Nachrichten genau lesen

Nehmen wir an, eine Bildungsministerin predigt, dass sie alle Schulen liebe, einer Mutter gleich, wie erst kürzlich von Pädagogik-Barbie Sommer verkündet, und sie einige Kinder im Rahmen dieser umfassenden Liebe strenger behandeln müsse, womit sie die Gesamtschulen meinte, dann empfiehlt sich, etwas genauer hinzulesen. Auf den ersten Blick mag der schnelle Leser denken: Das kann doch nicht wahr sein! Dann aber wird ergänzt, dass durch individuelle Förderung alle Schüler auf dem gleichen Niveau sein müssten, die soziale Herkunft also in der 13 bzw. 12 überhaupt keine Rolle mehr spielen dürfe, dann drängt sich der zweite Gedanke auf: Das kann doch wohl überhaupt nicht wahr sein, dass ein hochdotierter Mensch, der für die Bildung, für Wissenschaft und den Rankingplatz im internationalen Vergleich zuständig ist, selbst soviel Unfug reden kann, der die Frage nachden von ihr genossenen Förderstunden stellen muss. Der dritte Gedanke ist: Was macht die eigentlich den ganzen Tag? Der vierte: Habe ich Voruteile gegen blonde Frauen? Der fünfte: Ist der Ministerpräsident eine Schlafmütze, dass er solche Kanonenschläge nicht mitbekommen hat? Der sechste und wichtigste: Wann geht sie endlich?
Und dann zurückgepfiffen! Genauer lesen! Habe ich etwas nicht verstanden? Habe ich etwas übersehen?
Fatal ist nur, wenn ich wirklich nichts überlesen habe... Was dann?

Chinesen in Deutschland


Die Chinesen haben Deutschland und speziell Weserstadt erreicht. In ihren traditionellen Drachenbooten sind sie die großen Flüsse in das europäische Land gerudert; Menschen haben sie ja genug, die einen einfachen Außenbordmotor ersetzen können. Über den Young C Young- Fluss, den Ob, die Donau und schließlich den Mittellandkanal haben sie nach erfolgreicher Schleusung am Wasserstraßenkreuz die Schiffsmühle an der Westfälischen Pforte(Porta Westfalica) angesteuert. Die Invasion scheint friedlicher Natur zu sein, denn bisher konnten keine Waffen an Bord der drei Boote Stephan, Stephan II und Stephan III entdeckt werden; allerdings soll das auch nur schwer möglich gewesen sein, da der Platz für die Ruderer gebraucht wurde. Nach erfolgreicher Landung verteilten die Asiaten bleihaltiges Kinderspielzeug und einen Teil der übriggebliebenen Goldmedaillen an die Bevölkerung; im Anschluss wurden verschiedene ortsansässige China-Restaurants auf die korrekte Rechtschreibung chinesischer Schriftzeichen in den Speisekarten überprüft. Über die Weser, die Nordsee und die jetzt eisfreie Behringestraße oder Nordwestpassage will man die Heimat erreichen; eine genaue Route muss noch erarbeitet werden, da die Boote nicht hochseetauglich sind. Interessant ist im Zusammenhang mit dem Besuch, dass der deutsche Name Stephan sich im Land der Stäbchenesser durchgesetzt hat. Dort heißt er allerdings
Step-Han, was soviel wie Chinesischesbootdasbleihaltigeskinderspielzeuganbordhat bedeutet.
Bis letzte Woche waren die Boote noch zu besichtigen. Die Weser soll jetzt aufgrund von Nachfragen besorgter Bürger auf Glutamat untersucht werden.

Tipps für Blindenhunde und Kinder: Rot oder Grün

Der korrekte Deutsche geht bei Grün über den Fußgängerüberweg (einige sagen: über die Ampel!), die Ampel erlaubt ihm das. Die Lichtzeichenanlage ist ein Platzhalter, besser Statthalter eines deutschen Beamten, der den öffentlichen Verkehr bearbeitet und vielleicht sogar regelt. Ich habe als Überschreiter der Straße also von behördlicher Seite die Erlaubnis und kann guten Gewissens meinen Weg fortsetzen. Es entsteht das Gefühl einer guten Tat, wie es in den Pfadfindern aufblüht, die abhängig sind von diesem Gefühl, quasi an der Nadel hängen, die immer wieder herumschwadronieren müssen, um alten Frauen eine Gefälligkeit zu erweisen, die diese niemals erbeten hätten. Der gehetzte Mensch geht gern bei Rot, ihm sind Recht und Ordnung egal, er rennt über die Straße, wenn sie frei ist und gibt damit Kindern und Blindenhunden ein schlechtes Beispiel, weil diese nämlich folgern könnten, es sei richtig, bei Rot zu gehen, oder es sei egal, wann man geht, Hauptsache man kommt unüberfahren auf der anderen Seite an, was dann wieder die Ampelanlage als solche in Frage stellt und damit die ganze Gesellschaftsordnung samt ihrem Beamtenstall, der sowieso mal ausgemistet gehörte. Den Blindenhunden, sofern sie für Farbenblinde arbeiten, kann schnell die Arbeitserlaubnis entzogen werden, vielleicht droht sogar ein Berufsverbot. Den Kindern, die derart fehlgeleitet sind, kann die Aufnahme auf ein Gymnasium erschwert werden, wenn aktenkundig und bekannt gemacht wird, dass sie sich durch Rot, der Farbe des Kommunismus, zu unerlaubten Handlungen hinreißen lassen. Da bleibt dann nur die Gesamtschule, die es mit den Farben nicht so genau nimmt. Ein gut gemeinter Rat: Bleib anständig und geh bei Grün, damit hast du dir den Lebensweg nicht verbaut, liebes Kind! Und du, abtrünniger Blindenhund, geh bei Grün, steh bei Rot! So lautet das Gesetz der Blindenschule. Das solltest du beherzigen, willst du dein Herrchen auch weiterhin an der Leine hinter dir hertrotten lassen.

Bodo W.: Aus meinem Stundenbuch

Es ist jetzt genau 10:59 Uhr.

