Das muss gut werden

Wie war mir so komisch; die Blätter so bunt, so stückelig, die Welt ingesamt rund und der Himmel so blau, endlich so blau, wie er genau vor tausend Jahren vielleicht gewesen sein mag, als noch MIttelalter war und die Menschen gar nicht wussten, dass sie im Mittelalter lebten, weil es ihnen keiner gesagt hatte. Und ich denke wieder nach über "keiner hat etwas gesagt"....wie soll das gehen, wenn keiner da ist, aber etwas sagt, zum Beispiel: Ihr lebt gar nicht im Mittelalter?
Am Himmel der Imperativ: Ein gutes Jahr 2014! Plötzlich fällt mir ein: Kann Ursula von der Leyen überhaupt schießen? Hat sie gedient? Was soll aus der Bundeswehr werden, wenn sich jeder Gefreite bei Mama ausheulen kann? Und überhaupt: Kann denn jeder alles? Wo bleibt die Kompetenz? Christina Schröder, die hat es allen gezeigt. Erst Familienministerin ohne Kinder. Zack, jetzt kommt das zweite. Erkenntnis erzwingt Handlung, wenn sie sinnvoll sein will. Da muss der Schwarzgeldfahnder auch mal selber Schwarzgeld verstecken. Damit er mitreden kann. Es ist ein Jammer. Schießen reicht doch auch nicht mehr als Schlüsselkompetenz für die Bundeswehr.
Warum sind die Blätter so bunt, wo doch Winter ist?
Ich sehe es positiv: Das muss ein gutes Jahr werden. Alles so schön bunt hier.

Im Frauenland

Im lila, lila Frauenland
ist selbst der Sonne weiblich.

Ein Haufen Sterne da am Himmel

Manchmal sieht man vor lauter Haufensterne
den Sternhaufen nicht.

Fotokurs: Langweilige Bilder interessant machen


Langeweilige Zeit, langweilige Bilder.
Das Wetter betrübt, die Gegend öde, ein Denkmal am Horizont touristisch, aber tausendmal gesehen.
Was tun, wenn das einzig Interessante ein bronzener Monarch ist, der seine nachlässige Hand über das Land hält, nicht um zu schützen, sondern weil ihn sein Schulter-Nacken-Syndrom schmerzt und er erkunden will, wo es nun wirklich herkommt.

Da wird es Zeit, selbst Hand anzulegen, um aus Knipsaufnahmen echte Fotos zu machen.

Die Trübness mit etwas Blau in eine schöne Melancholie gespritzt und immer wieder die Schärfe nachjustiert, sodass Verdecktes sichtbar wird. Immer und immer wieder den HDR-Schalter betätigt, und was auch immer das heißt - (Halt den Rand?) plötzlich erscheinen da die Wesen, die unseren Alltag so quälend und so beängstigend machen.
Flattergeister, die die Hundebesitzer umschwirren, wenn ihre kleinen Kacker an der falschen Stelle ihr Häufchen machen.
Flattergeister, die nichts bewirken, außer einem diffusen Gefühl der Schuld oder der Schadenfreude.
Dem einen geht es so: Huch, da habe ich aber schuld an einer Verunreinigung.
Dem andere so: Scheiße, dem habe ich’s gegeben. Geschisssen drauf!
Zwischen Schuld und Fäkalphantasie schwankt das Gefühlsrepertoire der Nebulösen, die den lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als auf Menschen mit sozialen Defiziten zu warten. Und wer ist schon vollkommen?

Flattergeister. Auch wenn sie zu den nutzlosesten Nutzwesen gehören, sie sind doch Geschöpfe, die eine Funktion haben. Wir, die Halbblinden, können diese nicht erkennen. Das ist aber nicht die Schuld der Flattergeister, sondern unsere eigene.
Ohne ein Fotobearbeitungsprogramm wüsste wir gar nicht, dass es sie gibt.
Aber immerhin machen sie aus einem langweiligen Foto einen richtigen Hingucker.
Also: Nicht alles löschen, was doof aussieht. Mehr hinter den Vorhang schauen. Da gibt es immer was zu entdecken. Und wenn es nur Flattergeister sind.

