dem Sommer winken

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Peter Fußke: Mein neuer Hut

Auszug aus: Peter Fußke - Mein Hut liegt in drei Ecken, Eckernförde 2011
Ein neuer Hut ist wie ein neues Leben.
Hatte ich gedacht.
Dann sah ich mich auf einem Foto.
Die Nase war lang. Spitz. Unförmig. Ok. das war nicht schlecht. Die Geschichte mit dem Johannes gefiel mir ganz gut. Aber warum war die Nase lang und spitz? Optische Täuschung? Der Hut war kurz und gedrungen. Relativitätstheorie?
Und dann die Hände!
Besser: Die Hand. Noch besser: Die rechte Hand. Nein, es war die linke. Man musst es von hinten gucken.
Warum war die Hand so breit, so dick, so wuchtig? Die Finger so lang, so besitzergreifend? So mächtig, so zuschlagenkönnendwennesseinmuss?
Das war nicht meine Art. Ich wollte nicht bedrohen, ich wollte nicht schlagen. Ich wollte ein friedlicher Mensch sein.
Ich war verwirrt.
Ein einfacher Plastikhut durfte meine Persönlichkeit, oder das, was von ihr an die Öffentlichkeit drang, mein Image eben, nicht derart verändern.
Wer war ich denn wirklich?
Gut, dem Stallmeier aus der Pferdewirtschaft hätte ich schon gern mal eine geschallert. Der war einfach proll. Früher hätte das Wort proll gar nicht zu meinem Sprachgebrauch gehört. Also veränderte der Hut auch meine Psyche und meinen Sprachgebrauch.
Ja, hallo, was war denn das?
Hut war konservativ. Er bewahrte die Hirnzellen im Kopf, das war manchmal gut. Aber Hutträger waren doch abgefeimte und verfemte Kreaturen.
Das wollte ich nicht sein.
Badekappe.
Eigentlich war mein Hut eine Badekappe.
Kappenzwang.
Die meisten Badeanstalten hatten  Kappenzwang.
Kanppenzwang. Das war Ruhrgebiet.
Zwängler und Drängler. Das war Busfahren.
Die Assoziationen schlugen mir ins Hirn. Ich schlief ein.
Träumen. Träumen von einer besseren Welt.
Morgen würde die Welt sich anders darstellen.
Ich hatte noch den Bon. Umtauschen.
Umtauschen war eine deutsche Tugend. Die würde ich pflegen.
Ein Hut würde mich nie wieder zum Knecht machen, zum Sklaven, zum Hörigen.
Basta.

Andi Werwohl: Das Lächeln der MM

Andi Werwohl:Eight smiles high
Ehrlich gesagt, macht es sich der Werwohl etwas einfach. Erst sich einen Namen zulegen, den man gern mit dem Tomatendosenplakatierenunddamitrichtigkassegemachthaber Warhol verwechselt, und dann knipst er irgendwelche Aststümpfe in Rasenflächen am Rhone  oder was das darstellen soll, zieht das Foto ein paar Mal durch ein Bearbeitungsprogramm, schmiert etwas Blau über das Ganze und nennt das Machwerk dann "Das Lächeln der MM".
MM kennt der Bürger nur als Sekt und Lächeln heißt eigentlich Grinsen, wenn man Mona Lisa so betrachtet.
Ein Bild wie Mona Lisa kriegt der Werwohl nicht hin, dazu fehlt ihm das Talent. Selbst Knipsen ist eher Zufall, den Rest macht das Programm. Hauptsache grell, Hauptsache was zum Nachdenken. Kann doch keiner behaupten, dass irgendwer so lächelt!
Das ist doch was anderes!

