Der Bilderwitz im Januar

Die Rote Armee war auch nicht mehr das, was sie mal gewesen war.

Neues aus Allerwelts

Sport
Jürgen Klinsmann lobt den neuen Co-Trainer von Bayern München Martin Vasquez "Er spricht perfekt Englisch und Spanisch und hat mit einem Deutsch-Sprachkurs begonnen." Schade ist, dass die Spieler weder Spanisch noch Englisch beherrschen und die echten Bayern auch mit dem Deutschen noch Probleme haben. Bis dahin soll auf Zeichensprache zurückgepfiffen werden, bzw. Multi-Talent Klinsmann wird die Ansage von Vasquez lippensynchron übersetzen.

Bildung
In nordrhein-westfälischen Schulen sollen Lineale mit Stahlkante demnächst Pflicht werden, diese Aussage wünschen sich viele Pädagogen aus Düsseldorf; Schule und Unterricht sollten wieder Kontur zeigen. Weg mit freihandgezeichneten Geraden und weg mit dem Überschmieren von Schlüsselwörtern mit blauen oder roten Textmarkern! Ein Strich ist ein Strich, und eine Gerade ist gerade und nicht krickelig. Das Bildungsministerium zögert noch, da nicht klar ist, ob der Schulträger, die Eltern oder die demnächst eigenverantwortlichen Schulen selber für die Kosten aufkommen sollen. Die Gewerkschaften kritisieren das Vorhaben als Rückfall in die Pädagogik der 60er Jahre, als der Schulrat bei Unterrichtsbesuchen den Kindern die Holz- und Bakalith-Lineale zerbrach und dabei zischte: Das hätte es früher nicht gegeben!Mittlerweile sind die 60er Jahre Früher. (Zum Foto: Vielleicht wäre es sinnvoll, erst einmal die Schülerbänke instandzuhalten, bevor man Lineale mit Stahlkante anschafft. )

Natur
In Tansania sind "Graugesichtige Rüsselhündchen" entdeckt worden. Warum immer in die Ferne schweifen? In deutschen Wälder ist das Elchhörnchen immer noch nicht fotografiert worden. Es wird schon gemunkelt, dass es das 40 cm große Tier mit Elchsgeweih gar nicht gibt.

Politik
Die Hessen wollen Koch nicht mehr! Und das, obwohl die CDU bei der Landtagswahl 0,1 Prozent mehr Stimmen als die SPD hatte. Koch soll auf sein Amt verzichten, fordern 60 Prozent der Hessen, und die 0,1Prozent Hessen, die den Vorsprung vor der SPD verantworten müssen, sollen sich ein neues Bundesland suchen.

Wahlpsychologie
Andrea Ypsilanti will sich eventuell Andrea Icks oder Zett nennen, damit der nächste Wahlkampf leichter zu gewinnen sei. Dass die These (s.Bodos Welt vom 27.1.08), einsilbige Namen hätten Wahlvorteile, nicht hundertprozentig stimmt, zeigt das Beispiel des gechassten Roland Koch, der von seinen schlichten Parolen und einem schlichten Namen mehr erwartet hatte. Sich in Roland Xylophon umtaufen zu lassen, ist es jetzt glücklicherweise zu spät.

Depression im Winter: Schuld sind die anderen

Manchen Leuten steht es ja schon im Gesicht: Wird heute auch wieder nichts.

Das sind oft schlaffe Häute über weichem Bindegewebe in Verbindung mit einem müden Blick, hängenden Schultern, schütterem oder gefärbtem Haar, wo das nachwachsende dreckig-blonde schon zu sehen ist. Falten sind wie Schriftzeichen, die mitteilen: Mir geht es so schlecht! Das einzig Pralle sind die Tränensäcke, denn die sind bis oben hin gefüllt, und drohen jeden Moment aufzugehen und das versammelte Selbstmitleid in die Gegend zu vergießen. Da muss man als normal empfindender Mensch depressiv werden. Allgemein besteht das Vorurteil, dass das mangelnde Sonnenlicht im Winter daran schuld sei. Das ist natürlich nur eine eigennützige Erklärung der Sonnenbank- und Urlaubinwarmenländern-Industrie. Es sind unsere Mitmenschen, die durch ihr Aussehen, durch ihre ganze Haltung anfangs unser Mitleid, dann unser Mitgefühl und schließlich Schuldgefühle erzeugen, weil wir ihnen nicht helfen können. Nicht einmal wegsehen hilft, da sich die Bilder solch Bemitleidenswerter tief in das Hirn graviert haben. Es reicht ein trüber Tag, ein bisschen Nebel, Schmuddelwetter in Verbindung mit einem saftigen Anschiss im Büro, saurer Milch im Kühlschrank und der Erkenntnis, dass das Arbeitszimmer, der Hobbykeller oder irgendein anderer unwichtiger Raum immer noch nicht aufgeräumt ist. Tiefste Depression! Jetzt ruft noch Mutter an und fragt, warum du so lange nicht angerufen hast. Sie ruft sonst nie an. Der letzter Anruf muss also unwahrscheinlich lange her sein.
Problematisch wird es, wenn du morgens in den Spiegel schaust und sofort, ohne Umwege oder weitere Komponenten, in deine Niedergeschlagenheit rutscht. Dann gehörst du zu der Risikogruppe. Versuch's mit einem Lächeln, denn du riskierst sonst die Gesundheit deiner Mitmenschen zu schädigen. Das ist unsozial. Wenn dein Lächeln dir nicht hilft, dann bleib zu Hause. Das allerschlimmste wäre, mit diesem Gesicht auch noch herumzulamentieren, dass es dir sowieso am schlechtesten geht. Dass du am härtesten arbeitest und am wenigsten Geld dafür bekommst, dass dein Partner auf und davon ist und du auch schon so ein Ziehen im linken Arm, in der rechten Hüfte, im Lendenwirbelbereich oder in der Brust spürst. Damit nervst du nur, denn diese Option möchte sich jeder für den Notfall bewahren. Trauriges Sackgesicht in Verbindung mit penetrantem Jammern will keiner, das könnte jeder zu Hause haben. Also: Lächeln und Mund halten! Im Namen der Volksgesundheit!

Wahrnehmung: Vexierbilder bereiten Probleme

Immer wieder gibt es Hinweise von Lesern, die bei der Betrachtung von Vexierbildern nicht wissen, was sie darstellen. Zum Thema Enthauptung muss man natürlich dem Auge Zeit geben, den Enthaupteten bzw. dessen Kopf zu sehen. Streng genommen sind sogar zwei Enthauptete auf dem Bild (s.weiter unten). Vexierbilder spielen mit der Wahrnehmung; aus einer alten Vase werden etwa zwei hübsche junge Frauen, von der die eine eigentlich sehr alt ist und die andere hässlich. Vexierbilder trainieren aber auch die Toleranz und die Kreativität: Einmal nimmt man oberflächlich eine einfache Figur war: dahinter lauern allerdings menschliche Abgründe, die jeder sofort mit Ihhh!, Nä, wat is datt denn???, oder noch schlimmeren Fragen bombardieren würde. So aber, weil wir es nicht wahrnehmen, tolerieren wir das Ungewöhnliche. Kreativ werden wir dann, wenn wir beim vierzigsten Hingucken noch immer keinen Enthaupteten entdecken, und dann erfinderisch damit angeben, wir hätten aber den Henker entdeckt. Die anderen geben sich vorerst mit der Antwort zufrieden und fangen sofort an, den Henker zu suchen, der eigentlich gar nicht da ist. So stellt sich die lächerliche Frage: Wo, zum Henker, ist denn der Henker? Aber, so sind sie eben, die Vexierbilder, immer verwirrend, immer verunsichernd und dadurch arrogant. Die meisten unter uns würden gerne darauf verzichten, aber Toleranz will geübt sein, das gilt auch in puncto Vexierbild.
(Auf dem Bild sieht man erst beim zweiten Hinsehen zwei Gesichter, der eine davon ist ein Quatschkopf und hat nur einen Zahn. Anfangs denkt man, eine auseinandergefaltete Trompete vor sich zu haben. Im Hintergrund Sonne und Mond oder zwei Äpfel, die auch schwarze Fußbälle sein könnten, je nach Stimmungslage des Betrachters. Auf keinen Fall kann man aber zwei Gesichter erkennen. Sonst wäre es ja kein Vexierbild!)

Der Lesertipp (von Henner N. aus L.) : Politiker werden durch einen Filzkurs

"Filzen am Vormittag"- eine wichtige Botschaft für alle Filzer und Filzläuse im Kreisgebiet!
Wie dem Programm der VHS im Altkreis Lübbecke (1. Abschnitt) zu entnehmen ist, gibt es sogar zwei Treffen in "Die Filzerei" in Rahden. Der erste Filzer-Treff soll der Einarbeitung und dem Sammeln von Erfahrungen in der Nassfilzerei dienen. Es werden lebenswichtige Dinge wie Untersetzer (für wen oder was?) und Eierwärmer gefilzt.Klar: Da lacht die Filzlaus!
Beim zweiten Termin darf bereits Filziges für Taschen und Mützen gefertigt werden, allseits beliebte Geschenke für kommende Oster-, Muttertags- und Weihnachtsfeste.Vor Kursbeginn werden allerdings alle Kursteilnehmer selber gefilzt. Haben sie die für die Weiterverarbeitung erforderlichen Nähutensilien
(Stoffreste, Noppenfolie,Perlen usw.) auch wirklich mitgebracht?
Am Kursende winkt allen kreativen Teilnehmern das Zertifikat "Erfolgreiche/r Filzer/in", das zur
selbstständigen Filzerei berechtigt.Außerdem sind sie im World Wide Web mit einander verfilzt unter
http://www.diefilzerei.de Auf geht´s, Leute!!! Die Anmeldeformulare warten auf euch.