Georg Krakl: Dass man auch versteht (2013)

Wenn die Kerzen nicht mehr zünden,
wünscht man, dieses zu ergünden,
dass man auch versteht,
was das Weltrad dreht.

Wenn die Schüsse nicht mehr schrecken
oder starten oder fangen,
wenn die Nüsse nicht mehr wälen
oder köpfen oder haseln,
gilt es Neugier aufzuwecken,
und Entdeckergeist zu quälen,
an Erkenntnis grob zu schlecken,
nicht mehr ahnungslos herumzubaseln.

Dass man auch versteht,
Was, vielleicht auch wer, das Weltrad dreht.

Wolf Wunderschreck: Begreifen (2013)

Begrabbeln
und Begreifen
sind zwei Paar Schuhe.

Nicht anfassen,
nur gucken.

Begrapschen
und Begrabbeln.
Da passt zusammen, was zusammengehört.

Begreifen.
Begreifen.

Schuster,
bleib bei deinem Rappen!

Georg Krakl - Alte Indianerweisheit

Hein,
in Diana,
fühlt kein
Schmerz.

Ohne Herz.

Fatale Hörfehler: Kurzarmigkeit

Wie hatte er seinen Arzt bekniet, wie hatte er ihm seine Sorgen und seine Beschwerden vorgepredigt!
Aber der Doktor hatte wieder nicht zugehört. Hektisch, wie er immer war, wenn der Laden brummte, hatte er sich etwas in den Rezeptblock gemurmelt, bzw. seit ein paar Jahren in die Tastatur seines Computers, hatte gegrummelt und gebrummelt, geschnieft und geseufzt,geknatscht und geknarzte, dass es ein Freude gewesen wäre, wenn es nicht um die eigene Befindlichkeit gegangen wäre.
Kurzarmigkeit! Sein Leben lang hatte er darunter gelitten; wenn er an eine Tasse wollte, reichten die Arme nicht hin. Tritt doch einen Schritt näher!, war der fromme Rat. Aber darum ging es ja nicht. Endlich einmal normal zugreifen, ednlich einmal drankommen, wie der Durchschnittsbürger das auch machte, darum ging es.
Sei  Hausarzt, sein feiner Hausarzt aber hörte nicht hin und nicht zu.
Kurzatmigkeit!, zischte es durch die Backen, als hätten sie kleine Löcher, damit der Dampf austreten konnte, unter dem der Mediziner stand. Das Rezept war schnell ausgedruckt.
Kurzarmigkeit, nicht Kurzatmigkeit!
Er verließ enttäuscht die Praxis, das Rezeptblatt flog vor der Tür ins Rosenbeet. Gegen Kurzarmigkeit gab es wohl kein Mittel. Traurig. Aber einfach mal zuhören, das war doch nicht zu viel verlangt!
Hausarzt, dachte er, Hausarzt! Als ob Häuser einen Arzt bräuchten!

Februar, wer bist du?

Eine alte Bauernregel besagt: Gleicht der Februar einem abgerollten Knäuel, wird das das Jahr ein rechtes Gräuel.
Damit ist schon zusammengefasst, um was es geht.
Den Februar hätte jeder gern aus dem Kalender gestrichen.
Die Tage werden länger, aber es ist kalt. Die Heizung brummt und das Geld fließt vom Konto förmlich in die Taschen der Ölmultis.
Dabei ist der Monat noch viel mehr als ein lästiger Energiefresser.
Denn das Gräuel kommt ja nicht von allein, bzw. nur vom Ölbrenner im Dauerbetrieb.
Das wahre Gesicht liegt zwischen Blau und Grün und Grau. Er hat so seine Kreise und einen wackeligen Horizont.
Was als Eisberg begann, ist nur eine doofe Karnevalsmütze. Ein Herz hat er nur halb und ist daher der Monat der Unentschlossen und Halbherzigen. Auch die Hartherzigen mit Hörfehler finden sich hier zurecht und repräsentiert.
Insgesamt aber lässt sich sagen: Wenn der Monat nicht so kurz wäre, gehörte er abgeschafft. Aber heutzutage hat man es eher mit den Minderheiten, und zu denen gehört der 28-Täger auf jeden Fall.
Vielleicht wird nächstes Jahr ja alles anders.

