Kann der Kasper noch Vorbild sein?


Der Hohensteiner Kasper war früher ein naives aber letzendlich dann doch pfiffiges Kerlchen, das am Ende alles zum Guten wenden konnte, entweder dem Krodidil eins mit Klatsche überbraten, den Teufel eins zwischen die Hörner geben oder dem Ganaoven kräftig in den Sack treten, in dem dieser sein Diebesgut wegschleppen wollte. Den Kasper ließen wir fröhlich auf der Bühne seine Dinge erledigen, nach dem Motto, wo Worte nicht helfen, kann ein kräftiger Schlag auf die Zwölf nicht verkehrt sein, und hofften, dass sich unsere Kinder ein Beispiel an ihm nehmen. Wenn dann Klein-Tobi im Kindergarten statt Klatsche die Sandschaufel nimmt, um Lucas, den er fälschlicherweise für ein Krokodil hält, attestiert Tante Laura dem Zögling eine diffuse Aggressivität, die therapiert werden müsse. Da wünschen sich die Eltern die verpönten Teletubbies herbei, die zwar sprachlos machen, aber wenigstens keine Waffen benutzen. Der Kasper als Retter der Welt hat ausgedient, die einfachen Lösungen sind nicht mehr die besten. Auch wenn das Publikum laut johlt, wenn dem verhassten Teufel so richtig einer übergezogen wird, ist das kein Argument, schlagende Beweise zu fördern.
Auch die neue Variante des Kaspers, der dem veränderten Zeitgeist entsprechen soll, kann da nicht weiterhelfen: Die Mütze mit Blattgold belegt, die Nase vom Schönheitschirurgen zugespitzt, das Gebiss aus dem Dentallabor und die Lippen rotgeschminkt - das kann nicht überzeugen. Die Erwachsenen halten ihn für sexuell desorientiert und die Kinder für ein Weichei, dass getreu dem Motto "Gewalt ist keine Lösung" daherschwafelt und in Tränen ausbricht, wenn er nicht die Bösen bekehren kann. "Heulen statt Beulen" hatte er sich auf die Fahne geschrieben; aber wer will das wirklich lesen? Niemand.