Bahn sponsert Productplacing in der Malerei

Vincent van Gugh-Malda: Im Schein der Sonne
schien die Schiene (2010)
Ja, die Bahn hat es nötig, wenn sie einfache T-Träger als Schienen deklariert. Wo so viel technischer Unverstand herrscht, kann sich der Fahrgast nicht wirklich sicher fühlen. Die Beförderungspreise steigen, aber die Qualität des Transportes nimmt ab.
Da lenkt ein feines Bild aus dem Bereich Technorealismus schön ab. Der Kunstkenner weiß aber, dass Die Wirklichkeit hinter der Ästhetik entgleisen kann, wenn die Weichen nur mit pekuniären Absichten gestellt werden.
Van Gugh-Malda will mit seinem Bild wohl ausdrücken, dass bei der Bahn einiges liegengeblieben ist, und nicht immer ein Zug wegen Personenschadens oder einer Störung, wie es heute neutraler heißt, sondern auch nötige Reformen, um den alten Schnarchladenbetrieb wieder auf Vordermann zu bringen. Aber:Ein Zug überholt sich nicht selbst!, sagt der Weise Mann und das weiß doch jeder: Wenn der Waggon hinter dir links neben dir vorbeirauscht, dann stimmt etwas nicht. Rauszufinden wäre, was das ist.
Das Bild selbst taugt vielleicht für das Vorzimmer des Chefs eines Eisenhandels, ins Private sollteman solche Rostschinken nicht lassen, das würde jede Strukturtapete zum Weinen bringen.
Gesellschaftskritik hin und her: Kunst hat seine Grenzen, und daran soll sie ruhig stoßen.

Alles wird einheitlicher

Da hieß es doch neulich in der Presse, das Abitur in der Bundesrepublik  solle einheitlicher werden.
Was auch immer das bedeuten mag, es befremdete den Leser das Wort einheitlicher irgendwie.
Ein diffuses Gefühl von 'da stimmt was nicht' breitete sich aus und zwang das Hirn, über das Gelesene nachzudenken.
Wenn etwas einheitlicher werden soll, dann muss es ja schon einheitlich gewesen sein, sonst könnte man es nicht steigern.
Aber was sollte das Ziel sein? Wenn etwas einheitlich ist, dann ist es gut, wenn man Einheitlichkeit will.
Vielleicht ist es deutsch, etwas noch besser zu machen, auch wenn es schon gut ist. Dafür wurde ja international der Komparativ erfunden, und den benutzt man auch hierzulande gern.

Irgendwann beträte man die Stufe des Superlativs, und das Abitur wäre in der BRD am einheitlichsten von ganz Deutschland. Klingt komisch, ist es vielleicht auch, aber keiner lacht.
Wahrscheinlich ist die Steigerung von 'einheitlich' in Zeiten der Verflachung, Gleichstellung und Anpassung irgendwie einzigartig.
Auch hier bietet sich an, dass das einheitlichste Abitur in Deutschland einzigartiger ist, als im Ausland etwa. Wenn die kein einheitliches Abitur haben, wäre es sozusagen konkurrenzlos am einzigartigsten.
Mut zur starken Sprache! Wo keine Entwicklung ist, kann sich wenigstens die Sprache entwickeln.
Der Wortfühlige moniert vielleicht sein Unbehagen: Hier vergewaltige man das Wort, geschrieben oder gesprochen, und missbrauche es zur Verschleierung der Inhaltsleere, der Hirnlosigkeit der Schreiber und Sprecher.
Das sei das Letzte.
Aber es gebe doch auch das Allerletzte, wendet der Kritisierte ein, und das käme doch deutlich nach dem Letzten.
Man mag sich nun fragen, ob der Letzte damit zum Vorletzten degradiert wird.....
Insgesamt sollten man das Vorgehen gegen Sprachschlampereien einheitlicher gestalten, damit nicht jeder sprechen könne, wie er wolle täte oder tüte.

