Schule: Appetitabregende Mitschüler

Berni hatte sich eingeschissen. Die Klasse stank. Die Klasse 1 stank. Bernie war zum zweiten Mal in dieser Klasse. Alle beäugten ihn und die Eltern munkelten, er sei nicht richtig. Wir Volksschulhirne folgerten: Nicht richtig heißt falsch. Seine große Schwester kam und holte ihn ab. Sie brachte ihn nach Hause, um Gestank und Ursache entfernen zu lassen. Bernie war wie eine Zeitbombe, auch wenn wir das Wort möglicherweise nicht kannten, aber er konnte jeden Moment losgehen, und der Gestank wäre wieder da gewesen.
Elsbeth lief eine Rotzspur aus der Nase bis auf die Lippe, die war gelblichgrün. Elsbeth war schmuddelig und roch, vielleicht weil sie in einem verfallenden Fachwerkhaus lebte und den Geruch angenommen hatte. Die Eltern waren schlichte Leute, der Vater ungelernter Arbeiter, Hilfsarbeiter hieß der früher, wie die Schüler, die nicht richtig waren, Hilfsschüler hießen, und man erzählte, die Eheleute hätten einmal sechs Richtige im Lotto gehabt, der Vater aber habe vergessen, den Schein abzugeben. Der klassische Fall und jeder rechnete, wie das Leben der drei aussähe, wenn der Schein seinen Weg in Lottoannahmestelle gefunden hätte. Manchmal, wenn der gelbgrüne Streifen zu lang war, leckte Elsbeth über die Lippe. An diesen Tagen brachte ich mein Schulbrot wieder mit nach Hause.
Steinhoff vier Jahre später auf dem Gymnasium schmierte seine Popel, nachdem er sie dem Nasenraum entnommen hatte und sich die Konsistenz als nicht rollbar erwies, gern an das Bein seiner Schulbank, oder, wenn das Objekt zu klein war, an seine dreiviertellange Lederhose. Er war der Einzige, der eine Hose aus Nappaleder trug und nicht eine aus rauem Leder, die nach und nach speckig wurde vom Händeabwischen. Niemand wollte gern in die Nähe seiner Bank, sprich in die Nähe des Tischbeins, noch seiner Lederhose kommen.
Steffensmeier ein paar Klassen später popelte auch und schob die Objekte dann, obwohl längst spätpubertierend, zwischen die Zähne, um  sich an ihrem salzigen Geschmack zu ergötzen.Gleichzeitig rieb er mit der anderen Hand an seiner Jeans herum, im Bereich zwischen den beiden Fronttaschen, legte die Haut an der Nasenwurzel in Falten und stieß dabei gelegentlich Luft durch die Nase aus, wenn nicht gerade der Finger drin war.Der penetrierende Finger und die reibende Hand schienen sich perfekt zu ergänzen.

Schule bereitet auf das Leben vor, und jeder weiß, wenn er ähnliche Erfahrungen gemacht hat, dass nicht alles schön ist, aber dass man das Appetitabregende aushalten kann, und dass der Appetit sich wieder einstellt; spätestens, wenn Hunger dazu kommt.

Johnny und Amerika

Johnny aus Amerika
Eines Tages kehrte Onkel Fritz aus Amerika zurück und brachte Reiseandenken mit. Als Neffe bekam ich eine Puppe aus Weichgummi, die Johnny hieß. 
Dieser Johnny bestand aus einem Stück, alle beweglichen Teile war Teil des Ganzen, die Kleidung konnte man nicht ausziehen, die Haare nicht kämmen, denn alles war Gummi und unzertrennlich miteinander verbunden. Johnny war ein Junge, das konnte man an den kurzen Hosen erkennen, auch war ein Teil der Kleidung blau gefärbt, sodass eine unerwünschte Geschlechtsbestimmung unter der Kleidung ausfallen konnte.

Nachdem wir mit diesem amerikanischen Johnny, mit dem wir nicht richtig warm werden konnten, ausgespielt hatten, beschlossen wir ihn am Erdhaufen zu beerdigen.
Wir hatten noch nie eine amerikanische Gummipuppe beerdigt, auch keine deutsche. Vielleicht einen Schmetterling oder einen kleinen Vogel, der vor eine Scheibe geflogen war.
Bei Tieren steckten wir meist ein kleines selbstgebasteltes Kreuz in die Erde, bei Johnny aus Amerika vergaßen wir das, wir wußten nicht, ob er überhaupt in der Kirche war und was mit den Amerikanern so allgemein los war.
Einige Tage vergingen und wir hatten Johnny zwischenzeitlich vergessen.
Dann waren wir plötzlich von Forschergeist beseelt und wollten wissen, wie sich eine amerikanische Gummipuppe verhält, wenn sie einige Tage beerdigt unter der Erde liegt.
Wir fanden Johnny nicht wieder. Er war verschwunden, oder wir suchten an allen Stellen, an denen er auf keinen Fall lag. Er war weg und blieb weg. Vielleicht hatte man sein Grab geöffnet und hatte ihn gestohlen. Oder er war einfach auf und davon, wer wusste schon, was amerikanische Gummipuppen so alles konnten.
Mit Amerika verknüpften wir diesen Vorfall, der nie aufgeklärt wurde, und so blieb dieses Rätsel stellvertretend für die großen Rätsel, die uns in den nächsten Jahren von Amerika aufgegeben wurden.
Bis dahin lernten wir Slim Sherman und Jesse Harper kennen, die am Fuß der Blauen Berge wohnten und für Gerechtigkeit sorgten, und Lassie, den ersten Hund, der schlauer war als sein Besitzer. Und Jeff und Rin Tin Tin und Fury. Und natürlich auch die Cartwrights und die Leute von der Shiloh-Ranch.
Aber es blieb immer ein morbider Hauch, der von Amerika herüber geweht war, und der uns mahnte, das sich hinter der Fernsehwelt die wirkliche Welt versteckt mit ihren grausamen Wahrheiten.Und das wir Johnny dort finden würden, aber wir vergaßen ihn mit jeder Folge amerikanischer Heldenserien mehr. 





Tonnes Tagebuch: Diskriminierung im Supermarkt

Liebes Tagebuch!
Heute morgen fahre ich in den Supermarkt, um ein paar Lebensmittel zu kaufen und bleibe wie zufällig vor dem Teeregal stehen. Interessant finde ich ja immer die Yogi-Tees, die fein abgestimmt sein sollen auf die jeweilige Persönlichkeit oder das Geschlecht. Dann sehe ich in jenem Regal drei Teesorten, die alle für Frauen gedacht sind, und keinen einzigen Männer-Tee. Frauen Power leuchtet besonders kräftig heraus, und ich erwarte natürlich, dass die Gleichstellung auch für den Mann im Teeregal und überall durchgezogen wird. Ich weiß, dass es den Männertee gibt, aber hier ist er nicht zu finden. Sweet Chai daneben, auch typisch Frau, Hauptsache süß, gefriergetrocknete Schwarzwälder im Teebeutel. Chi Latte finde ich auch nicht, da denkt der Kunde vielleicht eher an den Mann, und Schoko ist auch eine weibliche Geschmacksrichtung.  Fragt man eine Bedienung nach Männertee, dann assoziiert die sowieso gleich Prostata und Blasenschwäche und schickt den Frager in die Reformhausabteilung. Lieber den Mund halten und so tun, als sei dieser ganze Genderkram längst vergessen. Ich hoffe, dass wenigstens der Yogi, der seinen Titel für die Teesorten hergeben musste, ein Mann ist. Von einem weiblichen Yogi habe ich noch nicht gehört, vielleicht heißt die dann Yoga, und ich habe das überlesen. Immerhin: Der männlich Yogi kann, so stand das im Stern, einer Zeitung, die keiner mehr liest,  mittels Geschlechtsorgan und Konzentration, kombiniert mit absoluter Kontrolle über den eigenen Körper, eine Kerze ausblasen, indem er in die Blase Luft einsaugt und die dann stoßartig herausschleudert, und wenn gut gezielt, eine Flamme zum Erlöschen bringt. Da hat der Mann der Frau etwas voraus, wenn er denn Yogi ist. Durch diesen Gedanken bin ich versöhnt mit der Diskriminierung der Männer im Teeregal. Und: Wirklich gut schmeckt der Yogi-Männertee auch nicht.

