Günter Krass: Schreibblockade (2)

Schreibblockade: Da bleibt die Seite leer.
Das Gute an einer Schreibblockade ist, dass man ja eigentlich gar nichts schreiben muss, denn es besteht ja diese Schreibblockade. Der Kopf blockiert, die Finger gelähmt, der Körper windet sich und schwankt in peristaltischen Bewegungen vor und zurück, so als wollte er etwas auswürgen, was seit Jahren nicht verdaut worden ist.
Im Grunde ist es aber nur das Zwanghafte des Schreibens, das Geldverdienen mit dem Wort und die bange Frage: Kann ich auch morgen noch meine Schale Pommes im Biergarten an der Hufschmiede bezahlen, oder muss ich in der Bäckerstraße Musik machen und mich in Konkurrenz setzen zu osteuropäischen Profimusikern, die als Cymbel-Spieler im Westen kein Engagement bekommen haben, weil es nämlich keine umfangreichen klassische Literatur für Cymbeln gibt.
Wer hat schon von Beethovens Konzert in Es-Dur für Cymbel (eine!) und großes Orchester gehört? Niemand. Die Antwort lag wohl jedem auf der Hand.
Der Schreibzwängler mit einer Schreibblockade kann doch auch über Gummiproppen in Abwaschbecken schreiben, und dass man in die siffige Suppe packen muss, wenn der Proppen nicht raus will und die Kette abgerissen ist, weil sie dem brachialen Zug nicht gewachsen war. Das ist nicht appetitlich. Aber wenn jemand seine 120 Wörter am Tag schreiben muss, um zu überleben, dann ist das opportun.
Schöne Alliteration: Siffige Suppe. Schreibt man siffig eigentlich siffig?