Amazonamazon

Amazonamazon,
ich krieg so viele Pakete und Päcken, ich frage mich woher?
Ich hab sie bestellt, das geht fast automatisch,
Amazonamazon,
ich bin Prime-Mitglied, das ist prima, das ist oberprima, Primus, ja ich wäre gern mal Primus gewesen, das deutsche Wort heißt Streber, das hat aber nie geklappt, Primaten wären gerne Prime-Mitglied, wenn sie könnten, wie sie wollten,
Amazonamazon, schon wieder ein Paket, ein neuer Zusteller, der hat sich geirrt, ist umhergeirrt, jetzt hab ich das Paket von Anja von zwei Häusern weiter, mal sehen, was bei Anja liegt von mir, ich bin so froh, dass es Pakete gibt, Bescherung jeden Tag und ich bestimme, wie die aussieht,
Amazonamazon
in nachhaltigen Kartons, keine Monokulturkartonagen, nicht gespritzt und genetisch nicht modifiziert, infiltriert, nicht kupiert und nicht zensiert, richtige Pappe, handgepappte Wellen, wellgepappte Hände von  richtigen Erwachsenen, keine Kinderarbeit, vielleicht Inderarbeit, aber die wollen ja auch leben,
Amamzonamazon,
wie heißt mein Zusteller?, er spricht gebrochenes Deutsch, der ist nicht von hier, er sieht nicht nach Amazonien aus, vielleicht ein Pole, ein Kasache oder ein Gebrochen-Deutscher, Amazonamazon,
korrekt und ganz genau, das klingt nach Amazonasgebiet, nach Umwelt und Regenwald, nach Lunge der Welt, das ist da, wo die Luft herkommt, die wir atmen, die Lungenflügel die Welt, wo hunderttausend Indios stehen und die Kolben von selbstgeschnitzten Luftpumpen rein und raus stoßen, pfeifende Töne der Pumpe abpressen, einen Gesang erzeugen, der uns wissen lässt: Es ist noch Luft da. Immer und immer wieder treiben die muskulösen Arme die Kolben rein und raus, rein und raus, rein und raus, die sehnigen Oberkörper glänzen vor Schweiß.
Amazonamazon,
es weihnachtet sehr, die Paketzusteller geben sich die Klinke in die Hand und ich bin froh, dass ich für neue Arbeitsplätze gesorgt habe, für Warenausdemregalsucher, für Wareneinpacker, Zukleber, Etikettierer, Wegschieber und Zulieferer, ich bin ein guter Mensch, auch die Indios haben etwas zu lachen, wenn ihre Luftpumpen quietschen.
Amazonamazon,
es weihnachtet sehr und ich bin dabei.

Wer bist du, Januar?