Nachtrag: Schieß- und Kostümfest in Weserstadt

Den Vogel abgeschossen zu haben, ist wohl das höchste Ziel des sogenannten Freischießens in Weserstadt. Gemeint ist mit Vogel allerdings ein unbewegliches Tier aus Holz, das auf einer langen Stange sitzt und sich nicht rührt. Der schwankende Schütze muss keine weiteren Schwankungen hinnehmen, sondern kann sich in aller Ruhe auf sein unbewegliches Objekt des Treffens konzentrieren, was auch die Verletzungsgefahr für ahnungslos herumstehende Unbeteiligte verringert. Wer nach solch optimierten Verhältnissen feststellt, dass er daneben geschossen hat, ist frustriert. Manch enttäuschter Schütze versucht dann noch in später Nacht ein schönes Ziele vors trübe Auge und den kugelspuckenden Lauf zu bekommen. Tauben sind manchen ein Dorn im Auge und so kann man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Patschpeng! Und Zack! Da liegt der fedrige Feind, der letzte Nacht und die Nächte davor die Kofferraumhaube zugeschissen hat, auf dem Schnabel, wenn der denn noch dran ist, was ja je nach Kaliber unterschiedlich sein soll. Ob der normale Bürger solches Tun tolerieren kann, ist noch nicht entschieden; entsprechende Umfragen sollen gestartet werden. Eine innerstädtische Richtlinie soll nicht erlassen werden, weil die vielleicht die Freude am Schieß- und Kostümfest verdirbt. Innenstadtkorrespondent Peter Henne

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Zuspätkommermeditation

Früher habe ich mich über notorische Zuspätkommer aufgeregt, ich hatte das Gefühl, dass sie meine Lebenszeit vergeudeten, meine wertvolle Zeit, die ich nun nutzlos herumstehen musste, um auf die Unpünktlichen zu warten. Mittlerweile weiß ich, dass ich dadurch der Zeitvergeudung auch noch den Stressfaktor hinzufüge, was meine Lebenserwartung noch einmal drastisch verringert. In der Ruhe bleiben, verharren, geduldig sein, annehmen, dankbar sein. Das sind die Grundtugenden, die ein langes Leben versprechen, warten können, lieben, den Blick fürs Kleine und Unbedeutende schärfen, obwohl es schon halb fünf ist und wir uns doch um Viertel nach vier treffen wollten. Die Mitte finden. Nicht nur suchen und suchen, rastlos, gehetzt, nein, finden. Die Mitte finden und atmen, tief atmen, weiteratmen, bis die Ruhe kommt, sie kommt, warte einfach, und ausatmen, schnauben, wie ein Pferd, wenn es entspannt, ausatmen und einatmen, nicht mit den Zähnen knirschen, ein dunkles Raunen hilft manchmal, nicht den Passanten fixieren, ruhig bleiben, er wird gleich kommen, ich nehme das nicht persönlich, wenn der mich versetzt, der weiß auch, dass ich meine Zeit nicht gestohlen habe, im Grunde könnte ich auch hinterm Haus in meinem Liegestuhl liegen und ein gutes Buch lesen, ich hätte mich gar nicht auf diese blöde Geschichte einlassen sollen. Und dann wieder: ausatmen, zählen, Affirmationen wispern, ich bin ganz ruhig, alles wird gut, ich lasse und werde gelassen, ich bin gelassen, ich kippe vor Gelassenheit fast um, ruhig, ganz ruhig, dieses alte Pferdenarrenmantra, ruhig, Brauner, ganz ruhig, wer streicht mir durch die lückenhafte Mähne? Wer salbt mein Bein mit Pferdekühlungsgel? Da kommt er endlich, der traut sich wahrhaftig noch zu kommen, dieser miese alte Sack, dieser Zeitdieb, dieser..... Hey, Olli! Ich glaube ich höre nicht richtig, macht hier noch auf katzenfreundlich, als sei nichts gewesen, ist etwas später geworden, kann man wohl sagen, haha, darauf bin ich selber gekommen. Na, Tommi, dann aber mal los, höre ich mich sagen, das kann eigentlich nicht wahr sein, ich verrate mich selber, das ist Verrat, nein, das ist die Wirkung der Meditation, deren Zielen, zu lieben und zu vergeben, sich niemand entziehen kann, nicht einmal ich. Langsam strömt die Ruhe in mich und ich weiß, dass ich alles richtig gemacht habe.

Henri von Glucksrad-Karre: Aus meinem Tagebuch

Ey,Hotte, haste wieder nen Krebs gefangen, du Flasche, alter Schwede!? Ich stoße das Holz in das Wasser. Die Arme arbeiten, die Knochen krachen, die Sehnen seufzen ihr Lied, aber ich fühle mich wohl unter Menschen, die noch eine sinnvolle Tätigkeit mit der Hand verrichten. Pass auf, Henri, alter Schluckspecht, gleich wirst du zur Kanalratte! Hahah! Das fröhliche Lachen der Meute, die im Einklang mit der Trommel den Fluss rhythmisiert, ihm ein Gegenleben einhaucht, einstößt, einstampft, mit ihrem Schweiß die braune Brühe adelt, gibt mir Kraft für die Woche, wo der Presslufthammer den Beton prügelt, mir aus den Händen gleiten will, den ich bändige mit zusammengebissenen Zähnen, weil die Schreibkunst mich nicht ernähren kann. Das ist der Preis des Freiseins; hier und heute muss ich ihn nicht zahlen, hier unterwerfe ich mich gern dem Diktat des Schlagwerks und werde eins mit der Mannschaft und dem Boden, weil uns das Ziel zusammengeschweißt hat. Platz 4 hinter den Diakonie Dragons und den Schwenker Schauflern. Wann habe ich eigentlich Zeit zum Schreiben?

Kostümfest-Nachlese: Junggesellenkompanie

In frisch gestärkten, weißen Oberhemden zogen die unverheirateten Jungmänner mit einer roten Blume im Knopfloch durch die Innenstadt, den Blick manchmal nachdenklich zu Boden gesenkt oder himmelhochjauchzend und in bester Feierstimmung ins Publikum gerichtet durch die Innenstadt. Ziel war eigentlich das Zelt der "Junggesellenkompanie", wo sich bereits in den frühen Morgenstunden etliche Mütter von geeigneten Bewerberinnen für eine schnellstmögliche Heirat versammelt hatten, um die kräftigsten Kandidaten zu begutachten und für ein erstes Kennenlernen zu motivieren. Die Junggesellen hatten wohl keine besondere Lust, sich den Restriktionen einer im schwindeligen Kopf versprochenen Ehe auszusetzen und blieben bis Montag dem Zelt fern. Überwiegend waren sie, jetzt durch schwarze Sakkos getarnt, an den diversen Biertheken und an verschiedenen Bratwurstbuden zu finden und sollen nach inoffiziellen Informationen ihr Zelt auf der nahe gelegenen Kanzlers Weide aufgeschlagen haben, angeblich aus einer alten Tradition heraus, denn dort habe das Freischießen früher immer stattgefunden. Die Wartenden und schließlich Enttäuschten wurden zwischenzeitlich mit alkoholischen Getränken und Pommes frites versorgt. Eine größere Kleiderreinigungs- und Bügelfirma hat aufgrund von Beschwerden die Zusage zurückgezogen, die Oberhemden der ausgebliebenen Heiratskandidaten in zwei Jahren für den Umzug zu waschen und zu stärken.
Innenstadtkorrespondent Peter Henne

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Zeit


Die Zeit ist ein Fluss ohne Ufer; wer in ihm ertrinkt, ist nicht zu retten. Wohin sollte er auch gehen, da der Fluss keine Ufer hat. So bleibt ihm nur, mit dem Strom zu schwimmen oder zu ertrinken. Aber wohin schwimmen? Das Leben in der Zeit ist wie ein falsches Bild zu einem falschen Text. Wie das Bild von Pilzen nicht zu einem Fluss passt, so ist nicht jede Weiheit weis, aber jede Dummheit dumm. Wer weis.