Wörter aus dem Hinterkopf....Gute Butter

Gute Butter hieß das damals, denn Butter ohne Adjektiv war ein Butterbrot. Machst du mir mal ein Butter, fragten wir Mutter, die dann schmierte, später sangen wir, meine Mutter schmiert die Butter immer an der Wand lang und erbosten diese damit. Gute Butter war ein Gut, ein Wert, eine Speise für besondere Tage, für Sonn-und Feiertage, die auf das Wochenende fielen, Weihnachtenosternpfingsten. Der Standardbestrich für alle Tage, für alltags eben, war Margarine, einfach auch Rama genannt, denn es gab keine Alternative, nur Rama als Würfel, und diese Rama schmeckte nicht besonders, vor allem wenn sie unter Marmelade auf dem Butterbrot klebte und dazu gezuckerter Muckefuck getrunken wurde. Muckefuck, das später irgendwie nach Gangsterrapper klang, der die Mutter seines Feindes sexuell belästigen wollte, Muckefuck, das sollte man lieber nicht englisch aussprechen, aber das kannten wir damals nicht, da waren die Beatles noch die Be-Atles, auch wenn ein Verdacht keimte, dass dieses Wort mit den im Radio angepriesenen Bietels identisch sein könnte.
Rama aber hatte sich trotz dieser schmierigen Konsistenz ins Gedächtnis gegraben, als die Margarine schlechthin, die Mutter aller Margarinen eben, die dann später von Florasoft abgelöst wurde, einem Pflanzenfett mit Wasser gepanscht, um die Streichfähigkeit auch aus damals auftauchenden, fast unerschwinglichen Kühlschränken heraus zu gewährleisten. Warum etwas, das mit Wasser gestreckt wurde, teurer war, als das Unverschnittene, blieb unbeantwortet. Rama, Rama schnarrten die Glatzköpfigen in orangefarbenen Kleidern, Hare, Hare, obwohl  sie doch keine Haare, bis auf einen kleinen und fusseligen Pferdeschwanz, am Kopf trugen, Hase Krishna, Rama, Rama, schnarrten sie monoton, in den Händen kleine Zimbeln, die sie zusammenpatschten und himmelsglückliche Töne erzeugten, die das Hierseits vergessen machen sollten.
Die Krishnaleute waren irgendwie auch Vorläufer der viel späteren Punks, deren Frisuren irokesenartig der Haartracht eines Wildpferdes ähnelte, in den Händen eine Flasche Bier  und ein stinkender Schäferhund neben sich.Die Zimbeln waren durch Ketten und durch die Gesichtsbacken gezogene Sicherheitsnadeln ersetzt, um dem Diesseits ein paar Mark abzutrotzen, ohne einen Finger krumm zu machen.
Das Gegenstück der Krishnaleute aber waren die Langhaarigen, die Gammler, die die Haare, die sogenannte Matte als Protest gegen den Krawattenmief der Erwachsenenwelt verstanden, und diese, um den Protest zu verstärken, möglichst naturbelassen wuchern ließen.
Wer jemals etwas hat wuchern lassen, wird sich sofort an Wucherungen erinnern, die der Facharzt gerne gegen Geld aus den Nasen zog. Die Frage sprang uns damals schon entgegen, warum jener Wucherungen ziehende Facharzt Hals-Nasen-Ohrenarzt hieß und nicht Hals-Nase-Ohrenarzt, denn jeder Mensch hat einen Hals, eine Nase und zwei Ohren? Oder aber Hälse-Nasen-Ohren-Arzt, weil er ja für die ganze Menschheit oder die Stadt zuständig war. Nicht auf alle Fragen hat das Leben eine Antwort. Das war die bittere Erkenntnis damals, und besonders die fehlenden Antworten sozialisierten uns. Die Butter aber wurde im Laufe der Zeit immer billiger, und das merkten wir, wenn es am Hintern juckte. Führte man die Hand an diesen Bereich, dann verlautete mindestens ein Erwachsener: Na, wir die Butter billiger? Und da konnten sie wohl in einem reichen Erfahrungsschatz bohren, der für jede unerwünschte Handbewegung die passende Bemerkung ausspuckte.

Nachdem sich die Butter zu einem riesigen Butterberg versammelt hatte, war ihr Niedergang bereits besiegelt. Wer sich nach oben schmiert, kann tief fallen, das wussten wir vom Hörensagen. Die Erfindung des Cholesterins war das Todesurteil des tierischen Fettes und der Abschied von leckerem Brotestrich. Böse Butter. Nie mehr gut. Selbst als Wandestrich war sie geächtet.

Beziehungsgespräche: Schwimmweste

Frau: Schatz, warum hast du denn deine Schwimmweste an?
Mann: Weil ich doch nicht schwimmen kann.
Frau: Aber wenn du eine Schwimmweste anhast, dann musst du doch gar nicht schwimmen.
Mann: Will ich ja auch gar nicht.
Frau: Und warum hast du sie dann an?
Mann: Falls ich mal schwimmen können müsste.
Frau: Wann soll das denn sein?
Mann: Falls jetzt die Flut kommt....
Frau: Aber doch nicht im Weserbergland.
Mann: ...oder eine riesige Welle aus Dreckwasser und Geröll.
Frau: Wo soll die denn herkommen?
Mann: Das weiß ich doch nicht, aber es kann ja sein. Dann will ich vorbereitet sein.
Frau: Ich dachte, wir wollten essen gehen.
Mann: Das können wir doch.
Frau: Aber nicht mit der Schwimmweste.
Mann: Mit Schwimmweste. Falls das Restaurant plötzlich unter Wasser steht.
Frau: Wir sind doch nicht auf dem Schiff.
Mann: Auf dem Schiff sowieso nie ohne Schwimmweste.
Frau: Aber es ist doch nur die Pommesschmiede um die Ecke.
Mann: Schon wieder Pommes. Das ist doch nicht Essengehen.
Frau: Doch, wir gehen da ja hin.
Mann: Damit du was trinken kannst und wir den Wagen stehen lassen können? Du wärst nämlich mit Fahren dran.
Frau: Nein, weil es nur um die Ecke ist.
Mann: Pommesschmiede. Das ist nicht Essen gehen, das ist Essen stehen. Da kann man nicht mal sitzen.
Frau: Das wäre mit der Schwimmweste ja auch schwierig. Da kämst du ja nicht mal an dein Essen ran.
Mann: Pommes ist doch kein Essen.
Frau: Sind.
Mann Was, sind?
Frau: Plural. Pommes sind kein Essen.
Mann: Sag ich doch.
Frau: Ich glaube, ich mach uns ein paar Schnittchen.
Mann: Aber mit Gürkchen.
Frau: Ja,sicher.
Mann: Und die Schwimmweste bleibt an.
Frau: Wie du willst. Vielleicht regnet es ja noch draußen.
Mann: Drinnen ja wohl nicht.
Frau: Warum bist du denn so aggressiv?
Mann: Eben.
Frau: Hoffentlich wird die neue Garnitur nicht nass.
Mann: Wolltest du nicht Schnittchen machen? Bring doch auf einem Weg ein Bier mit, ich komm mit der Schwimmweste nicht den Keller runter.


Jugendsatz des Jahres 2015

Der Deutsche Verein für Kontinenz hat jetzt den Jugendsatz des Jahres 2015 gekürt. Nach langen Beratungen einigte die Jury sich auf den Satz "Läuft bei dir".

Tonnes Tagebuch: Handygestützte Hundeführerin und matschige Zucchini


Liebes Tagebuch!

Heute fuhr ich mit dem Fahrrad so vor mich hin und es kam mir ein junges Mädchen mit zwei
Hunden entgegen, die nur schwer zu zügeln waren, denn das junge Mädchen blickte auf ihr Handy, das sie in der rechten Hand hielt. Mit der linken versuchte sie, die Hunde kurz zu halten und an den Straßenrand zu zwingen, damit diese mich als Radfahrer wohl nicht vom Sattel holen sollten. Mir fiel ein, dass das Wort zügeln  eher für Pferde gebräuchlich ist und bei Hunden, deren Anfang und Ende aufgrund der Wuselig- und Zotteligkeit ihrer Behaarung nicht sofort  ermitteln kann, eher unangebracht ist. Ich vermutete den Kopf der Hunde da, wo das kürzere Hundestück hinter dem Leinenansatz zu sehen war und drückte mich entsprechend tief in den Sattel, um auf meinem, wie man lustigerweise sagt, Drahtesel sicher davongaloppieren zu können, falls das Handyfräulein vollends die Kontrolle verlieren würde.
Ich dachte darüber nach, was auf dem Handy wohl von der herbstlichen Szene ablenken könnte? Hier die Sonne, die frische Luft, der blaue Himmel, das bunte Laub und die verzottelten Hunde ohne Anfang und Ende, und dort ein kleiner Kasten mit ein paar Mikrochips. Vielleicht war sie gerade am Liken oder Chatten oder einer ähnlich bedeutenden Aufgabe im Rahmen der smartphonen Möglichkeiten, oder aber sie suchte nach einer APP, etwa mit dem Titel „Die perfekte Hundeführerin“, „Den Anfang bei Hunden finden“, oder „Gassigehen handygestützt“. Vielleicht war sie auch im Dogchat, wo sich Hundeführer unterhalten und Tipps geben, wie man Exkremente mit dem Plastiktütchen am effektivsten entfernt. Welch warmes Gefühl muss es sein, wenn der sozial kompetente Gassigeher in den Beutel greift, denn  die Empfindung wird ja auch durch die Größe des Hundes beeinflusst.

Eben war ich noch in einem Fachgeschäft für Kleintierbedarf und -futter gewesen, dem Fressnapf, und hatte dort, wie die Fachkraft es nannte, in der Vögelecke über Berufsaussichten für Fachkräfte im Kleintierbedarf- und Futtermitteleinzelhandel gesprochen. Bei dem Wort Vögelecke hatte die Dame um die dreißig merkwürdig gekichert, oder besser gegickelt, so als wenn ein Hamster über einen Katzenwitz lacht. In der Vögelecke waren wirklich eine Reihe Vögel in einer Voliere aus Glas und machte einen enormen Lärm, sodass sich die Ecke eigentlich wenig für ein Gespräch eignete. Allerdings regte sie auch nicht zu anderen Tätigkeiten an, einmal aufgrund des durchdringenden Vogelgeplappers und zum anderen, weil der Laden olfaktorisch unter würzigriechenden Läden eine Spitzenposition einnehmen würde.

Nachdem ich mich von der handygestützten Hundeführerin entfernt hatte, die bestimmt gottgefällig war, weil sie in dieser Demuts- und Gebetshaltung, den Kopf gesenkt, zwei Mitgeschöpfe an die frische Luft brachte,  traf ich auf eine Gruppe Grundschulkinder, die mit ihrer Lehrerin buntes Herbstlaub sammelte. Das taten die Schüler in der Nähe eines Flüchtlingsheimes, das hinter den sich entlaubenden Bäumen momentan noch versteckt lag. Es drängte sich mir der Gedanke auf, dass sich die Gruppe wohl unauffällig an das Flüchtlingsheim bewegen wollte, um einmal, wie es die heutige Pädagogik vorsieht, lebensnah Erfahrungen zu machen und nicht nur aus den Medien mit Informationen gespeist zu werden. Ein echten Flüchtling zu sehen, ohne ihn natürlich anzufassen, wäre schon ein Ereignis, über das es sich am Mittagessen der Mutter zu erzählen lohnte und auf jeden Fall spannender, als das kleine Einmaleins mit sieben. Allerdings sind Flüchtlingslager in der Regel abgeschottet, sodass man eher von einem Getto sprechen kann, was wohl dem Schutz der Flüchtlinge dienen soll. Mir fiel dann ein, ob die enttäuschten Grundschulkinder nicht ersatzweise einen Gettoblaster betrachten und vielleicht sogar anfassen könnten, und ob dieses Gerät nicht eine genauso unnütze Sache ist, wie etwa der Laubbläser, mit dem man das Herbstlaub in die Nachbarsgärten blasen, oder auf seinem Grundstück gleichmäßig verteilen kann.

