumstehen und ein zielgerichtetes Nicken unterstützten seinen Satz "I want to go to my Rom!".
90 € und ein Untermieter. Interessant. Das ist Großstadt. Das ist global, wenn der Untermieter asiatisch ist.
Der Asiate war nach 20 Minuten wieder gegangen und hatte "I go now. Good Bye!!" gesagt.
Dann der Frühstücksraum. Italienisches Flair, hatte das Internet versprochen.
Orientalische Schriftzeichen an der Tür, indische Puppen mit überschmücktem Outfit, und dann dieser Spalt in der Decke.
Was daran sollte italienisch sein?
Dieses rötliche Innere, dieses indirekte Leuchten, dieses Hervorquellen aus bläulicher Substanz.
Immer wieder zwang das Objekt, den Blick zur Decke zu wenden.
Eva?
Das Lachen von Eva, die auch so einen breiten Mund hatte, und deren Zähne man erst sah, wenn sie den Mund noch weiter öffnete.
Vielleicht ein Vulkan?
Der hing nicht an der Decke.
Ein Blick aus dem Himmel. Ein vorwitziger Engel hatte ein Loch in das Himmelszelt geschnitten, um einen Blick auf den Frühstückstisch in einem Kölner Hotel unterster Kategorie zu werfen.
Schnitt.
Das Flair zwang zu einem Schnitt.
Aufessen, aufstehen und abreisen. Genau.

Kunstfälscher am Werk: Brauhausstil

Der ahnungslose Bürger mit gesundem Halbwissen ist hier Zielscheibe von Geschäftemachern.
Bauhaus und Brauhaus, das hat jeder schon mal in irgendeinem diffusen Zusammenhang gehört.
Das war doch Kunst, oder?, fragt das Hirn, aber der Besitzer weiß keine Antwort.
Wie mit dem Stift hingelallt wirken die Zeichnungen im Brauhausstil, manchmal auf den Rand eines Bierdeckels gekrickelt.
Der Käufer lässt sich täuschen: Das ist keine Kunst! Rumkrickeln kann jeder, dafür muss er nicht in die Kneipe, das geht auch zu Hause, Bierdeckel gibt es im Supermarkt.
Also: Vorsicht bei der Anschaffung neuer Wertanlageobjekte!

Neo-de Stijl: Piet Schlendrian - Fliesentisch (2012)

Piet Schlendrian: Fliesentisch (2012)
Die Geschäftsidee war damals genial. Mondrian hatte sich ein riesiges Geodreieck gekauft, das es eigentlich nur für den Schulbedarf gab, und damit locker rechte Winkel und dadurch entstehende Rechtecke gezeichnet.
Drei Farben hatte er aus seinen 14 Lieblingsfarben gewählt und die Rechtecke ausgepinselt. Schwupp, war das Bild fertig.
Die Menschen waren fasziniert, denn sie besaßen keine Geodreiecke und konnten folglich nicht schöne Rechtecke zeichnen und dann ausmalen.
Piet Schlendrian aus Holland, der eigentlich irgendeinen Käse studieren wollte, brach vor einem halben Jahr sein Studium ab und dachte sich: Warum nicht Mondrians Geschäftsidee neu aufgreifen und Geld machen?
Zwar hatte alle Welt Geodreiecke und konnte sogar am Computer Rechtecke zeichnen, allerdings waren die Leute viel zu faul geworden, Rechtecke auszupinseln oder mit dem Fülleimer im Grafikprogramm zuzukleistern. Jeder glaubte, er könne sich leisten, das andere machen zu lassen. Natürlich gegen Geld.
Schlendrian nutzte die Situation aus, prognoszierte Bedarf an fliesentischartigen Gemälden und werkelte drauf los. Er kaufte sich die Farben Rot, Gelb und Blau, Weiß war ja sowieso schon da. Innerhalb kürzester Zeit hatte er 134 Werke geschaffen, die jetzt nur noch gekauft werden müssten.
Müssten! - Die Aktienkurse für Fliesentische sanken parallel in den Keller, der Absatz stagnierte, bzw. kam gar nicht erst in Gang. Jetzt steht Schlendrian vor seinen Fliesentischen und kann sich nicht setzen, weil keine Stühle da sind.
Um Interesse im Kunstbetrieb zu wecken, fügte Schlendrian eine neue Regel ein. Dieselbe Farbe darf nicht in einem benachbarten Feld aufgetragen werden! Das war dann fast so spannend wie Sudoku.
In "Fliesentisch (2012)" bleibt ein Feld weiß, weil nichts mehr geht.
Vielleicht hätte er oben links mit Gelb anfangen sollen. Wer weiß es? Wer will es wissen?
Bis jetzt noch keiner, aber das kann sich schnell ändern.