Neuer Sport für Kinder: Geradeauslaufen

Vor Jahren ist schon von Sportmedizinern festgestellt worden, dass immer weniger Kinder und Jugendliche rückwärts laufen können. Die Konsequenz, die daraus gezogen wurde, war der Verbot des wettbewerbsmäßigen Rückwärtslaufens, was einen ganzen Wirtschaftszweig in der Sportbekleidungsindustrie an den Rand des Abgrunds bracht. Zwar hatte man versucht, durch Kleidung für das Seitwärtslaufen zu kompensieren; aber niemand war wirklich an Seitwärtslaufen interessiert. Nun pellt sich nach langem Hin und Her eine neue Sportart aus dem Ei und will vielleicht auch bald im Licht des olympischen Feuers erstrahlen: Das Geradeauslaufen. Häufig kann man beobachten, dass es jungen Menschen schwer fällt, 50 oder 100 Meter ohne Schlangenlinie zu laufen und da anzukommen, wo der Zeitnehmer steht. Selbst Läufe ohne Zeitnehmer führten zu unhaltbaren Zuständen: Kinder verliefen sich, liefen zu weit oder kamen überhaupt nirgends an.
Die neue Sportart soll diese Orientierungslosigkeit beheben und zu einem geordneten Geradeauslaufen führen. Auf rotem Untergrund ist gefordert, in einer Bahn zu bleiben, die durch weiße Striche oder ein Stück Rasen begrenzt ist. Wer als Erster am Endpunkt der Bahn ankommt und dort stehenbleibt, hat gewonnen. Wenn zwei Bewerber gleich schnell sind, ist der schnellere Sieger. Kann man auch hier keine Entscheidung treffen, beginnt man von vorne. Das erinnere ihn stark an den 100m-Lauf, bemerkte Wettkampfteilnehmer Peter P., allerdings sei er dann immer andersrum gelaufen. Die Sportbekleidungsindustrie freut sich, wieder einen Batzen Geld mit überflüssiger Spezialsportbekleidung verdienen zu können.



Bildbetrachtung: Vincent van Eijnoor - Schnabel



Halt lieber den Schnabel, sonst geht's auf den Hauklotz. Mit gekürzter Rübe lässt sich schlecht Kritik üben.

(Zum Verhalten der Menschen im 21.Jahrhundert: Ich möchte meine Ruhe haben. Demonstranten? Gab es die nicht im letzten Jahrhundert? Sind die nicht verfolgt und ausgerottet worden?)

Können Fische Freunde sein?

Ein Mann braucht einen Freund! Das nach vielen Jahren der Einsamkeit festzustellen, nach Jahren des "Ich komm schon allein zurecht", nach Jahren in einer Beziehung, die jetzt zerbrochen ist, das kann wehtun, aber auch einen Heilungsprozess in Gang setzen. Endlich ohne seine Lebenshilfe "Frau" (Wie heißt du noch mal?) allein auf sich gestellt und herausgerissen aus einem betäubenden Trott, wird dem Mann die Leere klar und er sehnt sich nach einem Wesen, das ihn versteht, dem er sein Herz ausschütten kann und das er vielleicht , wenn auch ganz selten, anschreien kann, weil ihm das Himmelszelt auf den Kopf gefallen ist, und das dann nicht beleidigt in die Küche abschiebt und dabei kräht, dass die verdammte Mikrowelle immer noch nicht repariert sei und er endlich einmal den Restmüll entsorgen könne, bevor die Tüte selbst zur Tonne laufe. So setzt sich mancher vom Leben enttäuschte und auf bessere Zeiten hoffende Mann mit seiner Angel an den Fluss, um sich einen Freund an den Haken zu holen. Der psychisch Ausgeglichene wird sofort mahnen: Das wird nix, Meister! Wer will denn an deinem Krummnagel hängen und deinem Geblubbere über Ehefrauen und selbstsüchtige Machos hören, um dann noch unter Schmerzen dein Freund zu werden? Ein Fisch ist kein Freund. Der gibt zwar keine Widerworte und stellt keine Fragen, aber das sind noch lange keine Indizien dafür, dass der wirklich zuhört. Und was ist denn, wenn du einen Rat brauchst? Der kriegt doch kein Wort raus! Oder, wenn du mal eine Rund kuscheln musst, deinen Kopf an die Schultern eines mitfühlenden Menschen legen würdest, dir vielleicht eine Träne abdrücken möchtest, um dein schweres Herz zu erleichtern? Der Fisch ist ungeeignet für solches Tun, denn sein Kopf stinkt nach Fisch, er hat keine Schultern, außerdem japst er ständig nach Luft und gibt nach ein paar Minuten an Land den Geist auf. Das ist nichts für die Zukunft.
Wenn es denn wirklich ein Fisch sein muss und eineFreundschaft entstehen soll, dann braucht das Zeit. Das muss sich alles entwickeln. Da hilft es nicht, den Fisch ständig aus dem Wasser zu holen, dann wieder reinzustecken, damit er nicht abnippelt, dann wieder rauszuholen, wieder reinzustecken, wieder rauszuholen.... Abhilfe kann ein Aquarium bringen. Der Fisch hat seine Ruhe und tut, als würde er zuhören. Und wenn sein Freund, der Mensch, einmal anschmiegen möchte, dann bietet das glatte Glas des Schwimmkastens eine angenehme, wenn auch kühle Fläche für den geprüften Kopf. Ein paar Spritzer Glasreiniger anschließend beseitigen lästige Fettspuren, die dem schuppigen Freund den Blick auf die 20.00 Uhr- Nachrichten versperren. Für unterwegs und den Urlaub tut es auch der Dosenfisch, etwa Hering in Tomatensauce, oder, wer das Tier etwas größer haben will, Thunfisch mit Erbsen in Öl.