Gettoblaster und Getto schreibt man heutzutage ohne h hinter dem G, genau wie Spaghetti, wohl um Menschen entgegenzukommen, die zu faul sind, unbequeme Schreibweisen auswändig zu lernen oder generell unter einer Rechtschreibschwäche leiden. Ob sie Getto oder Spagetti in der vereinfachten Schreibung ohne Fehler hinbekommen, ist bislang nicht belegt. Ohne h spricht man Ghetto wie Dschetto und Spaghetti wie Spadschetti aus, denn die Wörter kommen wohl aus dem Italienischen. Es gibt ja auch Leute, die im Gegenzug Zutschini statt Zucchini sagen, weil sie die gurkige Frucht zu lange garen, sodass sie eine matschige Konsistenz annimmt.

Es ist schon wundersam, liebes Tagebuch, dass man von einem Flüchtlingslager auf matschige Zucchini kommt, eigentlich sogar von einer handygestützten Hundeführerin aus, und ich frage mich, ob ich mir Gedanken machen muss. Ach, eigentlich denke ich sowieso schon zu viel und der Tag hat ja noch ein paar Stunden, in denen vielleicht nichts passiert, über das ich nachdenken kann.

Seehofer und Merkel II


Die Menschen um uns herum

Pablo Inkasso: Hirnmassage (2015)
Kennst du das Gefühl, dass dich jemand einlullen will, dass dich einer umsäuselt, dass dir eine heiße Luft ins Hirn bläst, wo sie einen Hohlkörper vermutet?
Dann bist du in der Nähe der Politik, da wo  das Eindringliche herrscht, das, was dich beherrschen will, das dir einflüstert, wo du dein Kreuz zu machen hast, um es anschließend auf dich zu nehmen und die Konsequenzen zu tragen.
Auch wenn hier zwei Metaphern falsch kombiniert wurden, so ist doch klar: Du kannst nicht alles glauben, was dir gesagt wird. Sogar deine eigenen Worte gehören unter einen Generalverdacht, denn du kannst nicht beweisen, ob es deine sind, oder ob du nur etwas nachplapperst, was dir andere vorgebrabbelt haben.
Die Gedanken sind frei. Ja, wer hat das denn gesagt? Da kann man ein feines Volkslied runterlallen und ist frohgemut, dass einem ein Stückchen Freiheit geblieben ist, eine Nische, in der alles erlaubt zu sein scheint. Weit gefehlt. Du weißt es nur noch nicht. Aber du wirst es schon merken. Die Brainpolice ist keine Erfindung der Gegenwart. Spätestens wenn dir deine Gedanken als Wort im Hals umgedreht werden und mit ihnen vielleicht auch der Hals, dann wird dir das klar werden. Der Wendehals ist nicht Vergangenheit; das wird dir dann klar werden.
Bis dahin: Lass dich von Merkel, Seehofer und Co in den Schlaf singen, stell es dir einfach mal vor, nur vorstellen, wie auf einer Traumreise, dein rechter Arm ist ganz schwer, bleischwer, du bist ganz ruhig. Du hörst die sanften Stimmen von Merkel, Seehofer und Peter Altmeier, Schäuble, und schließlich Söder, Markus Söder wie Söderbrennen, Söder mit seinem missratenen Haarschnitt, den man gottseidank nicht hören kann.
Wenn du dann einschlafen kannst, bist normalerweise tot.

Weltweit: Heute ist Gefüllte-Eier-Tag!

Weltweit wird der gefüllten Eier gedacht.
Diese Speise, die wohl parallel zu den beliebten Spargelröllchen entstanden sein muss, verliert immer mehr an Präsenz auf deutschen Tellern.
Der Mensch ergötzt sich eher an mikrowellenbeschleunigten Currywürsten, die ihren strengen Geruch auch in Großraumbüros verbreiten, an in altem Fett gegarten Kartoffelstäbchen, oder an merkwürdig gleich aussehenden Speisen, die im heimischen Thermomix zusammengemixt wurden und das Etikett "besonders wertvoll" beanspruchen, weil mit hochpreisiger Küchenmaschine zubereitet.
Vergessen das gute gekochte Ei, dem man liebevoll das Innere entnimmt, um Platz für interessante Füllungen zu schaffen und den Speiseplan zu bereichern.
Dem Vergessen engegenzuwirken ist das Ziel des Welttages der gefüllten Eier. Ebenso werden wir uns um das gute Butterbrot, den gelben Pudding und das aus unerklärlichen Gründen verhasste Hühneefrikassee in Form des Ragout fin kümmern.


Alle denken an mich nicht

Und dann ist sie wieder da, die Melancholik, diese Mischung aus allumfassender Traurigkeit und Schmerz. Ja, es schmerzt, wenn sich niemand kümmert, wenn es niemanden interessiert, wie es mir geht, wenn alles vorbeiläuft am Leid des Nachbarn, der vielleicht vereinsamt in seinem Gartenhäuschen sitzt und sich versteckt, damit seine Schreie nicht gehört werden, wenn der Krampf wieder kommt, wenn es schmerzt. Weltschmerz, globaler Schmerz, universaler, universeller Schmerz.
Das ist unsere Zeit, unsere neue Zeit: Unbemerkt das Einzelschicksal, unbemerkt das individuelle Los, jeder interessiert sich nur für sich, für sein Fortkommen oder sein wohliges Hierbleiben, Wellness auf jeder Ebene, perverse Wellness, nicht einmal mehr Mitleid kennt der Mensch, das ist ihm schon zu viel Leid, da leidet er ja vielleicht selbst, und das passt nicht zum Zeitgeist, der Erfolg verlangt, der Glück und Schönheit fordert, Schlanksein, Ranksein, nur das Bankkonto darf fett sein, oder schmal und der fette Rest in der Schweiz oder in Luxemburgliechtensteincayman.
Da die Villen im Tessin, hier das Gärtenhäuschen, dessen Wände so viel Schmerz gehört haben. Melancholik. Da kommt wieder eine, aber draußen kommt niemand.
Und dann diese Jammerer, die glauben, sie litten den größten Schmerz, sie trügen das Leid der Welt, und ich sage, sie sind nicht Jesus, der hat das nämlich für uns getan, damit wir frei sind.
Nur bei mir hat das nicht geklappt. Ich sitze hier verloren, gebeugt, gekrümmt, gekrampft.
Diese Jammerer sollten sich mal ans Kreuz schlagen lassen, dann wissen die, was Schmerzen sind. Ich habe es im Kreuz, ist die einzige Aussage. In diesem Zusammenhang.
Ich mag es nicht, wenn die ganze Welt jammert, obwohl der Zeitgeist Spass mit Doppel-s angesagt hat.
Spasmen  quälen mich, Seelenspasmen.
Niemand kann nachempfinden, wie ich leide. niemand will das, und das schmerzt noch mehr, das macht den Schmerz unerträglich. Alle denken nur an sich, dieser uralte Spruch, als Witz gemeint, alle denken nur an sich, nur ich denke an mich, das ist kein Witz, das ist Neoliberalismus, das ist bitterer Ernst.

Folgen der Rechtschreibreform

Watttim.
Watttina.
Watttom.
Watttoni.
Watttrude.
Seit der Erfindung des unbegrenzten Dreifachkonsonanten im Rahmen der allerletzten Rechtschreibreform gibt es außerhalb des Wortes Sauerstoffflasche so schöne Möglichkeiten, auf interessante Sachverhalte durch ungewöhnliches Schreiben und Lesen hinzuweisen.
Man nehme an, es gäbe eine Schar von Wattführern, die die Namen Tim, Tina, Tom, Toni und Trude hießen. Diese könnte man mit dem Wort Watt durch einen Dreifachkonsonanten verbinden und das könnte bewirken, dass der Watttourismus in einem beliebigen Urlaubsort nach vorn gebracht würde.
Mit dem Europäischen Rat müsste geklärt werden, ob Stellenausschreibungen auf Bewerber beschränkt werden können, deren Vornamen mit T beginnen, oder ob man vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Diskriminierung klagen könnte und auch Vornamen, die mit G oder H oder Z oder ähnlich beginnen, zugelassen werden müssten; was wiederum die eigentliche Idee zerstören würde.
Man sieht mal wieder: Die Vorschriften passen nicht immer zu den Idee, und diese nicht zur Wirklichkeit. Europa hin oder her.
Vielleicht könnte man in Dresden ja mal dafür oder dagegen spazieren gehen, die Richtung wäre egal, Hauptsache bewegen.

Am Politiker belauscht: Merkel und Seehofer


Welttag der roten Kleidungsstücke

Welttag  der roten Kleidungsstücke. Wie trist wirkte die Welt, wie Grau in Grau, wie blass und farblos, wie öde und schnöde, wie deprimierend, wenn es nicht die Farbe Rot gäbe. Das Rot lässt zwar alles um sich herum verblassen und scheint unangemessen zu dominieren wie in früheren Jahren das Grün, das Braun und schließlich das unselige Umbra, aber es ist wenigstens eine Farbe, die uns daran erinnert, dass es keine Farbfilme mehr gibt und alles nur noch digital gespeichert wird.
So ist es eine schöne Geste, den Welttag der roten Kleidungsstück zu begehen, denn niemand kann gezwungen werden, diese zu kaufen und dann auch noch zu tragen, sondern hätte jederzeit sein Kostüm in Schlammfarbe anziehen können. Und das ist nicht chic, besonders, wenn es regnet.

