Das muss gut werden

Wie war mir so komisch; die Blätter so bunt, so stückelig, die Welt ingesamt rund und der Himmel so blau, endlich so blau, wie er genau vor tausend Jahren vielleicht gewesen sein mag, als noch MIttelalter war und die Menschen gar nicht wussten, dass sie im Mittelalter lebten, weil es ihnen keiner gesagt hatte. Und ich denke wieder nach über "keiner hat etwas gesagt"....wie soll das gehen, wenn keiner da ist, aber etwas sagt, zum Beispiel: Ihr lebt gar nicht im Mittelalter?
Am Himmel der Imperativ: Ein gutes Jahr 2014! Plötzlich fällt mir ein: Kann Ursula von der Leyen überhaupt schießen? Hat sie gedient? Was soll aus der Bundeswehr werden, wenn sich jeder Gefreite bei Mama ausheulen kann? Und überhaupt: Kann denn jeder alles? Wo bleibt die Kompetenz? Christina Schröder, die hat es allen gezeigt. Erst Familienministerin ohne Kinder. Zack, jetzt kommt das zweite. Erkenntnis erzwingt Handlung, wenn sie sinnvoll sein will. Da muss der Schwarzgeldfahnder auch mal selber Schwarzgeld verstecken. Damit er mitreden kann. Es ist ein Jammer. Schießen reicht doch auch nicht mehr als Schlüsselkompetenz für die Bundeswehr.
Warum sind die Blätter so bunt, wo doch Winter ist?
Ich sehe es positiv: Das muss ein gutes Jahr werden. Alles so schön bunt hier.

Im Frauenland

Im lila, lila Frauenland
ist selbst der Sonne weiblich.

Ein Haufen Sterne da am Himmel

Manchmal sieht man vor lauter Haufensterne
den Sternhaufen nicht.

Fotokurs: Langweilige Bilder interessant machen


Langeweilige Zeit, langweilige Bilder.
Das Wetter betrübt, die Gegend öde, ein Denkmal am Horizont touristisch, aber tausendmal gesehen.
Was tun, wenn das einzig Interessante ein bronzener Monarch ist, der seine nachlässige Hand über das Land hält, nicht um zu schützen, sondern weil ihn sein Schulter-Nacken-Syndrom schmerzt und er erkunden will, wo es nun wirklich herkommt.

Da wird es Zeit, selbst Hand anzulegen, um aus Knipsaufnahmen echte Fotos zu machen.

Die Trübness mit etwas Blau in eine schöne Melancholie gespritzt und immer wieder die Schärfe nachjustiert, sodass Verdecktes sichtbar wird. Immer und immer wieder den HDR-Schalter betätigt, und was auch immer das heißt - (Halt den Rand?) plötzlich erscheinen da die Wesen, die unseren Alltag so quälend und so beängstigend machen.
Flattergeister, die die Hundebesitzer umschwirren, wenn ihre kleinen Kacker an der falschen Stelle ihr Häufchen machen.
Flattergeister, die nichts bewirken, außer einem diffusen Gefühl der Schuld oder der Schadenfreude.
Dem einen geht es so: Huch, da habe ich aber schuld an einer Verunreinigung.
Dem andere so: Scheiße, dem habe ich’s gegeben. Geschisssen drauf!
Zwischen Schuld und Fäkalphantasie schwankt das Gefühlsrepertoire der Nebulösen, die den lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als auf Menschen mit sozialen Defiziten zu warten. Und wer ist schon vollkommen?

Flattergeister. Auch wenn sie zu den nutzlosesten Nutzwesen gehören, sie sind doch Geschöpfe, die eine Funktion haben. Wir, die Halbblinden, können diese nicht erkennen. Das ist aber nicht die Schuld der Flattergeister, sondern unsere eigene.
Ohne ein Fotobearbeitungsprogramm wüsste wir gar nicht, dass es sie gibt.
Aber immerhin machen sie aus einem langweiligen Foto einen richtigen Hingucker.
Also: Nicht alles löschen, was doof aussieht. Mehr hinter den Vorhang schauen. Da gibt es immer was zu entdecken. Und wenn es nur Flattergeister sind.

Georg Krakl: Dass man auch versteht (2013)

Wenn die Kerzen nicht mehr zünden,
wünscht man, dieses zu ergünden,
dass man auch versteht,
was das Weltrad dreht.

Wenn die Schüsse nicht mehr schrecken
oder starten oder fangen,
wenn die Nüsse nicht mehr wälen
oder köpfen oder haseln,
gilt es Neugier aufzuwecken,
und Entdeckergeist zu quälen,
an Erkenntnis grob zu schlecken,
nicht mehr ahnungslos herumzubaseln.

Dass man auch versteht,
Was, vielleicht auch wer, das Weltrad dreht.

Wolf Wunderschreck: Begreifen (2013)

Begrabbeln
und Begreifen
sind zwei Paar Schuhe.

Nicht anfassen,
nur gucken.

Begrapschen
und Begrabbeln.
Da passt zusammen, was zusammengehört.

Begreifen.
Begreifen.

Schuster,
bleib bei deinem Rappen!

Georg Krakl - Alte Indianerweisheit

Hein,
in Diana,
fühlt kein
Schmerz.

Ohne Herz.

Fatale Hörfehler: Kurzarmigkeit

Wie hatte er seinen Arzt bekniet, wie hatte er ihm seine Sorgen und seine Beschwerden vorgepredigt!
Aber der Doktor hatte wieder nicht zugehört. Hektisch, wie er immer war, wenn der Laden brummte, hatte er sich etwas in den Rezeptblock gemurmelt, bzw. seit ein paar Jahren in die Tastatur seines Computers, hatte gegrummelt und gebrummelt, geschnieft und geseufzt,geknatscht und geknarzte, dass es ein Freude gewesen wäre, wenn es nicht um die eigene Befindlichkeit gegangen wäre.
Kurzarmigkeit! Sein Leben lang hatte er darunter gelitten; wenn er an eine Tasse wollte, reichten die Arme nicht hin. Tritt doch einen Schritt näher!, war der fromme Rat. Aber darum ging es ja nicht. Endlich einmal normal zugreifen, ednlich einmal drankommen, wie der Durchschnittsbürger das auch machte, darum ging es.
Sei  Hausarzt, sein feiner Hausarzt aber hörte nicht hin und nicht zu.
Kurzatmigkeit!, zischte es durch die Backen, als hätten sie kleine Löcher, damit der Dampf austreten konnte, unter dem der Mediziner stand. Das Rezept war schnell ausgedruckt.
Kurzarmigkeit, nicht Kurzatmigkeit!
Er verließ enttäuscht die Praxis, das Rezeptblatt flog vor der Tür ins Rosenbeet. Gegen Kurzarmigkeit gab es wohl kein Mittel. Traurig. Aber einfach mal zuhören, das war doch nicht zu viel verlangt!
Hausarzt, dachte er, Hausarzt! Als ob Häuser einen Arzt bräuchten!

Februar, wer bist du?

Eine alte Bauernregel besagt: Gleicht der Februar einem abgerollten Knäuel, wird das das Jahr ein rechtes Gräuel.
Damit ist schon zusammengefasst, um was es geht.
Den Februar hätte jeder gern aus dem Kalender gestrichen.
Die Tage werden länger, aber es ist kalt. Die Heizung brummt und das Geld fließt vom Konto förmlich in die Taschen der Ölmultis.
Dabei ist der Monat noch viel mehr als ein lästiger Energiefresser.
Denn das Gräuel kommt ja nicht von allein, bzw. nur vom Ölbrenner im Dauerbetrieb.
Das wahre Gesicht liegt zwischen Blau und Grün und Grau. Er hat so seine Kreise und einen wackeligen Horizont.
Was als Eisberg begann, ist nur eine doofe Karnevalsmütze. Ein Herz hat er nur halb und ist daher der Monat der Unentschlossen und Halbherzigen. Auch die Hartherzigen mit Hörfehler finden sich hier zurecht und repräsentiert.
Insgesamt aber lässt sich sagen: Wenn der Monat nicht so kurz wäre, gehörte er abgeschafft. Aber heutzutage hat man es eher mit den Minderheiten, und zu denen gehört der 28-Täger auf jeden Fall.
Vielleicht wird nächstes Jahr ja alles anders.