Schnüffelattacken für die innere Sicherheit

Technisch ist die Sache noch nicht ausgereift, weil viel zu auffällig. Aber nachdem verdächtige Mitbürger oder Personen, die verdächtig aussehen, beobachtet und abgehört werden können, um mögliche Terrorangriffe zu verhindern, fordern nun verunsicherte Politiker aus dem Umfeld von Wolfgang Schäuble den großen Riechangriff. Das Ausspähen der heimischen Computer genüge nicht, für eine präventive Maßnahme, die einen mutmaßlichen Landesfeind umschädlich machen soll, brauche man eindeutige Hinweise, zum Beispiel über die Ess- und Verdauungsgewohnheiten, sowie die Art der Körperausdünstungen. Wenn zu vorhandenen Verdachtsmomenten Knoblauchgeruch und religiöser Angstschweiß dazukämen, dann könne mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit gesagt werden, dass es sich um einen Terroristen mit Vorliebe für Tsatsiki und den Hang zu nachlässiger Körperpflege handele. Das seien Kriterien, die besonders Auszubildende in den Terrorcamps im Osten erfüllten. Sofortiges Festsetzen und anschließendes Verwahren an einem unbekannten Ort mit unbegrenzter Dauer ohne Kontakt zu Außenwelt seien geboten. Die Amerikaner hätten ja vorgemacht, dass das funktioniert, etwa in Guantanamo. In Deutschland suche man noch nach einem ausgedienten Campingplatz, den man in eine Präventivverwahrung umbauen könnte.
(Das Foto zeigt den Prototypen eines Riechkolbens, der zur Ausspähung Verdächtiger auf Distanzen bis zu 3 km eingesetzt werden soll. Leider sei die Fokussierungsmöglichkeit noch unzureichend, um einen Christen von einem Moslem zu unterscheiden. Es werde aber intensiv weiterentwickelt.)

Scherze im Mittelalter: Kopflos oder enthauptet?

ImMittelalter machte Kunibert gern einen Scherz. Den schwer durch Met und starken Wein erschütterten Junker Fritz fragte er: Was, du hast Kopschmerzen? Und wie in der Fernsehwerbung Togal in den sechziger Jahren empfohlen wurde, bzw. der freundliche Tankwart irgendein hallowach-ähnliches Gebräu verschreiben wollte, so hatte auch Fritz einen Tipp, bei dem er sich auf die rostigen Eisenplatten seiner Rüstung schlug: Gegen Kopfschmerzen hilft Enthauptung! Hahaha!, brüllte es durch den Rittersaal, dass die Ratten sich in die Kemenate zum Burgfräulein Cindy zurückzogen. Ok, fuhr Kunibert fort, dann hast du allerdings Halsschmerzen.
Fritz konnte wenig darüber lachen, da jede Erschütterung des Zwerchfells seinen Magen unnötig belastet hätte; zum Kontern fehlten ihm heute die Kraft und immer der Geist, so als habe die Enthauptung bereits bei seiner Geburt stattgefunden. Sowieso war er heute schon wie kopflos durch die Gegend gerannt, vom Wasser für den Nachdurst zur Latrine, dann zu den Salzstangen und den sauren Gurken, um Elektrolyte aufzutanken. Er würde sich an Kunibert rächen. Ständig diese blöden Witze, die er nur halb verstand. Enthauptung...war man da nicht tot? Er würde zurückschlagen. Morgen würde er Kunibert eine Wanne Wasser über den feisten Wanst und sein neues Kettenhemd kippen. Die saftige Erkältung würde er kommentieren: Na, Kunibert, Halsschmerzen? Er konnte ihn schon röcheln sehen. Hahaha! Dagegen hilft Enthauptung, dann hast du allerdings Kopfschmerzen... Nee, irgendwas passte da nicht. Dagegen hilft Vierteilen...dann hast du Gliederreißen? Ertränken. Aufhängen. Erwürgen. Ersticken. Lebendig Begraben. Einmauern.
So ein kopfloser Tag war nichts zum Nachdenken. Wo Kunibert Recht hatte, da hatte er Recht.

Polarlichter gucken (Leserbrief)

Lieber Bodo,
vor ein paar Tagen habe ich in meine Suchmaschine den Begriff „Eichkater“ eingegeben und bin auf deiner Seite gelandet. Eigentlich finde ich private Internetseiten furchtbar, aber deine hat mich angesprochen und jetzt habe ich schon das meiste von dir gelesen. Vor allem die Themen hinter den Themen, also deine großen Themen hinter den „Labels“ haben mich angesprochen, das Thema Vergänglichkeit bzw. die Angst vor dem Tod, die Heimat bzw. die Suche danach und der Überfluss. Ich habe mir ein paar Gedanken zu deiner Person gemacht und tippe auf arbeitslosen Lehrer, Landschaftsgärtner oder Museumswärter.
Nachdem ich mich bisher nur mit ein paar Kommentaren zu Wort gemeldet habe, möchte ich dir jetzt mal einen richtigen Leserbrief schreiben. Ich bin also April und wohne zur Zeit in Norwegen. Eigentlich bin ich Sozialarbeiterin in Rödermark und betreue Tina, eine junge Straftäterin, die sich allen Maßnahmen des Jugendamtes bisher entzogen hat. Wir sollten hier ein Jahr lang in einer kleinen Hütte in der Nähe des Polarkreises wohnen, ohne Internet und Playstation, fernab der Zivilisation. Leider ist Tina vor drei Wochen abgehauen und jetzt sitze ich allein hier. Ich vermute, dass sie sich noch in der Nähe aufhält, denn vorgestern wurden aus dem Tischlerschuppen alle meine heimlich mitgebrachten Weinvorräte geklaut. Jetzt habe ich nur noch Wodka hier und weiß endlich, was Einsamkeit bedeutet, nämlich sich um niemanden kümmern können und niemanden haben, der sich um einen kümmert. Deshalb habe ich mein heimlich mitgebrachtes Laptop angeschlossen, um wieder ein bisschen von der Welt mitzubekommen. Obwohl ich wohl erstmal bei Bodos Welt bleiben werde.
Ich habe jetzt Zeit, den ganzen Tag über unendlich viel Zeit – abgesehen vom Holzhacken, das Feuer im Ofen in Gang halten und kochen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ein Tag 48 Stunden lang ist, wenn man überhaupt von „Tag“ sprechen kann, denn zur Zeit ist es höchstens zwei Stunden am Tag hell. Neben dem Wodka halten mich im Augenblick vor allem die Polarlichter am Leben, die einfach unbeschreiblich sind. Also versuche ich es gar nicht erst. Ich habe dir ein Bild mitgeschickt, das ich gestern abend (oder vorgestern? oder vorvorgestern?) aufgenommen habe. Und ich habe schon angefangen, kleine Geschichten zu schreiben, weil ich so unendlich viel Zeit habe. Vielleicht schicke ich dir mal eine.

April aus Norwegen

P.S. Rödermark liegt ja in Hessen. Nach dem Scheitern meines Projekts mit Tina müsste ich heute eigentlich Roland Koch wählen. Aber ich habe vergessen die Briefwahlunterlagen anzufordern und ich würd’s trotzdem nicht tun.
„Eichkater“ habe ich als Suchbegriff eingegeben, weil ich immer schon mal wissen wollte, was das ist. Ist das ein Eichhörnchen? Ich weiß es immer noch nicht.
Warum ich April heiße, erkläre ich dir später mal.
(Zum Foto: So sehen natürlich Polarlichter nicht aus. Aber so, wie man den Einwohnern von Amerika Glasperlen als wertvollen Schmuck andrehte, so versuchen heute noch versteckte Konquistadoren dem uninformierten Volk billige Plastikkugeln als Polarlichter gegen teures Geld aufzuschwatzen. Vorsicht in der Innenstadt!)

Wählerbetrug in Hessen?

Zehn Prozent der heute erreichten Stimmen müssten CDU-Kandidat Koch abgezogen werden, weil sie lediglich seinem leichter zu lesenden Namen zugeschrieben werden. Amerikanische Studien haben ergeben, dass Kandidaten mit einfachen Namen, möglichst einsilbigen, bessere Chancen haben, eine Wahl zu gewinnen.So erklärte man seinerzeit auch den Sieg des eher schlicht gestrickten Bush, der viele Jahre auf Nebensätze verzichtete. In Zusammenhang mit diesen Erkenntnissen stehen die Ergebnisse der PISA-Studie, bei denen Deutsche in Bezug auf ihre Lesefähigkeit immer noch schlecht abschneiden, was ja nicht nur den geprüften Schülern, sondern vor allem auch deren Eltern und potentiellen Wählern angelastet werden muss. Wie die SPD-Kandidatin es wagt, mit einem Namen wie Ypsilanti anzutreten, kann niemand verstehen. Die meisten Deutschen kennen außer Ypsilon kein Wort, das mit Y anfängt. Selbst Xylophon fängt mit X an. Die SPD kann froh sein, dass die Wähler nicht den Namen der Kandidatin aufschreiben, sondern lediglich lesen müssen, was noch mehr Stimmen gekostet hätte. Sollte Roland Koch die Wahl gewinnen, dann nicht wegen populistischer Sprüche, sondern weil die Hessen nicht die Geduld aufbringen, einen Namen, der wie eine Mischung aus Ypern, Ylang-Ylang und Ypsilon oder Xylophon klingt, erst zu lesen und dann noch anzukreuzen. So könnte ein Mann an die Macht kommen, der einen einsilbigen Namen trägt, aber vielsilbig spricht, auch wenn man die meisten Silben wegstreichen könnte. Die Frage bleibt offen: Ist der Wähler, oder hat der Wähler betrogen?

Folgen der Teletubbies: Baby-klappe!