Da gibt es Menschen, die behaupten, dass Zahlen farbig sind und nach etwas schmecken, die 6 etwa ist rot und schmeckt nach Allzweckreiniger.
Oder ähnlich.
Jetzt tauchen Hypersensitive auf und wollen dem tumben Volk weismachen, dass Monate nicht nur farbig sind, komisch schmecken und auch aufdringlich riechen, sondern sogar ein Aussehen haben, das menschlichen Wesen ähnelt.
Der Januar soll ein buckliges Männlein sein, das gern kleine Frauen mit kurzen Haaren auf dem Kopf und einem knallroten Kirschmund anspricht. Es trägt ein hellblaues Schlabberlätzchen und eine orangefarbene Kappe. Die Ohren sind klein und der Haarwuchs spärlich, was durch die Mütze hindurch aber nicht zu erkennen ist. Ein paar Härchen lediglich haben sich durch die lose gestrickten Maschen gedrängt und stehen wirr ab. So weit so gut und wer es glaubt, der isses auch, spricht der wahrheitsbekundende Kindermund.
Des tumben Volkes einer hält dagegen:
Der Januar ist so ein Schlackriger, Dreckiger, manchmal gelbgestreifter Weißer, aber  immer Nasskalter, Ungemütlicher, manchmal so was von voll daneben, dass einem Hören und Sehen und Riechen vergeht. Mal ganz klar zusammengefasst. Von wegen "Riecht nach Allzweckreiniger mit einem Spritzer Moschus und Patschuli"! Geschenkt, Januar. Voll geschenkt!

Gregor Baselnicht: Wie Kunst entsteht

Gregor Baselnicht: Mutti steht kopf (2012)
Baselnicht zu seinem Werk „Mutti steht kopf“:
Also, es war im Urlaub, ich saß da im Garten und hatte einen Kaffee im Aufguss. Ich wartete, dass die Kanne voll wurde.
Ich hatte zufällig eine Blankokarteikarte dabei und diese auf den Tisch gelegt.
Zack, klatschte ich den Filter, denn es war ja Filterkaffee, auf die Karte und ließ die Sache in der Sonne einköcheln.
Bei diesem Vorgang musste ich an Mutti denken, und was die gesagt hätte, wenn ich den Kaffeefilter auf den Tisch, wenn auch erst mal auf eine Blankokarteikarte, geklatscht hätte.
Da wäre der Teufel los gewesen.
Ich freute mich also, dass ich erwachsen war und ich machen konnte, was ich wollte.
Gitti kam dann auch nach draußen und wollte gleich losmäkeln. Wie Mutti, dachte ich und hob den Zeigefinger.
Das wird Kunst!, verlautete ich. Davon leben wir schließlich.
Gitti keifte sofort los: Seit wann das denn?
Ich versuchte zu ergänzen: Wenn ich mal berühmt bin.
Gitti pestete weiter: Dann musst du aber vorher sterben.
Ich schluckte. Der Kaffeefilter war mittlerweile eingeköchelt und ein Bild war entstanden.
Guck mal, sagte ich zu Gitti, wieder eine Weltreise geschaffen, so finanziell jedenfalls, wenn ich das Bild verkaufe.
Sieht ein bisschen wie du aus, so als wenn Theo dir in den Magen getreten hätte. Theo ist der Sohn. Gittis Sohn.
Da stand Gitti nicht drauf.
Da war sie wie Mutti. Konnte keinen Spaß verstehen, aber Hauptsache, kein Kaffeefilter auf dem Esstisch.
Komm ich dreh es um, dann sieht es aus wie Mutti.
Gitti war kurz vor dem Explodieren.
Ich habe das Bild dann „Mutti steht kopf“ genannt und es Gitti gewidmet. 10 Prozent vom Reinerlös habe ich ihr angeboten.
Sie hat aber nur weitergekeift, dass 10 Prozent von nichts auch nichts sei. Darauf konnte ich nichts sagen.

Bossen: Doppelter Stinkefinger

Du denkst, dein Chef ist mies, oder deine Cheffin. Sie bosst und disst und spritzt mit verbalem Ätznatron um sich, wird persönlich, ist beleidigend und verletzend, macht auf große Mutti und ungezogenes Kind; wenn du dich wehrst, verwandelt sie sich in das Opfer, heult und jammert und meldet sich krank.
Du hast ein paar Tage Ruhe. Aber das Problem bleibt.
Es widerstrebt dir, auf dasselbe Niveau zu sinken, auch wenn das heilsam wäre. Du trittst eine Lawine an Coaches und Mediatoren los, die dich und dein Problem beraten wollen.
Wir können über alles sprechen, sagst du. Nur nicht mit Mutti.
Die Psychologen schmunzeln über deine feine Variation eines alten Nervenheilwitzes.