Amazonamazon

Amazonamazon,
ich krieg so viele Pakete und Päcken, ich frage mich woher?
Ich hab sie bestellt, das geht fast automatisch,
Amazonamazon,
ich bin Prime-Mitglied, das ist prima, das ist oberprima, Primus, ja ich wäre gern mal Primus gewesen, das deutsche Wort heißt Streber, das hat aber nie geklappt, Primaten wären gerne Prime-Mitglied, wenn sie könnten, wie sie wollten,
Amazonamazon, schon wieder ein Paket, ein neuer Zusteller, der hat sich geirrt, ist umhergeirrt, jetzt hab ich das Paket von Anja von zwei Häusern weiter, mal sehen, was bei Anja liegt von mir, ich bin so froh, dass es Pakete gibt, Bescherung jeden Tag und ich bestimme, wie die aussieht,
Amazonamazon
in nachhaltigen Kartons, keine Monokulturkartonagen, nicht gespritzt und genetisch nicht modifiziert, infiltriert, nicht kupiert und nicht zensiert, richtige Pappe, handgepappte Wellen, wellgepappte Hände von  richtigen Erwachsenen, keine Kinderarbeit, vielleicht Inderarbeit, aber die wollen ja auch leben,
Amamzonamazon,
wie heißt mein Zusteller?, er spricht gebrochenes Deutsch, der ist nicht von hier, er sieht nicht nach Amazonien aus, vielleicht ein Pole, ein Kasache oder ein Gebrochen-Deutscher, Amazonamazon,
korrekt und ganz genau, das klingt nach Amazonasgebiet, nach Umwelt und Regenwald, nach Lunge der Welt, das ist da, wo die Luft herkommt, die wir atmen, die Lungenflügel die Welt, wo hunderttausend Indios stehen und die Kolben von selbstgeschnitzten Luftpumpen rein und raus stoßen, pfeifende Töne der Pumpe abpressen, einen Gesang erzeugen, der uns wissen lässt: Es ist noch Luft da. Immer und immer wieder treiben die muskulösen Arme die Kolben rein und raus, rein und raus, rein und raus, die sehnigen Oberkörper glänzen vor Schweiß.
Amazonamazon,
es weihnachtet sehr, die Paketzusteller geben sich die Klinke in die Hand und ich bin froh, dass ich für neue Arbeitsplätze gesorgt habe, für Warenausdemregalsucher, für Wareneinpacker, Zukleber, Etikettierer, Wegschieber und Zulieferer, ich bin ein guter Mensch, auch die Indios haben etwas zu lachen, wenn ihre Luftpumpen quietschen.
Amazonamazon,
es weihnachtet sehr und ich bin dabei.

Wer bist du, Januar?

Da gibt es Menschen, die behaupten, dass Zahlen farbig sind und nach etwas schmecken, die 6 etwa ist rot und schmeckt nach Allzweckreiniger.
Oder ähnlich.
Jetzt tauchen Hypersensitive auf und wollen dem tumben Volk weismachen, dass Monate nicht nur farbig sind, komisch schmecken und auch aufdringlich riechen, sondern sogar ein Aussehen haben, das menschlichen Wesen ähnelt.
Der Januar soll ein buckliges Männlein sein, das gern kleine Frauen mit kurzen Haaren auf dem Kopf und einem knallroten Kirschmund anspricht. Es trägt ein hellblaues Schlabberlätzchen und eine orangefarbene Kappe. Die Ohren sind klein und der Haarwuchs spärlich, was durch die Mütze hindurch aber nicht zu erkennen ist. Ein paar Härchen lediglich haben sich durch die lose gestrickten Maschen gedrängt und stehen wirr ab. So weit so gut und wer es glaubt, der isses auch, spricht der wahrheitsbekundende Kindermund.
Des tumben Volkes einer hält dagegen:
Der Januar ist so ein Schlackriger, Dreckiger, manchmal gelbgestreifter Weißer, aber  immer Nasskalter, Ungemütlicher, manchmal so was von voll daneben, dass einem Hören und Sehen und Riechen vergeht. Mal ganz klar zusammengefasst. Von wegen "Riecht nach Allzweckreiniger mit einem Spritzer Moschus und Patschuli"! Geschenkt, Januar. Voll geschenkt!

Gregor Baselnicht: Wie Kunst entsteht

Gregor Baselnicht: Mutti steht kopf (2012)
Baselnicht zu seinem Werk „Mutti steht kopf“:
Also, es war im Urlaub, ich saß da im Garten und hatte einen Kaffee im Aufguss. Ich wartete, dass die Kanne voll wurde.
Ich hatte zufällig eine Blankokarteikarte dabei und diese auf den Tisch gelegt.
Zack, klatschte ich den Filter, denn es war ja Filterkaffee, auf die Karte und ließ die Sache in der Sonne einköcheln.
Bei diesem Vorgang musste ich an Mutti denken, und was die gesagt hätte, wenn ich den Kaffeefilter auf den Tisch, wenn auch erst mal auf eine Blankokarteikarte, geklatscht hätte.
Da wäre der Teufel los gewesen.
Ich freute mich also, dass ich erwachsen war und ich machen konnte, was ich wollte.
Gitti kam dann auch nach draußen und wollte gleich losmäkeln. Wie Mutti, dachte ich und hob den Zeigefinger.
Das wird Kunst!, verlautete ich. Davon leben wir schließlich.
Gitti keifte sofort los: Seit wann das denn?
Ich versuchte zu ergänzen: Wenn ich mal berühmt bin.
Gitti pestete weiter: Dann musst du aber vorher sterben.
Ich schluckte. Der Kaffeefilter war mittlerweile eingeköchelt und ein Bild war entstanden.
Guck mal, sagte ich zu Gitti, wieder eine Weltreise geschaffen, so finanziell jedenfalls, wenn ich das Bild verkaufe.
Sieht ein bisschen wie du aus, so als wenn Theo dir in den Magen getreten hätte. Theo ist der Sohn. Gittis Sohn.
Da stand Gitti nicht drauf.
Da war sie wie Mutti. Konnte keinen Spaß verstehen, aber Hauptsache, kein Kaffeefilter auf dem Esstisch.
Komm ich dreh es um, dann sieht es aus wie Mutti.
Gitti war kurz vor dem Explodieren.
Ich habe das Bild dann „Mutti steht kopf“ genannt und es Gitti gewidmet. 10 Prozent vom Reinerlös habe ich ihr angeboten.
Sie hat aber nur weitergekeift, dass 10 Prozent von nichts auch nichts sei. Darauf konnte ich nichts sagen.

Bossen: Doppelter Stinkefinger

Du denkst, dein Chef ist mies, oder deine Cheffin. Sie bosst und disst und spritzt mit verbalem Ätznatron um sich, wird persönlich, ist beleidigend und verletzend, macht auf große Mutti und ungezogenes Kind; wenn du dich wehrst, verwandelt sie sich in das Opfer, heult und jammert und meldet sich krank.
Du hast ein paar Tage Ruhe. Aber das Problem bleibt.
Es widerstrebt dir, auf dasselbe Niveau zu sinken, auch wenn das heilsam wäre. Du trittst eine Lawine an Coaches und Mediatoren los, die dich und dein Problem beraten wollen.
Wir können über alles sprechen, sagst du. Nur nicht mit Mutti.
Die Psychologen schmunzeln über deine feine Variation eines alten Nervenheilwitzes.

Vielleicht gehst du mal in  dich. Vielleicht denkst du mal nach. Vielleicht geht es anderen noch schlechter. Nicht immer sich selbst in den Mittelpunkt stellen! Mal etwas mehr Distanz, mal die Sache von oben betrachten, mal ins Ausland schauen, vielleicht in die USA.