Zum Heulen: Warum wir weinen

Also erst mal: Jungen und Männer weinen nicht, weil sie gar keinen Grund haben zu weinen. So schlimm kann das doch alles gar nicht sein, egal was es ist. Nicht mal aus Schmerz wird geweint, denn Schmerzen sind, wie der Indianer schon festgestellt hat, eine Illusion. Einbildung. Da gibt es also auch nichts zu heulen. Heulen ist sowieso der richtige Begriff. Heulsuse nannten wir Rollo damals in der Volksschule, wenn er bei jedem Donnerschlag des gerade aufgezogenen Gewitters in der zweiten Stunde aufschluchzte und ein Beben und Zittern durch seinen mageren Körper ging. Heulsuse war fast wie Mädchen. Du Mädchen, du Angsthase, du Schissbüchse. Dabei weiß heutzutage jeder, dass auch Mädchen und Frauen nicht weinen, denn es gibt nichts zu weinen. Vielleicht haben die auch nichts zu lachen, das ist dann wieder traurig, und darüber könnte man weinen. Tut aber keiner. Oder vielleicht gibt es doch eine einzige Ausnahme, warum ein halbnackter Junge mit einem Blechhelm auf dem Kopf weinen könnte: Die Familie sitzt vor dem Fernseher, die Eltern haben sich schön einen gekippt und ratzen jetzt friedlich auf der Couch. Das Kind ist noch wach und will Richterin Barbara Salesch gucken oder einen anderen Dreck im Privatfernsehen. Dumm ist, dass Tommi, Bubis Vater auf der Fernbedienung liegt. Bubi weiß, dass es ein paar saftige Maulschellen setzt, wenn er den erschöpften Erziehungsberechtigten aus dem Koma holt. Das ist zum Heulen. Und dann soll das auch ein Junge tun.

Rotkappen unterwegs

In Weserstadt feierte man am Wochenende fröhlich und feucht ein schönes Fest, auf dem geschossen, getroffen und gesoffen werden durfte. Unauffällig unter die manchmal grellbunt, manchmal langweilig schwarz-weiß Kostümierten mischten sich Gruppen von Rotkappen, die zu einer Spezies gehören, die ständig verkleidet herumlaufen darf, weil sie das beruflich macht. Als Belohnung dürfen Rotkappen mit scharfer Munition schießen und häufig auf dem Fluss Boot fahren. Alkohol trinken, weshalb die anderen eigentlich erschienen waren, dürfen sie allerdings nicht, weil dann schnell mal ein Schuss losgehen kann und es in der Öffentlichkeit natürlich keinen guten Eindruck macht, wenn ein Freischütze umkippt, obwohl er gar nicht getrunken hat. Alles in allem soll es aber doch ein schönes Fest geworden sein. Rudi P. auf die Frage, was denn besser sei als Biertrinken: Biertrinken in der prallen Sonne (oder drallen Sonne bzw. prahlenden Sonne; Rudi P. artikulierte zum Zeitpunkt der Fragestellung mit schwerer Zunge, sodass ein Teil seiner Botschaft nicht zu entschlüsseln war.).Innenstadtkorrespondent Peter Henne

Kostümfest und Tierschutz

Im ersten Moment dachte ich sofort an die Bedienung im Ratscafé in Würzburg, die mich, als habe sie Scheuklappen, dreimal ignoriert hatte und dann endlich die Gnade hatte, sich zu einem kurzen Gespräch herabzulassen, um meinen Wunsch nach einer Tasse Kaffee mit den Worten abzuschmettern: Draußen nur Kännchen. Sie hatte diesen pferdigen Trübsinn in den Augen, ein großes Gebiss mit wulstigen Lippen und die Bestimmtheit eines Kaltblüters, der sich seiner Kraft sicher ist und das manchmal mit einem Stampfen bekräftigt. Wenn ein Hufeisen auf Waschbeton knallt, dann können die Funken fliegen. Vielleicht war es aber nur die Spitzenhaube, die man Pferden hier heute über die Ohren und den halben Kopf gezogen hat, um sie zu schützen, die mich an die beeindruckende Bedienung erinnerte, denn sie trug eine ähnliche in ihrem schwarzen Haar, das von einigen weißen Haaren durchzogen war. Heute bin ich auf einem Kostümfest in Weserstadt, auf dem Tierschutz endlich wieder groß geschrieben wird. Man hat endlich erkannt, dass es Dinge gibt, die man Tieren nicht zumuten möchte: Wildschmetternde Musik, deren Obertöne Trommelfelle zerreißen lassen können, fette Männer, die schlecht im Sattel sitzen und Rückenschmerzen verursachen. Kostüme voller Tressen und Orden, Säbelgerassel, Holzgewehre, Luftgewehre, Kleinkaliber, Junggesellen in weißen, schlecht gestärkten Oberhemden mit einer roten Nelke in der Brusttasche, ein Sammelsurium an Geschmacklosigkeiten, das noch geschmückt wird durch die torkelnden Bewegungen Volltrunkener. Das will man den Pferden mit der eigentlich hässlichen Schutzkappe sagen: Hör nicht hin! Sieh nicht hin! Ruhig, Brauner, ganz ruuuhig. Immer noch besser einen dicken Uniformierten zu tragen, als auf dessen Wurstteller zu landen!Innenstadtkorrespondet Peter Henne

