3-D-Bilder auf öffentlichen Toiletten

Rolle stand seit 30 Minuten vor dem Muster und starrte es an. Er war auf die Toilette gegangen und hatte sich ein einzelnes Urinal an der schmalen Seite des Raumes ausgesucht. Er kannte dieses Muster irgendwie. Vor Jahren hatte es diese 3-D-Bücher gegeben, mit Bildern, auf die man starren sollte, völlig entspannt natürlich, und irgendwann kippte die Sache, die Bilder waren irgendwie unscharf und dann, plötzlich wurden sie scharf und man glaubte in einen Raum zu sehen, das Hirn hatte umgeschaltet. Da galoppierten Hirsche über eine hässliche Tapete oder Schmetterlinge schwebten in einem Aquarium. Man hatte das Gefühl, in den Raum hineingreifen, vielleicht sogar hineinstürzen zu können; die Realität hatte sich abgeklinkt. Je entspannter, desto schneller funktionierte es. Rolle war entspannt, wie er immer entspannt war, wenn er endlich seine Blase geleert hatte. Nach 35 Minuten tat sich auf dem Muster nichts. Keine Schmetterlinge, keine galoppierenden Hirsche. Nichts. Unten herum war ihm kalt geworden. Jemand drückte die Spülung. Vielleicht war es Zeit abzubrechen und zu gehen. Drei Männer standen hinter ihm, verlegen in die Hände hüstelnd. Rolle überlegte, ob sich direkt für einen Yoga-Kurs anmelden sollte.