Da gibt es die Steigerung, so wie die USA immer die Steigerungen parat haben. Alles geht größer, lauter, unverschämter.
Doppelter Stinkefinger, vom Chef gezeigt, das ist erst mal Hardcore. Du kommst du mit deinen Muttierfahrungen nicht an. Da würde gelächelt, wenn du das in einer US-Selbsthilfegruppe erzähltest.
Was für untoppbar gilt, lässt sich immer noch steigern.
Der Chef ordnet die Finger deinen Körperregionen zu, einer gehört in dein beschissenes irisches (wenn du Ire bist)  na du weißt schon, der andere geht ins Auge, das kein normales Auge ist, sondern das eines Menschen, der sich auf ein Küchengerät mit x in der Mitte reimt. Der Beleidigte entschuldigt sich dann aber auch ganz nett, dass er den Chef zu solchen Gesten und Äußerungen provoziert hat.
Also, Schluss mit dem Gejammere; es geht immer noch eine Nummer schlimmer.
Auch in den USA: Stell dir einfach vor, was bei eine Fau rauskäme.
Maul halten und weiterarbeiten, du Jammerlappen!

Metaphern im Alltag: Günter Krass - Sie stand im Regen

Sie stand im Regen
obwohl die Sonne schien.
Man hatte sie dort stehen gelassen
und war an den Strand gegangen.
Jetzt stand sie im Regen,
die anderen badeten in der Sonne.
Sie weinte,
aber niemand bemerkte ihre Tränen,
die sich mit den Regentropfen vermischten.

Der Himmel weint auch, dachte sie.
Vielleicht sind es Freudentränen, dachte der Himmel.

Tu einen Schritt, sagte der Boden,
der ihr unter den Füßen weggezogen wurde,
tu einen Schritt, du musst hier nicht stehen.

Schließlich verlor sie ihn unter den Füßen,
mit ihm den Halt.
Sie stürzte hinab,
um den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die anderen erwärmten ihr sonniges Gemüt.

Wer war Güpi?

Güpi hatte eine Hasenscharte.
Güpi hatte rote Haare und Sommersprossen und blasse Haut.
Güpi war zwei Klassen unter uns.
Güpi war anders als wir.
Güpi hatte keine Freunde.
Güpi war uns aufgefallen. Güpi war dran.
Wir kannten das Wort Mobbing nicht, aber alle wussten, wie es ging.
Ey, Güpi, sag mal was!, riefen wir, damit Güpi etwas sagte.
Wir wollten hören, wie die Worte durch den Hasenschartenfleischwolf klangen.
Wir wollten rätseln, was er gesagt hatte.
Wir lachten, wenn Güpi etwas sagte, denn er glaubte, dass wir wirklich mit ihm reden wollten.
Wir wollten nicht reden, wir wollten hören.
Wir wollten nicht mehr die grauen Säcke hören, die unsere Lehrer waren. Was hatten sie uns beigebracht?
Wir wussten es nicht.
Wir wussten, dass wir mit Leuten, die anders sind als wir, nicht unser Pausenbrot essen sollten.
Wir waren Gymnasiasten.
Wir waren nicht Hilfsschüler.
Wir waren nicht Schwarze.
Wir waren deutsch und gut und Gymnasiasten. Das predigten uns die grauen Säcke.
Güpi konnte einstecken, er war robust.
Manchmal, wenn er heulte, lief eine feine Spur Rotz seine Hasenscharte entlang.
Wer aber war Güpi?  Wir kannten nicht mal seinen Namen.

Lustige Weihnachtsmützen

Es ist Weihnachtszeit!
Das wissen wir alle, denn die Menschen werden hektisch, nehmen laufend Amazon-Pakete an oder irren in Innenstädten herum und suchen vergebens nach Geschäften.
Jahrelang predigte das Weserblatt: Keine Nikoläuse, keine Weihnachtsmänner, keine Mütze in Rot!
Jetzt ist alles anders.
Täglich erscheint ein Foto mit Menschen, die rote Mützen tragen, die wiederum signalisieren sollen, dass es Vorweihnachtszeit ist! Dass es bald soweit ist! Dass wir bald die Bescherung haben!
Als ob wir es nicht selbst wüssten, denn wir sind hektisch und nehmen täglich Pakete - hauptsächlich die unserer Nachbarn, die gerade nicht da sind - an.
Wenn wir nicht unterstellen wollen, dass Menschen mit roten Mützen auf dem Kopf die Menschen ohne rote Mützen für blöd halten, kann es nur einen anderen Grund haben:
Die Rotbemützten haben eine Botschaft!
Hallo, es ist bald Weihnachten und wir sind gar nicht blöd und wissen das!
Hallo, wir sind locker drauf, auch wenn wir schicke weiße Blusen und dunkle Anzüge tragen!
Und der Kaninchenzüchter mit roter Mütze reiht sich ein: Hallo, Kaninchenzüchten ist schön, und besonders vor Weihnachten. Jetzt ist Weihnachten, und das wollen wir zeigen, vor allem, dass Kaninchenzüchten auch vor Weihnachten schön ist. Wir halten euch nicht für blöd.
Der Leser atmet auf; er ist nicht blöd. Das musste aber auch mal gezeigt werden. Und da hat die rote Mütze ihre Berechtigung.
Denen, die mit diesen Botschaften nichts anfangen können, sei ein Trost: Die Osterhasen scharren schon in den Lagerräumen, um baldigst in die Regale zu hoppeln. Dann heißt es: Mütze ab! Obwohl: Bis zum 5.März ist noch Karneval. Da passt die ja auch prima rein.


Menschen und HIlfsmittel

Die Vereinsamung der Menschen schreitet voran und da, wo man früher eine helfende Hand oder ein tröstendes Wort hatte, greift man heute zum Hilfsmittel.
Nicht um Hilfe bitten! Das könnte den Eindruck von Schwäche hinterlassen.
Menschen werden überflüssig; manch einer küsst sein Smartphon oder streichelt den PC.
Wer einen schweren Kopf hat, nimmt lieber die Kopfstütze als Trost, die sagt wenigstens nicht, dass man mal wieder die Haare waschen könnte.
Die Dinge halten ihre Klappe, und wir dürfen bleiben, wie wir sind.
Veränderung schafft Unsicherheit, und die sorgt für Angst.
Wenn jemand mit seinem Bücherregal spricht, war das früher ein Symptom, das in einer Nervenheilanstalt behandelt werden sollte. Heute wundert es niemanden, wenn Menschen beim Discounter mit der Ware sprechen, weil sie ein Headphone umgeschnallt haben und bei Mutti nachfragen, ob sie die Dose Pfirsiche kaufen dürfen. Mutti ist weit genug weg, sodass sie keine Angst machen kann. Notfalls schaltet man aus und greift zu Mandarinen. Letztendlich geht es Mutti nichts an, welches ungesunde Essen auf den Tisch kommt.
Nur diese dumpfe Ahnung von Einsamkeit wabert in der Luft. Und das ist nicht schön.

Georg Krakl: Liebe (2013)

Ist Krakl Misanthrop?
Ich lieb
dicht
nicht,
Meer!

Zwischen Traum und Wirklichkeit: Amsterdam

Von Amsterdam zu träumen, weil die Hamster ham, die schäumen, das hab ich im Traum mir abgeschminkt, weil jetzt vielleicht ein Geldpreis winkt, ein Gutschein auch, und ich frage mich, kann denn ein Gutschein winken, kann Geld wirklich stinken, ach, wenn die Metaphern hinken, dann ist Eiszeit in der Seele, dann ist Klumpen in der Kehle, hätte gern drei Kugeln, Schoko, Schoko, Kroko! Kroko hamse se nicht? Dann nehm ich, ach, ich schäme mich, nicht den Nerz, war ein Scherz, Schoko, Schoko,Rosenwurz, was, das schmeckt nach Dosenfurz? Ja, Meister Kugelmacher! Nehm ich Kleister, Schoko, Schoko,Kleister und nicht Kroko, auch nicht Antilope oder Loipe. Wie schmeckt Loipe? So nach Schnee und Skiabdruck, nach Binnensee und nie nach Stuck, vielleicht ein bisschen nach Tapete oder Tapirschwanz,nach fein zerspanter Weihnachtsgans, mit einem Hauch von Hamsterfell, der ganz schnell ranzig wird, ach, Danzig, Danzig, ach, von dieser Stadt will ich jetzt träumen, weil da die Wellen schäumen, wo braune Gischt auf meine weißen Turnschuh zischt und mir versaut. Vor Danzig hat mir immer schon gegraut.

