Schule: Appetitabregende Mitschüler

Berni hatte sich eingeschissen. Die Klasse stank. Die Klasse 1 stank. Bernie war zum zweiten Mal in dieser Klasse. Alle beäugten ihn und die Eltern munkelten, er sei nicht richtig. Wir Volksschulhirne folgerten: Nicht richtig heißt falsch. Seine große Schwester kam und holte ihn ab. Sie brachte ihn nach Hause, um Gestank und Ursache entfernen zu lassen. Bernie war wie eine Zeitbombe, auch wenn wir das Wort möglicherweise nicht kannten, aber er konnte jeden Moment losgehen, und der Gestank wäre wieder da gewesen.
Elsbeth lief eine Rotzspur aus der Nase bis auf die Lippe, die war gelblichgrün. Elsbeth war schmuddelig und roch, vielleicht weil sie in einem verfallenden Fachwerkhaus lebte und den Geruch angenommen hatte. Die Eltern waren schlichte Leute, der Vater ungelernter Arbeiter, Hilfsarbeiter hieß der früher, wie die Schüler, die nicht richtig waren, Hilfsschüler hießen, und man erzählte, die Eheleute hätten einmal sechs Richtige im Lotto gehabt, der Vater aber habe vergessen, den Schein abzugeben. Der klassische Fall und jeder rechnete, wie das Leben der drei aussähe, wenn der Schein seinen Weg in Lottoannahmestelle gefunden hätte. Manchmal, wenn der gelbgrüne Streifen zu lang war, leckte Elsbeth über die Lippe. An diesen Tagen brachte ich mein Schulbrot wieder mit nach Hause.
Steinhoff vier Jahre später auf dem Gymnasium schmierte seine Popel, nachdem er sie dem Nasenraum entnommen hatte und sich die Konsistenz als nicht rollbar erwies, gern an das Bein seiner Schulbank, oder, wenn das Objekt zu klein war, an seine dreiviertellange Lederhose. Er war der Einzige, der eine Hose aus Nappaleder trug und nicht eine aus rauem Leder, die nach und nach speckig wurde vom Händeabwischen. Niemand wollte gern in die Nähe seiner Bank, sprich in die Nähe des Tischbeins, noch seiner Lederhose kommen.
Steffensmeier ein paar Klassen später popelte auch und schob die Objekte dann, obwohl längst spätpubertierend, zwischen die Zähne, um  sich an ihrem salzigen Geschmack zu ergötzen.Gleichzeitig rieb er mit der anderen Hand an seiner Jeans herum, im Bereich zwischen den beiden Fronttaschen, legte die Haut an der Nasenwurzel in Falten und stieß dabei gelegentlich Luft durch die Nase aus, wenn nicht gerade der Finger drin war.Der penetrierende Finger und die reibende Hand schienen sich perfekt zu ergänzen.

Schule bereitet auf das Leben vor, und jeder weiß, wenn er ähnliche Erfahrungen gemacht hat, dass nicht alles schön ist, aber dass man das Appetitabregende aushalten kann, und dass der Appetit sich wieder einstellt; spätestens, wenn Hunger dazu kommt.