Vielleicht gehst du mal in  dich. Vielleicht denkst du mal nach. Vielleicht geht es anderen noch schlechter. Nicht immer sich selbst in den Mittelpunkt stellen! Mal etwas mehr Distanz, mal die Sache von oben betrachten, mal ins Ausland schauen, vielleicht in die USA.

Da gibt es die Steigerung, so wie die USA immer die Steigerungen parat haben. Alles geht größer, lauter, unverschämter.
Doppelter Stinkefinger, vom Chef gezeigt, das ist erst mal Hardcore. Du kommst du mit deinen Muttierfahrungen nicht an. Da würde gelächelt, wenn du das in einer US-Selbsthilfegruppe erzähltest.
Was für untoppbar gilt, lässt sich immer noch steigern.
Der Chef ordnet die Finger deinen Körperregionen zu, einer gehört in dein beschissenes irisches (wenn du Ire bist)  na du weißt schon, der andere geht ins Auge, das kein normales Auge ist, sondern das eines Menschen, der sich auf ein Küchengerät mit x in der Mitte reimt. Der Beleidigte entschuldigt sich dann aber auch ganz nett, dass er den Chef zu solchen Gesten und Äußerungen provoziert hat.
Also, Schluss mit dem Gejammere; es geht immer noch eine Nummer schlimmer.
Auch in den USA: Stell dir einfach vor, was bei eine Fau rauskäme.
Maul halten und weiterarbeiten, du Jammerlappen!

Metaphern im Alltag: Günter Krass - Sie stand im Regen

Sie stand im Regen
obwohl die Sonne schien.
Man hatte sie dort stehen gelassen
und war an den Strand gegangen.
Jetzt stand sie im Regen,
die anderen badeten in der Sonne.
Sie weinte,
aber niemand bemerkte ihre Tränen,
die sich mit den Regentropfen vermischten.

Der Himmel weint auch, dachte sie.
Vielleicht sind es Freudentränen, dachte der Himmel.

Tu einen Schritt, sagte der Boden,
der ihr unter den Füßen weggezogen wurde,
tu einen Schritt, du musst hier nicht stehen.

Schließlich verlor sie ihn unter den Füßen,
mit ihm den Halt.
Sie stürzte hinab,
um den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die anderen erwärmten ihr sonniges Gemüt.

Wer war Güpi?

Güpi hatte eine Hasenscharte.
Güpi hatte rote Haare und Sommersprossen und blasse Haut.
Güpi war zwei Klassen unter uns.
Güpi war anders als wir.
Güpi hatte keine Freunde.
Güpi war uns aufgefallen. Güpi war dran.
Wir kannten das Wort Mobbing nicht, aber alle wussten, wie es ging.
Ey, Güpi, sag mal was!, riefen wir, damit Güpi etwas sagte.
Wir wollten hören, wie die Worte durch den Hasenschartenfleischwolf klangen.
Wir wollten rätseln, was er gesagt hatte.
Wir lachten, wenn Güpi etwas sagte, denn er glaubte, dass wir wirklich mit ihm reden wollten.
Wir wollten nicht reden, wir wollten hören.
Wir wollten nicht mehr die grauen Säcke hören, die unsere Lehrer waren. Was hatten sie uns beigebracht?
Wir wussten es nicht.
Wir wussten, dass wir mit Leuten, die anders sind als wir, nicht unser Pausenbrot essen sollten.
Wir waren Gymnasiasten.
Wir waren nicht Hilfsschüler.
Wir waren nicht Schwarze.
Wir waren deutsch und gut und Gymnasiasten. Das predigten uns die grauen Säcke.
Güpi konnte einstecken, er war robust.
Manchmal, wenn er heulte, lief eine feine Spur Rotz seine Hasenscharte entlang.
Wer aber war Güpi?  Wir kannten nicht mal seinen Namen.

