Gregor Baselnicht: Wie Kunst entsteht

Gregor Baselnicht: Mutti steht kopf (2012)
Baselnicht zu seinem Werk „Mutti steht kopf“:
Also, es war im Urlaub, ich saß da im Garten und hatte einen Kaffee im Aufguss. Ich wartete, dass die Kanne voll wurde.
Ich hatte zufällig eine Blankokarteikarte dabei und diese auf den Tisch gelegt.
Zack, klatschte ich den Filter, denn es war ja Filterkaffee, auf die Karte und ließ die Sache in der Sonne einköcheln.
Bei diesem Vorgang musste ich an Mutti denken, und was die gesagt hätte, wenn ich den Kaffeefilter auf den Tisch, wenn auch erst mal auf eine Blankokarteikarte, geklatscht hätte.
Da wäre der Teufel los gewesen.
Ich freute mich also, dass ich erwachsen war und ich machen konnte, was ich wollte.
Gitti kam dann auch nach draußen und wollte gleich losmäkeln. Wie Mutti, dachte ich und hob den Zeigefinger.
Das wird Kunst!, verlautete ich. Davon leben wir schließlich.
Gitti keifte sofort los: Seit wann das denn?
Ich versuchte zu ergänzen: Wenn ich mal berühmt bin.
Gitti pestete weiter: Dann musst du aber vorher sterben.
Ich schluckte. Der Kaffeefilter war mittlerweile eingeköchelt und ein Bild war entstanden.
Guck mal, sagte ich zu Gitti, wieder eine Weltreise geschaffen, so finanziell jedenfalls, wenn ich das Bild verkaufe.
Sieht ein bisschen wie du aus, so als wenn Theo dir in den Magen getreten hätte. Theo ist der Sohn. Gittis Sohn.
Da stand Gitti nicht drauf.
Da war sie wie Mutti. Konnte keinen Spaß verstehen, aber Hauptsache, kein Kaffeefilter auf dem Esstisch.
Komm ich dreh es um, dann sieht es aus wie Mutti.
Gitti war kurz vor dem Explodieren.
Ich habe das Bild dann „Mutti steht kopf“ genannt und es Gitti gewidmet. 10 Prozent vom Reinerlös habe ich ihr angeboten.
Sie hat aber nur weitergekeift, dass 10 Prozent von nichts auch nichts sei. Darauf konnte ich nichts sagen.