Damit haben wir doch alle gerechnet: Die Sprache der Teletubbies, dieses sinnlose Geplapper, das irgendwie lustig wirken soll und den geistigen Stand von Kleinkindern darstellen will, hat auch Auswirkungen auf die Erwachsenen. Wenn früher glückliche Eltern die schreienden Liebsten beschwichtigen wollten, dann sprachen oder säuselten sie: Eititeiti, na, wo bist denn, warum musst du denn so schreien, dafür besteht doch gar kein Grund, du bist gefüttert und frisch gewickelt, jetzt wird geschlafen, schön Heia machen, weil Mama und Papa Jörg Pilawa gucken wollen. Bei dem Wort Pilawa schreien die Kinder häufig noch lauter, so als seien sie konditioniert, denn keiner der Kleinen hat den beliebten Quizmaster je gesehen, vielleicht aber gehört, und das, in Verbindung mit dem Ignorien durch die Eltern, mag prätraumatische Effekte in Form von Alleingelassenfühlen erzeugt haben. Wo der pawlowsche Hund Speichelfluss zeigt, da brüllt der Kleine. Die Sprachohnmacht der Teletubbies hat wohl manch Erziehungsberechtigten motiviert, sich diesem Sprachgebrauch anzugleichen, und aus der längeren und durch monotonen Tonfall beruhigenden Ansprache des Brüllenden wird das knappe "Baby-klappe!", was bedeutet: "Säugling/Kleine(r)/Kleinkind, halt den Mund! Wir wollen Jörg Pilawa sehen!" Abgesehen von der unzulänglichen Orthografie hat die Verkümmerung der Sprache in solch einem Elternhaus Einzug gehalten. Erziehungsberechtigung sollte nicht ohne Spracheignungstest und einen Verhaltensführerschein zugewiesen werden. Denn was passiert, wenn der Junior auf diese Worte nicht reagiert, weil er nur "Habboblaplamappamirumi" versteht?

Verschärfte Strafen für Politker?

Viellicht säße Roland Koch schon längst hinter Gittern, wenn Lügen strafbar wären. Wie aber in jedem Tatortkrimi nachzusehen ist, darf jeder lügen, wenn es nicht in Zusammenhang mit einer Straftat steht. Und überhaupt wird zu viel auf den Politikern herumgehackt. Wenn sie etwas versprochen haben und nicht halten, so war das nicht der Bruch eines Versprechens, sondern ein Versprecher. Das kann jedem mal passieren. Für den Politiker ist es peinlich genug und damit auch Strafe, wenn das der Öffentlichkeit bekannt wird. Was sollen denn die Leute denken?, fragt sich da jeder vom Volk Gewählte sofort. Das kann mich meinen nächsten Wahlsieg kosten. Also, nicht darüber reden, sondern sich wichtigen Themen zuwenden: Kinder in den Knast! Käfighaltung von Unbelehrbaren. Einbuchten, bis die wissen, wo's langgeht. Durchgreifen. Das macht doch sonst keiner. Man kann nicht mit dem Wattebausch erziehen. Das muss spürbar sein. Politiker waren auch mal Kinder. Das solte jeder einmal nachvollziehen. Sich in die Lage versetzen! Was haben die nicht alles gemacht, um dahin zu gelangen, wo sie jetzt sind! Für Erziehungsmaßnahmen ist es da sowieso zu spät; außerdem ist das Meiste verjährt. Lügen sind im Grundgesetz verankert; da heißen sie "freie Meinungsäußerung". Steuerhinterziehung ist keine Straftat, wenn es ums Ganze geht, zum Beispiel einer Partei. Kinder sind noch formbar, deshalb gehören sie in den Knast. Meint Roland Koch und freut sich, dass er kein Kind mehr ist. Das allerdings findet Bodos Welt kindisch.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Iss mit Andacht!

Wir leben in einer Zeit des schnellen Essens. Uns fällt kaum noch auf, ob das Mahl uns wirklich schmeckt, oder ob es einem Pfund Sägemehl mit Salz und Bindemittel gleicht. Unsere Zunge ist nicht schnell genug, um den Prozess des Hinunterwürgens adäquat zu begleiten. Eine Currywurst schmeckt in der Regel nicht. Sie besteht überwiegend aus Fett und Schlachtabfällen. Erst das Zuschmieren der zerhackten Wurst mit süßlichem Ketchup kann dem Gaumen diese Erkenntnis versagen. Wir glauben satt zu sein, weil wir von altem Friteusefett aufstoßen. Unser Magen kann sich nicht umdrehen, weil er noch voll ist, vom gestrigen Döner, der bislang unverdaut auf seinen Abgang in den Dünndarm wartet. Der Körper will uns eigentlich sagen: Mir steht es bis zum Kragen. Jetzt noch eine kleine Tasse undefinierbarer Paprikasauce und ich jubel euch die Kinkel auf die Theke. Schnäpschen drauf ist ungeschickt am Mittag, schnell geht man als Alkoholiker durch, denn man bräuchte die Verdauungshilfe jeden Tag nach der Imbissbude.
Manchmal liegt das Essen herum, wir müssen es nur noch aufheben. Gedankenlos marschieren wir, vom Alltagsstress gequält, an wertvoller Nahrung vorbei. Im Büro wurde vorgestern gefeiert. Heute steht immer noch der rosafarbene Quark herum und ein paar grüne Paprikastreifen liegen daneben. Vor zwei oder drei Tagen ein liebevoll hergerichteter Snack zum 30. von Jürgen. Das ist kein Biomüll. Dieses Gute vom Vorvortage steckt noch voller Liebe, voller Liebe von Gitti nämlich, die den Quark für Jürgen zubereitet hat. Was hindert uns, diese Liebesreste für uns zu verwerten? Kostenlose Speise, mit einem kleinen Segen wieder in Form gebracht, kostenloser Genuss, der eine echte Alternative zum Schnellimbiss und seinen fettigen Fleischfingern ist. Mit Andacht gegessen, im Gedenken seines Ursprungs, voller Dankbarkeit, voller Vertrauen in die universelle Energie, die in dieser Speise ist, wird auch das optisch vielleicht Häßliche wieder schön und schmackhaft. Wir würdigen die Speise durch unsern Essvorgang und verschaffen ihr einen Sinn auch drei Tage nach der Feier, für die sie eigentlich gedacht war, und auf der sie achtlos liegen gelassen wurde. Wir sind wieder eins mit uns und der Welt und freuen uns, nichts verschwendet zu haben.

Kann ein fleisch(fr)essender Lehrer überhaupt Vorbild sein?

Wer deutet nicht schon mal auf seinen Nebenbuhler mit dem Zeigefinger ( und denkt: Dieses Schwein!) und sagt seinem Nachbarn: Da kannst du dir eine Scheibe von abschneiden! Abgesehen von der grammatikalischen Unzulänglichkeit ist dieser Satz doch wohl ein Rückfall in frühzeitliches Gebaren. Was aber sagt uns dieser Satz? Das Abschneiden einer Scheibe impliziert doch auch das Anfertigen eines Pausenbrotes, welches oral verinnerlicht werden soll und damit auch der Aggressor, unser Feind, dessen Scheibe das Zwischenstück dieser Klappstulle darstellt. Domestizierter Kannibalismus einer Technozivilisation oder Freudsche Fehlleistung? Das ist mir Wurscht, sagt der Vegetarier, und der kulinarische Tierliebhaber kontert damit, dass der Fleischverzichter den armen Tieren (die zu seinem Gunsten gemästet) werden, das Futter wegesse. Und überhaupt: Ob es da nicht Spinner (Esoteriker) gebe, die Pullover aus rückfettender Wolle trügen, und glaubten, dass Pflanzen ebenfalls beseelt seien. Die könnten sogar schreien, wenn es ihnen an den Halm ginge. Wo, bitteschön, liege der Unterschied? Also, dann lieber ein Schnitzel. Das sähe ja sowieso nicht mehr aus wie ein Tier. Und schreien könne das auch nicht mehr. Noch eine schwierige Frage in einer gedankenlosen Welt. Wir können froh sein, dass das Fleisch nicht mehr aussieht wie das Tier, von dem es stammt. Wie müssten wir mit unserem Fleischessergewissen kämpfen, wenn wir 8 Scheiben Lachendeskindergesicht-Wurst an der Fleischtheke orderten und die freundliche Fleischverwurstfachverkäuferin unserem Jüngsten (4) auch noch eine Probierscheibe in die Fingerchen drückte. Nicht einmal Raubtiere fressen sich selbst.

Endzeit-Gärten im Kommen

Da gibt es Menschen, die können sich suhlen in dem Gefühl, es wäre ein Atomkrieg gewesen, sie hätten nichts abgekriegt, aber die Welt wäre kaputt, alles in Schutt und Asche, radioaktiver Fallout schon untergegraben und nur noch die Halbwertzeit abwarten, dann wird es irgendwie wieder gut. Der Garten sieht dabei immer noch so aus, als hätte ein atomarer Sturm an den Rabatten geleckt, so im Vorüberstürmen etwa. Die Rückkehr der Zivilisation wird durch das Aufstellen von weißen Metallstühlen, die mit weißen Plastikriemchen bespannt sind und häßliche Drucknarben auf bloßen Oberschenkeln nach dem Sitzen hinterlassen, eingeläutet; der Stacheldraht stammt von vor dem Sturm, der blaue Plastikstuhl ist für Opa reserviert, der übergewichtig ist und was Festes braucht, und sowieso abseits sitzen will oder muss. Gebüsch wird nur liegend drapiert, ist Totholz und ergänzt den verrosteten Gartenzaun. Rasenmäher sind hier überflüssig, das Gras ist trocken und auf Jahrzehnte hin kontaminiert, sprich, es zerbröselt zwischen den Finger. Kantenschneiden ist überflüssig, denn niemand weiß nach der Katastrophe, wo die Grenzen des Grundstückes sind. Die Grundsteine sind durch die Wucht der Detonationen in der Osten geflogen. Auf dem weißen Plastiktisch wird Dosenbier und Ravioli oder weiße Bohnen aus dem Blechbehälter serviert. Alles hat mindestens 15 Jahre im Schutzbunker gemodert.
Zurück in die Wirklichkeit: Es gab gar keinen Atomschlag. Warum also solch ein Garten? Der florale Freund, der sich der Ästethik verschrieben hat, hat die Antwort schnell parat: Das sind Leute, die sowieso nur Dosenbier und Blechgemüse(!?) konsumieren; die haben keine Lust, einen Finger krumm zu machen. Die sitzen in solchen Gärten, weil sie es zu Hause nicht mehr aushalten, denn da hat angeblich auch eine Bombe, allerdings eine konventionelle, eingeschlagen. Die Trümmerfrau streikt und trinkt mit.
Auch unter Gartenfreunden gibt es Vorurteile. Schade.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Lass dich nicht verwirren