Wo das Eis herkommt

Sich aufblähen, dachte Glockenturm.
Groß machen. Großmachen, schreibt man wohl eher.
Langnese, dieser Zwerg. Langnese machen! Hände an die Nase und den anderen auslachen.
Das hatte Glockenturm lange genug gehabt. Schluss damit.
Mobbing war noch unbekannt, aber Glockenturm hatte dieses diffuse Gefühl im Magen. Du Wischmopp!, hatte der Lehrer gesagt, als er Glockenturm eine gewischt hatte. In diesem Wort war alles vereint, genau wie in Langnese, alle Demütigungen, alle Erniedrigungen.
Jetzt sagte niemand mehr Glockenturm zu ihm, denn er war endlich das geworden, was man ihm immer angedroht hatte. Glockenturm. Und auch noch am Olympiastadion in Berlin!
Großmachen. Großsein. Selbsterfüllende Prophezeiung. Was für ein Wort!
Glockentrum grinste und ließ eine seiner Glocken dröhnen. Langnese zitterte. Der Wicht. Dieses Eis am Stiel! Stillos hatte er ihn damals immer vorgeführt. Aber bedenke, wen du wie beschimpfst. Sag nicht Glockenturm, wenn du nicht willst, dass Glockenturm dich irgendwann ganz klein macht.
Da lief Langnese jetzt die klebrige Masse an den Armen herunter. Schisshase!
Wie er sich die Finger leckte, die Arme, und sah doch verschmiert aus! Wie ein eingesabbertes Kleinkind.
Ich bin Glockenturm!, brüllte Glockenturm und pfiff eine Müllmöwenhorde heran.
Langnese zuscheißen!, befahl Glockenturm und die Möwen grinsten. Warum nicht Glockenturm? Ist doch egal, wo wir ablassen!
Langenese schafte nicht mehr, sich zu ducken oder abzutauchen.
Und doch hatte die Aktion etwas Gutes: Da mach ich eine Geschäftsidee draus, dachte Langese, ich gründe eine Eisfirma, deren Eis nicht nur aussieht wie Möwenexkrement, sondern auch noch so heißt! Obwohl, vielleicht ist Möwenpick doch besser, gefälliger, runder, leckerer als Möwenexkrement...
Eine neue Ära gefrorener Zukersahne ist eingeläutet! Hahaha, Glockenturm!  Eingeläutet!
Glockenturm knirschte in den Fugen. Irgendwann wirst du bezahlen, zischte er.


Burggeschichten

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Jahreszeiten im Umbruch

Vorweihnachtszeit.
Die Regale sind gefüllt.

Gefahr für RAF-Mitglieder

Kind, sieh dort! Ein Mitglied der RAF!
Mutter, was ist denn das?
Gefährlicher Mensch, mein Kind!
Ich meine RAF, Mutter! Was ist denn das?
Rote Augen Fraktion, soweit ich weiß, mein Kind...
Mutter, sind rote Augen denn gefährlich?
Kind, nur für den Träger dieser Augen.
Besteht denn auch für uns Gefahr, Mutter?
Kind, nicht direkt. Im Grunde nicht. Nur für das Mitglied jener RAF.
Mutter, woher kommen denn die roten Augen?
Vom Weinen, Kind, vom Weinen und zu vielem Reiben.
Ach, armes Mitglied. Muss viel weinen und reiben und es besteht auch noch Gefahr.
Ja, Kind, gut, dass du mitfühlst.
Mutter, schau immer, dass ich nicht weinen muss.
Schau'n wir mal, Kind.
Gebongt, Mutter.

Wunder des Lebens: Mann und Frau

Wie wunderbar ergänzen sich die Körper von Mann und Frau.
Einfach nur komplementär!

lächeln: Es ist Montag!

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Weisheit des Alltags: Hosenträger

Hosenträger und Träger der Hose sind nicht immer identisch.

Christlich-sozial oder was?

Ist christlich-sozial nicht ein Widerspruch in sich?, räuspert sich Knorkheimer über seinem dritten Hefe.
Das ist doppelt gemoppelt!, wiehert Immanuel Kante und prustet ein paar Pittjes auf die Tischplatte. Tautologie! Das eine könnte das andere aufheben, so wie minus mal minus plaus ergibt.
Das ist doch nicht aufgehoben, da ist doch was da, wenn man aus nichts was macht, bemerkt Habermus aus dem Off.
Die Christlich-Sozialen, die machen aus nichts was?, kontert Knorkheimer, Das glaubt doch wohl keiner! Es geht doch darum, warum diese Bayern christlich und sozial sein wollen; reichen würde doch christlich oder sozial, da ist doch gar kein richtiger Unterschied. Die haben eine Neurose, weil die doppelt sagen müssen, wie gutmenschig sie sind. Auf den ersten Blick nimmt ihnen das nämlich keiner ab, deshalb müssen sie so dick auftragen. Das ist meine These. Also, eigentlich ein Widerspruch.
Doppelt gemoppelt ist weißer Schimmel und schwarzer Rappe, kontert Kante. Nix mit Widerspruch, das ist Kinderkacke. Die wissen nicht, was sie wollen, nennen sich christlich-sozial, weil sie davon ablenken wollen.
Die Urchristen waren doch eigentlich Kommunisten, meldet sich Habermus aus dem Off.
Kommunisten gab's doch früher noch gar nicht, die mussten erst noch erfunden werden, fährt endlich Sören Kirchenrat dazwischen.
Was es nicht gibt, kann man nicht sein.
Philosophisch richtig, politpragmatisch aber falsch. Da kann eben doch sein, was es nicht gibt, wispert Habermus.
Dass die CSU christlich-sozial ist?, fragt Heidschnugger vom Nebentisch.
Das gibt's doch nicht!, prustet Kante eine zweite Portion Pittjes auf den Tresen.
Doch! Gibt es doch! Polit-pragmatisch jedenfalls, wird Habermus lauter.
Ich wähle die Grünen, meldet sich Knorkheimer.
Die Bayern sind ja auch nicht von hier, das macht sie so fremd, bemerkt Kirchenrat und ordert bei Hansi ein weiteres Hefe.
Hansi! Lass noch mal eine Schale Erdnüsse rüberwachsen!, ruft Kante und Hansi schickt die Tanja los, denn die ist heute Abend die Bedienung.