Neue Mode: Schrecklich

Jedes Jahr dasselbe. Die Models stakeln über den Laufsteg und zeigen die neuesten Kreationen, die der halbseidene Meister hingeworfen hat, das Publikum schlürft am Champagner und hält Canapées in den spitzen Fingern. Dann will die Gattin unbedingt ein Kleid des Couturiers erwerben lassen und das Portemonnaie des Mannes schrumpft wie die kranke Leber. Trotzdem wird gezahlt, denn alles andere gäbe Krach, und den kann ein Mann mit Schrumpfleber nicht gebrauchen, da soll es lieber der Geld- und nicht der Herzbeutel sein, der sich schmerzhaft zusammenzieht und einen Infarkt ankündigt. Wer weiß, was morgen ist, denkt der Betuchte und zückt die Scheine , in die er so heiß verliebt ist. Er weiß, was kommen wird. Da Kleid wird nicht halb so gut aussehen wie an bei der flotten Achtzehnjährigen vom Laufsteg; es wird eher eine Farce sein, und er wird gute Miene zu hässlichem Spiel machen. Das Schlimste: Die Männer werden Wilma zu Füßen liegen, sie werden sich an sie schmiegen, am Saum ihres neuen Kleides schnüffeln und leise grunzen um zu signalisieren, ich nähme dich, wenn dich dein Alter nicht mehr will. Gebuckelt wird und Speichel geleckt, nur um teilzuhaben an der Ablösesumme, die sich bei einer Scheidung zu Verfügung stellen müsste. Geld und neues Kleid lassen eine unschöne Frau vergessen. Bittere Erkenntnis des 21.Jahrhunderts.

G.Fried: Geschichten vom jungen Bodo - Der Zahn


Bodo sitzt am Wohnzimmertisch. Er hält den Mund leicht geöffnet, aus dem ein schwarzer Zwirnsfaden herausguckt und schlaff bis zur Küchentür hängt.
Der Zwirnsfaden ist an der Klinke festgeknotet. Das andere Ende des Fadens ist um einen Zahn in Bodos Mund gewickelt. Auf der linken Seite ist es der dritte von der Mitte aus gezählt.
Es ist ein Milchzahn, der schon seit Tagen locker sitzt.
Bodo fasst mit dem Finger an den Zahn, um zu überprüfen, ob er sich nicht schon gelöst hat oder vielleicht ganz einfach, ohne einen winzigen Schmerz, am Finger kleben bleibt.
Der Zahn hat weder das eine getan, noch tut er das andere.
„Du musst den Zahn mit dem Faden an eine Tür binden“, hat Onkel Fritz ihm geraten. „Und dann“, hat er weiter geraten, „schlägst du die Tür zu und zack, ist der Zahn draußen. Da merkst du überhaupt nichts.“
Onkel Fritz wollte ihn beruhigen.
Bodo hat, wie nötig, den Zahn mit der Türklinke verbunden.
Onkel Fritz ist manchmal etwas barsch im Ton, aber er meint es gut und ist vertrauenswürdig.

„Da merkst du gar nichts“, erinnert sich Bodo an seine Worte. Wieso gab es eigentlich Zahnärzte, wenn jeder seine Zähne schmerzfrei mit der Türklinke ziehen konnte?
Bodo zweifelt an Onkel Fritzens Worten. Oder hat der gemeint, dass man sich erst die Tür vor den Kopf schlagen soll, um dann ohnmächtig zu Boden zu stürzen und im Fallen – darum muss der Faden kurz genug sein - den Zahn zu verlieren?

Bodo ist schon einmal mit dem Kopf vor eine Tür gelaufen. Das hat weh getan. Die Beule hat die Mutter mit einem kalten Messer aus dem Essbesteck gekühlt, oder eigentlich wieder in den Kopf gedrückt.
Schmerzfrei? Weit gefehlt!
Bodo fasst an den Zahn schiebt ihn hin und her. Zahnärzte nehmen einen Haken, fassen unter den Zahn und ziehen dran, und Kinder, die vor Ehrfurcht vor dem weißen Kittel und den spitzen Gegenständen ganz starr sind, sagen hier kein Wort. Aber schmerzfrei ist das nicht.
Warum soll ausgerechnet die schwere Wohnzimmertür zur Küche den Zahn schmerzfrei entfernen?
Der Zahn sitzt locker, das fühlt Bodo ganz deutlich. Nur – wer soll die Tür zuschlagen, wer wollte die Verantwortung übernehmen, dass wirklich kein Schmerz zu spüren ist? Onkel Fritz müsste das eigentlich, aber der ist nicht da.
„Du musst die Tür einfach zuschlagen“, hat er gesagt.
„Du“, denkt Bodo und schluckt, „das bin ich“.
Oder wäre es besser, sich auf die andere Seite der Tür zu setzen, die Tür zu schließen und zu warten, dass zufällig der Vater oder die Mutter die Tür aufreißen und der Zahn in einem heraus wäre. Schmerzfrei.
Bodos Eltern reißen keine Türen auf. Sie machen das immer in aller Ruhe, und was das für den Zahn bedeuten kann, will sich Bodo nicht vorstellen.
Außerdem: die Mutter ist im Keller, der Vater in der Werkstatt. Beide müssten erst einmal durch die Küche ins Wohnzimmer gehen, um dann blitzschnell türaufreißend wieder herein zu kommen.
„Das kann dauern“, denkt Bodo. „Du musst es selber tun“, denkt er. „Niemand kann mir helfen“.
Nervös schiebt er an seinem Zahn. Er muss sich entscheiden, wann er die Tür zuschlagen will. Er kann nicht den ganzen Nachmittag hier sitzen.
„Ich zähle bis drei“, nimmt er sich vor.
„Halt, bis drei ist zu kurz“.
Bodo überprüft noch einmal die Fadenlänge – der Faden darf , wie gesagt, nicht zu lang sein – und den Sitz des Knotens.
Nur die vorschriftsmäßige Ausführung des Vorhabens garantiert Schmerzfreiheit.
„Vielleicht warte ich eine Minute“, sagt sich Bodo und blickt zur Wohnzimmeruhr, die träge tickt.
Die Wohnzimmeruhr hat keinen Sekundenzeiger. „Das ist schlecht“, denkt Bodo, den Zeigefinger immer noch im Mund, „es muss schon ganz genau eine Minute sein. Ohne Sekundenzeiger kann ich nicht wissen, wann die Zeit um ist“.
Bodo überlegt. 5 Minuten sind zwar länger, aber auch nicht genauer abzulesen.
Bodo spürt einen süßlichen Geschmack im Mund.
„Woher einen Sekundenzeiger nehmen?“, überlegt er, „Oder eine Uhr mit Sekundenzeiger?“
Ihm fällt ein, dass der Wecker im Elternschlafzimmer einen kleinen Sekundenzeiger har, der auf einem eigenen, kleinen Zahlenkreis mit 60 Strichen läuft.
Aber um den zu holen, müsste er den Faden vom Zahn lösen.
Das Süßliche im Mund ist noch da. Bodos Zunge rührt mit etwas Hartem im Mund herum.
„Der Schlafzimmerwecker. Gut“, entschließt er sich.
Mit Daumen und Zeigefinger fasst er das Harte im Mund, mit dem die Zunge gespielt hat.
„Der Zahn!“ Eine heiße Welle schießt in Bodos Körper hoch, sein Herz klopft schneller.
„Der Zahn!“ jubelt es in ihm. „Da ist er ja!“ Dann zieht er den Zwirnsfaden mit dem Koten am Ende durch die Lippen.
„Schmerzfrei“, denkt Bodo. „Das ist schmerzfrei. Von wegen Tür und Faden!

Weisheit der Woche: Weiche Ziele

Manchmal trifft uns, die weichen Ziele,
Das Leben
Und wir haben die Chance,
Das Leben zu treffen.

Filme verstehen: Du bist nicht dabei


KUCKanleitung:
Dabei sein ist alles! Das denkt doch jeder, denn jeder hat Angst vor dem Abgetrenntsein, dem Ausgeschlossensein, dem Alleinsein.
Du willst dabei sein. Egal was es ist, egal, wer es ist. Das Dabeisein definiert deinen Wert. Nur wer dabei ist, ist wer.
Früher hieß es: Haste was, biste was.
Daraus haben die Glatzen "Hasste was, biste was" gemacht, auch wenn sie diesen sprachlichen Schlenker nicht verstehen können.
Und dann eine Bilderfolge mit Typen, zu denen niemand zählen möchte. Du bist nicht dabei, verspricht der Vorspann. Wenn wir die mürben Gesichter betrachten, werden wir froh. Ich bin nicht dabei, denkst du, und erkennst windeseilig, dass das Debeisein eben nicht alles ist, dass es manchmal besser ist, nicht dabei zu sein, abgetrennt zu sein, für sich zu sein. Und seinen Wert trotzdem zu behalten.
Im Nachspann wird alles auf den Kopf bestellt. "Oder doch.", heißt es da. Keine Frage. Eine Antwort, die nicht der Kucker gibt, sondern der Film. Du bist nicht so gut, wie du dich selber findest. Oder doch. Punkt. Offen bleibt die Frage, wie es weiter gehen soll. Mit dir, mit euch, mit allen.
Die Botschaft: Kuck erst mal hin, wo du mitmachst. Vielleicht sind es hässliche Pegiden, die montags spazieren gehen. Oder noch schlimmer.
Der Film: Du bist nicht dabei Bodos Weltfilmproduktion 2015

Endlich: Kuck-Anleitungen für Videos!