Lustige Weihnachtsmützen

Es ist Weihnachtszeit!
Das wissen wir alle, denn die Menschen werden hektisch, nehmen laufend Amazon-Pakete an oder irren in Innenstädten herum und suchen vergebens nach Geschäften.
Jahrelang predigte das Weserblatt: Keine Nikoläuse, keine Weihnachtsmänner, keine Mütze in Rot!
Jetzt ist alles anders.
Täglich erscheint ein Foto mit Menschen, die rote Mützen tragen, die wiederum signalisieren sollen, dass es Vorweihnachtszeit ist! Dass es bald soweit ist! Dass wir bald die Bescherung haben!
Als ob wir es nicht selbst wüssten, denn wir sind hektisch und nehmen täglich Pakete - hauptsächlich die unserer Nachbarn, die gerade nicht da sind - an.
Wenn wir nicht unterstellen wollen, dass Menschen mit roten Mützen auf dem Kopf die Menschen ohne rote Mützen für blöd halten, kann es nur einen anderen Grund haben:
Die Rotbemützten haben eine Botschaft!
Hallo, es ist bald Weihnachten und wir sind gar nicht blöd und wissen das!
Hallo, wir sind locker drauf, auch wenn wir schicke weiße Blusen und dunkle Anzüge tragen!
Und der Kaninchenzüchter mit roter Mütze reiht sich ein: Hallo, Kaninchenzüchten ist schön, und besonders vor Weihnachten. Jetzt ist Weihnachten, und das wollen wir zeigen, vor allem, dass Kaninchenzüchten auch vor Weihnachten schön ist. Wir halten euch nicht für blöd.
Der Leser atmet auf; er ist nicht blöd. Das musste aber auch mal gezeigt werden. Und da hat die rote Mütze ihre Berechtigung.
Denen, die mit diesen Botschaften nichts anfangen können, sei ein Trost: Die Osterhasen scharren schon in den Lagerräumen, um baldigst in die Regale zu hoppeln. Dann heißt es: Mütze ab! Obwohl: Bis zum 5.März ist noch Karneval. Da passt die ja auch prima rein.


Menschen und HIlfsmittel

Die Vereinsamung der Menschen schreitet voran und da, wo man früher eine helfende Hand oder ein tröstendes Wort hatte, greift man heute zum Hilfsmittel.
Nicht um Hilfe bitten! Das könnte den Eindruck von Schwäche hinterlassen.
Menschen werden überflüssig; manch einer küsst sein Smartphon oder streichelt den PC.
Wer einen schweren Kopf hat, nimmt lieber die Kopfstütze als Trost, die sagt wenigstens nicht, dass man mal wieder die Haare waschen könnte.
Die Dinge halten ihre Klappe, und wir dürfen bleiben, wie wir sind.
Veränderung schafft Unsicherheit, und die sorgt für Angst.
Wenn jemand mit seinem Bücherregal spricht, war das früher ein Symptom, das in einer Nervenheilanstalt behandelt werden sollte. Heute wundert es niemanden, wenn Menschen beim Discounter mit der Ware sprechen, weil sie ein Headphone umgeschnallt haben und bei Mutti nachfragen, ob sie die Dose Pfirsiche kaufen dürfen. Mutti ist weit genug weg, sodass sie keine Angst machen kann. Notfalls schaltet man aus und greift zu Mandarinen. Letztendlich geht es Mutti nichts an, welches ungesunde Essen auf den Tisch kommt.
Nur diese dumpfe Ahnung von Einsamkeit wabert in der Luft. Und das ist nicht schön.

Georg Krakl: Liebe (2013)

Ist Krakl Misanthrop?
Ich lieb
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nicht,
Meer!