Eine Pfanne für Ali vom Aldi?

Ja, kaufe ich die Aldi-Pfanne? Eigentlich kauft man doch als aufgeklärter Bürger nicht bei Aldi, weil man die schlechten Arbeitsbedingungen der Angestellten unterstützt. Arbeitsplätze!
Aber wenn ich nichts kaufe, dann haben diese Menschen nicht einmal den Arbeitsplatz, auch wenn nicht alles in Ordnung ist, so aus gewerkschaftlicher Sicht.
Aber die Pfanne ist günstig.
Und dann die Schweizer!
Die Schweizer haben die Pfanne  beschichtet.
Präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Zum Kuckuck mit den Schweizern, sagen die Schwarzwalduhrenhersteller, die nehmen uns die Arbeit weg. Die ticken doch nicht richtig, wenn die das tun.
Der Schweizer schichtet und beschichtet.
Der Schweizer schichtet Schwarzgeld, und eben nicht Schwarzwalduhrengeld!, und beschichtet Pfannen, gut, für Aldi.
Aber der Schweizer wusste schon immer, was er wollte. Geld verdienen und nicht in Kriegen mitmischen, weil das unnötig Geld kostet.
Schwarzwaldkonten einrichten!, wie es früher so poussierlich hieß, später schenkte man sich den Wald, was ja auch in die ganze Klimakatastrophe passt.
Immer wenn ich bei Aldi nicht kaufen will, fange ich an zu phantasieren. Oder besser, zu rationalisieren und abzuschweifen. Was hat der Schweizer denn mit Aldi zu tun? Ali wäre da wohl wichiger: Der Schweizer will keinen Ali im Land. Aber er will für Aldi-Pfannen beschichten. Auch wenn Ali die in Deutschland dann kauft.
Ich schweife ab, ich nehme die Pfanne ein einziges Mal, ein letztes Mal, damit die Menschen hier ihre Arbeitsplätze behalten können und der Schweizer nicht nur vom Schwarzgeldverstecken leben muss. Das ist soziale Kompetenz, das ist Fürsorge, das ist Mitmenschlichkeit. So bin ich, und so ist auch der Schweizer im Grunde seines Herzens. Wir haben doch alle unsere Leichen im Keller. Auch der Ali.


Wo bleibt Jacobs?

Koffein-Abusus. Klar. Kaffetrinken bis zum Umfallen, am besten morgens nach dem Aufstehen. Umfallen, haha! Da könnte man sich glatt wieder hinlegen. Nichts da! Der Motor rappelt und dann die Morgenzigarette, das bringt auf Betriebstemperatur, auch wenn die Hände feucht sind und sich nicht für Vorstellungsgespräche oder einen vertrauenswürdigen Geschäftsabschluss eignen.
Ein feuchter Film liegt auf der Stirn, die Zunge ist pelzig. Das könnte trotzdem ein guter Tag werden, denn die Pumpe pumpt stetig und schnell frisches Blut in die Hirnzellen. Der Körper steht unter Strom. Alles strömt.

Dann der Schritt nach draußen. Der Himmel kaffeebraun. Dunkle Schatten vor dunklem Hintergrund. Die Bäume so weiß, als hätten sie einer atomaren Katastrophe gerade mal widerstanden. Unwirkliche Welt. So menschenleer, so karg, so kalt,  die Geräusche hallen meilenweit und klingen, als habe man sie durch einen Ringmodulator gedreht.
Mal wieder zuviel des Guten.
Das ist die Krönung.
Wo bleibt nur Jacobs mi seinem Shuttle?

Georg Krakl: Stotterers Bittgesang (2012)

T-t-t-tus!
Na los, tus!
Am rechten Fuß
mach mir Tattoos.
Mit bleichen Schädeln, Orchideen,
offnen Gräbern, dunklen Seen,
mit Nachtgespenstern, Tagedieben.
So könnt ich meinen Fuß wohl lieben.

