Zum Heulen: Warum wir weinen

Also erst mal: Jungen und Männer weinen nicht, weil sie gar keinen Grund haben zu weinen. So schlimm kann das doch alles gar nicht sein, egal was es ist. Nicht mal aus Schmerz wird geweint, denn Schmerzen sind, wie der Indianer schon festgestellt hat, eine Illusion. Einbildung. Da gibt es also auch nichts zu heulen. Heulen ist sowieso der richtige Begriff. Heulsuse nannten wir Rollo damals in der Volksschule, wenn er bei jedem Donnerschlag des gerade aufgezogenen Gewitters in der zweiten Stunde aufschluchzte und ein Beben und Zittern durch seinen mageren Körper ging. Heulsuse war fast wie Mädchen. Du Mädchen, du Angsthase, du Schissbüchse. Dabei weiß heutzutage jeder, dass auch Mädchen und Frauen nicht weinen, denn es gibt nichts zu weinen. Vielleicht haben die auch nichts zu lachen, das ist dann wieder traurig, und darüber könnte man weinen. Tut aber keiner. Oder vielleicht gibt es doch eine einzige Ausnahme, warum ein halbnackter Junge mit einem Blechhelm auf dem Kopf weinen könnte: Die Familie sitzt vor dem Fernseher, die Eltern haben sich schön einen gekippt und ratzen jetzt friedlich auf der Couch. Das Kind ist noch wach und will Richterin Barbara Salesch gucken oder einen anderen Dreck im Privatfernsehen. Dumm ist, dass Tommi, Bubis Vater auf der Fernbedienung liegt. Bubi weiß, dass es ein paar saftige Maulschellen setzt, wenn er den erschöpften Erziehungsberechtigten aus dem Koma holt. Das ist zum Heulen. Und dann soll das auch ein Junge tun.