Herbstimpressionen und Stoffwechsel

Du betrittst die sanitäre Anlage des öffentlichen Gebäudes, das dir so vertraut ist, weil du Tag für Tag dort ein und aus gehst.
Der Gebäudemeister hat ein paar herbstliche Blätter dekorativ auf den Boden gestreut und in eine nicht erkennbare Ordnung gebracht, die den kalten Raum heute anders auf dich wirken lässt. Müde hängen die Urinale an ihren Plätzen, fühlen sich wie immer angepisst und und sind beleidigt, ohne zu wissen, dass hier etwas Besonderes geschieht.
Die Blätter auf dem Boden, die noch vor Tagen von den Bäumen lachten und raschelten, so als wollten sie Geheimnisse verraten, erinnern an die Blätter in den Stoffwechselkabinen, die sorgfältig aufgerollt auf ihre Bestimmung warten, um vom Benutzer, oder vpom User, wie es heute heißt, in den Lokus und damit in den Orkus gespült zu werden, um mit dem Ausgeschiedenen den ewigen Kreislauf des Lebendigen fortzusetzen. Das ist das Kennzeichen des Lebendigen: Stoffwechsel. Und wenn sich der Kabinennachbar mühsam ächzend um ein Ergebnis bemüht, dann wird dir bewusst, dass du lebst und dass so ein profaner Vorgang wie das Loslassen, das Ausscheiden und das Weggeben ein symbolischer Akt der Erneuerung ist. Immer und immer wieder wird das Rad des Lebens in Gang gehalten. Im Alltag bemerken wir diesen wichtigen Vorgang nicht mehr, weil wir ersticken in unseren Alltagsgeschäften.
Und wenn sich dir die Blätter der Natur zu Füßen legen, dann wird dir bewusst, dass das Leben nur mit dem Tod denkbar ist, so wie die Eins nur mit der Zwei, wie der Hund nur mit der Katze, und der Vegetarier nur mit dem Gemüse. So hat alles seine Zugehörigkeit, sein Zugeordnetsein. Und wenn dein Kabinennachbar die Blätter reißt und spült, wird dir klar, wie schön die Welt ist, auch wenn es nicht danach riecht.

Neues vom Gendermainstreamscheiß

Gleichstellung ohne Gleichschaltung kann das Motto neuerer Bestrebungen in der Geschlechterdebatte lauten. Mehr Frau rein, wo eigentlich kein Mann drin ist, damit die Unausgewogenheiten der letzten 2000 Jahre ausgeglichen werden und sich ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung bildet. Bevölkerung ist ja schon weiblich, denn es heißt ja die Bevölkerung und der Bevolkerung. Volker, hört die Signale!, dröhnt es im Ohr jedes Volkers, der sich eigentlich gedemütigt sehen müsste. Das hat er aber 2000 Jahre ignoriert und damit gut gelebt. Trotzdem muss noch etwas passieren, damit die Sprache sich verändert und damit auch das Denken der Menschen, besonders derer, die sich zurückgesetzt fühlen. Dem Rest der Denkenden ist es wohl egal.
Hausverwalter soll jetzt für mindestens 2000 Jahre Hausverwaltraud heißen.
Trompeter für den gleichen Zeitraum Trompetra.
Wörter wie verlängert, geschwängert und verringert werden künftig verlängertrud, geschwängertrud oder veringertrud geschrieben und gesprochen, vielleicht auch geschwängerda oder verringertraud.
Grenzen des Verständisses erreichen Bestrebungen, den Begriff für die Musik der Langhaarigen in den Sechziger Jahren - Beat - in den Terminus "Beate" zu verwandeln. Da lacht selbst die Langhaarige nicht mehr, auch wenn sie weiblich ist.



Georg Krakl - Kein Schwein (2015)

Heute sah ich deine Bratwurst, dein Gehacktes, deinen Schinken
auf dem Viehtransporter. Ihre letzte Fahrt war angetreten.
Kein Schwein wollte winken.

Georg Krakl - Mädchen mit starken Augenbrauen (2015)

Mädchen mit starken Augenbrauen
die wollen nicht nur schauen
die wollen auch mal gucken
Auch mal mucken
und andern  in die Fresse spucken.

Nimm dich in acht
vor Mädchen mit starken Augenbrauen
Die haben Macht
über Tag und Nacht
über Leben und Tod
über Mehl und Brot
Über Haus und Maus
Über Saus und Braus
Über dich und Klaus
über Leben
über Streben

Mädchen mit starken Augenbrauen
sind am Kinn rasiert
blondiert
frisiert
paniert
und meistens, so mit 40, operiert

(Aus: Georg Krakl - Germany's next  Topfmodell - Für jeden Topf einen Deckel...Gedichte vor dem Schirm, 2015)

Andi Werwohl: Torso (2011)

Minimalist Werwohl zeigt mal wieder: Weniger geht kaum noch, um eine Stange Geld zu machen. Er muss noch nicht mal seinen Verdauungstrakt bemühen; hier reicht die Zeichenfeder oder vielleicht auch nur ein billiger Kugelschreiber von Aldi-Süd.
Wer das Bild kauft und dann noch aufhängt, ist nicht besser als der schmarotzende Kunstbetrieb, der unbeachteten Kindergartenzeichnungen endlich die unverdiente Aufmerksamkeit zollt. Angeblich soll die Zeichnung  erntstanden sein, als Werwohl fünf Jahre alt war und aus Versehen in die Sozialräume für die Betreuer und Betreuerinnen seiner Einrichtung geraten war. Onkel Bobbi habe gerade den Raum verlassen, Werwohl habe nur Tante Evi vorgefunden, die sich gerade für ein Mittagsschläfchen zurechtgelegt hatte. Werwohl habe damals der Gürteltiergruppe angehört.
Für einen Fünfjährigen erstaunlich, das Bild, für einen Erwachsenen eher lächerlich.