Das gute alte Butterbrot

Wenn du morgens vor die Tür trittst, dich wunderst über die vielen Kondensstreifen von Flugzeugen, die bereits um acht Uhr den Himmel gekreuzt haben, bemerkst, dass kaum ein Lüftchen geht, und dir die gute alte Kondensmilch einfällt, mit der deine Mutter früher immer die Salatsauce für den Kopfsalat am Sonntag gemacht hat, scheint der Tag, vor allem weil es ein Sonntag ist und du extrem früh aufgestanden bist, damit du mehr vom freien Tag hast, du sogar schon dein Müsli gegessen hast, dann scheint der Tag dein Freund zu sein; dann fällt dir plötzlich auf, wie seltsam farbig der Himmel aussieht. Du denkst spontan an den Maya-Kalender, aber es ist nicht Dezember, du denkst an die Gäste gestern Abend und was sie dir in den Orangensaft getan haben könnten, und schließlich bleibt nach eingehender Prüfung nur dein Müsli, ohne Zusätze von Zucker steht drauf, aber nicht, was sonst noch an Zusätzen drin sein könnte, auch hast du nicht das Haltbarkeitsdatum geprüft und ob vielleicht, weil du lange die Schublade nicht gereinigt hast, kleine Tierchen deine Ceralienmischung in eine Art zerbröselten "magic mushroom" verwandelt haben.
Du beschließt spontan, was an Sonntagen eigentlich nie vorkommt, wieder auf Stullen umzusteigen. Da weißt du, was drauf ist, und du kannst dir immer eine schmieren. Alter Scherz, trotzdem hahaha!

EU erhöht Druck auf Russland...

Früher übte der Russe gerne Druck aus, sei es in Form des menscheverachtenden Zarenreiches ode eines zentralistischen Sozialismus. Ohne Druck kein Plansoll, auch wenn keiner wusste, was gemeint war, weil der Zar gar keinen Plan hatte, es ging mehr um Luxus.
Jetzt bin ich mal dran, dachte die EU, und erhöhte kurzum den Druck auf Russland, vielleicht nur so zum Spaß. Dunkelhaarig und mit Pagenschnitt dekoriert legt sie locker die Linke auf die Schulterklappen des ihr zur Rechten stehenden Russland, dem darob die Haare zu Berge stehen.
Aber die Eu ist nicht allein, das blonde Bullerbü und die blasshaarige Bergwelt hinter den sieben Zwergen machen lächelnd mit. So wird der Druck weitergegeben, als hätten wir seit der letzten Hackordnung nichts dazugelernt.
Die Printmedien schlecken das gefundene Fressen auf und kombinieren Fotos mit Unterschriften, als hätten sie ein paar Tranquilizer zu viel eingeworfen. Ist denn Bettina Wuff schon wieder so uninteressant geworden?

Vorsicht bei der Tapetenwahl

Jeder Hobbytapezierer sollte sich genau überlegen, was er sich an die Wände seiner Behausung klatscht. Kleister ist billig, aber wenn die Folie erst mal passgenau an der Mauer hängt, muss man sich vielleicht jahrelang damit quälen.
Es gibt Tapeten, die in der Dämmerung oder kurz vor dem Einschlafen bzw. Aufwachen ein Eigenleben entwickeln.
Da schaut mich ein Hirsch an, sagt Betty, und vergisst, dass sie am Abend vorher ein paar Jägermeister gekippt hat.
Eine Peitsche, die mich schlägt, nörgelt Willo, der am nächsten Morgen rote Striemen an seinem Oberkörper entdeckt und sich nicht erklären kann, woher die stammen.
Das ist mein Kontoauszug! Endlich schwarze Zahlen!, brüllt Beppo vor Freude, und denkt nicht daran, dass Rot auf Schwarzweiß-Tapeten auch nur schwarz oder weiß abgebildet werden.
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten?, brummelt Sigmund und benimmt sich, als sei er beim Rorschach-Test durchgefallen.
Die Menschen projizieren gern ihre Probleme und geben die Schuld dann leblosen Objekten. Das geht zu weit.
Wer Massentierhaltung duldet, solte nicht bei den Dingen weitermachen, irgendwann schlagen alle gemeinsam zurück, und das wird dann weh tun.
Meine Tapete sieht aus wie eine Tapete!
Das ist Peter. Und Peter ist klug.Was genauso aussieht, wie das, was es ist, kommt nicht in eine Identitätskrise und wird folglich nicht aggressiv.
Tapeten haben die Aufgabe, an den Wänden herumzuhängen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Das ist beruhigend. Letztendlich kommt es dann aber auf den Betrachter an. Wohlgemerkt.