Für Leute, die  nicht wissen, was sie sich eigentlich alles angucken, hier Kuckanleitungen für ausgewählte Videos:                                    
                                                                               
HUNDELEBEN - Ein Film aus Bodos Weltfilmproduktion 2011                          
KUCKanleitung:
Film nicht verstanden? Warum Siebenmal die selbe Szene, aber mit unterschiedlicher Musik?
Dem Hundebseitzer zerreißt es das Herz, wenn er den armen Kläffer hinter einem Bretterzaun durch ein gerade für seinen Schädel passend herausgesägtes Loch gucken und bellen sieht.
Siebenmal wiederholt sich die Szene, mit jeweils anderer Musik unterlegt. Sieben ist eine magische und mythische Zahl: Die sieben Berge, die sieben Zwerge, die sieben Riesen und die sieben Miesen, sieben auf einen Streich und auch Sandsieben sind die Themen, die die Menschheit von Kindesbeinen an berührt.
Wie wirken die Szenen mit unterschiedlicher Musik?
Mal heiter, mal unheimlich, mal spannungssteigernd, mal verwirrend und verstörend, dann entspannend und fast langweilig.
Zum Schluss aber merkt der Hundefreund wieder auf: Eine asiatisch klingende Melodie bohrt sich in sein Hirn und flüstert "Chinarestaurant". Da werden sofort alle Klischees abgerufen und Sorge um die bedrohte Kreatur erfüllt den Menschen.
Dabei handelt es sich letztlich nur um einen Bretterverschlag im Ostdeutschland (Raben) der 90er Jahre. Zu Mauerzeiten war auch dieses Loch geschlossen, denn warum hätte es dem Hund besser gehen sollen als dem Besitzer?
Fazit: Musik kann Inhalte verstärken, aber auch verfremden und zerstören.
Also, Musikhörer: aufgepasst!

Mit dem Strom fliegen - Ein Film aus Bodos Weltfilmproduktion 2015

Nicht verstanden?
Es heißt eigentlich gegen den Strom schwimmen. Aber hier ist kein Wasser zu sehen, wohl aber eine Hochspannungsleitung, und in der fließt Strom. Da Vögel in der Regel fliegen, sieht man sie nicht schwimmen. Das ginge ja auch gar nicht, weil der Strom nicht im Flussbett ist, sondern in der Leitung.
Dass die Stromwirtschaft das sponsort, ist doch klar. Wohin denn mit den vielen Überschüssen? Kann man doch steuerlich absetzen.
Zugvögel - Ein Film aus Bodos Weltfilmproduktion 2015

KUCKANLEITUNG: Du verstehst nicht, was der Film bedeutet? Hier ein paar Tipps, die dir helfen, das, was hinter den Bildern steckt, zu verstehen.
Die Deutsche BAHN ist ein großes Wirtschaftsunternehmen, das vor allem mit Zügen arbeitet. Vielleicht ist dein Zug auch schon mal zu spät gekommen. Vielleicht bist du aber noch nie mit dem Zug gefahren, das wäre schade. Vielleicht hast du in deinem Leben bis jetzt nur mal einen ZUg bekommen und hattest Schmerzen am Hals. Grandios wäre allerdings, wenn du diesen Zug im Zug bekommen hättest. Dann würdest du alles verstehen.
Zugvögel wiederum sind Vögel, die wegziehen und herziehen und wieder wegziehen. Das nennt man auch Zug.
Zugvögel mit der Deutschen Bahn in Verbindung zu bringen ist ein Sprachwitz, weil hier dasselbe Wort "Zug" in ambivalenter Bedeutung benutzt wird. Immer pünktlich weg heißt es am Ende. Das ist Ironie, denn die Bahn und ihr Zug sind meistens nie pünktlich da.
Wenn du jetzt nicht weiß, was ambivalent heißt, solltest du erst mal zu Schule gehen. Alles andere dann später.

Bahn sponsert Productplacing in der Malerei

Vincent van Gugh-Malda: Im Schein der Sonne
schien die Schiene (2010)
Ja, die Bahn hat es nötig, wenn sie einfache T-Träger als Schienen deklariert. Wo so viel technischer Unverstand herrscht, kann sich der Fahrgast nicht wirklich sicher fühlen. Die Beförderungspreise steigen, aber die Qualität des Transportes nimmt ab.
Da lenkt ein feines Bild aus dem Bereich Technorealismus schön ab. Der Kunstkenner weiß aber, dass Die Wirklichkeit hinter der Ästhetik entgleisen kann, wenn die Weichen nur mit pekuniären Absichten gestellt werden.
Van Gugh-Malda will mit seinem Bild wohl ausdrücken, dass bei der Bahn einiges liegengeblieben ist, und nicht immer ein Zug wegen Personenschadens oder einer Störung, wie es heute neutraler heißt, sondern auch nötige Reformen, um den alten Schnarchladenbetrieb wieder auf Vordermann zu bringen. Aber:Ein Zug überholt sich nicht selbst!, sagt der Weise Mann und das weiß doch jeder: Wenn der Waggon hinter dir links neben dir vorbeirauscht, dann stimmt etwas nicht. Rauszufinden wäre, was das ist.
Das Bild selbst taugt vielleicht für das Vorzimmer des Chefs eines Eisenhandels, ins Private sollteman solche Rostschinken nicht lassen, das würde jede Strukturtapete zum Weinen bringen.
Gesellschaftskritik hin und her: Kunst hat seine Grenzen, und daran soll sie ruhig stoßen.

Alles wird einheitlicher

Da hieß es doch neulich in der Presse, das Abitur in der Bundesrepublik  solle einheitlicher werden.
Was auch immer das bedeuten mag, es befremdete den Leser das Wort einheitlicher irgendwie.
Ein diffuses Gefühl von 'da stimmt was nicht' breitete sich aus und zwang das Hirn, über das Gelesene nachzudenken.
Wenn etwas einheitlicher werden soll, dann muss es ja schon einheitlich gewesen sein, sonst könnte man es nicht steigern.
Aber was sollte das Ziel sein? Wenn etwas einheitlich ist, dann ist es gut, wenn man Einheitlichkeit will.
Vielleicht ist es deutsch, etwas noch besser zu machen, auch wenn es schon gut ist. Dafür wurde ja international der Komparativ erfunden, und den benutzt man auch hierzulande gern.

Irgendwann beträte man die Stufe des Superlativs, und das Abitur wäre in der BRD am einheitlichsten von ganz Deutschland. Klingt komisch, ist es vielleicht auch, aber keiner lacht.
Wahrscheinlich ist die Steigerung von 'einheitlich' in Zeiten der Verflachung, Gleichstellung und Anpassung irgendwie einzigartig.
Auch hier bietet sich an, dass das einheitlichste Abitur in Deutschland einzigartiger ist, als im Ausland etwa. Wenn die kein einheitliches Abitur haben, wäre es sozusagen konkurrenzlos am einzigartigsten.
Mut zur starken Sprache! Wo keine Entwicklung ist, kann sich wenigstens die Sprache entwickeln.
Der Wortfühlige moniert vielleicht sein Unbehagen: Hier vergewaltige man das Wort, geschrieben oder gesprochen, und missbrauche es zur Verschleierung der Inhaltsleere, der Hirnlosigkeit der Schreiber und Sprecher.
Das sei das Letzte.
Aber es gebe doch auch das Allerletzte, wendet der Kritisierte ein, und das käme doch deutlich nach dem Letzten.
Man mag sich nun fragen, ob der Letzte damit zum Vorletzten degradiert wird.....
Insgesamt sollten man das Vorgehen gegen Sprachschlampereien einheitlicher gestalten, damit nicht jeder sprechen könne, wie er wolle täte oder tüte.

Herbstimpressionen und Stoffwechsel

Du betrittst die sanitäre Anlage des öffentlichen Gebäudes, das dir so vertraut ist, weil du Tag für Tag dort ein und aus gehst.
Der Gebäudemeister hat ein paar herbstliche Blätter dekorativ auf den Boden gestreut und in eine nicht erkennbare Ordnung gebracht, die den kalten Raum heute anders auf dich wirken lässt. Müde hängen die Urinale an ihren Plätzen, fühlen sich wie immer angepisst und und sind beleidigt, ohne zu wissen, dass hier etwas Besonderes geschieht.
Die Blätter auf dem Boden, die noch vor Tagen von den Bäumen lachten und raschelten, so als wollten sie Geheimnisse verraten, erinnern an die Blätter in den Stoffwechselkabinen, die sorgfältig aufgerollt auf ihre Bestimmung warten, um vom Benutzer, oder vpom User, wie es heute heißt, in den Lokus und damit in den Orkus gespült zu werden, um mit dem Ausgeschiedenen den ewigen Kreislauf des Lebendigen fortzusetzen. Das ist das Kennzeichen des Lebendigen: Stoffwechsel. Und wenn sich der Kabinennachbar mühsam ächzend um ein Ergebnis bemüht, dann wird dir bewusst, dass du lebst und dass so ein profaner Vorgang wie das Loslassen, das Ausscheiden und das Weggeben ein symbolischer Akt der Erneuerung ist. Immer und immer wieder wird das Rad des Lebens in Gang gehalten. Im Alltag bemerken wir diesen wichtigen Vorgang nicht mehr, weil wir ersticken in unseren Alltagsgeschäften.
Und wenn sich dir die Blätter der Natur zu Füßen legen, dann wird dir bewusst, dass das Leben nur mit dem Tod denkbar ist, so wie die Eins nur mit der Zwei, wie der Hund nur mit der Katze, und der Vegetarier nur mit dem Gemüse. So hat alles seine Zugehörigkeit, sein Zugeordnetsein. Und wenn dein Kabinennachbar die Blätter reißt und spült, wird dir klar, wie schön die Welt ist, auch wenn es nicht danach riecht.

