Am Anfang war das Dorf : Nikolaus

Der Nikolaus war damals eine  eine Art Weihnachtsmann ohne Funktion. Gut, er stellte am 6. Dezember angeblich etwas in die Schuhe, wenn man diese vor die Tür gestellt hatte. Manchmal kam er persönlich, um Kindern Angst einzujagen und fragt mit der Stimme des Vaters oder des Onkels, ob die Zöglinge immer artig gewesen seien. Aber mehr war da nicht. 

Die Weihnachtsgeschenke brachte das Christkind, das aussah wie ein Mädchen mit blonden, lockigen Haaren und mit süßer Stimme sprach, das man aber nie zu Gesicht bekam. Es sah nicht aus wie Jesus, auch nicht wie der kleine Jesus.

Wir trugen Masken aus Pappmaché, die dem Nikolaus aus dem Gesicht geschnitten waren. Wir schnappten uns einen alten Kopfkissenbezug und warfen den über die Schulter.Wir zogen durch die Straßen, klingelten an Türen von Leuten, die wir meistens kannten, und schrieen unser Lied heraus: "Hier wohnt ein reicher Mann, der uns was geben kann! Hoch soll er leben, hoch soll er sterben und das ganze Himmelreich erben!"

Es gab Süßigkeiten, nicht alle verpackt, sondern lose in den Sack geworfen. Es gab Äpfel mit Druckstellen, die schon Saft ließen und vermischt mit krümeligen, selbstgebackenen Keksen einen ungenießbaren Brei ergaben, den wir direkt in die Fütterung der Wintervögel gaben. Hatten wir das Ungenießbare aussortiert, war für uns immer genug dabei, um dick und rund zu werden.

Wir unterschieden die Türen nach Leuten, die gerne und gut gaben, oder die ihren Adventsteller entsorgten. Wie alle reichen Männer das Himmelreich erben würden und wie sie sich einigten, wem was gehören sollte, blieb für uns im Dunklen. Vor allem, weil die reichen Männer meistens Frauen waren, die an den Türen erschienen. Die Männer stellten sich unserem Gesang nicht; das war uns egal. Es ging um einen vollen Sack. Wir hatten auch nur ein Lied im Programm, und das würden wir nicht ändern.