Schweinemast? Nicht in meiner Nähe!

Pawel Pikass: Mastbetrieb (2012)
Die Grillgemeinde grunzt unmutig. Lauschige Abende auf der Terrasse vor dem Rost, auf dem Nackensteak und Wurst brutzeln, sind in Gefahr. Ein Mastbetrieb ist in der direkten Nachbarschaft geplant und ein jeder weiß: Massentierhaltung sondert Geruch ab. Unangenehmen Geruch. Penetrante Geruch, der in Nase und Mund eindringt und den Genuss verdirbt.
Den Genuss am Gegrillten und am obligatorischen Pils.
Dabei ist der Mastbetrieb doch durchaus wohlwollend. Neben Konkurrenzfähigkeit und Profitorientierung charakterisiert er sich als preiswerter Versorger der Fleischesser, die im Sommer die Küche in der Garten verlegt haben.
Die Bürger werden unruhig, gründen Bürgerinitiativen gegen Mastbetriebe, Motto: Egal wo, nur nicht hier.
Das Begehren schläft ein, wenn verlagert wird. Gegessen wird immer; die Wurst schmeckt, sie darf nur nicht stinken, solange sie noch in engen Pferchen lebt.
Das Wort unmenschlich gibt es schon, mit dem Neologismus "untierisch" quält man sich.
Der Nachbar ist eigennützig, ihn interessiert das Wesen Tier nicht.
Nachbarn sind wir alle. Jeder ist sich daher selbst der Nächste, den es zu lieben gilt. Wenn das gequälte Tier weit genug entfernt zu Schlachtreife gebracht wird, ist es kein Nachbar mehr und die Frage nach der Liebe stellt sich nicht mehr. Aufatmen.
Eigentlich müsste uns der Appetit vergehen, denn Hunger haben wir schon lange nicht mehr.

TV-DENTAL

Gute Zähne, Schlechte Zähne!
Der Kassenschlager
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Tag des offenen Friedhofs....

Das klingt erst mal befremdlich. Da wird ein Tabuthema berührt. Tag des offenen Denkmals, das kann man sich vorstellen; aber Tag des offenen Friedhofs?
Tag der Zahnbürste, Tag der Linkshänder, Tag der hochgeklappten Zehennägel. Es gibt für alles einen Tag, die Liste ist lang und die Steigerung sind die Welttage.
Offener Friedhof?
Da spielt der Posaunenchor die Hits und Evergreens von "Gruftmucken", da stellen Bestatter aus, da werden Bestattungsalternativen gezeigt, Seebestattung als Simulation auf dem Baggersee, Streußel- und Zuckerkuchen treten in Konkurrenz, die Bäcker liefern, was der Ofen hergibt.
Allles passgenau und zum richtigen Zeitpunkt. Jetzt hingehen, noch ist Zeit.
Ab November wird traditionell wieder mehr gestorben; da ist man dann informiert, oder wenn man betroffen ist, die Verwandtschaft.
Pietätlos!, flüstert der still Trauernde, Trara und Verkaufshows, wo Andacht und Gedenken in Stille gefordert werden.
Pietätlos ist nur wenig in unserer Zeit; vielleicht wäre es das, wenn im nächsten Jahr ein "Tag des offenen Grabes" auf dem Programm stünde.

Hier mehr erfahren über den Tag des offenen Friedhofs.

Musik aktuell: Felix, Shit da!


Al Bino und Rowenta Bauer: Felix, Shit da!


Original hören

Wenn der Berg ruft...

Der Berg ruft.
Sepp: Ich geh dann mal gleich los...
Berg: Was is?
Sepp: Du hast doch gerufen.
Berg: Wer?
Sepp: Na, du, und wenn der Berg ruft, dann geht der Bergsteiger los. So heißt es doch immer.
Berg: Ich habe gerufen?
Sepp: Ja, sicher.
Berg: So'n Quatsch, bleib bloß unten.
Sepp: Nix da, gerufen ist gerufen, und da geh ich los. Ich bring auch die Maria mit.
Berg: Die alte Sabbeltasche.
Sepp: Nichts gegen die Maria.
Berg: Sagst du.
Sepp: Eben.
Berg: Ich habe jedenfalls nicht gerufen.
Sepp: Doch hast du. Ich hab's doch gehört.
Berg: Du spinnst.
Sepp: Nein, ich spinne nicht. Ich bin ja nicht taub.
Berg: Berge können überhaupt nicht sprechen. Und rufen schon gar nicht.
Sepp: Ich geh dann mal die Maria holen, bis gleich dann.
Berg: Verdammt.Herrschaftszeiten!
Sepp: Jupp! (geht die Maria holen)

