Nonnen beobachten Himmelsbroschen

Vor langer Zeit wurde die Erde noch von Nonnen bevölkert. Ihre Zahl war ungeheuer und sie saßen eng nebeneinander auf dem Boden, um zu kontemplieren. Manchmal gesellten sich weißschwarze Eichkater zu ihnen, um das ein oder andere Wurstzipfelchen, das die Nonnen unachtsam fallen ließen, aufzuschnappen und zu verzehren. Damit ihr Treiben nicht auffiel, setzten sich die Eichkater ebenfalls auf den Boden, starrte an den Himmel und gaben vor, zu kontemplieren, obwohl ihnen das Wort vollkommen fremd war. Auch hatten sie nie von anderen kontemplierenden Eichkatern gehört, aber es ging um die Wurst, und da muss auch ein Eichkater manchmal Kompromisse eingehen. Viele Jahre hatten die Nonnen an den Himmel gestarrt und kontempliert, bis es den ersten zu langweilig wurde, immer nur an den kahlen Himmel zu starren, der ständig blau war oder höchstens ein paar weiße, vielleicht auch graue Wolken bot. Was sollte das ganze Kontemplieren, wenn nichts passierte? So fiel einer ein, einmal Himmelsbroschen zu beobachten. Was sind denn Himmelsbroschen?, fragten die Mitschwestern. Wahre Schmuckstücke am Himmel, erwiderte sie. Und wie sehen die aus?, fragten die Mitschwestern eifrig weiter. Schön eben, antwortete die Schwester, die Anthrax hieß, lasst uns schweigen und Ausschau halten, ob wir vielleicht eine sehen.

Niemand glaubte so wirklich an Himmelsbroschen, zumal ihnen selbst das Tragen von Broschen an ihren Gewändern verboten war. War es dann nicht auch Sünde, nach Himmelsbroschen Ausschau zu halten? Vielleicht gibt es ja gar keine Himmelsbroschen, murmelte Schwester Fuga, dann kann es auch keine Sünde sein, danach Ausschau zu halten. Das Anschauen von Nichts ist ja wohl ganz normal. Ist denn der Versuch nicht auch schon strafbar?, zischte Schwester Rolf. Ruhe!, fuhr Schwester Anthrax dazwischen, ich möchte kontemplieren. Ok, jubilierten die anderen Nonnen wie im Chor, wir machen mit!
Über das Kontemplieren vergaßen die Nonnen das Essen, so dass erst die weißschwarzen Eichkater ausstarben und schließlich kaum noch Nonnen in der freien Natur zu finden waren. Schuld daran soll aber auch der Klimawandel gewesen sein und dass es mittlerweile ständig regnet.
Was aus den Himmelsbroschen geworden ist, das weiß kein Mensch.