Unzahl ist das Problem des Menschen in der modernen Zeit, auf dessen Schultern bereits die allgegenwärtigen Medien lasten. Überangebot hängt darüber wie ein Sack Zement, so dass der Mensch am liebsten zusammenbrechen möchte, um unter diesem Ballast sein Leben auszuseufzen und ins Paradies einzukehren, da wo alles Überflüssige fehlt, wo die Bedürfnisse aus dem Nichts heraus befriedigt werden, weil sie fehlen. Nichts mehr zu wollen, nur geschehen lassen, hinnehmen, was ist, nicht bewerten, nicht planen, nur leben, das ist die höchste Stufe unseres Seins. Wo keine Bedürfnisse, da ist auch keine Angst. Weit davon entfernt der Mensch der globalisierten Hochindustrie: Wenn er einmal für sich sein möchte, zum Beispiel, in Ruhe seinen Kaffee trinken will, dann macht der Überfluss ihm einen Strich durch die Rechnung. Ein schier endloses Angebot an Maschinen und Gefäßen, deren Funktion und vor allem, deren Zweck nicht erkennbar ist, verstellt ihm den Blick und den Weg zu einer Tasse dampfenden Kaffee, verweigert ihm das verdiente Für-Sich-Sein. Welches ist denn nun das Gerät, das das heiße Koffeingebräu produziert? Wo ist das Kaffeepulver, oder müssen erst noch Bohnen gemahlen werden, und wenn, wo sind die, und wo ist die Mühle? Muss man Pads einlegen oder wird konventionell gefiltert, ist das links ein Stampfkaffeebehälter?Wozu sind diese gießkannenartigen Gebilde da? Was macht der Löffel in meinem Kaffeebecher? Fragen, die verwirren, die verunsichern, die Angst machen. Und die wirkliche existentiellste Frage, deren fehlende Antwort den Wunsch nach dem Paradies potenziert: Wo ist Frau Müller? Warum hat die, verdammt noch mal, keinen Kaffee gekocht!?
In dieser Verzweiflung wisse: Lass dich nicht verwirren! Nicht fluchen, suchen! Frau Müller kann nicht weit sein. Dein Kaffee-Engel wacht in deiner Nähe.

Katze und Kölner Dom

Mo: Guck mal da! Ein Schatten an der Wand!
Bill: Das ist doch von unserer Katze!
Mo: Genau... von unserem Bonaparte!
Bill: Eigentlich ein blöder Name.
Mo: Der Schatten erinnert mich an was.
Bill: Aha. An eine Katze?
Mo: Quatsch, die sitzt ja davor. Nein, ich glaub' es ist der Kölner Dom.
Bill: Kölner Dom?
Mo: Ja, diese zwei mächtigen Türme, dieses ganze kompakte Bauwerk, diese ganze...
Bill: Der Kölner Dom hat doch zwei Türme..
Mo: Sag ich doch.
Bill: Ich sehe aber nur einen.
Mo: Das kommt, weil Bonaparte nur ein ganzes Ohr hat; du weißt doch, dass Hasso letztes Jahr das andere weggebissen hat.
Bill: Jaja. Der Kölner Dom hat zwei.
Mo: Ohren?
Bill: Türme. Und da ist keiner weggebissen worden.
Mo: Das kann wohl sein.
Bill: Das ist so.
Mo: Die hätten das schon reparariert.
Bill: Türme werden nicht weggebissen.
Mo: Genau. (Pause) Du....(Pause). Ich habe gerade überlegt, ob nicht der Kölner Dom einen Schatten wirft, der wie unsere Katze aussieht. Ich meine, weil unser Bonaparte einen Schatten wirft, der genauso aussieht, wie der Dom.
Bill: Eben nicht. Da fehlt ein Ohr.
Mo: Ich denke, Döme haben Türme. Komm, lass uns hinfahren und nachsehen, ob der Schatten wirklich aussieht wie unsere Katze.
Bill: Geht nicht.
Mo: Wieso.
Bill: Weil es regnet.
Mo: Ach, du meinst, dass unser Bonaparte dann nass wird? Aber, es wäre doch nur ein Schatten! Bill: Eben nicht!
Mo: Wieso?
Bill: Weil es regnet.
Mo: Versteh ich nicht.
Bill: Ist auch nicht nötig.

Nonnen beobachten Himmelsbroschen

Vor langer Zeit wurde die Erde noch von Nonnen bevölkert. Ihre Zahl war ungeheuer und sie saßen eng nebeneinander auf dem Boden, um zu kontemplieren. Manchmal gesellten sich weißschwarze Eichkater zu ihnen, um das ein oder andere Wurstzipfelchen, das die Nonnen unachtsam fallen ließen, aufzuschnappen und zu verzehren. Damit ihr Treiben nicht auffiel, setzten sich die Eichkater ebenfalls auf den Boden, starrte an den Himmel und gaben vor, zu kontemplieren, obwohl ihnen das Wort vollkommen fremd war. Auch hatten sie nie von anderen kontemplierenden Eichkatern gehört, aber es ging um die Wurst, und da muss auch ein Eichkater manchmal Kompromisse eingehen. Viele Jahre hatten die Nonnen an den Himmel gestarrt und kontempliert, bis es den ersten zu langweilig wurde, immer nur an den kahlen Himmel zu starren, der ständig blau war oder höchstens ein paar weiße, vielleicht auch graue Wolken bot. Was sollte das ganze Kontemplieren, wenn nichts passierte? So fiel einer ein, einmal Himmelsbroschen zu beobachten. Was sind denn Himmelsbroschen?, fragten die Mitschwestern. Wahre Schmuckstücke am Himmel, erwiderte sie. Und wie sehen die aus?, fragten die Mitschwestern eifrig weiter. Schön eben, antwortete die Schwester, die Anthrax hieß, lasst uns schweigen und Ausschau halten, ob wir vielleicht eine sehen.

Niemand glaubte so wirklich an Himmelsbroschen, zumal ihnen selbst das Tragen von Broschen an ihren Gewändern verboten war. War es dann nicht auch Sünde, nach Himmelsbroschen Ausschau zu halten? Vielleicht gibt es ja gar keine Himmelsbroschen, murmelte Schwester Fuga, dann kann es auch keine Sünde sein, danach Ausschau zu halten. Das Anschauen von Nichts ist ja wohl ganz normal. Ist denn der Versuch nicht auch schon strafbar?, zischte Schwester Rolf. Ruhe!, fuhr Schwester Anthrax dazwischen, ich möchte kontemplieren. Ok, jubilierten die anderen Nonnen wie im Chor, wir machen mit!
Über das Kontemplieren vergaßen die Nonnen das Essen, so dass erst die weißschwarzen Eichkater ausstarben und schließlich kaum noch Nonnen in der freien Natur zu finden waren. Schuld daran soll aber auch der Klimawandel gewesen sein und dass es mittlerweile ständig regnet.
Was aus den Himmelsbroschen geworden ist, das weiß kein Mensch.

Der Fisch als Kamerad


Auf dem Lande gibt es viele Vereine. Auch wenn Fernsehen, Rundfunk und Internet längst ungehinderten Zugang in die ländliche Gegend haben, scheint der Mensch hier nicht ausgelastet. Er sucht weitere Beschäftigung zum Feierabend und auch die Gruppe der Gleichgesinnten, die umso kleiner ist, je ausgefallener die Freizeitbeschäftigung.
Ein Verein der Aquarienfreunde hat sich in der Nähe etabliert, die den still vor den bunten Glaskästen hockenden Menschen eine Heimat ist, wenn sie einmal sprechen und verstanden werden wollen.
Die Sprache zeichnet uns Menschen aus, wusste schon, sinngemäß, Thomas Mann.

Diesen Menschen, die Fische in kleinen wassergefüllten Glaskästen lieben, träte man zu nahe, würde man ihr stilles Beobachten als stumpfes Starren bezeichnen. Das häusliche Gezeter von Rotraud zwingt den ländlichen Mann, sich einen stummen Kameraden zu suchen, mit dem er gemeinsam schweigen kann.

Zu Hause schaut man misstrauisch auf das scheinbare Nichtstun, auf dieses meditative Beschäftigtsein mit der maritimen Kleinstwelt herab. Die Bewegungslosigkeit ist aber höchste innere Betriebsamkeit, gilt es doch, den Futterbedarf der schwimmenden Exoten zu berechnen, den Sauerstoffgehalt ihrer Lebensflüssigkeit zu kontrollieren und die Frage zu beantworten, warum der Skalar mit dem Bauch nach oben an der Oberfläche dümpelt.
Bring lieber mal den Müll runter, schreit es aus der Küche, völlig ignorierend, dass hier existenzielle Probleme gewälzt werden. Die Treppe müsste gewischt werden!

Als ob das wichtig ist, angesichts einer vielleicht aufkommenden ökologischen Katastrophe im heimischen Wasserkasten, der doch den von der Ausrottung bedrohten Edelfischen eine letzte Zuflucht sein sollte. Daheim scheint niemand die globale Gratwanderung zu bemerken: Dort in der Weite sind die Weltmeere umgekippt, hier, im Kleinen, ist eben ein großes Glas Rotwein umgekippt und hat sich in das Refugium ergossen. Was soll werden?

Zu Hause bleibt der Aquarienfreund allein mit seinen Sorgen, muss sich sogar als Faulpelz diskriminieren lassen. Im Verein trifft er auf Freunde, die ihn an ihr Herz legen und Trost spenden, weil sie Rat wissen. Kann nicht schaden, Helmut! An mein Fischgulasch gieße ich auch immer einen ordentlichen Schuss Roten. Die Frage ist, wie kriegst du das Wasser wieder klar? Kannst sonst gar nicht richtig gucken! Filtersysteme werden diskutiert, Kennerratschläge ausgetauscht. Günter, leicht berauscht vom Vereinsgetränk, macht die überflüssige Bemerkung: Salz draufstreuen, wie meine Oma damals schon, bringt den Rotwein sogar aus dem weißen Oberhemd. Haha! Oder Weißwein hinterherkippen.
Wie in allen Bereichen der Gesellschaft, so treffen wir auch in Vereinen gelegentlich auf Abweichler, die den Sorgen ihrer Mitmenschen nicht den rechten Respekt zollen wollen. Ausnahmen, die nicht von der praktischen Lebenshilfe ablenken dürfen. Dem Stummen, der mit dem beflossten Kameraden daheim unter schwersten Bedingungen kontempliert, hat der dritte Wacholder endlich die Zunge gelöst und er kann es rauslassen: Rotraud, den Müll, der noch immer in der Küche gärt, die globale Krise im Wasserbecken, das Unverstandensein und überhaupt.