Theodor Strom: Gedicht aus dem Offf (2012)

Doppelt der Bruch/
Schmalz im Falz/
zehn gierige Lurche
in der Furche/
aber eine elegante Kante/
ein Kniff
mit Pfiff/
grinsend der Serbe
mit der Kerbe
und einer Falte/
war eine alte/
war zu Bruch gegangen/
dass die Lurche sprangen/
dass die Furche barst/
Karst-
gebirge weggesprengt/
und meiner Tante eine Kante hinterlassend/
bleich erblassend der Kniff in der Hose/
lose
die Kerbe/
das Erbe verprasst/
die Falte geschasst/
verhasst.

Man merkt: Strom stand unter Strom, vielleicht ein Gläschen des alten Künstlersprits zu viel, Absinth in der Hölle, wie der Dichter so sagt und meint, dass jemand nicht recht wusste, was er schreiben sollte, wohl aber einige Zeilen zusammenhauen musste, um ein paar Euro zu erhalten und das nächste Fläschchen Inspiration  erwerben zu können.
Strom hat es mit den Lurchen, diesen kleinen, glitschigen und wabbeligen Wechselwärmlern, die nicht zum Kuscheln geeignet sind, aber wohl die dunkle Seite der Sinnlichkeit symbolisieren, die, wo es eben glitschig und wechselwarm wird. Das passt dann auch zu den Furchen und Kerben und Falten, da gibt es immer was zu glätten, zu schnitzen und zu gucken. Strom hat seine libidinöse Phase unverarbeitet verlassen und steuert nun in seiner eher opstipaten Phase, in der die Greise das Geld horten und den Geiz potenzieren,  ziellos umher.
Reime sind da, aber haben keine Funktion. Warum Karts auf barst reimen? Im Karstgebirge Jugoslawiens wurden damals die Winnetou-Filme gedreht. Dieser Zusammenhang ist aus ihm selbst gerissen und vermag nur zu verwirren. Hose und lose sind auch keine glückliche Reime, Dose wäre sicher aussagekräftiger gewesen, Rose vielleicht einen Hauch zu kitschig und klischeehaft.
Der Hang zum Reichtum steht in direkter Verbindung zum opstipaten Charakter: Das Erbe verprasst. Verprassen fängt, so weiß schon Josef Ackermann, erst ab einem Jahreseinkommen von 12 Millionen an, wenn man denn zu Neujahr nichts mehr hat. Gelobt der, der sein Schäflein auf ein trockenes Konto in der Schweiz verbracht hat.
Strom bleibt verwirrend. Vielleicht lag es doch am Absinth; da lobt sich der Leser einfache Sätze wie: Absinth alle meine Knöpfe von meinem Hemd. Da darf wenigstens gelacht oder geschmunzelt werden. Hellmut Karasack

Neo-Dadaismus: Theo von Doeskopp - Vielfraß



der Vielfraß
fraß
viel
der

Beweis: Kein Rotlichtmilieuverdacht

Ex-First-Lady:
Wärmekamera beweist: Keinen Kontakt zum Rotlicht.
Nachdem sich Expundespräsidentengattin Wulff mit Klagen gegen eine Farblichtkampagne aus den Reihen der eigenen Parteien gewehrt hat, ist jetzt der Beweis gelungen. Verbindungen zum Rotlichmilieu sind widerlegt. Neutrale Wärmekameras, die der Dame und ihrem Mann die Ehrenrente auf Lebenszeit nicht missgönnen, haben das ganz deutlich bestätigt. Das Milieu ist wohl eher orange oder golden.
Letztlich bleibt die Verbindung zum Eskort-Betrieb noch ungeklärt, aber auch hier kann die Technik vielleicht helfen, wenn man sich geeinigt hat, welche.
 

Theodor Strom: Steckdose, Demenz, Widerstand und Hass (2012)



Steckdose
sitzt lose.

Strom tritt übers Bett.
Die Rechnung steigt ins Unermessliche.
Und rundherum Vergessliche,
die verstummen
angesichts der Riesenstromunkostensummen.

Der Unvergessliche schreit auf: Bringt Degen und Florett!
Und spießt den Stromversorger auf!

In die Dose jetzt ein Stich.
Der Kämpfer dreht und windet sich.
Versinkt im Strom.
Kaum Widerstand: Vielleicht um 15 Ohm.

