Günter Krass: Johannes

Alma stand auf Männer mit langen Nasen. Das war Fred egal, solange er nicht auf Alma stand. Fred beobachtete die Männer in der Nähe Almas und entdeckte die ein oder andere längere Nase. Ihm fiel der Thekenspruch ein: An der Nase des Mannes erkennst du den Johannes. Als Kind konnte er damit nichts anfangen, weil er sich fragte, wer denn der Johannes sei. Später mit einsetzender Triebhaftigkeit wurde ihm die Doppeldeutigkeit klar.
Heute Morgen hatte Fred das erste Mal im Spiegel auf seine Nase geachtet. Normalerweise wurde sie in den Eincremeprozess nach dem Duschen integriert ohne besonders beachtet zu werden. Heute Morgen hatte er  sie zwischen die Finger genommen und hin- und hergebogen. War sie lang, hatte er sich gefragt, oder nur mittel? Sie war nicht klein, aber wo begann Länge?
Konnte es sein, dass er auf Alma stand, weil er seine Nase betrachtete? Beziehungsweise anfing zu stehen?
Hatte er denn überhaupt eine Chance bei Alma?
In der Kantine hatte er den Typen gesehen, der bei Alma am Tisch saß und lässig mit ihr bei Kartoffelsalat und Cornichons an Frikadellen mit Senf über das Leben plauderte.
Der Mann hatte eine Nase wie ein senkrechtes Schnitzel.
Fred entschied, dass er nicht auf Alma stehen wollte.