Auf dem Lande ist niemand allein. Wer Rat sucht, wird ihn finden. Oder Trost. Begleitgetränke erlösen für ein paar Stunden von der Seelenpein; da kann Mutter zu Hause krakeelen, was sie will. Der Aquarienfreund bleibt da, wo er angefeindet wird, stumm wie sein Lieblingskugelfisch in seinem Glaskäfig neben der Stollenwand und trotz damit der Gedankenlosigkeit und denen, die die Welt einfach untergehen lassen.

Wie weit darf Kunst gehen?

Wie weit soll denn Kunst gehen, dass sie das Immergleiche reproduziert, seit es nicht mehr gelingt, die Wirklichkeit wirklichkeitsgetreu nachzubilden? Picasso hat ja als Maler spätestens angefangen, schräge Gestalten auf die Leinwand zu bannen. Gut, da regt sich keiner mehr auf, weil die Bilder, warum auch immer, Millionenbeträge erzielen. Ein dahingestrichelter Weihnachtsmann, vielleicht in 5 bis 6 Sekunden entstanden, erhält seinen Wert aufgrund der Tatsache, dass Picasso ein anerkannter Künstler war. Wer hat ihn denn anerkannt? Doch wohl der Kunstbetrieb, der richtig Kasse machen will. Gut ist, was sich verkaufen lässt. Betrachten wir einmal dieses Bild. Ein relativ und objektiv unbekannter Künstler fuhrwerkt auf seiner Malunterlage und zustande kommt dieser Kopf. Also, man muss schon genau hinsehen, um zu erkennen, dass das ein Kopf sein soll. Immerhin: Zwei Augen sind da, was ja erst mal nichts heißen will, ein Ohr ist zu sehen, Zähne hinter einem lippenlosen Mund, fünf Haare, die Sonne und ein frisch gepflügter Acker, oder was das darstellen soll. Fünf Zacken symbolisieren wohl eine Hand, die sich des hörenden Teils des Kopfes bemächtigt oder sie stützt. Was weiß denn ich. Der Betrachter ist verstört. Was soll denn das Ganze? Wo ist der Sinn? Scheinbar hat sich der Maler vorgenommen, irgendetwas hinzukleckern, was Picasso ähnlich ist. Übrigens: Der Acker hört rechts auf, das ist auch nicht normal. Normal ist, dass der Horizont und das, was vor ihm liegt, zu sehen ist. Das ist hier nicht der Fall. Ganz klar: Ein Fall von Kunstbetrug. Oder schlichter Dilettantismus. Das hieße aber, dass Picasso auch ein Dilettant war, dem es nur ums Geld ging, oder darum, die Menschen, die die teuren Bilder kauften, hinters Licht zu führen bzw. über den Tisch zu ziehen. Das ist wiederum auch sehr gut, denn leisten können sich die Bilder nur Schwerreiche, denen sowieso mal richtig eine reingewürgt werden müsste. Von daher: Super gemacht! Bleibt zu hoffen, dass das Bild richtig Geld kostet und dann auch gekauft wird.

Postmoderne Gärten im 21.Jahrhundert

Mal angenommen, dass in der Postmoderne nicht die Innovation, die Erneuerung auf dem Plan steht, sondern die "Rekombination" von vorhandenen Ideen und Elementen, dann ist dieses Beispiel eines postmodernen Gartens in Bad Oeynhausen ein willfähriges Beispiel für das Zusammenfügen von belangslosen nachindustriellen Recyclingobjekten und organischer Dekoration. Kann sich der Mensch in einem postmodernen Garten wohlfühlen, auch wenn die Zeit, die für seine Pflege benötigt wird, äußerst gering ist? Der Rasen ist betoniert und ist künstlich gerastert worden, damit der Entspannungsuchende nicht die Orientierung verliert und die Sehnsucht nach seinem Rasenmäher wieder mobilisiert. Vor der Eternitfront im Stile der Gründerzeit eine mit hochgiftigem Karbol gebeizte Pergola, wie sie in den 70er Jahren Verwendung fand, die allerdings weder Sonnen- noch Regenschutz bietet, sondern lediglich die Entsprechung zur gerasterten Betonfläche darstellt. Zwei Metallbehälter fungieren als Müllablagekästen und repräsentieren den überflüssig gewordenen Grasfangkorb. Ein Gartenhäuschen, früher Lagerstätte für Gartengeräte und Arbeitskleidung, besteht lediglich aus einer weiß-grau gegliederten Wand, die keinen Raum hinter sich hat und die Sinnlosigkeit gärtnerischen Tuns im Zeitalter der Billgflüge ausdrückt. In dieses leblose Arrangement werden scheinbar lebendige Objekte platziert, die dem Garten, als künstlich von Menschen angelegt, erst einen Sinn geben. Ohne sie wäre es eine Feuchtsavanne oder ein abgeholzter Mischwald. Diese Objekte repräsentieren das Menschliche, das eigentlich fehlt: Ein interesseloser Kampfhundebesitzer, der nicht einmal auf seinen Bus wartet, sitzt, seine beiden Kehlenbeißer neben sich, und wartet darauf, dass Gras über die Sache wächst. Die Zeit ist gedehnt. Und das ist richtig so. Hier vereinen sich subjektive Wahrnehmeung und objektiver Sachverhalt: So schnell wächst über diese Ausgeburt der Hässlichkeit kein Gras. Vielleicht etwas Moos. Aber auch das wird dauern. Wie leicht hätte man Schöneres kombinieren können, etwa einen Springbrunnen der 60er mit ein paar lustigen Gartenzwergen, denen man die Köpfe abgeschlagen hat? Kunst kommt von künstlich und nicht von schön!

Alte Paare


Sie: Ich finde, deine Mütze stinkt.
Er: Das ist eine echte Bärenfellmütze.
Sie: Genau. Aber sie stinkt.
Er: So eine, wie sie die Wachen vor dem Buckinghampalast tragen.
Sie: Ja, aber sie stinkt, sie müsste mal in die Waschmaschine.
Er: Das ist ein Geschenk.
Sie: Ich weiß, ich habe sie dir doch selber auf unserer Londonfahrt geschenkt. Das war vor drei Jahren. Zeit für eine Reinigung.
Er: Und wenn sie einläuft?
Sie: Die ist sowieso zu groß für deinen Kopf.
Er: Überhaupt nicht.
Sie: Ach, und wer musste dich damals durch London führen, weil dir ständig die Mütze vor die Augen gerutscht war?
Er: Du ja wohl nicht...
Sie: Wer war denn sonst noch mit?
Er: Hab die Namen vergessen.
Sie: Niemand nämlich. Wir waren zu zweit dort.
Er: Und das ging?
Sie: Damals schon.
Er: Damals hast du dich auch noch nicht darüber aufgeregt, dass meine Mütze stinkt.
Sie: Die war ja damals auch neu.
Er: Na, und? Können neue Mützen nicht auch stinken?
Sie: Können. Müssen aber nicht.
Er: Immer weißt du alles besser.
Sie: Ich setz jetzt mal eine 40-Grad-Maschine an. Morgen ist die Mütze wieder trocken.
Er: Dir wächst ein Finger aus dem Arm.
Sie: So'n Quatsch.
Er: Gar nicht.

Neues aus Allerwelts

Kinder in den Knast
Roland Koch wird jetzt seine Ansichten musikalisch unters Volk bringen. Als Roland Gröhlemeyer wird er das Grönemeyer-Stück "Kinder an die Macht" als "Kinder in den Knast" covern. Auf der B-Seite(?) der Maxi-CD wird er den durch Joe Cocker bekannt gewordenen Titel "Unchain my feet" neu interpretieren. 1€ geht in einen Fond, der den Aufbau von Kindergefängnissen finanzieren wird. Die neuen Vollzugsanstalten für unsere Kleinen sollen Kidchen oder Kiddchen genannt werden. Ein lustiger Vorschlag, über den immerhin einige lachen konnten.
Emanzipation der Frau nicht beendet
Alice Schwärzer meldet sich einmal mehr zu Wort: Die Emanzipation der Frau sei längst nicht abgeschlossen, da sich viele Frauen in Führungspositionen genauso wie ihre männlichen Kollegen verhielten, und das sei nicht Sinn der Sache gewesen. Darüber hinaus hätten sich viele Männer über den Umweg der Frauenverstehenwoller zu "Weicheiern" entwickelt, die sich eher weiblich verhielten. Diese wiederum müssten sich dann von ihren männlich agierenden Cheffinnen emanzipieren. Oder so ähnlich. Alles sei jedenfalls undurchsichtig geworden, so dass die Sache mit der Emanzipation vielleicht doch eventuell gescheitert sein könnte, vermutet Schwärzer vorsichtig. Endlich einmal klare Worte.
Gammelfleisch muss markiert werden
Am oder im Wort selber soll der Kunde demnächst erkennen können, ob es sich um Frischfleisch (Nicht zu verwechseln mit Fischfleisch, das aus Fischabfällen zu Hähnchenschnitzeln zusammengepresst wird) oder Gammelfleisch handelt. Eigentlich komme das Wort Gammelfleisch von Ghammelfleisch und bezeichne verdorbenes Fleisch vom Hammel, das nur noch für Mortadella zu verwenden ist. Schweinefleisch soll, wenn grün oder ranzig, Scheinefleisch heißen, um daran zu erinnern, dass es so scheint, als sei das Fleisch genießbar, aber darüberhinaus dem kriminellen Produzenten jede Menge Scheine beschere. Putenfleisch in Puttenfleisch(wegen kaputt)umzuwandeln, wurde verworfen, weil jeder sofort kleine, dicke Engelpraktikanten assoziiert, die keiner essen würde, weil sie zuviel Cholesterin enthalten.
Bodos Welt appelliert an die Leser: Schickt praktikable Begriff für Gammelfleisch zu, Begriffe, die quasi auf der Zunge zergehen und sich leicht verdauen lassen, von denen man aber trotzdem lange etwas hat.