Der Stromanbieter bleibt gelassen.
Er weiß, dass ihn die Leute hassen.

Weisheit im Alltag: Nachmittag

Wenn es Zeit ist, gib die Gabel ab.
Den Löffel solltest du besser behalten.

Georg Krakl: Lappen gehen, Lumpen nicht (2012)

Ölfleckige Lumpen
in einen Humpen
gepresst.
Der Trinker gestresst.
Wie soll ich das trinken?
Wo Lumpen so stinken?
Wärn's Lappen,
die sanft über Humpens Rand schwappen,
das wäre kein Akt.
Doch Lumpen? Vertrackt!

Vieleckige Stumpen
in einen Humpen
gestopft
und Öl drauf getropft,
das könnt' ich mir denken.
Doch Lumpen in Humpen?
Ich will mir den Bauch nicht verrenken.

Verschenken,
verschenken!

Heiner Maria Rille: Der Panzer (2012)

Der Panzer
mit seinen Ketten
und Rohren
in deutscher Fabrik einst geboren
er ruckt und er zuckt
und schießt und faucht und muckt
und quetscht
die Landser

sie ballen zu spät - ja, du schaust!-
dem Panzer die Faust





Bestürzung in der Massentierhaltung

Schweine jetzt auf Halbmast.

Do it yourself - Orakel im Kommen

Immer mehr junge Menschen mit diffusen Zukunftsperspektiven greifen auf die Kraft des Orakels zurück. Da es zu teuer ist, jedes Mal nach Delphi zu reisen, versuchen es erfindungsreiche Jungmenschen einfach selbst.
Man verabredet sich einfach an einem unbelasteten Wochenende zu einem Gruppenorakel im Haus oder Garten eines Bekannten, vielleicht verabredet man sich sogar zu einem Orakelflashmob oder einer Open House-Veranstaltung, um dort mehr über die Zukunft zu erfahren.
Berauschende Substanzen, die in die Anderwelt führen, sind in jedem Supermarkt zu erhalten. Vor dem Ritualtanz steht dann das Vorglühen, das heißt, die Gruppe trinkt sich kollektiv in einen Rauschzustand, der erst mal völlig dicht macht, also eine Einschränkung der Wahrnehmung bedeutet. Nach einiger Zeit betonen Doppelbilder dann beutende Elemente der Realwelt.
Wahlweise kann dann ein Gestampfe zu monotoner Musik den Orakeleffekt erzeugen, oder aber für Sportive das Trampolinspringen zu 15 bis 20 Personen.
Wer nicht mehr kann, darf sitzen. Der Rest lässt sich immer wieder in die Höhe katapultieren, bis es aus ihm herausbricht. Der Fleck aus vor zwei Stunden Gegessenem wird dann interpretiert.
Da sich die Interpreten alle noch in einem Zustand fernab rationaler Erkenntnis befinden, ist die Botschaft zwar schlicht, aber wenigstens eindeutig:
Du hast gesoffen, du hast gekotzt. Morgen hast  du einen Riesenschädel. Übermorgen geht's dann wieder.
Das System ist insgesamt nicht ausgereift. Wer mehr wissen will, kann das Tageshoroskop in BILD lesen oder doch nach Delphi reisen.

Klein-Erna-Witze noch aktuell?

Klein-Erna: Na, Fritzchen, weißt du noch, damals, der Witz mit der Blinddarmnarbe?
Fritzchen: Wie jetzt?
Klein-Erna: Na, ich habe gefragt, ob du mal sehen willst, wo ich am Blinddarm operiert worden bin?
Fritzchen:Ach, das war da auf der Bank am Waldrand, von wo man auf die Stadt gucken kann. Es war schon dämmrig.
Klein-Erna: Genau.
Fritzchen: Und was habe ich gesagt?
Klein-Erna: Natürlich, ja sicher, unbedingt will ich das sehen. So was in der Art.
Fritzchen: Ja, super, ich denke, du zeigst da sonstwas, und was war?
Klein-Erna: Haha! Ich habe dir das Krankenhaus in der Stadt gezeigt. Konnte man gut erkennen. Hatte schon Licht an.
Fritzchen: Ein bisschen enttäuscht war ich schon.
Klein-Erna: Willst du jetzt mal die Narbe sehen?
Fritzchen: Besser nicht.
Klein-Erna: Wieso? Ich fänd's irgendwie auch gut.
Fritzchen: Das ist jetzt fast fünzig Jahre her.
Klein-Erna: Dann wird's doch mal Zeit.
Fritzchen: Ich interessiere mich seit 40 Jahren nicht mehr für Blinddarmnarben.
Klein-Erna: Wie das denn?
Fitzchen: Also, nicht bei älteren Frauen.
Klein-Erna: Danke. Sehr charmant.
Fritzchen: Is so.

