Herbstimpressionen und Stoffwechsel

Du betrittst die sanitäre Anlage des öffentlichen Gebäudes, das dir so vertraut ist, weil du Tag für Tag dort ein und aus gehst.
Der Gebäudemeister hat ein paar herbstliche Blätter dekorativ auf den Boden gestreut und in eine nicht erkennbare Ordnung gebracht, die den kalten Raum heute anders auf dich wirken lässt. Müde hängen die Urinale an ihren Plätzen, fühlen sich wie immer angepisst und und sind beleidigt, ohne zu wissen, dass hier etwas Besonderes geschieht.
Die Blätter auf dem Boden, die noch vor Tagen von den Bäumen lachten und raschelten, so als wollten sie Geheimnisse verraten, erinnern an die Blätter in den Stoffwechselkabinen, die sorgfältig aufgerollt auf ihre Bestimmung warten, um vom Benutzer, oder vpom User, wie es heute heißt, in den Lokus und damit in den Orkus gespült zu werden, um mit dem Ausgeschiedenen den ewigen Kreislauf des Lebendigen fortzusetzen. Das ist das Kennzeichen des Lebendigen: Stoffwechsel. Und wenn sich der Kabinennachbar mühsam ächzend um ein Ergebnis bemüht, dann wird dir bewusst, dass du lebst und dass so ein profaner Vorgang wie das Loslassen, das Ausscheiden und das Weggeben ein symbolischer Akt der Erneuerung ist. Immer und immer wieder wird das Rad des Lebens in Gang gehalten. Im Alltag bemerken wir diesen wichtigen Vorgang nicht mehr, weil wir ersticken in unseren Alltagsgeschäften.
Und wenn sich dir die Blätter der Natur zu Füßen legen, dann wird dir bewusst, dass das Leben nur mit dem Tod denkbar ist, so wie die Eins nur mit der Zwei, wie der Hund nur mit der Katze, und der Vegetarier nur mit dem Gemüse. So hat alles seine Zugehörigkeit, sein Zugeordnetsein. Und wenn dein Kabinennachbar die Blätter reißt und spült, wird dir klar, wie schön die Welt ist, auch wenn es nicht danach riecht.