Ballsport: Was ist los in Bayern?

Man fragt sich: Hat Mediendirektor Markus Hörwick einen Ball vor den Kopf gekriegt und ist er seitdem "nicht mehr sauber am Ticken", wie man in der Sechzigern gern auch im Ruhrgebiet fragte?
Pepsi Guardiola ist sauer, weil ein Spieler Trainingsgeheimnisse ausgeplaudert hat.
Hörwick mischt sich dazu und versucht zu dämpfen:
"Das Thema werde 'ganz klein aufgehangen'.
Mal abgesehen vom Partizip Perfekt des Verbs "aufhängen" - alle wissen, dass das bestimmten Menschengruppen Schwierigkeiten bereitet - was meint Hörwick damit?
Hat der Mann einen der in Pakistan oder mittlerweile in China zu Dumpingpreisen handgenähten Fußbälle vor den Schädel bekommen und lallt jetzt dummes Zeug?
Früher hielt man die Fußballer für doof, heute hat man eher die Manager im Blick, die sich beim Stehlen, sprich: beim Steuerbetrug, erwischen lassen.
Zutreffend ist das Adjektiv eigentlich für Leute, die diffusen Brei kauen und durch vollen Mund Blödsinn nuscheln.
Nicht Hörwick. Hörweck. Hörweck! Als Imperativ. Das wär's! Leider steht der Unsinn geschrieben, und ein Liesweck! gibt es nicht.

Vereinfachung der deutschen Sprache

Der Verein zur Vereinfachung der Deutschen Sprache (VzVdDS) hat vorgeschlagen, das Wort "Damenarmbanduhr" in  die kürzere Form "Darmbanduhr" zu transformieren.
Jemand, der das neue Wort sechzigmal ausspricht, soll eine Minute Zeit gespart haben. Das könne man hochrechnen und hätte dann am Lebensende ein erkleckliches Sümmchen Zeit auf dem Konto.
Aus dem Männerlager wird allerdings Kritik laut, da man als Mann das Wort "Damenarmbanduhr" nur selten ausspräche, wenn überhaupt, dann vielleicht zwei- bis dreimal im Leben. Drei Sekunden Zeitersparnis wären nicht genug, um über die Wortneuschöpfung überhaupt ansatzweise zu diskutieren. Das würde nämlich Zeit vergeuden, und schnell sei man im Minus. Wertvolle Minuten würden am Ende des Lebens fehlen.
Der Verband der Uhrenverkäufer dementiert und fördert das neue Wort, denn den Mitglieder ginge schon einige Zeit flöten. Die könnte eine "Darmbanduhr" kompensieren.
Allerdings wehrt sich der Verband gegen eine Verweiblichung des Wortes Uhr, angelehnt an die Tendenzen an der Uni Leipzig. "Uhrin" diffamiere dann doch eine hochangesehene Zunft, die sich manchmal auf den Wecker gehe aber immer noch wisse, was die Uhr tickt, oder wann's Zeit wird.

Georg Krakl: Schlussmachen (2103)


Jetzt ist mal Schluss, z.B. mit Bluterguss
Jetzt ist mal Schluss,
mit all dem Stuss
von Kunstgenuss
und Überdruss
und Hexenschuss
mit Tinnitus
und Bluterguss
Kumulus
am Himmel
Weihnachtsmarktgewimmel
und Unterdruss
und Überfluss
und Überbein
im Sportverein
mit Ferkeltod
und Merkelrot
mit Wahlversprechen
Aalgebrechen
Nur-1-Euro-Jobs
und Alkopops
mit Steuersenkung
Hirnverrenkung
Schluss mit Energie
und Synergie
und Sympathie
und Empathie
und Apathie
und Aderlass
und Unterlass
und Badespass
und Reisepass
und Regenguss
und Zungenkuss
und Zaubernuss
und Pfiffikus
und Sozius
und Syndikus
und Armverschluss
und Ibichen des Kranikus
und Ikarus
das ist Beschluss

Es ist jetzt Schluss
mit Omnibus!
Und Schluss
mit Linienbus!

Schön wäre Überschuss.

Ansonsten Schluss
mit Omnibus!
Jetzt ist mal Schluss,
endgültig Schluss.

Gescheiterte oder gescheite Gescheitelte?



Manchmal sind die Gescheitelten die Gescheiterten, auch wenn sie nicht so wirken und gern die Gescheiten sein wollen; vielleicht sind sie an ihrem Wunsch zerbrochen. Dabei vermitteln Gescheitelte so viel Gutes:
Der ordentliche Scheitel verbreitet immer das Gefühl von Ordnung und von Bürokratismus, der wiederum ein gutes Gefühl der Sicherheit gibt.
Der Scheitel ist die Liste am Kopf.
Er macht übersichtlich.
Der Mensch wird am Kopf in zwei Bereiche geteilt, einen kleinen und einen großen und er erhält dadurch Struktur, wenn auch ohne Inhalt.
Sie wird der Mensch fassbarer und damit auch liebenswerter; all die Unfassbaren, weil schmierig und unstrukturiert und irgendwie glitschig, bleiben gehasst.
Die Gescheitelten werden geliebt, dessen können sie sich gewiss sein.
Der mit dem Mittelscheitel ist nicht für klein und groß, sondern er betont das Gleichgroße, den Ausgleich, die Harmonie. Er ist im Universum das Besondere, denn er hebt sich ab von der Rechtslinksmasse oder der Linksrechtsmenge, die am liebsten im Gleichschritt herumtrampeln würde. Der Mittelgescheitelte ist der Ausgewogene.
Nicht umsonst kommt das Wort gescheit von Scheitel. Und wer möchte das nicht sein? Wenigstens möchte er so wirken.

Deswegen begegnet gescheitelten Menschen mit Respekt, denn im Grunde genommen haben sie es nicht leicht. Leicht ist es, ein Wuschelkopf zu sein. Wo aber sollten die Friseure bleiben, wenn es nur eine Welt voller Wuschelköpfe gäbe?

           


Kunst mit dem Geodreieck: Piet Schlendrian - KWAdraht

Piet Schlendrian: KWAdraht (2013)
Bodos KUNSTwelt (11/2013) dazu:
Schlendrain, der alte Wenigmaler, benutzt in seinem aktuellen Bild, das man gern dem Neoplastizismus von Piet Mondrian zuordnen möchte, sogar nur noch drei Farben, wahrscheinlich ist ihm das Deckweiß ausgegangen.
Mit seinem Titel KWAdraht erregt er, wenn überhaupt, mehr Aufsehen, als durch seine Farbrechtecke.
Das Quadrat - man sollte mal ausmessen, ob es wirklich ein Quadrat ist, oder nur eine optische Täuschung - scheint an einem Draht zu hängen, wenn auch nicht mittig, was eine Schieflage zur Folge hätte. Das Viereck ist aber absolut im Lot und ausgefüllt mit roter Farbe. Das Blau ähnelt einer Schleuse gleich rechts angestaut und links abgelassen, das Quadrat wirkt wie ein Damm, der nicht hält, denn unter ihm spült das Blaue auf die andere Seite. Osmose scheint zu drohen, die jeder Gymnasiast aus der Schule kennt. Die Membran fehlt allerdings und ist damit nicht mal semipermeabel.
Das Quadrat, das nach dem Kreis auf Platz zwei der vollkommenen geometrischen Körper steht und in der Quadratur des Kreises Berühmtheit erlangt hat, symbolisiert wohl die penetrante Matheformelpaukerei und kritisiert ihren Sinn, denn die Fläche, wäre sie ein Körper, überwindet die Gesetze von Mathematik und Physik, die ja wohl verwandt sind.
Was das Gelbe soll? Hier gibt der Künstler sich scheinbar selber die Antwort auf die Frage nach der Qualität des Bildes: Nicht das Gelbe vom Ei.
Damit wäre wohl alles gesagt und den Spekulationen - besonders in der Vorweihnachtszeit - ist ein Ende gesetzt.