Traurige Schwäne

"Schwanda, alter Schwede, was soll das?, ruft Roy "Black" Swan entrüstet, "machst du wieder auf Strauß?"
Siggi hält sich dezent zurück. Er weiß, dass Schwanda irgendwann wieder auftauchen wird.
Das Tierleben ist in Zeiten des Internet nicht einfacher geworden. Früher wusste jeder Schwan, wenn der Kollege den Kopf ins Wasser steckte und den Hintern in die Luft, war er entweder abgetaucht, machte ein Nickerchen oder suchte nach Nahrung. Vielleicht wollte er zum Absingen des Geflügelliedes "Alle meine Entchen" animieren. Das war dann aber auch schon alles.
Heute klickt man ein oder zwei Mal und schon gibt es jede Menge verwirrender Alternativen, die vor allem das Beziehungsgefüge von männlichen Schwanentrios ins Schwanken bringt.
"Mir schwant Übles, ich bin dann mal weg!", "Was ich nicht See, macht mich nicht an!", "Hilfe, ich kann gar nicht schwimmen, traue mich aber nicht, es zu sagen!" und "Mein Kopf ist im Arsch, wer kann ihn reparieren?" sind Beispiele aus einer unendlichen  Reihe, mit denen sich die Tiere beschäftigen müssen.
Das macht dann keinen Spaß mehr. Die Folge: Immer mehr Schwäne gehen ins Wasser, weil sie ihrem verwirrenden Leben ein Ende bereiten wollen. Die Tragik: Das klappt nur bei Nichtschwimmerschwänen, die aber mittlerweile ausgestorben sind.

Plattenkritik: arno. - Der Wanderer

arno.! Mensch, du kommst vom Meer und hast dich auf kalten Stein gesetzt! Die Gitarre bleibt im Koffer; der Koffer wäre überigens nicht so kalt zum Draufsetzen.
Meine Oma hätte gesagt: arno.!, pass auf, dass du dir keinen Wolf holst, wenn du so auf dem kalten Stein sitzt, oder was an der Blase kriegst.
Mit Wolf könntest du ein Duo gründen. Scherz!
Arno., spiel lieber im Stehen, so wie in deinem Video am Strand.
Spiel ruhig dieses Stück von dir, das ein bisschen nach Schlager klingt, mit etwas Liedermacher drin, so irgendwie ein bisschen unentschieden. Da wird mir dann warm ums Herz.
Obwohl: Wenn du mit deinem schwarzen Oberhemd und der roten Krawatte ein Wanderer bist, dann wirkt das wie Semino Rossi, der beim Triathlon mitmachen will.
Semino Rossi ist ja tenoröser Knödelschlager mit einem Hauch Balkangewürz. Das willst du ja nicht. Heißt: Du wanderst nur, wenn die Sonne scheint, weil sonst ja das Hemd nass werden könnte und, da keine Funktionswäsche, nicht auf dem Körper trocknet. Da kannst du dich erkälten. Das käme dann zum Wolf dazu.
Gegen Erkältung hilft das mehrfache Abspielen deines Liedes, da bricht einem schließlich der Schweiß aus, wodurch Schadstoffe ausgeschieden werden.
Wenn du mehr über den Wolf wissen willst, blätter nach bei Charlotte Roche. Die weiß Bescheid.
Das Lied ist gar nicht so schlecht.
Weise Menschen sagen: Wanderer hinterlässt keine Spuren. Die hätten hier wohl recht.
Ach, noch eine Frage: Ist das eine Wandergitarre, auf der du spielst? Würde passen.
Letzte Frage: Darf ich dich überhaupt duzen?
Allerletzte Frage: Warum schreibst du dich eigentlich "arno."? Legastheniker oder Profilneurotiker?

