Peter Fußke: Mein neuer Hut

Auszug aus: Peter Fußke - Mein Hut liegt in drei Ecken, Eckernförde 2011
Ein neuer Hut ist wie ein neues Leben.
Hatte ich gedacht.
Dann sah ich mich auf einem Foto.
Die Nase war lang. Spitz. Unförmig. Ok. das war nicht schlecht. Die Geschichte mit dem Johannes gefiel mir ganz gut. Aber warum war die Nase lang und spitz? Optische Täuschung? Der Hut war kurz und gedrungen. Relativitätstheorie?
Und dann die Hände!
Besser: Die Hand. Noch besser: Die rechte Hand. Nein, es war die linke. Man musst es von hinten gucken.
Warum war die Hand so breit, so dick, so wuchtig? Die Finger so lang, so besitzergreifend? So mächtig, so zuschlagenkönnendwennesseinmuss?
Das war nicht meine Art. Ich wollte nicht bedrohen, ich wollte nicht schlagen. Ich wollte ein friedlicher Mensch sein.
Ich war verwirrt.
Ein einfacher Plastikhut durfte meine Persönlichkeit, oder das, was von ihr an die Öffentlichkeit drang, mein Image eben, nicht derart verändern.
Wer war ich denn wirklich?
Gut, dem Stallmeier aus der Pferdewirtschaft hätte ich schon gern mal eine geschallert. Der war einfach proll. Früher hätte das Wort proll gar nicht zu meinem Sprachgebrauch gehört. Also veränderte der Hut auch meine Psyche und meinen Sprachgebrauch.
Ja, hallo, was war denn das?
Hut war konservativ. Er bewahrte die Hirnzellen im Kopf, das war manchmal gut. Aber Hutträger waren doch abgefeimte und verfemte Kreaturen.
Das wollte ich nicht sein.
Badekappe.
Eigentlich war mein Hut eine Badekappe.
Kappenzwang.
Die meisten Badeanstalten hatten  Kappenzwang.
Kanppenzwang. Das war Ruhrgebiet.
Zwängler und Drängler. Das war Busfahren.
Die Assoziationen schlugen mir ins Hirn. Ich schlief ein.
Träumen. Träumen von einer besseren Welt.
Morgen würde die Welt sich anders darstellen.
Ich hatte noch den Bon. Umtauschen.
Umtauschen war eine deutsche Tugend. Die würde ich pflegen.
Ein Hut würde mich nie wieder zum Knecht machen, zum Sklaven, zum Hörigen.
Basta.