Auf ein Zeichen warten


Lange hatte er gegrübelt. Hatte auf ein Zeichen bewartet.
Hatte Bein über Bein geschlagen und in den Garten gestarrt.
Wo war das Zeichen, das ihm den Weg wies?
Da, ein Vogel hatte gerade sein Geschäft gemacht, vielleicht konnte man darin lesen, wie es die weisen Frauen im Kaffeesatz machen?
Dort, eine Blume hatte sich bewegt, obwohl kein Wind zu spüren war, vielleicht ein Tier, das sich durch die Pflanzen bewegte. Aber was wollte diese Blume sagen?
Es war schwer.
Es war schwer, überhaupt ein Zeichen zu finden, und dann auch noch zu deuten.
Alles war so verwaschen und verschwommen.
Vielleicht sollte er sich auch erst einmal klar werden, worüber er etwas wissen wollte. Nur auf ein Zeichen zu warten, war nicht klug.
Ein Zeichen gehörte immer zu einem Problem.
Gestern dieses Schild mit dem Werbeaufdruck für ein Dentallabor. Ja, die Zähne, die hatten ja immer etwas, diese scharfe Kante unten links, diese Kälteempfindlichkeit hinten rechts oben und dann gelegentlich dieser Schmerz, den er zu ignorieren versuchte. Das war aber auch zu deutlich. Das Schild sagt mir, dass ich mal wieder zum Zahnarzt gehen soll! Tolle Botschaft. Da wäre er sogar selbst drauf gekommen.
Er schaute auf sein linkes Knie, auf dem seine Hand ruhte. Der kleine Finger zeigte aufwärts.
Genau. Ein Zeichen. Auch wenn man das eher vom Zeigefinger erwarten könnte, schien hier das Regelwerk außer Kraft gesetzt zu sein. Der kleine Finger hatte etwas zu zeigen: Da lang! Nach oben! Es geht aufwärts.
Er lächelte. 
Warum so weit schweifen, wenn die Zeichen sogar am Körper waren?
Der kleine Finger, wer hätte das gedacht?
Schön, auf der Welt zu sein. Sie war doch voller Zeichen und Wunder.
Und: Wunder gibt es immer wieder, wie schon seinerseits Katja Epstein so weise sang.
Einfach mal hinsehen, nicht rumplärren, dann geht es auch aufwärts .
Er erhob sich, streckte sich und atmete tief durch.
Endlich konnte es losgehen. Konnte er losgehen.
Er wusste nur noch nicht genau, wohin.