Kostümfest in Weserstadt: Platz 10

In Weserstadt ist wieder Schaltjahr! Wie der Rheinländer seine berühmte fünfte Jahreszeit als Karneval feiert, indem er sich in wahllos zusammengesuchten Altkleidern und grell geschminkt an die Straße stellt, sich dort sinnlos betrinkt und versucht, Karamellbonbons auszuweichen, die auf ihn geworfen werden, so feiert der Weserstädter alle zwei Jahre ein Fest, wo vor allem der Verstand ausgeschaltet wird.
Nachdem man mit Luftgewehren auf einen Holzadler geschossen hat, präsentiert man sich in erster Linie in einem Umzug durch die beliebtesten Straßen. Alljährlich wird auch ein Kostümwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich jeder, der in einer Verkleidungskompanie organisiert ist, beteiligen kann. 2008 gewinnt das Kostüm "Gute-Laune-Bär" den 10. Platz und hat sich aufgrund mangelnder kreativer Konkurrenz nach fünf Anläufen seit dem Jahr 2000 peu à peu vom 64. Platz hochgearbeitet. Die richtige Kombination schlichter Ideen haben hier zum Erfolg geführt: Ein Beerdigungsanzug wird mit einem Paar Sargträgerhandschuhen kombiniert, dazu wird ein schwarzer Zylinder auf den Kopf gesetzt, eine Sonnebrille, eine schwarze Fliege mit Klemmbügel dazugegeben, schwarze Schuhe und ein weißes Oberhemd angezogen. Ein Schneide- und Stechwerkzeug nebst Etui, das man sich an den Gürtel hängen kann, komplettiert das Ensemble. Das Wesentliche ist aber die gute Laune, die durch rhythmische Körperbewegung zum Hohenfriedbergermarsch des vorauseilenden Spielmannzuges stilvoll dem Publikum verdeutlicht wird. Ein gewisses Maß an Übergewicht ist wünschenswert, denn der Bär ist auch in der freien Natur nicht der Schlankste. Die Vorfreude auf ein paar kühle Bierchen tut das Übrige, damit der Wettbewerbsteilnehmer authentisch wirkt. "Der freut sich aber!", staunt Tante Wilma vor der Fischhalle. Und Recht hat sie.

Bodos Welt-Wörterbuch: Flächenbäcker

Flächenbäcker: Der Flächenbäcker verbreitet sich schnell über riesige Flächen, über Landkreise, über Städte und Gemeinden. Er hinterlässt in diesen Gebieten mässig große Brötchen, die bei dem Versuch, sie aufzuschneiden, zersplittern. Vorsicht ist bei diesem Vorgang deshalb geboten, ebenso beim Verzehr, da sich die scharfkantigen Splitter gern ins Zahnfleisch schieben oder in Zahntaschen absetzen und dort verwesen. Der Flächenbäcker erzeugt seine Ware aus großen Tüten, in denen immer schon alles enthalten ist, und mit einem Backautomaten, der direkt am Verkaufstresen eingesetzt wird. Der Flächenbäcker formt letztlich nur die eingeweichten Tüteninhalte zu gleichmäßigen Klumpen, bzw. bedient eine Maschine, die dies für ihn tut, und lässt dann eine weitere Maschine, die von der Backwarenfachverkäuferin bedient wird, die Feuchtlinge zu einem sogenannten Brötchen aufblähen und verhärten. Je nach Back- und aktuellem Verkaufszeitpunkt können die Produkte heiß, warm oder pappig an den Mann oder die Frau gebracht werden. Der Bäcker nennt sich Bäcker aus Leidenschaft oder ähnlich. Der Verbraucher benutzt Nelkenöl, um seine Verletzungen im Mundinnenraum zu heilen.

"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Gittermeditation

Geht es dir nicht auch manchmal wie dem Gefangenen in der Untersuchungshaft, dem Freigänger oder dem Ausgenüchterten in der Verwahrungszelle? Du fühlst dich beengt, dein Leben ist unfrei, du bist Gefangener deiner eigenen Zwänge. Warum muss der Löffel in der Löffelablage liegen, das Kartoffelschälmesser im Messerblock stecken und warum darf der Fernseher nicht auf standby stehen? Fragen, die dir niemand beantwortet.
Wenn du deinen Carport immer schon einfriedigen wolltest, dann bietet sich die gute Gelegenheit, hier einen Meditationsraum zu gestalten. Wenn das Unfreie überwinden willst, dann musst du dich mit ihm konfrontieren.
Ein Eisengitter schützt deinen Carport einmal vor unerwünschten Eindringlingen und stellt andereseits eine gute Vorlage da, in die tiefe Entspannung zu kommen, um schließlich nach ein oder zwei Jahren regelmäßiger Übung den Weg in die Freiheit zu finden. Setze dich bequem hin und beginne links oben (Rechtshänder und Menschen, die falsch herum schreiben, beginnen rechts oben) bei dem ersten Gitterrechteck. Verharre einige Minuten und richte deinen Blick auf das nächste daneben. Nach und nach arbeite dich bis zum letzten Rechteck rechts unten vor. Du spürst die tiefe Entspannung, die dich erfüllt und weißt: Es hat sich gelohnt. Der erste Schritt auf einem weiten Weg in die Freiheit ist getan!



Hässliche Kaufanreize


Du schlenderst locker die Einkaufsstraße hinunter und denkst: Lange nichts gekauft! Wird mal wieder Zeit! Ich weiß zwar nicht was, aber irgendetwas wird sich schon finden. Neue Teefilter bringen nicht den Kick, den du am Samstag brauchst, der dir das Wochenendgefühl vermittelt und dich zufrieden macht. Vielleicht ein Feuerzeug oder ein Paket Zahnseide, vielleicht eine neue Badehose oder einen Lenkdrachen. Die Auslagen der Geschäfte bringen keinen Anreiz, sie sind keine Hilfe, vielmehr bringen sie eine quälende Leere in deinen Schädel. Vielleicht könntest du deiner Frau mal was Neues mitbringen, einen klasse Dosenöffner, einen Glaskeramikschaber gegen eingebrannte Speisereste, oder ein neues Deo. Plötzlich siehst die Schaufensterpuppe: Lila Haare, grell überzeichnete Konturen, übertrieben geschminkt, ein riesiger, aufgerissener Mund, der bis in den Schlund blicken lässt, ein verächtliches Lachen, das dir das Gefühl gibt: Das kenn ich doch....
Du beschließt, ein Bierchen zu trinken; es ist Samstag und damit kann man nichts verkehrt machen.

Ausgefallene Sportarten im Sommer

Gondelfahren im Sommer bei normalen Schneeverhältnissen ist jetzt Trendsport in der Schickeria. Wen interessiert noch die Bräune von Mallorcas Grillplätzen, die ohnehin aus der Tube stammt, wenn die vornehme Bleiche der Sommergondel bei vollem Schneeumfang die Alternative ist. Das ist Luxus: Draußen sind 28° Celsius und die Schneekatzen brettern über die Piste, um den Schnee heranzuschaufeln bevor er schmilzt.
"Es ist nicht das Fahrgefühl in der Gondel, das kann ich auch im Winter haben", sagt Walter "Schneekanone" Scheetofpehl, der in Badehose und Gummischuhen in seinem Hängefahrzeug sitzt, "es ist das Bewusstsein. Denn das Bewusstsein bestimmt das Sein. Ich fühl mich gut, wenn mir bewusst wird, was hier für eine Sau-Verschwendung betrieben wird. Super. Und: Ich habe das Geld. Das ist der Kick. Die Schneekatzen rotieren hier meinetwegen und vielleicht noch wegen Willy. Aber der hat auch das Geld." Kritiker monieren, es habe immer gegolten, dass das Sein das Bewusstsein bestimme, jedenfalls habe Marx das gesagt. Wer Marx denn sei, fragte Scheetofpehl, und ob der auch Geld habe. Ihm sei jedenfalls egal, wierum es im gut gehe.
Oberkrims, der beliebte Ski-Ort in Österreich, freut sich über den Sommerrummel, auch wenn den Bewohnern durch die ständige Schneeschmelze das Wasser allmählich bis zum Hals stehe.