Vogel auf meiner Schulter


Neulich saß ich im Garten und sonnte mich nach getaner Arbeit. Ein Vogel flog plötzlich von unserem Apfelbaum direkt auf meine Schulter. Der kleine gefiederte Kerl hüpfte auf meiner salzigen Haut herum und ich spürte seine kleinen Krallen. Ich sprach mit ihm: Hallo, kleiner Vogel, ich bin ein Mensch. Er hielt kurz inne und fixierte mich für den Bruchteil einer Sekunde. Ich bin ein Mensch, wiederholte ich und staunte, wie furchtlos, wie zutraulich sogar der kleine Zweibeiner war. Ich fühlte mich fast wie Franz von Assisi, als die erste Minute herum war. Ich begann zu singen. Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf meine Schulter. Der Text stimmte nicht ganz, aber Vögel sind bestimmt nicht bewandert im deutschen Volksliedgut. Ich meinte es ja auch gut und wollte den Vogel ermuntern, mir einmal zu antworten. Er gab allerdings keinen Laut von sich, sondern hüpfte herum und pickte mit seinem harten Schnabel an meinem Schlüsselbein. Das tat sogar ein wenig weh. Franz von Assisi hätte wohl gelacht, der aber konnte mit Vögeln sprechen und sie auch verstehen. Ich aber wusste nicht, was ich konnte. Wie sollte ich erfahren, ob der Vogel mich verstanden hatte, wenn der gar nicht antwortete? Wie konnte ich herausbekommen, ob ich diesen Vogel verstehen konnte, wenn er keinen Pieps von sich gab? Ich versuchte es erneut: Hallo, kleiner Vogel, sprich doch mal zu mir, damit ich dich verstehen kann! Woher kommst du denn? Vom Apefelbaum? Von noch weiter her? Der Vogel hielt wieder kurz inne und betrachtete mich. Dabei legte er den Kopf auf die Seite. Ich rümpfte die Nase, weil er nichts sagte. Der Vogel ging leicht in die Hocke, soll als wolle er sich abstoßen, um wegzufliegen. Das tat er dann auch. Vorher drückte er jedoch noch einmal seinen Darm zusammen und ließ sein Vogelgeschäft auf meiner salzigen Haut zurück. Ich wischte den Kot mit dem Lappen ab, mit dem ich vorher den Rasenmäher gereinigt hatte. Vielleicht stimmte die ganze Geschichte von Franz von Assisi überhaupt nicht. Von wegen sprechende Vögel! Wahrscheinlich hatte der nur ein paar Wellensittiche dressiert und sie dem staunenden Volk präsentiert. Wahrscheinlich war Franz von Assisi ein Angeber und Blender. Dieser ganze Heiligenkram geht mir sowieso ab. Langweilige Geschichten aus der Mottenkiste.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Schütze den Sonderling


Nehmen wir einmal einen Jungen, der eine Biberfellmütze auf dem Kopf trägt, die er heiß und innig liebt, weil sie einmal sein Lieblingsbiber Bert war. Dieser Junge, der aufgrund seiner Weigerung, die Mütze in der Schule abzusetzen, bereits drei Klassenkonferenzen hinter sich hat und als notorischer Unverbesserling gilt, weil er sich weigert, wenigstens beim Morgengruß kurz die Kappe vom Schädel zu ziehen und dieses auch nicht am Grabe seines nach einem Nervenzusammenbruch verschiedenen Klassenlehrers täte, dieser Junge, der auch den Klasssenkameraden verleidet ist, weil man ihn verdächtigt, in seinem härenen Hut Kopfläuse in die 6b geschleppt zu haben, und natürlich gehänselt und ausgeschlossen wird, etwa mit Worten wie "Katzenkopp", "Schwanzhutträger" oder einfach nur "Dudoof". Selbst weisen Menschen fällt es schwer, solche Sonderlinge, die sich allen Annäherungsversuchen widersetzen, ins weite Herz zu schließen. Aber ist es nicht unsere große Aufgabe, gerade diesen Sonderling zu schützen, ihn vor der Respektlosigkeit und der Ablehnung der anderen zu behüten? Dass er sich Biberfett aus der Tube unter die Arme schmiert, mag seine ärgsten Feinde auf Distanz halten, wahre Herzensgüte nimmt an üblen Gerüchen keinen Anstoß. Und doch, wenn er dem zugeneigten Menschen "Hau ab , du Ratte!" entgegenschleudert und seinen Speichel hinterherfliegen lässt, dann ist es immer wieder schwer, diesen Menschen zu lieben. Der Sonderling ist die Prüfung, die uns auferlegt wurde und die wir bestehen müssen.
Daran sollen wir nicht verzweifeln und uns immer wieder auf einen Neuanfang besinnen. Manchmal hilft ein leise gezischtes "Katzenkopp! Du blöder Schwanzhutträger, ich hau dir gleich deinen Lausstall von der kretzebefallenen Schädeldecke!" und ein kurzes, knirschendes Mahlen mit den Molaren. Dann kehrt unser innerer Frieden zurück. Da, wo das Hinausgezischte gesessen hat, ist nun Platz für unsere grenzenlose Liebe.

Bildungsministerin von NRW verunglimpft

Das Gerücht geht um, dass das Abitur jetzt in Barbitur umbenannt werden soll, weil sich die Bildungsministerin in NRW Barbara Sommer so vehement für das dreigliedrige Schulsystem einsetzt. Nach Sicht der CDU gibt es welt- und landesweit drei Begabungstypen, die exakt den Schulformen Haupt-, Realschulen und Gymnasium entsprächen. Eine frühzeitige Trennung der drei Typen entspricht zwar nicht den Empfehlungen internationaler Bildungsexperten, hat aber den Vorteil, dass sich jeder Schüler schon frühzeitig auf den für ihn vorgesehenen Bildungsabschluss konzentrieren kann. In Verbindung mit den Studiengebühren sei es sowieso nicht sinnvoll, dass Schüler aus sozial schwachen Familien in eine stressbetonte Situation geraten, in der Studium und Achtstundenjob zur Finanzierung des Studiums aufeinanderprallten. "Barbi tu Rat!" soll die Bitte von Schüler der dritten Begabungsstufe sein; dieser Gruppe kann man nur empfehlen sich ein Barbiturat zu beschaffen, es einzunehmen und dann ganz ruhig den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Menschen, die solche Gerüchte in Umlauf bringen, tritt Bodos Welt entschieden entgegen. Es ist wohl angebracht, unseren Politikern etwas mehr Vertrauen entgegenzubringen, auch wenn wir anfangs nicht glauben wollen, was da in Düsseldorf und Berlin ernsthaft verzapft wird. Bereits am 31.12.07 schrieb Bodos Welt(Vorsätze für 2008) in diesem Sinne: Abnehmen! Nehmt den Politikern endlich ab, was sie sagen!

Klimawandel in der Antarktis

Pinguin: Antarktisforscher Hans! Ist das dein Kopf, der da fliegt?
Kopf: Ja , ich will nach hause!
Pinguin: Kann ich nicht mitkommen?
Kopf: Nee, du kannst doch gar nicht fliegen. Und überhaupt, du bist doch schon zu Hause.
Pinguin: Stimmt auch wieder. Aber du kannst doch eigentlich auch nicht fliegen.
Kopf: Weiß ja keiner.
Pinguin: Und dein Körper?
Kopf: Ist festgefroren.
Pinguin: Trotz Klimawandel?
Kopf: Sieht so aus.
Pinguin: Na, dann Tschüss!
Kopf: Halt die Ohren steif!
Pinguin: Kein Problem.
Kopf: Man sieht sich.
Pinguin: Dito.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Achte das Chaos

Eines Morgens kommst du an deinen Arbeitsplatz und denktst: Meine Güte, was für ein Gerümpel hier wieder rumliegt. Also, meine Sachen sind das nicht! Angewidert von diesem Chaos wendest du dich ab und willst vielleicht in eine tiefe Melancholie abgleiten! Achte das Chaos! Schau genau hin und überlege, was dir das Leben durch deinen Kollegen Abt mitteilen will: Bedenke die Vergänglichkeit! Auch deine Zeit wird kommen, unaufhaltsam steuerst du auf den großen Ozean zu, in dem sich alle Seelen dereinst treffen. Sargträgerhandschuhe! Wer außer Kollege Abt könnte die hierhingelegt haben? Stelle keine unnützen Fragen. Nimm einfach hin, was ist. Hast du nicht mit deinem Freund Rudi abgemacht, dass ihr euch dereinst rechts hinterm Eingang des Paradieses treffen wollt? Was aber, so habt ihr immer wieder nachgedacht, wenn sich dort viele verabredet haben? Wie sollen wir uns da finden? Und überhaupt, wie sehen wir dann aus? Kann ich Rudi erkennen an seinen abstehenden Ohren, die immer leuchten, wenn die Sonne von hinten draufscheint? Gibt es überhaupt eine Sonne im Paradies? Hier erteilt das Leben einen Rat. Recht getan hat der Kollege Abt, dass er 50 Paar Sargträgerhandschuhe auf deinem Platz deponiert hat! Rudi, kannst du sagen, so werden wir uns im Paradies wiedererkennen: Treff gleich rechts hinterm Eingang. Und der letzte lässt die Sargträgerhandschuhe an!
Achte das Chaos, in ihm findest du immer Antworten!

