Endzeit-Gärten im Kommen

Da gibt es Menschen, die können sich suhlen in dem Gefühl, es wäre ein Atomkrieg gewesen, sie hätten nichts abgekriegt, aber die Welt wäre kaputt, alles in Schutt und Asche, radioaktiver Fallout schon untergegraben und nur noch die Halbwertzeit abwarten, dann wird es irgendwie wieder gut. Der Garten sieht dabei immer noch so aus, als hätte ein atomarer Sturm an den Rabatten geleckt, so im Vorüberstürmen etwa. Die Rückkehr der Zivilisation wird durch das Aufstellen von weißen Metallstühlen, die mit weißen Plastikriemchen bespannt sind und häßliche Drucknarben auf bloßen Oberschenkeln nach dem Sitzen hinterlassen, eingeläutet; der Stacheldraht stammt von vor dem Sturm, der blaue Plastikstuhl ist für Opa reserviert, der übergewichtig ist und was Festes braucht, und sowieso abseits sitzen will oder muss. Gebüsch wird nur liegend drapiert, ist Totholz und ergänzt den verrosteten Gartenzaun. Rasenmäher sind hier überflüssig, das Gras ist trocken und auf Jahrzehnte hin kontaminiert, sprich, es zerbröselt zwischen den Finger. Kantenschneiden ist überflüssig, denn niemand weiß nach der Katastrophe, wo die Grenzen des Grundstückes sind. Die Grundsteine sind durch die Wucht der Detonationen in der Osten geflogen. Auf dem weißen Plastiktisch wird Dosenbier und Ravioli oder weiße Bohnen aus dem Blechbehälter serviert. Alles hat mindestens 15 Jahre im Schutzbunker gemodert.
Zurück in die Wirklichkeit: Es gab gar keinen Atomschlag. Warum also solch ein Garten? Der florale Freund, der sich der Ästethik verschrieben hat, hat die Antwort schnell parat: Das sind Leute, die sowieso nur Dosenbier und Blechgemüse(!?) konsumieren; die haben keine Lust, einen Finger krumm zu machen. Die sitzen in solchen Gärten, weil sie es zu Hause nicht mehr aushalten, denn da hat angeblich auch eine Bombe, allerdings eine konventionelle, eingeschlagen. Die Trümmerfrau streikt und trinkt mit.
Auch unter Gartenfreunden gibt es Vorurteile. Schade.