Neo-Dadaismus: Theo von Doeskopp - Botox (2012)


Boxeraufstand von 2012
Der Chor der Boxer 

box box
botox
geschwollene rippe
zerspritzende lippe
boxen
toxen
toxen
trotzen
botzen
sprotzen
schlotzen
kaputt
auf den Schutt
klappe
schlappe
verloren
gewonnen
kaputte ohren
zerronnen 
das glück
gück
mal da!

Wolle Wolle Wolle

Da war dieses Rauschen im Ohr, oder Zupfen, Zerren, Gezausel.
Mein Hirn war irgendwie diffus.
Und dann: Hölle, Hölle, Hölle.
Ich als Katholik. Verdammnis. Verblendung. Vertaubung. Das war Stig Holgersson. Oder wer?
Ein Mann am Ohr. Es gibt ihn im Mond. Im Ohr. Auf der Straße. Aber am Ohr? Verwirrung.
Wolle, Wolle, Wolle.
Wolle Petri. Rückfettend.
Fette Bässe.
Freundschaftsbänder, die man nicht waschen kann, die abfaulen, weil die Freundschaft so lang lebt.
Die Synthetikbänder sind ein Fluch. Die faulen nicht.
Rauschen im Ohr. Das Meer. Oder das Mehr. Das konnte ich nicht unterscheiden.
Steinhuder Mehr wahrscheinlich. Da wo sich Räucheraal und Kaulquappe. Oder was?
Hilfe!!!!!!!!!!!!!!

Wenn die Zeit nicht still stehen will...

Das Altern hat mit Zeit zu tun. Je mehr Zeit vergeht, desto älter wird der Mensch, desto mehr Gerümpel häuft sich in seinen Zimmern an, desto mehr ist er bestrebt, alles los zu werden und wieder zu erjungen. Früher badeten die Menschen in Jungbrunnen und stellten fest, nachdem die alte Kruste aufgeweicht und abgefallen war, dass sie noch ganz adrett unter dem Schorf aussahen. Sogleich fühlten sie sich verjüngt und schoben das freundlicherweise auf den Brunnen.
Heutzutage in Zeiten übertriebener Hygiene altert der Mensch früher. Waschfrauenhände und Gummifüße erstarren und bleiben für immer, weil die Uhr gerade "voll" geschlagen hat. Womit Oma immer gedroht hatte, ist endlich bewiesen. Traurig für die Betroffenen.
Bei frühzeitiger, sprich punktgenau rechtzeitiger Alterung versucht der Mensch mit Accessoires gegen zu halten. Eine flotte Kappe und eine hippe Brille sollen von verrunzelten Händen ablenken. Ein Holzfällerhemd soll kraftstrotzen, und eine schicke Armbanduhr sagt: Zeit interessiert mich nicht, für mich ist eine Uhr nur Deko, nur schöner Armschmuck, den ich ab und zu betrachte, wenn ich pünktlich meinen Bus zum Internisten kriegen will.
Die Zeit aber steht nicht still, sie läuft und läuft und läuft, nein, sie rinnt förmlich, und wenn man ganz leise ist, hört man sie ticken. Und das kann schon in den Wahnsinn treiben, auch wenn die gichtigen Hände sich den faltigen Mund halten, um einen gequälten Aufschrei zu unterdrücken.
Carpe diem!, oder Kappe diem!, wieder der junge Mensch sagt: Kappe hilft da auch nicht.

Georg Krakl: Meterolog'scher Herbst


Meteorolog'scher Herbst, September der Erste!
Wie die Farben verwischen
in Braun und Rot und irgendwie auch in Tot.
Wie sich die Rohrkrepierer unters Laub jetzt 
mischen.

Das zu verstehen ist das Schwerste.
Das macht uns Not.


Bald aber sind wir in den tiefsten Wintern,
dann geht der Herbst ganz fein am Hintern
uns vorbei.

Joseph Beuyls: Feuerwerkskörper (Silvester 2011)

Joseph Beuyls: Feuerwerkskörper 
Georg Krakl: Feuerwerkskörper (2012)
Geschrieben mit einer Hand.

Du bist in meiner Hand zerkracht,
die Menge hat gelacht.

Das war nicht nett.

12 Wochen blieb ich dann im Bett.

Ich bin genesen.
Du bist gewesen.