Georg Krakl - Lyrik (2013)

Die Menschen, die so weitgelaufen und so offentürig,
die den Füchsen gleich, so schlau und schnürig,
die nicht träge, aber rührig,
die erwärmt im Herzen schnell die Lyrik.

Auch den schlichten
Reimgedichten
wohnt ein Anfang inne.
Also dann, in diesem Sinne!

(Hermann Hesse gewidmet)


Georg Krakl - Der Rezensent (2013)

Der Rezensent schreibt sein Geschwafel
gern auf eine Schiefertafel.
Hab ich Mist geschrieben?
Weggewischt und abgerieben!

Und Papier gespart! Den ungefällten Bäumen wiegt das schwer.
Was will Rezensent noch mehr?

Selber mal Gedichte schreiben!
Doch in ihm steckt nicht ein Keim
von Reim.
Gedichte schreiben, Rezensent? Das lass mal lieber bleiben!

Es liegen dir das Wischen und das Reiben
und das Schreiben von Geschwafel
auf der Schiefertafel.

Reime, die in die Geschichte eingingen: Georg Krakl - Einmal (2013)

Halt den Schnabel,
Abel!

Einmal
ist Kainmal.

Farben in der Notaufnahme

Blau - da bist du in der Notaufnahme eigentlich falsch.
Ich habe da mal eine Frage; wenn sie einen Moment Zeit hätten?
Natürlich hatte die Dame am Aufnahmeschalter der Notaufnahme einen Moment Zeit. Eben noch hatte sie mit dem Pfleger über die Urlaubspläne gesprochen.
Ich hatte auch einen Moment Zeit. Ich wartete zwar, aber nicht darauf dranzukommen. Ich hatte gesessen, hatte gestanden, war herumgegangen.
Es gab keine Lesemappen, nur langweilige Prospekte über das Krankenhaus. Diese aber hundertfach.
Beim Herumwandern war mein Blick auf die schönen Farben einer Wandtafel gefallen.
Hier wurden Patienten bestimmten Farben zugeteilt; je nach Dringlichkeit der Behandlung, je nach Schwere der Erkrankung.
Ich fragte die Dame an der Rezeption: Woher weiß denn der Patient, dass er blau ist?
Die Dame stutzte, ich korrigierte meine Frage, denn die war offensichtlich missverständlich.
Er schwankt oder sieht doppelt, ergänze ich leise, frage aber dann: Woher weiß denn der Patient, dass er rot ist? Um Missverständnissen vorzubeugen, deute ich auf die Wandtafel.
Da hinten, die Wandtafel! Wo tauchen denn die Farben wieder auf, damit der Patient weiß, dass er rot,orange, gelb, grün oder blau ist?
Der Patient merkt das schon ...., antwortete der Weißkittel.
Bekommt der einen Laufzettel mit der Farbe?, lasse ich nicht locker.
Nein, die knappe Antwort.
Vielleicht sprüht man ihm die Farbe auf die Stirn, die nur die Behandelnden sehen können, denke ich für mich.
Das ist mal irgendwann festgelegt worden, damit man die Reihenfolge der Behandlungen sinnvoll strukturiert. Die Notfälle zuerst.
Aber woher weiß denn der Patient, dass er rot ist. Oder blau? Das sagt ihm doch keiner.
Nein. Der Patient merkt das an der Wartezeit.
Aha. Ich denke nach.
Je länger ich warte, desto ungefährlicher die Erkrankung. Ein Trugschluss zu denken, dass man nach langen Wartezeiten das Krankenhaus gesund verlässt, weil man es scheinbar auch gesund betreten hat.
Wenn ich lange warten muss, werde ich oft rot -  weil ich mich ärgere.
Wer rot ist, kommt sofort dran, das ist ja so festgelegt, ergänzt die Dame, aber ich kann mich nicht richtig mit dem Farbensystem anfreunden.
Jetzt taucht ein neuer Patient auf und ich vermute, der ist höchstens grün, denn man erkundet erst, welcher Krankenkasse er angehört und ob er eine Versicherungskarte dabei hat. Dann kann es nicht so dringend sein. Vielleicht ist er auch orange, und kann nicht sofort drankommen, obwohl nicht viel los ist in dieser Nacht. Aber so hat man seine auf der Wandtafel festgelegte Wartezeit sinnvoll überbrückt.
Ich sollte mich nicht beklagen, ich als Nichtpatient, als lediglich Wartender, ich habe keine Farbe und auch keine offizielle Wartezeit.
Ich will nach Hause. Alle Prospekte sind gelesen, alle Gänge abgegangen, jede Wandtafel betrachtet.
Die Dame an der Rezeption hat jetzt keinen Moment Zeit mehr, aber ich kann mich gedulden. Vielleicht wird sie ihre Antwort noch ergänzen.
Gelernt habe ich auf jeden Fall etwas. Ob es etwas Sinnvolles ist, bleibt abzuwarten.






Leben vor dem Tod

Sie war so voller Leben,
dass es ihr zum Halse raushing.

Neulich als ich tot war

Neulich als ich tot war, sagt Fred, schien die Sonne.
Ich lag in einem Sarg, der noch offen war, und ich konnte die die Strahlen sehen, die durch die bunten Gläser der Fenster fielen.
Die Trauernden konnte ich nicht sehen, aber ich fühlte mich durchströmt von ihrer Liebe.
Ich war glücklich  an dem Tag war, als ich tot war.
Ich war voller Frieden und wusste, dass ich getrost gehen konnte. Dass ich geliebt wurde. Dass die Trauernden an mich denken würden.
Dass hätte mir zu Lebzeiten passieren sollen,sagt Fred, dann wäre ich neulich nicht tot gewesen.

Weisheit der Naturvölker: Brennen

Weisheit der Indianer: Das Brennen zwischen den Beinen kann ein ganz einfaches Lagerfeuer sein.

Fernsehen: Brandheiße Sendung

Heiße Sendung, die Günter Jauch moderiert, und er selber ist natürlich auch jemand, den man bei großer Trockenheit nicht in den Wald lassen sollte. Brandgefahr!
Seine humorige Art führte in einer seiner  letzten Sendungen sogar dazu, dass sich die Hose eines Studiogastes selbst entzündete.
Hallo, ihre Hose brennt! hielt der überraschte Mann aus Kenia erst für einen der Witze auf Jauch-Niveau.
Weit gefehlt. Günter Jauch macht eigentlich keine Scherze.
Worüber der Moderator selber nicht lachen kann, ist die Verballhornung seines Namens: Günter Jauche (hahaha, lacht der Güllefahrer) - das sei nicht lustig, sondern Diskriminierung.
Die Hose des dunklen Mannes war schnell gelöscht.
Na, bei Ihnen sieht man die Brandflecken ja nicht so, versuchte Jauch mal wieder erfolglos zu scherzen und hatte trotzdem die Lacher auf seiner Seite, denn der Regisseur ist streng und wer buht oder sich zu viel auf seinem Platz räkelt, fliegt raus.

Synchronizität der Dinge

Die alte Dame ringt die Finger,
der Sittenstrolch sortiert die Dinger.

Die Näherin ist emsig mit der Singer,
der Philologe liebt die Merowinger.

Schwergewichtler - die platzieren Schwinger.
Der Pitbull sitzt im Zwinger.


