"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Zuspätkommermeditation

Früher habe ich mich über notorische Zuspätkommer aufgeregt, ich hatte das Gefühl, dass sie meine Lebenszeit vergeudeten, meine wertvolle Zeit, die ich nun nutzlos herumstehen musste, um auf die Unpünktlichen zu warten. Mittlerweile weiß ich, dass ich dadurch der Zeitvergeudung auch noch den Stressfaktor hinzufüge, was meine Lebenserwartung noch einmal drastisch verringert. In der Ruhe bleiben, verharren, geduldig sein, annehmen, dankbar sein. Das sind die Grundtugenden, die ein langes Leben versprechen, warten können, lieben, den Blick fürs Kleine und Unbedeutende schärfen, obwohl es schon halb fünf ist und wir uns doch um Viertel nach vier treffen wollten. Die Mitte finden. Nicht nur suchen und suchen, rastlos, gehetzt, nein, finden. Die Mitte finden und atmen, tief atmen, weiteratmen, bis die Ruhe kommt, sie kommt, warte einfach, und ausatmen, schnauben, wie ein Pferd, wenn es entspannt, ausatmen und einatmen, nicht mit den Zähnen knirschen, ein dunkles Raunen hilft manchmal, nicht den Passanten fixieren, ruhig bleiben, er wird gleich kommen, ich nehme das nicht persönlich, wenn der mich versetzt, der weiß auch, dass ich meine Zeit nicht gestohlen habe, im Grunde könnte ich auch hinterm Haus in meinem Liegestuhl liegen und ein gutes Buch lesen, ich hätte mich gar nicht auf diese blöde Geschichte einlassen sollen. Und dann wieder: ausatmen, zählen, Affirmationen wispern, ich bin ganz ruhig, alles wird gut, ich lasse und werde gelassen, ich bin gelassen, ich kippe vor Gelassenheit fast um, ruhig, ganz ruhig, dieses alte Pferdenarrenmantra, ruhig, Brauner, ganz ruhig, wer streicht mir durch die lückenhafte Mähne? Wer salbt mein Bein mit Pferdekühlungsgel? Da kommt er endlich, der traut sich wahrhaftig noch zu kommen, dieser miese alte Sack, dieser Zeitdieb, dieser..... Hey, Olli! Ich glaube ich höre nicht richtig, macht hier noch auf katzenfreundlich, als sei nichts gewesen, ist etwas später geworden, kann man wohl sagen, haha, darauf bin ich selber gekommen. Na, Tommi, dann aber mal los, höre ich mich sagen, das kann eigentlich nicht wahr sein, ich verrate mich selber, das ist Verrat, nein, das ist die Wirkung der Meditation, deren Zielen, zu lieben und zu vergeben, sich niemand entziehen kann, nicht einmal ich. Langsam strömt die Ruhe in mich und ich weiß, dass ich alles richtig gemacht habe.