Geheimnis gelüftet: Hydrant von innen

Die Scherzantwort, der Hydrant sei Akademiker, regte früher die Lachmuskeln beim Hörer, heute weiß der Comedy-Verblödete nicht einmal, was Akademiker bedeutet und hält den Hydranten für eine Art Ausländer, der gleich nach dem Asylanten kommt, oder kurz davor.
Dass der Hydrant in Wirklichbkeit ganz anders aussieht als man denkt, konnte jetzt durch eine notwendige Öffnung bewiesen werden. Da die Feuerwehr dringend Wasser benötigte, war es geboten, den roten Burschen zu zerlegen und man hatte damit einen Blick hinter die Signalfarbenkulisse.
Na, viel gab's da nicht zu entdecken. Nach einer knappen halben Stunde war dann auch der Feuerwehr, die vorher gemütlich bei einem Bierchen im Feuerwehrhaus gesessen hatte, klar, wie die Sache funktioniert. Vollkommen unspektakulär: Schlauch anschrauben, Hahn aufdrehen- Wasser marsch!
Trauer nur bei den Geheimniskrämern, denen wieder ein Mysterium entrissen wurde.

Günther Krass: Erinnerungen - Der Mann ohne Unterleib

Ganz früher, als Kind und dann als junger Mensch, habe ich über Karl-Heinz Köppcke, diesen intergren Nachrichtensprecher, nachgedacht, den ich, genau wie Hans -Joachim Kuhlenkampf, für eine ältere Dame gehalten habe, die gern einmal auf ein Stück Kuchen vorbeigekommen wäre. Diese Tatsache, eine Frau zu sein, hätte aber impliziert, dass Karl-Heinz Köppcke einen Unterleib besessen hätte, an dem man unzweifelhaft sein Geschlecht hätte bestimmen können. Unter Köppcke befand sich in unserem Wohnzimmer nur das Mahagonitischchen, auf dem der Fernseher stand. Karl-Heinz Köppcke war eher ein Mann ohne Geschlecht, der lediglich aus einem Oberleib bestand, den er zum Nachrichtenlesen und –sprechen benötigte, und um dort eine seiner vielen ähnlich aussehenden Krawatten zu tragen. Noch früher gab es kein Fernsehen bei uns, nur bei Tante Anni. Dort staunte ich über den kleinen, rundlichen, hutzligen, gemütlichen Apparat, und jetzt weiß ich auch, warum Tante Anni mich so an Hilde Nocker erinnert. Hilde Nocker ist eine Spur weiblicher als Klaus Havenstein, der ähnlich androgyn wie Köpcke eine beruhigende Tantigkeit ausstrahlte. Hilde Nocker und Klaus Havenstein brachten durch ihre gesetzten Stimmen Gemütlichkeit, die der Engländer und schon gar der Amerikaner nicht kennen, die sie nur ahnen, aber kein Wort dafür haben, so dass ihnen das Gefühl immer indifferent bleiben muss. Hilde Nocker war die zwangsläufige Asssoziation zu einem Stück Mocca-Torte, die es oft bei Tante Anni gab und das jene mir durch penetrantes, wiederholtes Nachfragen aufnötigte. Mir fiel es schwer, nein zu sagen, und so sagte ich ja. Ja, Tante Anni, ich nehme noch ein Stück Moccatorte, weil die mich so an Hilde Nocker erinnert. Tante Hilde, nicht die Nocker übrigens, kaufte Mocca-Torte gern bei Lükemeier, dem örtlichen Bäcker. Gekaufter Tortenboden aber war und ist ein Desaster. Niemand mag diese süßlichen Matten wirklich, die Bequemlichkeit siegt aber immer, und, mit genügend Moccacreme bestrichen, lässt sich das Ganze mit Kaffee aufgegossen verdauen.
Karl-Heinz Köppcke schenkte Vertrauen. Aus seinem Munde gesprochen wirkte jede Katastrophe so, dass sie uns nie betreffen konnte. Der wüsteste Wirbelsturm würde uns unter unseren Dächern unbeweht, unbestürmt und unverletzt lassen, so lange nur Karl-Heinz Köppcke sprach. Er war Meditation und Hypnose in einem. So deutsch. So gemütlich, so durchdringend beruhigend. Und die Erwartung von Hilde Nocker und Klaus Havenstein potenzierten dieses Gefühl, steigerten es ins Unermessliche, um uns in tiefe und angenehme Träume zu schaukeln.
Und dafür waren die Unterleibe der genannten vollkommen überflüssig.

Neues aus der Flächengemeinde: Schützenkönig nicht zurückgetreten

Er wolle und werde nicht zurücktreten, soll der Schützenkönig einer großen Flächengemeinde in Nordostostwestfalen mitgeteilt haben. Er werde sich den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen nicht freischießen. Waffengewalt ihm Amt sei ohnehin verboten und zurücktreten könne er gar nicht, nur zurückschießen. Der König werde immer noch durch "ins Schwarze Treffen" oder "den Vogel abgeschossen Haben" ermittelt.

Neues aus dem Schulministerium: Kopfnoten

Hat man sie erst mal, sind sie schwer wieder wegzubekommen. Das gilt besonders für die ungeliebten Kopfnoten. Ministerin Sommer will diese jetzt überarbeiten, was bedeutet, alte Fehler durch neue unkenntlich zu machen. Es ist zum Haare raufen, bekennt der FDP-Fraktionsvorsitzende, dass die Ferien zu Ende sind!
Unklar bleibt, ob die Ministerin die Ankündigung selbst öffentlich sagen durfte, oder ob sie von Tagesschausprecherin Petra Gerster synchronisiert wurde. Wie festgestellt wurde, nimmt man der Sprecherin sogar die unglaubwürdigtsen Nachrichten ab, weil sie so seriös wirke.
Lesehilfe für Ungeübte: Dieser Text ist eine Satire.
Tipp für Wenigleser: Der Text kann auch als Hörbuch bestellt werden.