Neues vom Gendermainstreamscheiß

Gleichstellung ohne Gleichschaltung kann das Motto neuerer Bestrebungen in der Geschlechterdebatte lauten. Mehr Frau rein, wo eigentlich kein Mann drin ist, damit die Unausgewogenheiten der letzten 2000 Jahre ausgeglichen werden und sich ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung bildet. Bevölkerung ist ja schon weiblich, denn es heißt ja die Bevölkerung und der Bevolkerung. Volker, hört die Signale!, dröhnt es im Ohr jedes Volkers, der sich eigentlich gedemütigt sehen müsste. Das hat er aber 2000 Jahre ignoriert und damit gut gelebt. Trotzdem muss noch etwas passieren, damit die Sprache sich verändert und damit auch das Denken der Menschen, besonders derer, die sich zurückgesetzt fühlen. Dem Rest der Denkenden ist es wohl egal.
Hausverwalter soll jetzt für mindestens 2000 Jahre Hausverwaltraud heißen.
Trompeter für den gleichen Zeitraum Trompetra.
Wörter wie verlängert, geschwängert und verringert werden künftig verlängertrud, geschwängertrud oder veringertrud geschrieben und gesprochen, vielleicht auch geschwängerda oder verringertraud.
Grenzen des Verständisses erreichen Bestrebungen, den Begriff für die Musik der Langhaarigen in den Sechziger Jahren - Beat - in den Terminus "Beate" zu verwandeln. Da lacht selbst die Langhaarige nicht mehr, auch wenn sie weiblich ist.



Georg Krakl - Kein Schwein (2015)

Heute sah ich deine Bratwurst, dein Gehacktes, deinen Schinken
auf dem Viehtransporter. Ihre letzte Fahrt war angetreten.
Kein Schwein wollte winken.

Georg Krakl - Mädchen mit starken Augenbrauen (2015)

Mädchen mit starken Augenbrauen
die wollen nicht nur schauen
die wollen auch mal gucken
Auch mal mucken
und andern  in die Fresse spucken.

Nimm dich in acht
vor Mädchen mit starken Augenbrauen
Die haben Macht
über Tag und Nacht
über Leben und Tod
über Mehl und Brot
Über Haus und Maus
Über Saus und Braus
Über dich und Klaus
über Leben
über Streben

Mädchen mit starken Augenbrauen
sind am Kinn rasiert
blondiert
frisiert
paniert
und meistens, so mit 40, operiert

(Aus: Georg Krakl - Germany's next  Topfmodell - Für jeden Topf einen Deckel...Gedichte vor dem Schirm, 2015)

Andi Werwohl: Torso (2011)

Minimalist Werwohl zeigt mal wieder: Weniger geht kaum noch, um eine Stange Geld zu machen. Er muss noch nicht mal seinen Verdauungstrakt bemühen; hier reicht die Zeichenfeder oder vielleicht auch nur ein billiger Kugelschreiber von Aldi-Süd.
Wer das Bild kauft und dann noch aufhängt, ist nicht besser als der schmarotzende Kunstbetrieb, der unbeachteten Kindergartenzeichnungen endlich die unverdiente Aufmerksamkeit zollt. Angeblich soll die Zeichnung  erntstanden sein, als Werwohl fünf Jahre alt war und aus Versehen in die Sozialräume für die Betreuer und Betreuerinnen seiner Einrichtung geraten war. Onkel Bobbi habe gerade den Raum verlassen, Werwohl habe nur Tante Evi vorgefunden, die sich gerade für ein Mittagsschläfchen zurechtgelegt hatte. Werwohl habe damals der Gürteltiergruppe angehört.
Für einen Fünfjährigen erstaunlich, das Bild, für einen Erwachsenen eher lächerlich.

Versöhnung mit dem Inneren Schweinehund (1)

Der Innere Schweinhund heißt Günter, das ist mittlerweile bewiesen. Endlich ist es möglich, mit diesem Schweinhund zu sprechen, was hilft, sich mit ihm zu versöhnen.
Dieses Versöhnen ist ein wichtiger Prozess, um eine belastete Beziehung zu erlösen und in die Freiheit und erwachsene Menschwerdung zu entlassen.
Exemplarisch ein Gespräch zwischen Rolle und Günter

Günter: Na, Alter, wie wär's mit 'ner Runde Joggen?
Rolle: Nenn mich nicht Alter!
Günter: Alt genug bist du doch.
Rolle: Lenk nicht ab.
Günter: Ich mein ja nur wegen 'ner Runde Joggen.
Rolle: Du und joggen?
Günter: Ja, sicher. Mal raus, mal an die frische Luft.
Rolle: Wer will denn sonst nie?
Günter: Man muss auch mal was verändern in seinem Leben.
Rolle: Ich muss mein Arbeitszimmer noch aufräumen.
Günter: Das wolltest du doch letzte Woche schon.
Rolle: Du hast gesagt, mach erst die Steuererklärung fertig.
Günter: Sätze mit Hilfsverben sind scheiße.
Rolle: Das kann man auch anders ausdrücken.
Günter: Sage ich doch.  Ohne Hilfsverben.
Rolle: Ich meinte wegen "scheiße".
Günter: Du lenkst doch ab.
Rolle: Gibt es eigentlich für joggen kein deutsches Wort?
Günter: Nicht auf der Couch rumliegen.
Rolle: Ich wollte sowieso gleich aufstehen.
Günter: Und dann?
Rolle: Arbeitszimmer.
Günter: Und dann?
Rolle: Staubsaugen, Fenster putzen, Mails checken, neue Laufschuhe bei Amazon bestellen, Steuererklärung. In der Reihenfolge.
Günter: Alles heute?
Rolle: Jupp.
Günter: Also mal wieder nix mit Joggen.
Rolle: Das habe ich nicht gesagt.
Günter: Habe ich gehört.
Rolle: Und warum fragst du dann?




Vorurteile auf dem Campingplatz


Ich hatte den merkwürdigen Camper schon einige Zeit beobachtet. Irgendwie hatte er etwas Quasimodohaftes an sich, aber ich war glücklicherweise nicht Esmeralda.

Der Camper hatte wulstige Augenbrauen, die Augen tief verpackt in geschwollenes Bindegewebe, die Nasenflügel wirkten wie einmal aufgebläht und nicht zurückgeschrumpft und die Ohren waren reichlich zu lang und auch nach oben zu spitz. Der Mund war unküssbar für Esmeralda, aber die Finger waren lang und elegant. Leider hatten sie an den Spitzen Fingernägel, die in Richtung "medizinisches Schneidwerkzeug" zugefeilt waren.
Der Rücken war rund und der Mann ging, oder besser, huschte immer gebeugt über den Platz.
Es drängte sich mir auf, zu ergründen, welchem Staat der unglücklich geformte Mensch wohl angehören mochte.
Er war groß genug und wahrscheinlich blond, wenn man seine kurzen und wenigen Haare genau betrachtete, und stützte sich beim Gehen, das manchmal eher ein gehüpftes Hinken war, mit der Rechten auf dem Boden ab, denn auch die Arme waren einiges zu lang für einen normalen Menschen. Vielleicht ein Holländer, dachte ich, angepasst an eine feuchte Welt, in der es hieß, dem Meer Land abzuringen? Der gebeugt geht, weil er ständig die Anhängerkupplung seines Wohnwagens an das Zugfahrzeug hängen musste?
Ein Engländer oder Ire, der häufig zu viel trinkt und dann in gebeugter Haltung, die Schläge der Ehefrau erwartend, sich auf die Hände stützt, um nicht auf dem Heimweg aus dem Pub umzukippen?
Vielleicht war es ein Belgier. Franzosen verachten Belgier, weil sie Französisch sprechen und dadurch wirken, als seien sie Franzosen, und weil ihre Kleidung häufig aus dem selben Stoff genäht ist wie ihre Campingklappstühle.

Ich brach ab in meinen Gedanken, weil Wilma mit den Baguettes kam und es jetzt ans Frühstück ging.

Vielleicht waren das alles nur Vorurteile und es war ein ganz ansehnlicher Teufel, der einmal Urlaub von der Hölle machte?

Als wir die Baguettes verdrückt hatten, war der Bursche verschwunden. Ich hätte auf das Nummernschild achten sollen! Stand H nicht für Hölle? Gut, konnte auch Himmel heißen. 
Eigentlich war ich froh, dass der Buckelpeter verschwunden war, irgendwie doch kein schöner Anblick, da kann man eher noch auf einen Rollstuhlfahrer blicken, ohne dass die ganze Erholung flöten geht.

Die Frau ist schuld am Untergang des Mannes

Giacomo Meyerbröker - Die Frau ist schuld
 am Untergang des Mannes (2015)
Wenn der Mann jammert, dass sein Untergang Schuld der Frau sei, dann gehört dieser wohl einer Maskulismus-Bewegung an, die sich selbst beheult und als Opfer gern im Gemenge aus ungeputzter Wohnung und überschüssigem Augenwasser wälzt und suhlt und kompensiert, dass die Tanja ihn verlassen hat und Mutti die Wäsche nicht mehr wäscht. Da zählt er müde zwei Frauen auf, die die Familie zerstören und damit die idyllische Lebensweise auf dem Sofa kaputt machen.
Macht kaputt, was euch kaputt macht! Dieser falsch verstandene Slogan linker Rockmusiker der späten Sechziger, fordert förmlich auf, die beginnende Weltherrschaft der Frau zu verhindern und das alte Verhältnis mit all seinen Bequemlichkeiten wieder zu installieren. Unterhaltszahlungen einstellen! Das ist passiver Widerstand im ghandischen Sinne, verändern durch Nichthandeln, denkt sich der Maskulinist und es schleicht sich der Gedanke an, dass das NIchtstun schon Element der persönlichen Vergangenheit gewesen ist, sich aber eigentlich nichts verändert hat. Bis die Tanja ausgezogen ist und die Mutti sich weigerte, die Wäsche zu waschen. Gut, sagt Bernie und legt sich auf die Couch, nichts tun, geschehen lassen, in sich ruhen, beobachten und kleinste Einwirkungen planen. Gespannt sein, was passiert.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann ein Gewitter auslösen. Das ist ein Wort, sagt Bernie, und furzt genüsslich gegen das Sofakissen, das die Tanja dagelassen hat.

