Ein Ohr zum Violinschlüssel geschnitten

Manoki war traurig.
Sie hatte sich vom Chirurgen - sie nannte ihn Fratzenschneider - ein Ohr zuschneiden lassen, das einem Violinschlüssel ähnelte. Trotzdem konnte sie mit Musik nichts anfangen.
Sie hatte ihre Haare richten lassen und wirkte doch wie eine Gouvernante. Manoki wünschte sich, dass man sie für eine Gräfin hielte.
Niemand tat das und sie ertränkte ihren Ärger und ihre Enttäuschung in schweren Parfümen, kombinierte diese sogar, sodass man nichts mehr von ihr riechen konnte. So musste sie die Menschen betören, dachte sie.
Ich kann dich nicht riechen, war die Antwort derer, denen die schweren Parfüme in die Nase gestiegen waren und nun ihren Kopf benebelten.
Die Lippen waren rot geschminkt, aber niemandem fiel das auf. Sie aber dachte, dass Rot die Farbe von Erotik, Liebe und Energie sei.
Mann, Mann, dachten die Männer und stellten sich vor, Manoki stünde an der Straße.
Da gebe ich aber Vollgas, soviel Lippenstift kann doch keiner verdauen!, brüllte Horst und lachte sich kaputt.
Du sollst das ja auch nicht essen, konterte Pablo.
Manoki aber stand abseits.
Als sie ihr Kleid geöffnet und den Oberkörper entblösst hatte, schauten alle weg.
Das tut man doch nicht, raunte die Menge.
Tut man doch, quiekte Manoki, tut man doch.
Tut man nicht, antwortete die Menge wie aus einem Munde.
Tut man doch, kreischte Manoki.
Na dann, zuckte die Menge mit den Schultern und löste sich in Einzelpersonen auf.
Komm wir gehen nach Hause, schlug Horst vor.
Allemal besser, sagte Pablo.
Allemal schlechter, dachte Manoki.