Vieles passiert gleichzeitig. Wir wissen es nicht einmal.
Vieles, das gleichzeitig passiert, reimt sich sogar. Auch das wissen wir nicht.
Und trotzdem leben wir heiter wie der Klops im Pantalon.
Die meisten wissen noch einmal, was ein Pantalon ist.
Aber, was ein Klops isst. Nämlich gar nichts.
Klöpse werden gegessen.
Der Klops ist passiv. Er lässt sich essen, wohingegen
der Mensch ein Alllesfresser ist. 
Die Welt läuft zwar synchron, deswegen spricht man von Synchronizität, aber im Grunde ist das vollkommen bedeutungslos.

PS:

Pürierter und gerollter Mops
heißt Klops.


Ein Ohr zum Violinschlüssel geschnitten

Manoki war traurig.
Sie hatte sich vom Chirurgen - sie nannte ihn Fratzenschneider - ein Ohr zuschneiden lassen, das einem Violinschlüssel ähnelte. Trotzdem konnte sie mit Musik nichts anfangen.
Sie hatte ihre Haare richten lassen und wirkte doch wie eine Gouvernante. Manoki wünschte sich, dass man sie für eine Gräfin hielte.
Niemand tat das und sie ertränkte ihren Ärger und ihre Enttäuschung in schweren Parfümen, kombinierte diese sogar, sodass man nichts mehr von ihr riechen konnte. So musste sie die Menschen betören, dachte sie.
Ich kann dich nicht riechen, war die Antwort derer, denen die schweren Parfüme in die Nase gestiegen waren und nun ihren Kopf benebelten.
Die Lippen waren rot geschminkt, aber niemandem fiel das auf. Sie aber dachte, dass Rot die Farbe von Erotik, Liebe und Energie sei.
Mann, Mann, dachten die Männer und stellten sich vor, Manoki stünde an der Straße.
Da gebe ich aber Vollgas, soviel Lippenstift kann doch keiner verdauen!, brüllte Horst und lachte sich kaputt.
Du sollst das ja auch nicht essen, konterte Pablo.
Manoki aber stand abseits.
Als sie ihr Kleid geöffnet und den Oberkörper entblösst hatte, schauten alle weg.
Das tut man doch nicht, raunte die Menge.
Tut man doch, quiekte Manoki, tut man doch.
Tut man nicht, antwortete die Menge wie aus einem Munde.
Tut man doch, kreischte Manoki.
Na dann, zuckte die Menge mit den Schultern und löste sich in Einzelpersonen auf.
Komm wir gehen nach Hause, schlug Horst vor.
Allemal besser, sagte Pablo.
Allemal schlechter, dachte Manoki.

Betonen, was man nicht unterdrücken kann

Man hatte Gordon gesagt, dass er eine hohe Stirn habe. In einem Ton, der ihm signalisierte, dass das nicht besonders schön sei, dass das eine Erinnerung an Frankensteins grausame Bastelköpfe auslöse.
Jahrelang hatte Gordon den Gedanken gepflegt, eine hohe Stirn sei ein Zeichen für ein großes Hirn und damit für hohe Intelligenz.
Gut, sportlich war er ohnehin nicht, kein Leistungsträger, da konnte man schnell anecken mit hoher Stirn, wurde dann verlacht als verkopfter Lahmarsch, der seine Beine nicht koordinieren konnte.
Damit hatte Gordon immer leben können.
Statt Fußball zu spielen, hatte er ein gutes Buch gelesen oder fürs Eckenraten sein Allgemeinwissen geschult.
Aber dass nun seine hohe Stirn zum Nachteil gereichen sollte, das musste er erst mal schlucken.
Er hatte sich sofort einen neuen Hut gekauft, einfach als Entschädigung und auch als Belohnung dafür, dass er alles so lange ausgehalten hatte.
Das macht aber einen Riesenkrakendoppelkopf!, hatte Vera gekichert und ein lautes Lachen unterdrückt.
Der Hut war im Angebot gewesen, weil er Querstreifen hatte, die angeblich dick machen.
Aber dick hatte Vera nicht erwähnt. Riesenkrakendoppelkopf. Was das nun wieder sollte! Vera war blöd. Auf ihr Urteil konnte man nichts geben.
Irgendwo hatte er gelesen, dass man das, was man nicht unterdrücken kann, etwa eine hohe Stirn, betonen sollte. Der Hut betonte die Stirn und machte sie damit zu einem Gesamtkunstwerk oder was auch immer. Er hatte alles richtig gemacht.
Wo hatte er das nur gelesen? Gordon fiel es nicht mehr ein.
Vielleicht hatte er es auch nur selber auf einen Zettel geschrieben und dann gelesen.
Ein alter  Trick des "Großkopfertern". Aufschreiben, lesen und dann sagen: Habe ich gelesen! Das machte Eindruck, und die meisten glaubten, man zitiere etwas Wesentliches von Menschen, die Wesentliches dachten und aufschrieben.
Eine hohe Stirn. Gordon fand eine hohe Stirn schön.
Wer sich selbst nicht schön findet, kann auch andere nicht schön finden. Das hatte er auch irgendwo gelesen. Nur wo?
Falls das wieder von ihm stammte, sollte er vielleicht doch mal ein Buch schreiben. Mit kleinen Weisheiten des Alltags. Kleben und kleben lassen, zum Beispiel, als Sinnspruch für Postbeamte. Auch wenn die schon lange nicht mehr klebten.
Briefmarken jedenfalls nicht. Höchstens noch am Bürostuhl.
Hahaha, lachte Gordon in  sich hinein, denn Platz genug war ja in seinem Kopf.


Moderne Malerei(1): Vincent van Eijnoor - Vatermutterkind (2006)

Vincent van Eijnoor: Vatermutterkind (2006)
Vatermutterkind - Wer ist denn hier der Vater, wer die Mutter, wer das Kind? Von links nach rechts gesehen ist das klar und ergibt einen Sinn: Der Vater in einer mittlerweile frauenbetonten Gesellschaft schrumpft zur Bedeutungslosigkeit. Die Mutter, schmalköpfig und an sekundären Geschlechtsmerkmalen nicht zu erkennen, hat sich durch fehlgeschlagene Ernährungsberatungen und misslungene Schönheitsoperationen in ein Wesen der vierten Art verwandelt. Das Kind, großköpfig und hohläugig, starrt lethargisch in den Gegend, weil es den Bildschirm sucht, dessen penetrante Frequenz den abgestumpften Geist zu beleben versucht. Der Titel Vatermutterkind deutet darauf hin, dass die Familie eine Einheit sein sollte, in der die Mutter mittlerweile von der Familienministerin eine "Herdprämie" bezahlt bekommt, wenn sie dem Sohn den PC anschaltet und dafür sorgt, dass er nicht glatzköpfig in Springerstiefeln durch den Asylbewerberbezirk marschiert. Erschütternd, was schwarze Politik aus grünen Menschen macht.

Depressive Menschen belasten die Umwelt

Wir kennen das alle:
Jemand lässt den Kopf hängen, mit diesem hängen alle Teile, die das auch können und man spürt den Impuls, weglaufen zu müssen.
Die Frage: Wie geht's?, häufigst gebrauchte Einleitung zu belanglosen Gesprächen, erübrigt sich hier, nein, sie birgt sogar das Risiko, dass die Antwort nicht wie erwartet "Gut" lautet, sondern die Hörbuchfassung der letzten Sitzung beim Psychomann evoziert.
Wer will das denn?
Wir sind gewohnt, dass man höflich sein darf, indem man sein übliches "Wie geht's" herausbringt, auch wenn das Gegenüber vielleicht nicht wirklich frisch aussieht. Der wird sich zusammenreißen und sein bestmögliches "Danke! Selbst auch?" herauswürgen und fertig!
Aber alles hat seine Grenzen.
Irgendwo passen weder Frage noch Antwort. Die Grenze ist überschritten.
Und dann kommt es zu gesellschaftlich schädigenden Verhaltensweisen: Weglauf, Verstecken und Kopf-in-eine-Einkaustüte-aus-Papier-Stecken.
Alle drei Verhaltensweisen haben zu Folge, dass die Arbeit liegen bleibt und dass gleichzeitig vermehrt knapper Sauerstoff verbraucht wird. Dazu wird das Klima durch erhöhten CO2- Ausstoß belastet.
Und das geht weder kurz-, mittel-, noch langfristig.
Also: Kopf hoch, auch wenn der nicht gut aussieht!