Dumm gucken, dumm sein

Was steckt da im Kopf, der sich uns entgegengestreckt wird, der uns anstarrt aus seinen glasigen Augen, der uns mustert, taxiert, einordnet, kategorisiert und selber übersieht, dass er personifizierter Schrecken ist, der sich verbergen sollte, der sich besser versteckt, weil man sonst nach ihm jagt, ihn verfolgt und zu Boden schlägt, damit auch die Jäger endlich ihre Ruhe finden.
Selbst schuld, wird die Menge kreischen, wer blöd guckt, muss sich nicht wundern, dass man ihn für blöd hält. Das wussten schon unsere Altvorderen und haben immer versucht, ein schlaues Gesicht zu machen. Entstanden ist daraus eine Kaste der Besserwisser und Wichtigtuer.
Was haben wir davon?
Die Menschen halten sich für dumm, weil diese Wichtigtuer sie voll schwatzen und ihnen das Geld aus der Tasche saugen, wenn sie Luft holen und den nächsten Sermon vom Stapel lassen wollen.
Dumm gelaufen, Bernie, sagt die Mutter, wenn das Kind gestürzt ist.
Eine lieblose Welt ist wächst heran, in der nur die Oberklugen bestehen sollen, und wir sind wieder mal die Dummen.
Tipp: Manchmal hilft es, die Augen zu schließen. Auch vor dem Spiegel.
Zurück zur Frage: An was denkt so ein dummer Kopf? Vielleicht an eine zarte Halsbeuge am Schlüsselbein, die schamhaft verschränkten Arme, die den Fettfleck auf dem T-Shirt verbergen sollen, die Hände, die unter die Oberschenkel gepresst sind, um die unsauberen Fingernägel zu verdecken? Den Bauchnabel? Den Bandscheibenvorfall? Die Narbe, die der Hirschfänger hinterließ? Oder die andere Narbe?
Ach, wir wissen es nicht!

Heinrich Böller - Weiser Uhu


Alle hatte ihn immer schon für einen Besserwisser gehalten. Der Uhu sei weise, erzählte man. Er sitze immer er auf seinem Stammplatz und betrachte die Welt. Er sei ein Philosoph und könnte jedem einen guten Rat geben.
Nur einen gehört hatte bis dahin noch keiner. Für den Fall, dass ein Vogel einen Rat brauchen könnte, brachte ihm jeder ein wenig zu fressen. Daher sah auch niemand den Uhu jagen.
„Er jagt nachts, wenn wir schlafen“, erzählte der Spatz. Aber auch das hatte noch niemand gesehen.
„Uhu, bist du weise?“ wollten viele wissen, denn eigentlich hielten sie ihn für einen Klugscheißer.
Ständig nickte er bedächtig, und das war schlimm genug.
Er tat so, als wisse er alles.
„Uhu, bist du weise?“ wiederholten die Vögel.
Der Uhu nickte wie immer.
„Dann beweis uns das mal!“ schrieen jetzt alle. „Wir wollen sehen, dass du weise bist!“
Plötzlich bewegte der Uhu sich und riss seine gewaltigen Flügel auseinander.
„Seht her“, sprach er ruhig, und alle hatten eigentlich einen großen Auftritt erwartet,
„ Seht her“, wiederholte er, „ es ist äußerst weise, mit einem so großen Loch“, und das Loch war wirklich groß, „ mit einem so großen Loch nicht zu fliegen.“
Sagte es und fiel sofort in sein Nicken zurück.
Da hatte er wohl Recht gehabt, denn die Vögel schwiegen betreten und flogen nachdenklich in ihre Nester zurück.

Der Prophet gilt nichts, wenn er einen Tropfen an der Nase hat




Wahrlich, ich sage dir, es ziehen dunkle Wolken auf, es werden schwere Wetter kommen, und mit den schweren Wettern werden schwere Zeiten kommen, das Leben wird sich verändern, die Menschen werden leiden und sie werden jammern und klagen, weil sie ihr Schicksal nicht wenden können, das Licht wird verschwinden und bevor der letzte Hahn gekräht hat, wird auch der Ölhahn zugedreht und das Gas nicht mehr durch die Leitungen zischen, auf dass die Häuser kalt bleiben werden und die Herde und Backöfen und mit ihnen die leckeren Speise und Aufbackbrötchen, Bratkartoffeln und alles, was da Herz begehrt hat, die Mägen bleiben leer und die Kinder werden auf ihren Rippen Marimbaphon spielen und die Eltern und Großeltern und die Großeltern der Großeltern bis ins fünfte Glied werden leise mitsummen…

Äh, kurze Zwischenfrage: Was ist denn ein Marimbaphon?

Schweig, Zweifler, und höre, was ich….

Du hast da einen Tropfen an der Nase.

Schweig, jetzt habe ich meinen güldenen Faden verloren, ich war bei Aufbackbrötchen bis ins fünfte Glied....

Jetzt ist er runtergefallen.

Paradox der Woche

Wer auf morgen wartet,
läuft sich selber hinterher.

Paradox der Vorwoche

Das Ziel ist der Weg.
Oder: Das Ziel ist weg.
Oder: Der Weg ist weg.
Oder: Der Weg ist der Weg.
Weg ist Weg und Ziel ist Ziel.
Weg ist weg. Kommt nicht wieder.

Gut befeindet....

Mit dem bin ich gut befeindet, sagt Pippo und dem Hörer runzelt sich die Stirn.
'Gut befreundet' will das Hirn durch den Filter lassen und speichern. Pippo hat aber ganz deutlich sein Verhältnis zu einer anderen Person als 'gut befeindet' etikettiert.
Was will uns Pippo sagen?
In Zeiten oberflächlicher Bekanntschaften und unzähliger Freundschaften, etwa in den sozialen Netzen, ist Vereinsamung der Preis, den man für 1200 Freundinnen bei Facebook und Co zahlen muss und die soziale Orientierung fällt immer schwerer.
Wo man früher Blickkontakt hatte oder ein Schulterklopfen spürte, wird jetzt ein durchscheinendes Daumensymbol angeboten, wahlweise nach oben oder unten gerichtet, um Zustimmung bzw. Ablehnung zu zeigen, dass Bobbi gerade eine Currywurst isst oder einen Doppelwhopper vor sich liegen hat.
Wir müssen uns tagtäglich mit Sachverhalten abgeben, die uns nicht interessieren und sollen - damit wir die Freundschaft zum Unbekannten bestätigen - das lustig finden, sollen es bestätigen, sollen es liken.
Es gibt keine Freunde mehr, seit es zu viele Freunde gibt.
Da bietet sich der Feind an. Immer schon hat uns fasziniert, dass ein klares Feindbild konturiert ist, dass der Feind als Feind einfach zu kategorisieren ist und sich in eine passende Schublade stecken oder sich einfach abheften lässt.
Sozialer Bürokratismus als Lebenshilfe.
Der Freund bleibt möglicherweise diffus. Man fragt, wie der das gemeint haben könnte, oder warum jener nicht anruft, oder ob man sich selbst etwas zuschulden hat kommen lassen.
Der Feind ist bequemer: Das hat der so gemeint! Der ruft doch nicht an, warum denn überhaupt? Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, ich war immer korrekt zu ihm, ich bin  ein guter Feind. Da weiß der andere, was er hat.
Deshalb: Verirr dich nicht bei Facebook und Co.!  Wenn es denn da was zu befeinden gibt, dann bläst dir gleich ein shitstorm ins Gesicht. Millionen machen mit, nur weil sie Teil der großen beschissenen Windböe sein wollen.
Der gute Feind, der seine Regeln kennt, der sein Feindsein ernst nimmt, weil er auch einen guten Feind haben möchte, hat längst den allerbesten Freund ersetzt, der irgendwo im Sozialen Netz strampelt und nach der sucht.
Und da hat Pippo recht: Er hat keine Freunde mehr, und zieht daraus die Konsequenz.
Ich bin gut befeindet. Das ist mehr als nichts.



Georg Krakl - Schöner Kopf


Schöner kopf
sag, warum liegst du auf der unterlage
ach, ich armer tropf
bestraft mit einem jämmerlichen Schädel
der ich wage
solch ein Wort an dich zu richten
an ein haupt das völlig schick und super edel
auf der unterlage liegt
kann vielleicht ein paar konflikte schlichten
die dich stören, die dich zwicken
sag nur ja, auch reicht ein nicken

der kopf liegt still. nicht mal ein blicken.
nicht ein klicken!
ich tropf, ich will, ich will dich fröhlich machen
und so gerne mit dir lachen
will dich herzen und dich zwicken
bis dass du nicht mehr ruhig liegst
bis dass du mit mir fliegst!

denn nur fliegen
ist schöner als liegen

Georg Krakl - Dies eine Leben

Ich habe nur dies eine Leben,
Darum muss ich auch mal nehmen,
Nicht nur geben,
Den bequemen
Weg benutzen,
Nicht nur streben,
Leben,
Auch verdutzen
Nicht Erwartungen erfüllen,
Mich in feine  Roben hüllen,
Statt in abgetragene Klamotten.
Mit Marotten
Kokettieren,
Statt verlieren,
Statt bezahlen.
Lieber Erben
Statt zu sterben.
Lass die Qualen
Anderen, will selber quälen
Und an jedem Tag mein Geld durchzählen.

Hältst du mich deshalb für geistig arm,
So sag ich: In der Hölle ist es warm.

Denn da sitzen schon die Päpste, Kardinäle, Hasardeure
Und Finanzjongleure,
Katholiken, Protestanten,
Querulanten,
Falsche Tanten,
Böse Onkel, böse Neffen, böse Nichten,
Und auch jene, die nur reimlos dichten.
Oligarchen,
Und auch solche, die laut schnarchen,
Die, die schweigen,
Wenn sie schreien sollten,
Und die Feigen, die erst weggesehen, und dann schmollten.
Und zum Glück
die Politik.

Ach ich habe nur dies eine Leben,
Hab die Nase voll vom Geben,
Will genießen, zechen, prassen,
Will den Nächsten richtig hassen.
Will nicht einsam Harfe spielen,
Will auf Engel zielen.
Will nicht nach dem Himmel schielen,
Nicht nach Seligkeit und Heil'genschein.
Ich will lügen und betrügen.
In der Hölle bin ich nicht allein.