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Verachte nicht das Rumhängen

Hast du einen Boxsack, so bedenke, dass du ihn nicht verachtest, weil er den ganzen Tag herumhängt, oder abhängt, wie der neumoderne Mensch heute zu sagen pflegt, an seinem Karabinerhaken ruht und den Tag betrachtet. Der Boxsack ist ein beschaulicher Zeitgenosse, den nichts aus seiner Ruhe bringen, der förmlich in sich ruht, weil er seine Bestimmung gefunden hat. Selbst ein harter Schlag in sein Zentrum lässt ihn nur freundlich schaukeln, um wenig später wieder schwer im Raum zu hängen. Das, was wir leichthin als Faulheit, als Trägheit, als soziales Schmarotzertum abtun wollen, hat seinen Sinn. Der Boxsack ist ein guter Zuhörer, dem Mann ein guter Kumpel, der Frau die beste Freundin. Der Boxsack kommentiert nicht, er lauscht, er fragt nicht, er lässt es zu, dass du dich öffnest, dass du erzählst von dir und deinen Problemen; er ist der vermisste Bruder, der ersehnte Freund an der Theke, die Oma, der du alles anvertrauen kannst, weil sie taub ist, die allerbeste Freundin, die kein Verhältnis mit deinem Mann hat; der Boxsack ist das Ohr, das dir in deinem Leben immer gefehlt hat. Er lauscht und schluckt das Gesagte und es ist in ihm versiegelt. Für immer verschwiegen. Der Boxsack nimmt dich, wie du bist. Wenn du nachts auf der Suche nach der Toilette durch den Flur taumelst und gegen seine metallenen Beschläge knallst, wenn du ihn "Blöder Sack" nennst, dich an ihm ausschreist, drei Uppercuts ins Leere drischt und einen Ellbogenstoß an die Garderobe verschwendest, du weiter beleidigst und schreist, bist dir die Tränen kommen, dann wird dein Zuhörer, dein kontemplativer Freund, die Manifestation dessen, der du sein möchtest, dir immer noch freundlich entgegenschwanken, bis deine aggressive Energie versiegt ist und die Bewegung ruht. Du kannst ihm alles erzählen, alles. Er wird nicht einmal rot. Darum unterschätze nicht das scheinbar Unbedeutende. Das Universum hat vielleicht Großes mit ihm vor.

Neue Übersichtlichkeit: Moderne Gärten

Wer will noch diese verwuselten Gärten, durch die sich kein Rasenmäher fressen kann? Unkräuter gibt es nicht, das sind Wildkräuter!, bramabarsiert der Ökogärtner, während er sich ein Stück Distel aus dem Handballen fummelt. Neue Übersichtlichkeit ist gefragt. Der Mensch will sehen, was er gemäht hat, wenn der Rasenmäher ruht. Und wenn er nicht mähen kann, soll es trotzdem gut aussehen. Gut heißt übersichtlich, überschaubar, kalkulierbar.
Kühles Design mit unverwüstlichen Materialien kommentieren den Zeitgeist. Der moderne Mensch kann mähen, muss es aber nicht. Vorbei die Zeiten, wo sich Gartenzwerge im Unterholz verstecken und die Rasenkanten mit der Nagelschere beschnitten werden.
Endlich kann sich der gestresste Business-Bürger erholen ohne nachzudenken. Die Gartenfläche umfasst mindestens 2000 Quadratmeter, optimal wäre die Größe eines Fußballfeldes. 98% davon sind aus nicht erneuerbaren Materialien wie Beton und Stahl. 2% bleiben der Lust am Aufsitzmäher.
Die klare Strukturierung des Geländes lenkt vom chaotischen Aktenberg im Büro ab. Erhitzte Gemüter können sich an kalten Metallen abkühlen. Die Größe des Garten sorgt für Weite; hier kann der Anzugträger seinen Blick schweifen lassen. Weitsichtigkeit kann er üben, die gerade im Börsentaumel verloren geht. Stille kehrt im Inneren ein. Wem das zu leise ist, der zieht einfach mit seinem Mäher eine Runde bei Vollgas.
Der moderne Garten hat Stil: Bauhaus lässt grüßen. Nichts Überflüssiges stört die Ästhetik, aus genommen vielleicht der Gartenbesitzer selber. Länger zu arbeiten könnte auch dieses Problem lösen.

Manipulation: Versteckte Botschaften


Manipulative Werbung war ja mal verboten, damals, als die Menschen noch Skrupel hatten und die Filme mit nur 24 Bildern pro Sekunde über die Leinwand surrten. Jedes 20.Bild war dann eine Colaflasche, von der man annahm, dass sie Durst lösche. In Wirklichkeit bestand ihr Inhalt nur aus Zucker und brauner Farbe. Nichts zum Durstlöschen. Aber schnell kaufte man sich ein Langneseeis vom Eisverkäufer, der ständig durchs Bild huschte, um soviel Durst zu bekommen, dass man dann auch eine Cola akzeptieren konnte. Kompliziert, aber funktionierte. Heutzutage ist alles viel öffentlicher, da wird manipuliert, dass sich die Balken biegen. Nehmen wir mal die Firma Wissmann (Name geändert). Das Firmenschild hängt dick und deutlich über dem Ladeneingang. Sieht man zu diesem Schild auf, wird einem nicht klar, was das Ganze soll! Essen nämlich. Im Wort versteckt ist nämlich der Imperativ von essen, eine Handlungaufforderung, der man sofort nachkommen könnte, ginge man in diesen Laden und bestellte eine große Portion Kartoffelsalat oder einen Eimer eingelegte Heringe. Und das, obwohl man gerade beim Bäcker um die Ecke gefrühstückt hat. Wie peinlich, wäre das W ein anderer Konsonant, dann könnte der Schuss nach hinten bzw. wohl eher doch von vorne losgehen. Unappetitlich vor einem Feinkotgeschäft allemal, aber das ist die Rache der Manipulierten. Nicht jede Botschaft wird richtig verstanden. Deshalb: Augen auf nach versteckten Botschaften. Übrigens: Auch in Plattenaufnahmen sollen sich die befinden. Man muss die Platten nur oft genug rückwärts hören. Irgendwann hört man dann etwas, das wie eine Botschaft klingt.

Der Gastbeitrag: Elvis

Ich saß auf dem Schaltpult und wippte mit dem rechten Bein, das ich über das linke geschlagen hatte, rhythmisch auf und ab, eine Bewegung, die Jean jedes Mal wütend machte. Natürlich wusste ich das. Doch Jean wollte offenbar keinen Streit. Er drehte sich weg und begann mit seinem Handy Fotos zu machen, er fotografierte durch das Fenster, obwohl es draußen nichts zu sehen gab als das dunkle Weltall, alles war schwarz, nur ganz weit entfernt funkelten die Lichter einer uns unbekannten Galaxie. Als ich mit dem wippenden Fuß gegen den Drehstuhl stieß, der vor dem Schaltpult stand, und dieser dadurch auf seinen vier Rollen quer durch den Raum bis vor Jeans Sessel schoss, fuhr er herum und schaute mich wütend an. „Du bringst noch die ganze Programmierung durcheinander, wenn du hier weiter Stühle gegen empfindliche Bordgeräte katapultierst, du blöde Kuh!“ Ich erwiderte: „Dann passiert wenigstens endlich mal wieder was, vielleicht zeigt uns ja eine zufällige neue Programmierung einen Ausweg aus der ganzen Scheiße hier!“ Ich wartete auf Jeans Antwort, aber er wollte offenbar wirklich nicht streiten, denn er drehte sich einfach wieder um und schwieg, was mich halb wahnsinnig und komplett wütend machte.
Seit 7 Jahren waren wir mit unserem Raumschiff in besonderer Mission unterwegs. Es hatte auf der Erde ernstzunehmende Hinweise darauf gegeben, dass auf einigen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems verstorbene Stars aus der Musikbranche weiterlebten. Jean und ich waren im Auftrag einer großen amerikanischen Plattenfirma unterwegs. Wir sollten diesen Hinweisen mit einem Team aus fünzehn Leuten nachgehen und möglichst viele Rocklegenden, die am Suff oder anderen berufsbegleitenden Krankheiten gestorben waren, ausfindig machen. Den ersten Streit gab es, als ich Jean verwehrte, auf dem Mond nach Keith Moon Ausschau zu halten, denn es war eindeutig von Erscheinungen außerhalb unseres Sonnensystems die Rede gewesen. Das traf Jean sehr, und meine harte Entscheidung führte zu einem tiefen Riss in unserem Verhältnis, das sich während unserer Forschungsreise vielleicht auch ganz anders entwickelt hätte.
Danach folgten viele Monate erfolgloser Suche, die an den Nerven der gesamten Mannschaft zehrten. Fast waren wir soweit, dass wir unsere Mission abbrechen und mit leeren Händen zur Erde zurückkehren wollten, als wir eines Tages völlig überraschend auf einem sehr kleinen Planeten namens XLQ 3, den wir ohne besondere Erwartungen angesteuert hatten, eine Gestalt entdeckten, die wie Elvis aussah. Das Landemanöver lief schon und immer deutlicher konnten wir den Mann im weißen Overall sehen, der auf der staubigen Oberfläche von XLQ 3 scheinbar auf uns wartete. Unsere Crew war plötzlich wahnsinnig aufgeregt, die Enttäuschung und Lethargie der vergangenen Monate waren verflogen und alle machten sich mit Sauerstoffgeräten zum Landgang bereit. Als unser Schiff endgültig auf dem eher unwirtlich aussehenden Planeten gelandet war und sich die Luken öffneten, stürzten alle fünfzehn Crewmitglieder hinaus. Jean und ich konnten vom Raumschiff aus nun ganz deutlich erkennen, dass dort unten tatsächlich Elvis stand, der verstorbene Elvis, denn er trug keine Sauerstoffmaske. Unsere Mannschaft hatte inzwischen das Raumschiff verlassen und rannte nun leicht hysterisch in die Richtung von Elvis. In diesem Moment herrschte zwischen Jean und mir eine tiefe Übereinkunft, wir schauten uns nur kurz an und wussten genau, was wir zu tun hatten. Jean schloss ohne zu zögern die Luke unseres Raumschiffs und leitete den Startvorgang ein. Augenblicklich hoben wir wieder vom Planeten XLQ 3 ab. Von der Schaltzentrale aus konnten wir sehr deutlich die entgeisterten Gesichter unserer Crew erkennen, denn ihre Sauerstoffgeräte würden sie nur für wenige Stunden versorgen und es sah nicht so aus, als ob Elvis auf diesem Planeten Sauerstoffvorräte für unerwartete Besucher von der Erde bereithielte.
Schon nach wenigen Minuten waren wir aus dem Gravitationsfeld von XLQ 3 verschwunden. Nun verband Jean und mich eine große Schuld, denn wir hatten uns aus puren Geschmacksgründen unserer Crew entledigt. Doch größer als die Schuld war die Erleichterung, dass auch weiterhin auf der Erde niemand erfahren würde, dass Elvis tatsächlich auf einem weit entfernten Planeten zu finden war. Allerdings war Jean und mir klar, dass eine Rückkehr auf die Erde unmöglich war, denn wir hätten eine große Lüge erfinden müssen, um den Verlust unserer Mannschaft zu erklären, und das konnten wir beide nicht.
Also ließen wir uns einfach weiter durch das unendliche Universum treiben und hassten uns für unser Vergehen und wussten doch, dass wir nicht anders handeln konnten. Seit zwei Jahren waren alle Alkoholvorräte an Bord aufgebraucht, so dass wir jeden Tag nüchtern unsere Situation und ihre Ausweglosigkeit betrachten mussten.
Vor allem am späten Abend, wenn ich am liebsten wie früher nach einem langen Tag zufrieden schlafen gegangen wäre, überfiel mich die Streitlust, denn es gab keine zufriedenen, erfüllten Tage mehr, es war überdies völlig egal, ob ich schlafen ging oder nicht, denn der Bordcomputer erledigte alles, für Jean und mich gab es keine wirklichen Aufgaben mehr.
Manchmal hatte ich Glück und ich konnte Jean in einen langen, zähen und sinnlosen Streit verwickeln, der uns so erschöpfte, dass wir tatsächlich irgendwann müde in einen traumlosen Schlaf fielen, der uns schließlich wieder in einen trostlosen neuen, schwarzen Tag entließ.
Doch heute wollte Jean nicht streiten. Stattdessen griff er zu seiner Gitarre und spielte einige unverfängliche Akkorde. Daraus wurde eine kleine Melodie und Jean schaute mich auffordernd an. Ich schloss die Augen, denn ich spürte noch eine Menge Widerstand in mir, doch es war vergebens. „Sing es“, flüsterte Jean jetzt, und mein Widerstand schmolz dahin, meine Wut ging im Rhythmus der Gitarre auf, ich war 15, es war Frühling, das Leben lag vor mir, ich hielt die Augen geschlossen, damit das Licht und die Wärme mich nicht wieder verließen und ich sang mit heiserer Stimme, aber voller Leidenschaft, obwohl ich Jean und mich dafür hasste, „Moonlight Shadow“ und wippte mit dem Fuß den Rhythmus dazu. Marion W