Der Weg ist weg

„Weißt du, wo es jetzt lang geht?“, fragte Freddi aufgeregt.
Robbi ist grimmig, weil er keine Antwort weiß: „Sei mal ruhig!“, fährt er Freddi an, „irgendwo wird’s schon langgehen.“
Klaus denkt nach. „Wir sind von da gekommen und wollen nach dort, oder mehr nach links, nee, warte mal...“.
Sein Gemurmel geht im allgemeinen Gebrabbel der anderen unter. „Noch sind wir nicht da“, bemerkt Gustav schlau. „Super, du bist ein Schnellmerker!“, grunzt Freddi. „Wir sind nicht da, aber hier!“ „Genau!“, bestätigt Horst und schaut in die Luft. Robbi kratzt sich am Hintern, das macht er immer, wenn er nachdenkt.
Gleich muss die Lösung kommen, denn die Kratzstelle am Hintern brennt schon. „Ach, wir gehen erst mal weiter; besser als hier nur rumzustehen“, hat sich Robbis Hintern überlegt.
„Was tun ist wichtig, nicht nur tatenlos rumstehen. Dann weiß man hinterher, was man getan hat! Auch wenn’s falsch war.“
Horst ist zufrieden. Die anderen hören gespannt zu. Gustav runzelt die Stirn. „Was tun“, murmeln sie, „was tun.“ Gustav dreht sich eine Zigarette und schweigt schlau.
„Und wenn wir ganz woanders ankommen?“, fragte Freddi.
„Egal“, antwortet Horst, „Hauptsache, wir kommen an.“
„Na, wenn du meinst“, gibt Freddi kleinlaut bei.

Alle trotten los. Endlich ankommen, darum ging es doch, egal wo.
Wer hatte bloß das Wandern erfunden?

Vorurteile aktuell: Angler

Petrus Heil schreibt:Ich habe schon viele Angler gesehen, aber nur ganz wenige, die etwas Essbares, abgesehen von einem hilflosen Regenwurm, an der Angel hatten. Angler sind arme Jäger. Das sind Männer, die durch die Jagdprüfung gefallen sind, weil sie nicht genug Geld hatten, um sich einen hübschen Drilling und zünftige Knickerbocker zu kaufen. Angler geben sich den Schein von innerer Ruhe, dabei sind sie in Wirklichkeit nervöse Hemden, denen in ihrer Freizeit nichts anderes bleibt, als der Hausfrau, die zu Hause schuftet, unter den Füßen weg zu sein, um sie in ihrer ungeteilten Tätigkeit nicht zu behindern. Es sind Männer, die nicht einmal Frauenarbeit erledigen können; die nicht einmal einen Teppich saugen können, weil sie das nicht lernen wollten. Um nicht stumpf vor dem Fernseher zu verdicken, suchen sie sich eine Tätigkeit, die irgendwie auf die Anfänge des menschlichen Lebens zurückweist: Sammler und Jäger seien sie alle gewesen. Sammler, Jäger und Angler. Der Angler ist ja auch Jäger, ein erfolgloser eben. Aber sein Tun erweckt den Anschein von sinnvoller Tätigkeit. Er gleicht dem Computerbegeisterten, der den ganzen Tag damit verbringt, eine sinnvolle Aufgabe für seine zahlreichen Programme zu suchen, und, da ihm nichts einfällt, ein Spiel nach dem anderen runterballert und CDs mit nackten Frauen auf den Bildschirm lädt.
Da im Urlaub kein Bedarf an Computerunterstützung besteht, muss die Angel her, die das Nutzloseste in der heutigen Zeit nach dem Mozarella-Schneider ist, und alle Beobachter glauben macht, hier werde sinnvoll geschafft.
Nervös kümmert sich der Angler um ein Aussehen voller Ruhe; für den Betrachter, der längst weiß, dass Angeln nicht mehr zeitgemäß ist, sondern ein Zeitverplempern für Leute, die nicht lesen können oder kein Kreuzworträtsellexikon haben, soll es nach Kontemplation aussehen. Der Angler nennt das dann Abschalten. Der Zyniker behauptet, dass der Fischfeind sein Gehirn außer Betrieb setze und diesen Zustand durch das Halten eines Stockes mit Schnur und Angelhaken kaschiere. Es sei ihm letztlich egal, ob am Ende etwas dranhänge oder nicht. Der Vorgang sei wichtiger als das Ziel. Hiermit nähere er sich der östlichen Weisheit, die ja auch empfiehlt, das Hirn zu Ruhe zu bringen und die hohe Kunst des Nichtdenkens zu üben.

Camping und Seelennot

Es gibt Camper, die stehen auf, um zu beobachten, wenn andere eine einfache Wäscheleine ziehen. Denn es kann ja sein, dass ihr eigenes Territorium verletzt, oder überhaupt eine unausgesprochenen Regel des Lebens in Behelfsunterkünften übertreten wird. Der feinbürgerliche Humanist und Menschenfreund würde Asylbewerbern solche Unterkünfte wirklich nur vorübergehend zumuten. Die Camper muten es sich freiwillig zu. Beachtlich oder Ausdruck der Verwirrtheit der Seele, einer unendlichen Verletztheit bzw. Schuldbeladenheit, die das freiwillige Leben auf engem Raum in kleinen Behausungen und die Benutzung von Gemeinschaftstoiletten reinigt? Ein Argument ist: Nirgendwo kann ich so oft und lange draußen sitzen. Das stimmt. Das geht nicht auf deutschen Campingplätzen, weil es ständig regnet. Auch nicht auf holländischen. Da regnet es auch dauernd, die Plätze sind klein. Als Ersatz ist alles blitzsauber. Im Mietvertrag unterschreibst du, dass du die Regeln einhältst: Nach dem Duschen muss der Boden der Dusche trocken geputzt werden. Das Waschbecken muss mit einer Scheuerbürste nach Gebrauch gereinigt werden. Zwischen 11 und 15 Uhr kannst du nicht aufs Klo, weil die Putzkolonne schon wieder die Überbleibsel der Schlampen und Schmutzfinke beseitigt. Sagt Petra. Und die hat es da drei Tage ausgehalten.