Schlager in der Krise: Lieder ohne Liebe

Lieder ohne Liebe
sind wie beutelose Diebe.
Sind wie Treibholz ohne Triebe.
Oder Prügel ohne Hiebe.

Lieder ohne Liebe.
Sind wie ungelochte Siebe.

Betrüger unterwegs

Pawel Pikass: Weihnachtshase (2013)
Betrüger sind gerade in der dunklen Zeit vor Weihnachten unterwegs.
Sie geben vor, Freude und Glückseligkeit zu bringen, und hätten nicht die Katze im Sack, sondern ein paar kräftige Eier, seien der Weihnachtsmann und das könnte man ihnen hinter die großen Ohren schreiben.
Wenn man wollte.
Dekorativen Schmuck wollen sie an den Mann und die Frau bringen; diesen könne man schön an eine Tanne hängen und später im Frühjahr in den Garten werfen, um ihn  von den Zöglingen und Großzöglingen suchen zu lassen.
Zu deren Freude und Belustigung.
Bevor also das großen Rennen auf die Auslagen in den Geschäften losgeht, bevor bei Amazon die Belegschaft durchdreht und endlich streikt, könne man jetzt an der Haustür sein Geschäft erledigen und habe den Rest des Jahres Ruhe. Bestellen, zahlen und warten.
Die beiden ersten Tätigkeiten sind denn auch schnell erledigt. Und da man dann nur noch das Warten versprochen hat, bleibt es dann auch dabei. Warten. Warten. Warten.
Bis was kommt, was man bestellt hat.
Dass was kommt.
Es bleibt beim Warten.
Bleibt zu hoffen, dass zu Ostern der Bärtige mit den Segelohren und dem echten Sack vor der Tür steht und Weihnachtskugeln anbietet.
Dann ist es Zeit, Rache zu nehmen.
Wo aber bleibt die Liebe in all den verflixten Festen?

Narzisstische Störung: Leistungsdruck

Günter Krass: Schöne Ohren (2013)
Man hat dir als Kind zu wenig gesagt, dass du geliebt wirst!
So erklärt man Menschen mit narzisstischer Störung ihr komisches Verhalten, das sich im Abzocken von Mitmenschen, Erbringung von sportlicher Höchstleistung und von dem alles durchdringenden Wunsch, immer der Beste zu sein, bestimmt wird.
Allen immer eine Radlänge voraus sein, beim Boßeln die Kugel am weitesten schieben, aber nachher nicht aus dem verschlammten Graben holen wollen, immer und überall Erster sein wollen, die tiefste oder höchste Stimme haben, die größten primären Geschlechtsmerkmale vorweisen können, der Beste in der Besenkammer sein und immer auf der Gewinnerseite stehen wollen, das sind die Zielvorgaben, nach denen unreflektiert und rücksichtslos gestrebt wird, nur um dieses billige Surrogat, das dem "ich hab dich lieb" ähnelt, zu ergattern.
Ob sich das lohnt, ist nicht die Frage.
Das Lohnen wird vorausgesetzt; die arme, in der Kindheit - subjektiv gefühlt- förmlich ignorierte Kreatur setzt das quasi als Bedingung. Nach und nach bilden sich Soziopathen heraus, die ihre Mitmenschen nur als Instrumente des eigenen Erfolgs ansehen.
"Du hast schöne Ohren!", sagt sie zu ihm, nachdem sie sich näher kennen gelernt haben.
Das haut den Gestörten aus den Schuhen, falls er sie in diesem Moment anhat.
Sein Weltbild bricht zusammen.
Das, was sein Leben lang das Hässlichste an seinem Körper war, ist plötzlich schön.
Die Geliebte widerspricht der Mutti, ohne es zu wissen, sie widerlegt mit vier Wörtern die ganze Kindheit, die ganze Jugend, das ganze "Du hast doofe Ohren".
Wenn das Weltbild ins Wanken gerät, ist der Schwankende gezwungen, nachzujustieren oder sich selbst kritisch zu betrachten.
"Ich bin nicht der Mann für dich!" wird er sagen, denn das ist die eleganteste Lösung; der mit robustem Mandat wird wohl eher "Verschwinde jetzt! Du bist eine Schlaftablette!" sagen, um damit der Sieger bleiben zu können.
"So schnell wie du eingeschlafen bist...", murmelt sie und packt ihre Sachen. "Eigentlich sind deine Ohren doof. Nur deine Nase ist noch hässlicher!"
Die Welt ist wieder in Ordnung.

Versöhnung mit dem inneren Schweinehund

Endlich hat dieses unglaubliche Schwein, dieser Schweinehund, einen Namen: Günter!
Günter ohne h, sodass sich alle Günthers dieser Welt, die ein h in ihrem Namen tragen, aus dem Schneider sind. Sie sind keine Schweinehunde, oder heißen wie einer.
Endlich kann Günter ansprechen, weil ich weiß, wie er heißt.
Und - auch wissenschaftlich festgestellt: Wenn man jemanden beim Namen nennt, fühlt er sich persönlich angesprochen.
Erst dachte ich, das Jokers-Online-Team macht einen Scherz. Wie der Name ja auch schon sagt. Aber das Team meinte es ernst.
Danke!
Endlich kann ich mit Günter über alles Mögliche sprechen:
Über die Steuererklärung zum Beispiel. Und das hilft doch.
Das hilft bei der Versöhnung. Immer und immer habe ich, ich nenne ihn jetzt Günter, habe ich Günter verantwortlich gemacht. Lieg nicht so rum, du innerer Schweinehund, hör auf zu rauchen,Günter, saug Staub, geh an deine Steuererklärung, räum dein Arbeitszimmer auf, wisch noch mal durch, mäh den Rasen, schneid die Kanten und feg den Hof.
Günter, lass uns mal einen trinken gehen; komm, vertragen wir uns! Wir bleiben wohl noch eine Weile zusammen. Und warum sich das Leben schwer machen? Mit dem Trinken können wir immer noch aufhören.


Wort und BIld in der regionalen Presse

Wie jede gute Zeitung arbeitet auch der Weserrandanzeiger mit der optimalen Verknüpfung von Bild und Wort, wobei das Bild die Textaussage immer unterstützen oder verstärken soll.
Ein gelungenes Beispiel ist in diesem Monat  auf der Titelseite erschienen; eine lange Liste der Verschwendung wird vorgestellt und direkt darüber ein Bild, das dem Leser die bildliche Vorstellung von Liste und Verschwendung erleichtern soll.
Verschwenderischer Herbst, der seinen Farbkasten ausleert über Bäumen und Sträuchern, steht in direkter Nachbarschaft zu einer Gondelbahn, die wie eine lange Liste aussieht, denn sie ist aus Metall und weist gleichmäßig verteilte Streben auf, eine List der Erfinder, die einen Absturz verhindern soll. Dass eine Gondelbahn lang ist, weiß jedes Kind, denn wenn sie es nicht wäre, ginge man selbstverständlich zu Fuß, das wäre erstens schneller und zweitens sicherer. Denn ab und zu, meist aus Schlampigkeit der Obrigkeit oder des Servicepersonals, stürzt so ein Ding doch ab, und schnell sind ein paar Menschenleben verschwendet.
Man erkennt - Stichwort Zahnradbahn - dass alles ineinander verzahnt ist, nichts ist ohne Bedeutung, aber häufig ohne Belang, etwa solche Titelseiten im Weserrandanzeiger.

Fatale Hörfehler: Heute Nacht sind die Ohren umgestellt worden...

Pawel Pikass: Rotabstehende Ohren (2013)
Ohren umgestellt?
Also, bei mir jedenfalls nicht....

