Bodos Welt mischt sich ein. Für Minden und die ganze Welt. Bodos Welt bleibt stehen, wo andere weitergehen. Bodos Welt geht weiter, wo andere stehen bleiben. Parteiisch. Übernatürlich. Unablässig. Erscheint täglich. Unaufhörlich.Unhöflich.
Grüße von ganz weit weg
danke für deine heißen Grüße. Hat ein bisschen gedauert, bis ich dir antworten konnte.Hier im Himmel ist es ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte, dunkel und ungemütlich. Und einsam. Scheinen alle in deiner Nähe gelandet zu sein. Milch und Honig werden nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet, aber ich bin irgendwie immer gerade an der falschen Stelle. Ist ja auch eine wichtige Erfahrung, keinen Versprechungen und Verheißungen zu vertrauen, wenn es auch meine letzte ist, aus der ich eigentlich gar nicht mehr lernen kann. Hätt ich das eher gewusst. Nie habe ich die Versicherung betrogen und was habe ich jetzt davon? Nicht mal eine treue Seele zum Fußballspielen. Wie komme ich bloß darauf? Als ob das jetzt noch eine Rolle spielt. Ach ja, kalt ist es auch. Ist Angelina eigentlich bei dir? Wir waren doch beide gleichzeitig bei diesem Autounfall . . . Wieso ist sie nicht hier? Brett? War da doch was mit euch? Fahrt zur Hölle, wenn das stimmt! Warum komme ich hier nicht weg? Ich raste aus.
Steini
Loser in der WG
Basti ist verzweifelt.
Eine Wohngemeinschaft beruht auf Gleichwertigkeit. Jeder hat die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten. Nur dann kann das funktionieren.
Und dann dieser ständig wechselnde Personenbetrieb. Mal schleppt Bubi eine Neue an, dann kommt Rosi auf den Armen eines Lackels daher, der auch Eintänzer in der Fischbratküche hätte sein können. Basti weiß, dass niemand hier die Metapher verstünde, geschweige denn, sich darum kümmerte.
Die Blumen sind hin, aber bleiben irgendwie zusammen im Topf, der Tomatenketchup ist mit dem Linoleum eine feste Verbindung eingegangen und die Tapeten trennen sich von ihren Wänden. Alle Welt hat Beziehungen. Basti hat nichts. Und das Schlimmste: Es fällt auch niemandem auf, weil es niemanden interessiert.
Immerhin zahlt Basti keine Miete, weil ihm die Wohnung gehört. Aber die andere zahlen auch nicht richtig.
Die NASA-Rakete neben meiner Begonie
Wer Agonie sagt,
muss auch Begonie sagen.
Makaber.
Neue Grußpostkarten auf dem Markt
Hallo Brett!
Schöne Grüße aus der Hölle. Ziemlich warm hier. Das Essen wird heiß serviert und ansonsten ist alles okay.
Happy Hour gibt es leider nicht, aber alles ist all inclusive.
Das Personal könnte freundlicher sein.
Auf bald. Ich hoffe, wir sehen uns!
Pepe vom "Sündikat"!
P.S:: Den Chef habe ich noch nicht gesehen. Ist wieder auf Bundestagstour.
Witz des Tages: Lass uns noch ein Brett nachlegen, das Feuer geht sonst aus.(Kleiner Scherz, hihi!)
Georg Krakl: Sprühding (2011)
Sein fuckin' Stimmgerät
Ein fuckin' Stimmgerät |
Dem dickeren der beiden bleibt nichts anderes übrig, als dem dünneren, der insgesamt bühnenwirksamer wirkt und deshalb auch auf verstimmter Gitarre spielen könnte, zu sagen: Ey, Alter, jetzt nimm endlich das fuckin' Stimmgerät.
Er sagt nicht: Nimm dein fuckin' Stimmgerät, denn damit würde er eine gewisse Abhängigkeit dokumentieren, was er nicht will. Nimm dein fuckin' Stimmgerät! heißt als Botschaft auch: Du kannst sowieso nicht nach Gehör stimmen, denn du hast fuckin' Ohren, die das nicht hören. Und ich kann das schon lange nicht, was du mir ja auch immer sagst.
Das Enttäuschende an der Szene ist aber nicht der Konflikt zwischen zwei unreifen Straßenmusikanten, die auf ein Stimmgerät angewiesen sind und es deshalb, aus ihrer Unfähigkeit nach Gehör zu stimmen, als fuckin' bezeichnen, um einmal eine gewisse kühle Überlegenheit zu zeigen und zum anderen auszudrücken, dass das der letzte Scheiß ist, mit einem Stimmgerät - batteriebetrieben - zu stimmen.
