Wenn Menschen nicht teilen können

Dyskalkulie!, brüllen die Nichtteiler, wir haben Schwierigkeiten mit der Bruchrechnung! Wir können Zähler und Nenner nicht unterscheiden, und der Bruchstrich macht uns Angst. Da ist es doch nur verständlich, dass wir nicht teilen können. Alles Quatsch, dass wir Mehrlingskinder sind, die ihren Geschwistern nichts gönnen, deren Moral heißt: Nimm, was du kriegen kannst! Wir sind doch keine Finanzjongleure oder Politiker! Wir können einfach nicht rechnen.
Oder wir rechnen immer mit dem Schlimmsten, im übertragenen Sinne nämlich, und da diktiert die vorhergesehene Not die Tat.
Aber niemand darf uns vorwerfen, wir wollten nicht teilen!
Eigentlich möchten wir ja. Manchmal kommt es sogar vor, dass andere Menschen unseren Kuchen in Stücke geschnitten haben, und wir sollen jetzt das unsrige Stück auswählen. Lächerlich! Wieso soll ich mir von einem Kuchen, der mir sowieso gehört, weil ich ihn angefasst und heimlich drauf gespuckt habe, ein Stück aussuchen? Das ist alles meins!
Teilen ist etwas für Leute, die keinen Hunger haben, die sowieso schon alles besitzen, die alles im Überfluss genießen. Die können bequem was abgeben, weil zu Hause die 100fache Menge wartet, verprasst zu werden.
Dyskalkulie! Das ist keine Krankheit, das ist wie schlechte Rechtschreibung mit Zahlen und das ist angeboren, genau wie Lekasteni. Oder wie man das schreibt, das wissen die Betroffenen ja selbst nicht.
Dreimal null ist null, das mag den Rheinländer zufriedenstellen, weil er sich im Dauerkarneval befindet. Aber der Mitteldeutsche, in Sinne von Normal- oder Durchschnittsdeutsche, kann dem nicht folgen.


Dr.Hahn: Menschen, die nicht teilen können
Wenn Zeitgenossen nicht teilen können, so fühlen sie sich meist der Ganzheitlichkeit verpflichtet. Wie schon Fritz Pearls feststellte, ergänzen diese Personen immer ein unvollständiges Objekt zu einem Ganzen. Wer einen angebissenen Kuchen sieht, stellt sich vor, wie der vollständig ausgesehen hat. Es geht ihnen gar nicht darum, den ganzen Kuchen zu essen, sie wollen ihn nur besitzen. Häufig verschimmelt das Süßgebäck in der Brottrommel oder im Küchenschrank. Wohlwissend, dass Kuchen die Bauchspeicheldrüse unnötig belastet, wollen sie die Mitmenschen, quasi als Rationalisierung ihres unsozialen Tuns, vor der pathologischen Fehlentwicklung bewahren. In Wirklichkeit ist ihnen im Kindergarten zu oft das Butterbrot von älteren Insassen aufgegessen worden. Das traumatische Erlebnis initiiert immer wieder den Akt des Wegnehmens und Bewahrens. Nur durch einen direkten Ellbogenstoß auf die Frontzähne sind solche Menschen in ihrer Eigenart umzuerziehen.