Wenn Schuhe mahnen

Da sitzt du erschöpft in der Regionalbahn, die Temperatur leicht erhöht, weil der Wagen überhitzt, schlecht belüftet und gefüllt ist, lässt deinen Blick umherschweifen, schaust durch lange nicht geputzte Fenster, die Landschaft rattert vorüber, denkst über den Nothammer an der Seitenverkleidung nach, nimmst den Mann mit dem Notebook in den Blick, und denkst, dass die Welt sich auflöst, aus den Fugen gerät, explodiert, schmilzt, wegfließt, sich nach außen krempelt, eckig wird, dreckig, morbide und nur Greenpeace die Rettung sein kann, Greenpeace und Sigmar Gabriel, der alte Doppelsitzpolitiker, dieser viel zu fette Mann, diese Kosmopolit-Kugel, verwirfst diesen Gedanken, stellst dir vor, wie der ein Bio-Schnitzel in den Mund schiebt, Fett glänzt in den Mundwinkeln, und verzweifelst an deiner Ohnmacht, an deiner Hilflosigkeit, Ratlosigkeit, Tatenlosigkeit, Gefangenheit in deinem langweiligen Alltag, der dieser Fahrt mit der Regionalbahn gleicht, in mittelmäßigem Tempo von Station zu Station zu rappeln, nichts passiert, Menschen steigen aus, Menschen steigen ein, niemanden lernst du kennen, niemanden verabschiedest du, nur der Zugbegleiter spricht mit dir: Die Fahrkarte, bitte! Iregndwann wirst du die Endstation erreicht haben. Dann wirst du gehen müssen. Plötztlich und endlich fällt dein Blick auf die Schuhe eines jungen Mädchens: Schwarze Turnschuhe mit Totenköpfen! Das soll dir Mahnung sein. Vergänglichkeit. Nutze den Tag, diese Fahrt, diese Station, die Möglichkeit, einen Blick auf deinen Nächsten zu werfen. Nutze das Leben. Ein Lächeln tastet sich vorsichtig auf deine Lippen. Der Mann mit dem Notebook lächelt zurück, das Mädchen mit den Totenkopfschuhen wippt fast übermütig mit dem Fuß. Der Nothammer hängt ruhig an der Seitenwand. Und du weißt: Es geht weiter. Trotz allem geht es weiter. Der Zugbegleiter fragt: Jemand zugestiegen? Du lächelst ihn an und fragst: Wo?

Warum Menschen in Zelten Urlaub machen

Wieso leben Menschen in der schönsten Zeit im Jahr, in der Urlaubszeit, in kleinen Stoffhäusern, in denen man häufig nicht stehen kann und deren Aufbau in der Regel einen heftigen Streit mit der Aufbauhelferin oder einen cholerischen Anfall nach sich zieht?
Fragt man den einen oder die andere, hört man: Die frische Luft! Im Freien sitzen (Klar, wer will schon unter einer minimalen Dunstglocke sein neues Deo ausprobieren?). Man kann jederzeit wieder abreisen (Wer baut denn sein Zelt noch mal irgendwo auf? Masochisten?Sonst: Ab nach Hause!) oder bleiben (Es sei denn, es hat drei Tage lang beregnet. Dann sind das Mobiliar und die Wäsche für 3 Wochen klamm oder nass. Das Brot schimmelt, gibt es aber täglich neu.). Es ist schön (Sehr subjektiv. Philosophischer Ansatz; kann nicht weiter diskutiert werden). Es ist naturnah, naturverbunden(Wo ist die Natur, fragt sich mancher, wenn er morgens aus seiner Schlafkabine kriecht und den wegen einer schlaffen Luftmatratze schmerzenden Rücken dehnt? Ringsherum Zelte. Natur? Ein Baum. Etwas Gras. Ein Stromkasten. Eine Nachtleuchte.) Man kann Menschen beobachten (Hautnah, das stimmt.) Nicht nur beobachten kann man sie, auch belauschen. Welche Körpergeräusche geben sie von sich außer einer, gelegentlich unverständlichen, Sprache? In welcher Lautstärke tun sie das? Kann man dadurch auf den Bildungsstand schließen? Spekulationen, spannender als Kreuzworträtsellösen.)
Ach, spricht der erfahrene und weise Camper, es ist wie ein Film. Und du machst selber mit. Welches Genre kann das sein? Abenteuer? Familienfilm? Natur-Doku? Daily Soap? Ein Stoff für Lars von Trier und seine Handkamera: Jeden Tag dasselbe Spiel. Minimale Veränderungen und ab und zu mit der Kamera wackeln. Auf 95 Minuten zusammenschneiden. Fertig. Titel: Small World. Oder: Himmelszelte. Oder: Geschlossene Gesellschaft. Musik von Tom Waitts: In the neighbourhood. Besetzung: Nicole Kidman (Rezeption), Tom Hanks (Elektrokarrenfahrer, Platzanweiser), Die Fußbroichs (Dauercamper), Martina Gedeck (Macht zum ersten Mal mit ihren vier Kindern alleinerziehend Urlaub), Sascha Hehn (Bademeister am Platzpool), Mick Jagger (Animationsprogramm am Abend: Lieder zu Gitarre und Playback), Udo Lindenberg (Thekendauergast), Johannes Heesters (Hat das Campen vor 103 Jahren erfunden). 1000 Laiendarsteller für die Massenszenen. Ein typischer DOGMA-Film. Das Schöne: Man muss ihn nicht verstehen!

Schönes Geschenk: Hässliche Puppen

Das Geschenk ist als Warnung gedacht: Geh nicht zum Visagenschnitzer, sondern geh zum anerkannten Schönheitschirurgen! Auch wenn es etwas teurer ist, sind die Unterschiede gravierend. Von weitem mögen Puppen, die an Schlüsselanhängern hängen, schön aussehen; nähert man sich ihnen, erkennt sogar der Laie, dass hier ein Hobby-Gesichter-Schneider am Werk gewesen sein muss. So auch bei Menschen. Bereits nach wenigen Tagen werden hässliche Nahtstellen im Kinnbereich, der bis über beide Ohren reicht, sichtbar. Durch die unfachmännische Straffung der Kopfhaut und des Wegschnipselns der überflüssigen Kopf- und Gesichtshaut vorher, bekommt das Gesicht etwas Flächiges. Nix Stupsnase, nix Schmollmund, vorbei die Zeiten, wo man aufgrund des Äußeren Absolution erteilte! Selbst die Augen müssen jeden Morgen neu aufgemalt werden und ohne Botox-Spritze tun es die Lippen schon gar nicht. Und dann die Ohren: Lediglich unstrukturierte Hautlappen! Wer will das denn? Das Gehirn vielleicht auch weggestrafft - das verhindert wenigstens den Ärger über den Schnitzer und die missratene Vorderfront, weil die Ärgerzellen längst im Tierkörperverwertungseimer für die Gummibärchenindustrie verschwunden sind. Also: Vorsicht vor dem Scharlatan! Lieber tiefer ins Portemonnaie greifen und hinterher wie Tom Cruise aussehen, was ja angeblich gut sein soll...