Das Enttäuschende ist nämlich, dass das Stimmgerät die Schuld bekommt, dass es eingesetzt werden muss, weil zwei Grünschnäbel, die hinter den unmusikalischen Ohren noch feucht sind, nicht in der Lage sind ohne Hilfe ihre Instrumenten in Einklang zu bringen.
Vielleicht ist es der Deutsche an sich, vielleicht nur der Jugendliche, vielleicht der deutsche Jugendliche, der immer da die Schuld sucht, wo er gerade nicht ist. Auch wenn die beiden das Gegenteil glauben: Die sind wirklich nicht bei sich! Ein Stimmgerät als fuckin' Stimmgerät zu bezeichnen! Unglaublich.
Montag nach der Zeitumstellung
Meine Cordhose schaut mich an
Cordhose. Welch ein hartes Wort. So als impliziere es förmlich das Synthetische, so als blieben eingerissene Fingernägel an ihr hängen. Diese Cordhose. Ein weitsichtiges Kleidungsstück immerhin, denn die Brille, die sie trug, war eine Lesebrille.
Ach, es war meine Lesebrille, schreckte ich auf. Ein neuer Redner hat das Rednerpult erklommen und hustete ins Mikrophon, um festzustellen, ob es funktionierte.
Meine Cordhose kann nicht lesen. Ich fragte mich, warum sie eine Brille trug. Irgendwie sah meine Cordhose mit der Brille nachdenklich aus. Vielleicht war es auch mein Bein in der Cordhose, oder beide, die darüber nachachten, wann sie endlich nach Hause gehen dürfen.
Ich strich sanft über den geriffelten Stoff und flüsterte, dabei nickte ichwissend : Ein Weilchen wir es wohl noch dauern...
Mit dem Bike unterwegs
Lohn für strapaziöses Strampeln: Der Blick ins Leere |
Endorphine, endlich, Endorphine, kommt zu mir, kommt in mich, kreist und tost und rauscht in mir, ihr Endorphine! Danke. Und dieser Blick. Schön. Sehr schön. Wenn die Sesselfurzer wüssten. Wenn sie wüssten! Nä, ist das schön hier. Früher war das immer so hässlich. Ach, ihr lieblichen Endorphine!
Welches Sprichwort ist gemeint?
b) In einer weichen Schale steckt meist nichts.
c) Wecke nicht den Papiertiger auf deinem Zeichenblock!
d)Besser die Schale in der Hand, als die Banane in der Dose.
e)Sag mir, wie du einen Apfel isst, und ich sage dir, wer ich bin.
Georg Krakl: Zu Hause essen (2011)
Der Mond braucht keinen Lampenschirm |
die Servicedame duzt' mich dumm,
im Zuckerstreuer war nur Salz,
im Butterfass gemeines Schmalz.
Die Currywurst ganz ohne Wurst
und auch der Wein kam ohne Durst
nur schal und fad mir vor.
Worauf ich schwor,
nie mehr daheim zu essen.
Das konnte man total vergessen!
Zu Mäckes wollt ich geh'n.
Die Lampenschirme sind da nett.
Und die Bedienung ist adrett.
Das Schmalz, das ist aus Schmalz,
und Salz ist wirklich Salz.
Sogar die Currywurst
macht Durst.
Der Wein heißt Coca Cola.
Ich sitz am Tisch mit Lola.
Die nuckelt lautstark an der Brause.
Hab teuer Geld bezahlt.
War anders ausgemalt.
Ich wünsche mich nach Hause.
Hans und Puffi sind traurig
Das war nun vorbei. Das Kind, das mit ihnen gespielt, dekoriert und gestützt hatte, war erwachsen, und fand immer noch, dass Hans und Puffi hässlich waren. Jetzt lagen sie herum, quasi auf ihrem Altenteil, dabei sahen sie immer noch frisch und farbenfroh aus, denn sie waren aus unverwüstlichen Kunststoffen. Sogar eine Runde Schlagball könnte man ihnen zumuten können.
Aber niemand wollte sie mehr, niemand wusste ein Spiel, in dem sie eingesetzt werden konnten, niemand einen Ort in der Wohnung, den sie durch ihr Herumliegen hätten verschönern können, und seit der Erfindung der Flachbildschirme gab es auch nichts mehr, das sie hätten abstützen können. Und so waren sie einfach traurig; sie fühlten sich ausgebeutet und missbraucht. Das hatten sie nicht verdient, dachten sie.
Die haben verdient, da rumzuliegen, dachte die Mutter, denn sie war damals über Hans oder Puffi gestolpert und hatte dabei den Monitor vom Tisch gerissen und auch eine Bodenvase zerstört.
Uns Menschen aber soll es Mahnung sein, auf dass wir nicht eines Tages herumliegen und keiner will uns mehr.