Leserbrief: Stars im All (Allstars)

Ich habe neulich geträumt, ich hätte Peter Maffay auf dem Saturn getroffen.
Richtig ist aber, dass ich Roland Kaiser bei Saturn getroffen habe, also eigentlich nur eine Cd von ihm. Grausam. Aber der Kerl gibt ja nicht auf, und das muss man einfach anerkennen.
Evi

Bodos Weltdadaismustag: 2 Gesichter (Manfred de Ap, 2008)


Der Zufall als Herrscher der Kunst, nein, der Nicht-Kunst. Zufällig sieht der Maler zwei Gesichter, vielleicht in der U- oder S-Bahn, was ihn zu einem Bild anregt. Nicht-Kunst soll provozieren; aber Nicht-Kunst kommt, wie Kunst von Können, eben von Nichtkönnen. Das ist fatal. Denn will man das bestehende System, dessen Ausdruck die Kunst ist, kritisieren, so muss man das können. Joseph Beuys, der alte Speckhutträger, meinte ja generös, jeder könne irgendwie auf seine Art und Weise ein Künstler sein. Das ist natürlich Blödsinn. Wenn Knut sein Bild, das er mit Fingerfarben gemalt hat, verkaufen will, dann bringt das überhaupt nichts. Überhaupt nichts ein, nämlich . Kritik ist gar nicht so einfach, weil sie ja auch der einfache Mensch verstehen soll; der Kunstmäzen kriegt das ja schon gar nicht hin, weil der immer nur in Zahlen denkt und die Kunstwerke nach möglicher Einnahme posthum berechnet. Selbst wenn man sich wie Manfred de Ap einen Namen gibt, der schon irgendwie bekannt ist und verkaufsfördernd wirkt( Hans Arp kennt ja wohl jeder, und de Ap war ein landesbekannter Boxer), heißt das noch nicht, dass man mit dahingeschmierten Bildern Kasse machen kann. Zum anderen: Die beiden Gesichter, schnell mit einem Edding auf eine Din-A-6-Karte gezogen, drücken ein einerseits pessimistisches, andererseits optimistisches Wahrnehmen des eigenen Daseins aus. Die beiden Gesichter heben sich gegenseitig auf,Plus gegen Minus, Frohsinn gegen Miesmacherei und Sauertöpfigkeit, so, als seien sie gar nicht da. Als sei nur diese leere Postkarte da, die nicht einmal ein Feld für die Briefmarke aufweist. Das kann aber keine Kritik bedeuten. Es sei denn, irgendein Geldsack drückt dafür schnell mal 10 000 € ab und macht Manfred de Ap zu einem hochdotierten Künstler. Dann fangen plötzlich alle an, darüber nachzudenken, was denn wohl mit dem Bild gemeint sei. Tausend Deutungen werden vorgetragen; aber keiner glaubt, dass de Ap nur mal gucken wollte, ob es jemanden gibt, der seinen Schwachsinn kauft. Ich kann darüber nur lachen, weil ich mindestens zweitausend Bilder in der Form habe, die noch keiner angeguckt hat, geschweige denn, gekauft. Das finde ich kritisch. Egon von Doeskopp

Georg Krakl: Mein Eierschneider

Gewidmet Hans Arp - Mein Eierbrett/ gewidmet Theo von Doesburg /Arp-Museum, Bonn-Bad Godesberg
Mein Eierschneider schneidet und ich spiele zarte Klänge auf seinen Saiten wie auf einer Himmelsharfe im Heaven seven sieben Zwerge tanzend auf meiner Nase oder derjenigen von ich weiß nicht wem im Gleichtakt seven Viertel der marschierenden Kleingeiste oder Hirne hämmernd hämmernd der Rhythmus der Zeit und meine Harfe der Eierschneider will nicht laut sein sondern verkriecht sich hinter dadada duliebstsienichtichauchnicht hinterm Hintern hinterm Eierschneiden mit des Eierschneiders dünnem Draht blau gefärbt vom Blut der frühen Jahre im Stall hinterm Hühnerhof da wo sich Fuchs und Haseosterwald gutenachtgutenacht macht was ihr wollt aber schneidet eure Eier heuer Ungeheuer Dada dada dada kann man nichts machen Gaga Gaga ganz genau oder Genua ich weiß nicht mehr wohin das alles fühlen soll.

Kürzestgeschichten: Gotthilf Schneller - Ödland (1971)


Ödland.
Ödes Ödland.
(Bild: Ödland, von Gerd-F.Henneking, 2008; in Privatbesitz)

Plattenkritik: Miles Davis – Freaky Deaky (Zwergenschicksal)

Hinter den Bergen hämmern die Hämmer eifrig, Zwerge halten sie in festen Fäusten, emsig auf der Suche nach dem Glück, das sie in Wänden voller Edelsteinen finden wollen. Die Knöchel blutig gestoßen, Schweißperlen vor der Stirn starren sie irren Blickes auf das Ergebnis ihrer Arbeit. Eingerissene Wände, Türen morsch und träge zersplittertes Glas. Der Himmel ist voller Trauer, immer wieder beginnen die Zwerge, hauen und schlagen auf das Gestein ein, reiben sich verlegen die Bärte, wenn ihnen die Puste ausgeht.
„Piet, wo ist meine kleine, spitze Hacke?“, fragt Claas. Zwerge haben eine Vorliebe für holländische Namen, so wie sie am liebsten die Löcher aus dem Käse schneiden möchten.
Ewig schon warten sie auf Schneewittchen, das endlich, endlich aus ihren Becherchen trinken soll und in ihren Bettchen schlafen muss. Das ihnen endlich sagt, dass sie mit ihrer blödsinnigen Suche aufhören sollen, dass sie endlich in ihre Schaukelstühle sinken können, die Pfeifen entzünden und einen lauwarmen Cognac in ihren schwieligen Händen schwenken könnten. Das Leben hält noch schöne Seiten bereit. Auch für Zwerge. Was willst du tun, wenn dir das keiner sagt, weil du zu klein bist? Weil du ein Zwerg bist, in niemandes Augenhöhe. Dein Pochen und Klopfen aus tiefen Höhlen dringt an das Ohr derer, die dich nicht sehen. Derer, denen die Demut, die Bescheidenheit fehlt, nach unten zu sehen. Nur so nähmen sie dich war. Die Nasen tragen sie hoch, im Himmel, zu denen du aufsehen musst, geblendet vom trüben Himmel, weil deine Augen von der ständigen Dunkelheit empfindlich geworden sind.
Arbeite weiter! Durch Arbeit zum Licht, auch wenn die Sonne untergeht! Schneewittchen wird wohl schon unterwegs sein.
„Piet, meine Hacke, nun sag schon!“, Claas lässt keine Ruhe.

Karneval: Mutter schläft

Enno: Als was gehst du dieses Jahr?
Erwin: Als Bischof, sieht man das nicht?
Enno: So ganz ohne Pappnase?
Erwin: Der Hut muss es bringen. Und du?
Enno: Ich gehe als schiefes Rohr.
Erwin: Aha. Das sieht man gar nicht.
Enno: Wieso?
Erwin: Wieso nicht, musst du fragen.
Enno: Wieso?
Erwin: Weil die Frage falsch ist.
Enno: Wieso?
Erwin: Ja, genau.
Enno: Ach, so.
Erwin: Weißt du eigentlich, wo Mutter ist?
Enno: Keine Ahnung.
Erwin: Hast du ihr schon die Tablette gegeben?
Enno: Ja, sicher.
Erwin: Dann ist ja gut.
Enno: Wollen wir los?
Erwin: Schon. Aber als schiefes Rohr gehen, ich weiß nicht. Willst du dir nicht was anderes anziehen?
Enno: Fang jetzt nicht an wie Mutter!
Erwin: Schon gut, schon gut. Auf jeden Fall originell. Schiefes Rohr. Das habe ich noch nie gesehen.
Enno: Eben.
Erwin: Na dann los!
Enno: Du kannst Mutter ja einen Zettel schreiben, falls sie aufwacht.
Erwin: Geht klar.
(Beide ab.)