Georg Krakl - Metapher "Es schießt mir durch den Kopf" (Segen der Zeichensetzung)

Eine Pistole!,
schoss mir durch den Kopf.

Parabel zum Auswendiglernen: Talibahn und Bergibahn

Ganz früher hieß die Beförderungseinrichtung, die auf den Gipfel führte, in Südtiroler Schnalstal ganz einfach Gondel. Man fuhr mit der Gondel den Berg hinauf und mit der Gondel  ins Tal nach unten.
So lebten die Schnalstaler glücklich, weil sie den schweren Anstieg bis zum Gipfel nicht zu Fuß machen und den Rückweg ins Tal, wenn sie auf der Mittelstation ordentlich gebechert hatte, nicht ohne stützende Seitenwände antreten mussten.
Dann aber wurde das Duale System erfunden. Gelbe Säcke wanderten durch die Lande und predigten von Trennung und Zersplitterung. Sogar der Müll sollte getrennt werden.
Die Gondel, die Jahrhunderte mit sich eins gewesen war, hörte von diesen Predigern und ihrer Botschaft.
"Das ist doch auch etwas für mich", überlegte die Hängebahn und entschied, dass sie sich fortan in Bergibahn für die Fahrt aufwärts und Talibahn für den Weg abwärts nennen wollte. Vielleicht gab es sogar mehr Lohn und eine Tüte Schmieröl obendrauf, denn immerhin war sie ja jetzt zwei.
Das ging auch ein paar Jahre gut, bis neue Prediger kamen und laut herumschrien: "Talibahn! Vorsicht! Gefahr! Lebensgefahr! Rettet euch! Terrordrohungen! Schützt euch!"
Die Menschen, die bis dahin friedlich mit den beiden Bahnen, die eigentlich eine Gondel war, zusammengelebt hatten, nahmen die Warnung ernst, denn warum sollten Prediger sonst durch die Gegend laufen, wenn sie sich selbst nicht auch ernst nahmen? Sie engagierten südtiroliensische Fanatisten, die alle Schießgewehre besaßen.
Wir wissen, dass der Weg vom Infantismus zum Fanatismus nicht weit ist, man muss nur ein i verschieben und ein n wegwerfen, dann kam man loslegen.
Die Fanatisten luden ihre Waffen und schossen tagelang auf die Talibahn, bis sie schlaff in den Seilen hing und schließlich abstürzte. Mit ihr stürzte aber auch die Bergibahn und insgesamt auch die ganze Gondel ab.
Da bemerkten die Schnalstaler ihren Irrtum und weinten bitterlich.
Deutlich wurde aber auch, dass das Duale System mehr Schaden anrichtet, als es immer nutzen will.

Georg Krakl: Fremdland (Aus: Prosarote Brille)

Mit Hackbrett und Rührtrommel hämmern die Jungen, die ich nicht kenne, monoton auf ihren Saiteninstrumenten herum und glauben, es sei Musik, die Berge, die Berge, alles um mich herum ist Fremdland, wo Musik sei, solle ich mich niederlassen, unbetrübt sein, doch dahin wollte ich nie, in das Land, wo sie Lederhosen tragen, die Männer mit den wüsten Gesichtern, Ödnis und grüne Wiesen wechseln sich ab, Kühe glotzen irre und geben schwarze Milch, da lacht Celan, der Himmel droht, die Sau ferkelt, wo bin ich gelandet, schrille Schreie im Hinterwald, Holzbuden als Häuser, handgeschnittenes Brot und Wurst aus Tieren, die eben noch auf dem Gelände gesungen haben, Lieder ihrer Heimat, Wehmut im matten Glanz ihrer Augen. Was hat meinen Fuß hierhin geführt, dass ich diesen Alpentraum erleben muss, schöne Berge, hohe Berge, Steinwüste, öde Blicke aus dem Unterholz, Dräuen und Wiederkäuen, nichts will mich halten, Brotzeit im Grün genossen kann nicht entschädigen für das Warten auf ein Lebenszeichen, ich bin im Fremdland, ich bin ein Nordling und jetzt im Süden, wo der Gamsbart den Hut ziert, wo der Bursch sich an die Träger der Krachledernen fasst, auf die Leiter steigt, um durchs Fenster zur Geliebten vorzudringen, ich bin im Fremdland und ich bin der Fremde, der beäugt wird, den man belauert, den Nordling, der anders spricht, der anders denkt, der anders isst, der anders ist. Fremder im Fremdland. Dann lieber Vater im Vaterland.

Überflögelt (Tonnes Tagebuch)

Liebes Tagebuch!
Heute saß ich im Auto und dachte so vor mich hin, dass ein Automobil, wenn es nicht fährt Immobil heißen müsste, und ob es wirklich kaputt sein muss, um so zu heißen, oder ob es reicht, dass es nur geparkt wird. Immobilienmakler vermitteln aber keine kaputten Autos, das sind Schrotthändler - was für ein guter deutscher Begriff für das, was es ist: Schrott! - , sondern Häuser und Grundstücke, weil die sich nicht bewegen. Wenn sie sich bewegen würden, hießen sie Wohnwagen. Ein Wohnwagen wiederum müsste zu den Mobilien gehören, also beweglich Geräten, die aber nicht eigenständig beweglich sind, sondern gezogen oder geschoben werden. Die Definition hinkt allerdings, dachte ich, denn ein Rollstuhlfahrer wird auch schon mal geschoben, deswegen ist er aber nicht mobil.
Plötzlich hörte ich den halben Satz im Autoradio "...hat sogar den Trainer Hennes Weisweiler übervögelt.", was mir absurd vorkam. Ich konnte mit dem Satz, der ja eine extrem erotische Komponente aufweist, nichts anfangen. Hennes Weisweiler war ein Fußballtrainer, und im Fußball hat Erotik nichts zu suchen, sonst müsste man die ständigen Umarmungen der Sportler nach geglücktem Schuss anders einordnen. Zu Fußball gehören eher Bier und Bengalische Feuer. Vielleicht war es ein Hörfehler, der mich dazu gebracht hat "... Hennes Weisweiler übervögelt" zu verstehen. Es musste wahrscheinlich überflügelt heißen, und dann wurde mir der Zusammenhang klar, dass nämlich Vögel auch Flügel haben. Was das mit Fußball zu tun hat, blieb mir trotzdem  unklar, hier wäre besser ein Taubenzucht- und Flugverein vorgestellt worden.
Der Satz eines Eu-Grünenpolitikers riss mich aus dem Vogel-Gedanken: Da werden wir Unterhaltungen führen, die sich gewaschen haben. Auch hier fehlte mir das passende Bild, obwohl es darum ging, dem neuen EU-Präsidenten Juncker bezüglich seiner Billigung oder sogar Veranlassung von Steuertricks für ausländische Unternehmen in Luxemburg gehörig die Meinung zu sagen. Der muss jetzt nämlich den eigenen Skandal selber untersuchen. Makaber. Ich stellte mir vor, wie die Grünen und Juncker sich unterhalten und dabei mit Waschlappen, die Grünen mit grünen, und Juncker mit einem schwarzen, ihr Gesicht abrieben. Ich musste fast lachen, wenn nicht der Kommentator gesagt hätte, dass dadurch 1000 Milliarden € Steuergelder unterschlagen würden. Ich erklärt in der letzten Linkskurve Luxemburg für einen Schurkenstaat und dachte noch kurz an Hennes Weisweiler.
Das kann ein spannender Tag werden, schoss mir durch den Kopf.

Genuss

Der weise Mann sagt:
Genuss haben, die es tun, nicht die es wünschen.

Georg Krakl - Zeili Mairuss/ Du bist meine Abrissbirne

Hier zum Mitsingen, die deutsche Version von "Wrecking Ball" :

Du bist meine Abrissbirne
triffst mich voll vor den Kopf an mein Hirn, eh!
Ich bin deine Abschussdirne
nach Amanda
von der du der Mann da-
von warst. Gewesen.
Abschiedsbrief nicht gelesen.
Gab wohl keinen.
Mit zittrigen Beinen
nach fünf Doppelkorn
sing ich von vorn.

(Man fängt so lange von vorn an,
bis der Doppelkorn dann
nach draußen schießt
und sich über Rosen und Tulpen ergießt.
Wahlweise auch Nelken,
selbst wenn die dann welken.)

Hier das Original hören

Mädchen mit buschigen Augenbrauen



Da umringen die Topmädels die Heidi und sie tragen alle diese waigelschen Augenbrauen, dick, borstig und wie sie vermutlich bei Tieren zu finden sind, die Heidi aber mit gezupftem Haar, fast nackt im Gesicht, so jugendlich, so menschlich, so untierisch, so unschuldig.
Die Mädels grienen verlegen und der Bertrachter denkt, wie alt, wie alt, wie archaisch, ob sie wohl überall diese üppige Behaarung pflegen?, oder ob sie nur am Kopf, so wie es Trend ist, diesem Haarkleid frönen und der Rest in vorpubertärem Zustand schlummert, an dem sie alle zwei Tage Messer anlegen müssen. Die Heidi so dünn und jung, dabei ist sie die Älteste und ihr Körper lässt Gebrauchsspuren durchschimmern.
Die Mädels, die um ihre Gunst ringen, tun alles um ihr zu gefallen, wenn nach dem Augenbewuchs die Ohrbehaarung drall und dunkel und üppig aus den Gehörgängen wuchern soll, dann lassen sie wuchern, denn sie wollen den Pott, den Preis, den Pokal, den Sieg.
Heidi aber will nur jung aussehen, will die Schönste sein, will die mit dem klaren Blick sein,  die auch im Gesicht Nackte sein, und das alles wirkt, wenn sie unter Waigelantinnen mit buschigen Augenbrauen weilt und wenn nötig, neben herausquellenden Ohrbüscheln  lächelt.