Meine demütige Schreibtischlampe



Es erfreut immer mein Herz, wenn ich meine Schreibtischlampe sehe.
Es ist eine Lampe, die ihre Funktion, ihre Aufgabe und vielleicht sogar ihr Bestimmung zu kennen scheint, auch wenn man den „toten“ Objekten dieses nicht zuschreibt.
Ihre Haltung lässt mich aufatmen, denn meine Lampe zeigt Respekt vor ihrem Besitzer, Respekt vor seiner Arbeit und ordnet sich gleichzeitig auf die richtige Stufe der gesellschaftlichen Ordnung.
Meine Schreibtischlampe hat sich mit dem Kopf auf die Tischplatte gestützt und es wirkt, als verneige sie sich, als warte sie demütig auf einen Auftrag, darauf dass ich sie einschaltete.
Sie will nicht untätig herumstehen, sondern zollt mir Anerkennung; sie ermutigt mich, mit der Arbeit zu beginnen und ist mir in dieser eine treue Begleiterin.
Immer wenn ich frustriert den Kollegen und Kolleginnen, dem Vorgesetzten vielleicht sogar, den Rücken gekehrt habe, wenn der Tag verdorben zu seins scheint, dann reicht ein Blick auf meine Erhellerin der Arbeitsfläche und ich spüre, wie sie bereits in mir strahlt, wie sie das Dunkle vertreibt, das mich erfüllen will.
Was mehr kann eine Lampe sein?
Danke.

Philosophie des Flachmanns

Ich hole Brötchen am Kiosk und einen Stadtanzeiger, der angenehm schlichte Lektüre zum Frühstück ist.
Der Kunde nach mir ordert einen Flachmann, murmelt irgendwas mir nicht Verständliches, die Dame hinter dem Tresen aber weiß Bescheid; der Mann ist nicht neu für sie, der wird seine Bestellung nicht zum ersten Mal aufgegeben haben.
Die Verkäuferin schiebt die kleine Flasche mit der klaren Flüssigkeit, vielleicht Wodka, über den Tisch, der Kunde zahlt.
Ich denke über das Phänomen nach.
Warum kauft ein Mensch an einem Kiosk, der teurer ist als ein Supermarkt, einen Flachmann, der - in der Menegenrelation -  teurer ist - auch im Supermarkt - als eine ganze Flasche?
Es sind wohl immer wieder die Botschaften, um die es dem Konsumenten geht:
1.Ich kaufe eine kleine Flasche, weil die kleiner ist, als eine große.
2.Ich trinke gern, aber in Maßen.
3.Ich frühstücke dafür nicht.
4.Ich habe alles unter Kontrolle, denn ich bin groß, die Flasche aber klein.
5.Ich bin keine Flasche.
6.Ich bin verdammt keine Flasche, auch wenn mein Chef das gesagt hat, meine Frau und meine Eltern. Und Günther auch.
7.Ich trinke nicht.
8.Ich habe alles unter Kontrolle, aber ich kann mir eine große Flasche nicht leisten.
9.Früher haben die Handwerker auch gesoffen. Und das während der Arbeitszeit.
10.Ich bin zu früh abgestillt worden.
11.Dafür rauche ich nicht viel.
12.Wenn ich trinke, dann nur in kleinen Mengen.
13.Wenn ich kleine Mengen Alkohol kaufe, denkt Elfi vom Kiosk, dass ich nur in kleinen Mengen Alkohol kaufe.
14.Ich trinke weniger, weil nicht mehr in der Flasche ist.
15.Morgens zu trinken, ist besser, als abends.
16.Ich frühstücke dafür nicht.
17.Ich bin kein Trinker.

Verstehen wir also die Botschaften! Zusammengefasst lässt sich sagen: Wer morgens einen Flachmann in einem Kiosk kauft, will letztlich in Ruhe gelassen werden. Denn was interessiert uns Brötchenkäufer, wie groß der Flachmann ist, was der Käufer frühstückt, wie es um seine Verwandten bestellt ist und warum er einen oral-rezeptiven Nachholbedarf hat.
Nichts!
Ich jedenfalls frühstücke. Auch wenn die Brötchen teuer geworden sind. Warum kaufe ich kein Brot? Das Brötchen ist der Flachmann des Bäckers.

Günter Oecker - Alles Palette, Chef!

Günter Oecker: Alles Palette, Chef (2013)
Oecker, der meistens mit Nägeln arbeitet, hat hier einmal mehr das Material, in das er künstlerisch hineinnagelt, gewählt: Holz,  in Form von Paletten. Europaletten.
Alles Palette, Chef! persifliert den lässigen Spruch "Alles paletti, Chef!", was so viel bedeutet wie "Alles Palette, Chef, alles Palette, so weit das Auge reicht."

Oecker erhebt hier mahnend seinen Finger, denn die Palette symbolisiert die Basis, auf ihr werden die Waren, die uns am Leben erhalten, herangekarrt.
Wer diese Basis missbraucht oder zerstört, gefährdet das eigene Leben und das der ganzen Weltbevölkerung, oder der von ganz Europa, denn es sind schließlich Europaletten, die Oecker gewählt hat.

Vielleicht kritisiert Oecker aber auch den Verlust der Sprache, den das Wanderphänomen der "Gastarbeiter", die später "Fremdarbeiter" genannt wurden, mitgeliefert hat. Anfangs sind die Menschen ihrer Sprache treu, hier dem Italienischen - "alles paletti,Chef!" was übersetzt bedeutet: "Voller Pailetten, Meister" - später verflacht die Sprache immer mehr, Wörter entstehen, die keiner außer dem Sprechenden versteht und die babylonische Sprachverwirrung läuft auf Hochtouren. Übrig bleibt vom Turmbau nur ein Scheiterhaufen, der traurig zeigt: Wir sind gescheitert. Wir haben es vergeigt.
Kann sein, dass Oecker das aber doch nicht meint.


Gedichte mit Konjunktiv III drin: Georg Krakl - Rosamünde (2013)

David Hämelton - Rosamünder (2013)
Oh, Rosamünde,
oh, dass ich dich fünde!
Entschwünde
nicht!

Es tut sich was: Mutti im Holzfällerlook

Nach einigen Anläufen der CDU zum Gruppenkuscheln mit SPD und Grünen, von dem sich Angela Merkel gerne dezent zurückhielt und an der Perfektionierung der "Raute der Macht" arbeitete, sowie der Erkenntnis, dass auch Horst Seehofer Rote und Grüne gar nicht so schwarz oder weiß findet, will sie einen Imagewechsel. Weg vom Drei - und Vierknopfkostüm und hin zum volkstümlichen Holzfällerhemd, das Gehorsam, Naturverbundenheit und Arbeitswillen symbolisiert.
Zwar hat ihr das ganze Wahlgetue den Nerv geraubt, aber wer an der Macht bleiben will, macht was. Man muss nicht die Cornflakes ändern,sagt sie, es reicht, die Verpackung knuspriger zu machen, damit der Konsument die Scheine locker macht.
Angela "Mutti" Merkel gilt schon lange nicht mehr als "Ihre Knusprigkeit", sodass ein feines Holzfällerhemd, zu dem die Furchen und Runzeln passen, die das Leben geschlagen haben, den geplanten Imagewechsel unterstützen kann.
Die Frisur aber soll weiterhin wetterunabhängig bleiben; egal welches Wetter herrscht, die Frisur sitzt sowieso nicht, da kann auch Udo mit seiner Haar-Walze nichts machen.
Die Politik der CDU bleibt denn doch, was sie war, und das weiß keiner so genau.

Georg Krakl - Sommer. Herbst und Winter (2012)

Pawel Pikass: Bevor du dich vererbst, ist Herbst (2013)
Der Herbst ist da, die Blätter bunt,
wo früher still ein Meiler stunt.
Die Meiler heißen heute Kilometer.
Der Sommer schied.Im Off hört man Gezeter.
Er wollt' nicht gehen.
Die Winde wehen.
Und dann der Winter?
Hinter
Hecken
tut er sich verstecken.

(Aus "Georg Krakl - Gedichte mit 'tun' drin. 2010/2012)