arno. hören

Auch Plastiktiere unter Tierschutz

Jahrelang hatten die Züchter weltweit konkurriert, wer die unansehnlichsten Tiere züchten kann. Der in den fünfziger Jahre entwickelte "falsche Hase" war da noch relativ ansehnlich, zumal er einer Riesenfrikadelle glich und den Menschen der Nachkriegszeit das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ, weil sie sich viele Jahre nur von Steckrüben ernährt haben sollen.
Der Züchterehrgeiz brachte die wildesten Tierkonstrukte auf die Welt und schließlich schob der UN-Sicheheitsrat dem Ganzen einen Riegel vor, da sich einige Staaten bedroht fühlten.
Seit 2001 ist es untersagt, hässliche Tiere zu züchten. Allerdings streiten sich die Fachleute noch über den Begriff "hässlich".
Wenn ein Cocker Spaniel dem Sänger Joe Cocker gleicht, dann geht das als "8 auf einer Skala von 0 bis 10" als ziemlich hässlich durch. Wenn ein Königspudel, den das Volk sofort auf 10 schreien würde, der englischen Königin ähnelt, dann ist Vorsicht geboten. Ein Expertenteam untersucht weitere Kriterien wie Intelligenz, Abgebrühtheit und schlechten Geschmack. Kann das Tier dort punkten, wird es mit  "eingeschränkt, aber hässlich" etikettiert. Majestätsbeleidigung soll damit ausgeschlossen werden.
Nach dem Verbot des Hässlichzüchtens konnte der Spielzeugmarkt eine Riesenmarktlücke entdecken, denn irgendwer musste doch zuvor Gefallen an grässlichen Tieren gefunden haben, denn nach Züchterangaben seien die Zuchtobjekte "weggegangen wie warme Semmeln".
Trotz der schiefen Metapher bleibt zu berichten: Schlimmste Plastiktiere überschwemmen die deutschen und weltweiten Spielzeugregale, um Kindern langanhaltende psychische Schäden zuzufügen. Besonders das Land der Weichmacher in Plastikpuppen, China, drängt mit enormem Engagement auf den Markt. Dort hat man sich schon sehr früh an die Geschäftsidee herangetastet. Es stehen hässliche Tiere, vor allem Hunde, auf dem Speisezettel und sind ruckzuck weggeputzt. Der Markt für Plastikersatztiere, die nicht schön aussehen, ist in China bereits gesättigt und so wundert es nicht, wenn uns überall und immer mehr Plastikschlangen in Rosa oder Gammelglitzergrün entgegenblinzeln; ungeklärt bleibt die Frage, wohin man mit den fehlgezüchteten Tieren will? Essen wird die hier keiner, auch wenn ein Hamburger nicht viel schöner ist.
Es muss schnell eine Lösung gefunden werden, sonst droht eine strukturelle Verunschönung von Haushalten. Das kann wohl keiner wollen.

Georg Krakl: War auf Menorca (2012)


In Ballaland
am Lallastrand
vor der Schallawand
hab ich Knallasand

in die Augen gekriegt.
Ich musste kurzfristig greinen.

Nichts von Bedeutung.
Last minute.

Der Heile-Welt-Laden bietet: VoKifüKi

Endlich Kinderkleidung mit gutem Gewissen kaufen.
Der Heile-Welt-Laden bietet Kinderkleidung der großen Markenhersteller mit dem VoKifüKi-Siegel. Garantiert "Von Kindern für Kinder" hergestellt.
Mal reinschauen im Heile-Welt-Laden! Täglich neue Überraschungen.

Mondlicht oder Rotlicht?

Da ist der  Mond.
Da das Rotlicht.
In welchem Milieu bewegen wir uns?
Im Mondlichtmilieu?
Das klingt doch eher unwahrscheinlich.

Armer Mond,
wer interessiert sich denn noch dafür, in welchem Milieu du wohnst?

Mal bist du neu, mal bist du voll.
Mal halb.
Mal verdeckt.
Da ist das Rotlicht beständig.
Immer rot. Immer da. Immer rot. Rotrot. Rotrotrot.
Wie sagte schon Bruno Bettelheinz: Besser Rotlichtmilieu als Totlichtmilieu.
Und ging damit in die Annalen ein.
Was auch immer  das für ihn bedeutet haben mag.



Weisheit im Alltag: Freiherr vom Stein - Stein oder Affe

Besser ein Stein sieht aus wie ein Affe, als ein Affe wie ein Stein.
Denn vom vom Stein hat der Affe ja wohl gar nichts.
Vielleicht denKragen.
Den Gesichtsausdruck, maximal.
Aber, das war's dann ja wohl.



Plattenkritik: Cocorosie - Lemonade



Ein Weihnachtslied, noch vor der Gans, so leichtverdaulich. So Gans.
Dazu ein Glas Fanta, Buna, Sprite. Bloß nicht Florida Boy.
Ein dumpfes Klavier. Trübe Akkorde.
Eine verröchelte Sängerin. Ein kastrierter Tom Waits vielleicht.
Synthie-Tröten flöten, oder Flöten tröten, man weiß es nicht. Schön, erst mal.
Dann Brass, der Posaunenchor auf Dope.
Das Mädel durchs Telefon.
Die Girlies hauchen von nebenan.
Huh, da geht was.
Dann der Heimorgelmann. Er hat Gichtfinger. Macht was kaputt.
Herzerweichend die Gequälte.
Kann kaum singen, so betrübt. So sad, so sad, Sexy Sadie.
Ich werfe eine Tranxilium ein. Ich will mittun mit der Dame, fühlen wie sie.
Dann haut der Heimorgelmann wieder dazwischen.
Telefon: Die Dame hat geklingelt.
Und summt mir ihr Lied ins Ohr.
Sie wirkt so frisch am Telefon. 
Schade um die Pillen!
Irgendwie schaut sie aus dem Fenster auf dem Rücksitz (des Buick?).
Was war jetzt mit Fanta, Bluna, Sprite?
Auf keinen Fall: Florida Boy. Da waren immer so komische Grümmel am Boden.
Eine Nummer, die man auf jeden Fall ein zweites Mal hören sollte, damit man nicht denkt, man habe das Lied falsch verstanden.
Weiß jemand, ob Tom Waits wirklich krastriert worden ist?


Cocorosie anhören