Fliesen schützen
Fliesengedichte: Johannes Mario Semmel - Fliese im Frühling (2011)
Keine Fliese zu sehen. Aber auch keine Wiese. |
lag auf grüner Wiese
und sie dachte,
weil die Sonne grad vom Himmel lachte:
Ach, das Leben wäre halb so schwer,
wenn ich eine Kachel wär.
Georg Krakl: Die Blaumeise (2011)
Haar im Waschbecken
Wieso? Liegt denn da eins, Schwatzi?
Wenn, dann würd ich es ja nicht sagen, Schnatzi!
Also liegt doch da eins. Immer noch besser als deine Bartstoppeln nach dem Rasieren, Schwatzi!
Wieso besser? Rein quantitativ ist dein Haar genauso viel wie meine Bartstoppeln, wenn man die zusammenkleben würde, Schnatzi.
Macht aber keiner, Schwatzi. Es sieht einfach schmuddelig aus. So ein einzelnes Haar stört aber keinen.
Vielleicht ist es auch ein Achselhaar, Schnatzi.
Hast du denn da Haarausfall, Schwatzi?
Ich auf keinen Fall.
Du musst doch erkennen können, ob es ein Achselhaar von mir ist oder ein Kopfhaar. Das Kopfhaar ist doch viel länger und hat auch eine andere Farbe, Schwatzi.
Es liegt ja keins im Waschbecken, Schnatzi. Und wenn, würde ich's nicht sagen, sondern einfach wegtun.
Die Blaumeise schützen
Die Blaumeise singt ihr schützenswertes Lied |
Die Sonne scheint das erste Mal so, dass der Mensch glaubt, es sei Frühling. Er setzt sich auf den Balkon, nimmt ein gutes Buch zur Hand und beginnt zu lesen. Schwerer Stoff, Hitler soll einen Sohn gehabt haben, damit müssten dem Monster menschliche Züge zugeschrieben werden.
Dann eine Blaumeise. Unbedarft und frohbeschnäbelt legt sie los und schmettert ihr monotones Lied in den Himmel und in die Ohren des Lesers, der sich damit quält, ob er denn ein solches Buch weiterlesen darf. Die Konzentration ist dahin, die Sonne scheint sich zu verdunkeln, die Gedanken kreisen um Tinnitus und verwandte Hörschäden. Die Blaumeise schmettert. Wie kann ein so kleines Tier solch einen Krach machen? Die Ohren schmerzen. Die Meise schreit und quält wie ein defektes Morsegerät, das über eine Stadion-Anlage von Metallica verstärkt wird.
Früher durfte man im Garten herumschießen und traf unbeliebte Vögel. Früher.
Die Blaumeise ist vom Aussterben bedroht. Wer hat den Begriff "akustische Umweltverschmutzung" erfunden?
Das Buch und seine Thematik verschwinden im Lärm des tosenden Frühlings, dessen Sonne sich zu verdunkeln scheint.
Der Autor des Buches ist im letzten Jahr gestorben. Die Blaumeise lebt.
Beppos Schülertipps: Kuchen backen
Das funktioniert so: Weißes Mehl und Zucker sind die Klassiker des Einlullens, des Müdemachens, des Zufriedenstellens. Der Körper wird in einen Zustand versetzt, der einem Futterkoma bei Großhaustieren, Pferd, Kuh oder Schäferhund, entspricht. Der Blick wird blöde, das Grinsen gelassen, die Welt ist in Ordnung. Neben diesen biochemischen Prozess gesellt sich die Tatsache, dass Zucker bei deinem Lehrer das Gefühl von Gelobtwerden, von Gutsein und Richtgemachthaben abruft.
Früh in seiner Kindheit war ihm das antrainiert worden: Braver Bubi! Hier hast du einen Lolli!
Sogar der Zahnerzt belohnte mit Zucker, wenn Bubi nicht nach ihm getreten hatte, weil der Bohrer abgerutscht war oder der Milchzahn ohne Betäubung raus musste.
Zucker ist die Maßnahme, dem Lehrer zu zeigen, dass er alles richtig macht, ohne es auszusprechen!
Also, back einen Kuchen! Es bleibt immer ein Stück für dich übrig, denn du hast alles richtig gemacht.
Ulla Huhn, Ich starrte
Mal wieder,
Mein Leben lag wie ein sinnloses Mosaik
Vor meinem inneren Auge.
Nichts fügte sich zusammen,
Die Fugen waren verschmutzt.
Und alles, was ich beim Starren sah,
War ein schwarzes Känguru,
Zweidimensional,
Und das Nächste war zehn Kilometer
Weit entfernt,
Zehn Kilometer sind viel,
So viel wie vom Abend
Ins Morgenland,
Eindimensional.