Versöhnung mit dem Inneren Schweinehund (1)

Der Innere Schweinhund heißt Günter, das ist mittlerweile bewiesen. Endlich ist es möglich, mit diesem Schweinhund zu sprechen, was hilft, sich mit ihm zu versöhnen.
Dieses Versöhnen ist ein wichtiger Prozess, um eine belastete Beziehung zu erlösen und in die Freiheit und erwachsene Menschwerdung zu entlassen.
Exemplarisch ein Gespräch zwischen Rolle und Günter

Günter: Na, Alter, wie wär's mit 'ner Runde Joggen?
Rolle: Nenn mich nicht Alter!
Günter: Alt genug bist du doch.
Rolle: Lenk nicht ab.
Günter: Ich mein ja nur wegen 'ner Runde Joggen.
Rolle: Du und joggen?
Günter: Ja, sicher. Mal raus, mal an die frische Luft.
Rolle: Wer will denn sonst nie?
Günter: Man muss auch mal was verändern in seinem Leben.
Rolle: Ich muss mein Arbeitszimmer noch aufräumen.
Günter: Das wolltest du doch letzte Woche schon.
Rolle: Du hast gesagt, mach erst die Steuererklärung fertig.
Günter: Sätze mit Hilfsverben sind scheiße.
Rolle: Das kann man auch anders ausdrücken.
Günter: Sage ich doch.  Ohne Hilfsverben.
Rolle: Ich meinte wegen "scheiße".
Günter: Du lenkst doch ab.
Rolle: Gibt es eigentlich für joggen kein deutsches Wort?
Günter: Nicht auf der Couch rumliegen.
Rolle: Ich wollte sowieso gleich aufstehen.
Günter: Und dann?
Rolle: Arbeitszimmer.
Günter: Und dann?
Rolle: Staubsaugen, Fenster putzen, Mails checken, neue Laufschuhe bei Amazon bestellen, Steuererklärung. In der Reihenfolge.
Günter: Alles heute?
Rolle: Jupp.
Günter: Also mal wieder nix mit Joggen.
Rolle: Das habe ich nicht gesagt.
Günter: Habe ich gehört.
Rolle: Und warum fragst du dann?




Vorurteile auf dem Campingplatz


Ich hatte den merkwürdigen Camper schon einige Zeit beobachtet. Irgendwie hatte er etwas Quasimodohaftes an sich, aber ich war glücklicherweise nicht Esmeralda.

Der Camper hatte wulstige Augenbrauen, die Augen tief verpackt in geschwollenes Bindegewebe, die Nasenflügel wirkten wie einmal aufgebläht und nicht zurückgeschrumpft und die Ohren waren reichlich zu lang und auch nach oben zu spitz. Der Mund war unküssbar für Esmeralda, aber die Finger waren lang und elegant. Leider hatten sie an den Spitzen Fingernägel, die in Richtung "medizinisches Schneidwerkzeug" zugefeilt waren.
Der Rücken war rund und der Mann ging, oder besser, huschte immer gebeugt über den Platz.
Es drängte sich mir auf, zu ergründen, welchem Staat der unglücklich geformte Mensch wohl angehören mochte.
Er war groß genug und wahrscheinlich blond, wenn man seine kurzen und wenigen Haare genau betrachtete, und stützte sich beim Gehen, das manchmal eher ein gehüpftes Hinken war, mit der Rechten auf dem Boden ab, denn auch die Arme waren einiges zu lang für einen normalen Menschen. Vielleicht ein Holländer, dachte ich, angepasst an eine feuchte Welt, in der es hieß, dem Meer Land abzuringen? Der gebeugt geht, weil er ständig die Anhängerkupplung seines Wohnwagens an das Zugfahrzeug hängen musste?
Ein Engländer oder Ire, der häufig zu viel trinkt und dann in gebeugter Haltung, die Schläge der Ehefrau erwartend, sich auf die Hände stützt, um nicht auf dem Heimweg aus dem Pub umzukippen?
Vielleicht war es ein Belgier. Franzosen verachten Belgier, weil sie Französisch sprechen und dadurch wirken, als seien sie Franzosen, und weil ihre Kleidung häufig aus dem selben Stoff genäht ist wie ihre Campingklappstühle.

Ich brach ab in meinen Gedanken, weil Wilma mit den Baguettes kam und es jetzt ans Frühstück ging.

Vielleicht waren das alles nur Vorurteile und es war ein ganz ansehnlicher Teufel, der einmal Urlaub von der Hölle machte?

Als wir die Baguettes verdrückt hatten, war der Bursche verschwunden. Ich hätte auf das Nummernschild achten sollen! Stand H nicht für Hölle? Gut, konnte auch Himmel heißen. 
Eigentlich war ich froh, dass der Buckelpeter verschwunden war, irgendwie doch kein schöner Anblick, da kann man eher noch auf einen Rollstuhlfahrer blicken, ohne dass die ganze Erholung flöten geht.