"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Die Hässliche-Schaufenster-Meditation


Raum und Zeit für eine Meditation ist immer, und immer mehr in der Vorweihnachtszeit ab Anfang November, wenn die Menschen sich durch die Straßen quälen und ihr Geld in die Geschäfte tragen, um ihren Mitmenschen und Lieben zu Hause Geschenke zu kaufen, die keiner braucht, nur, damit sie selbst auch Geschenke bekommen und nicht glauben müssen, niemand liebe sie. In dieser Zeit der Unrast und der langen Sätze, die kaum ein Ende finden, ist es geboten, den Geist zur Ruhe zu bringen, in Stille zu verharren, um neue Kraft daraus zu schöpfen.
Während die Frau oder die Mutter an der Warenfront kämpft und wir, die zurückbleibenden Männer, warten, kann die eigentlich unnütze Zeit mit Sinn gefüllt werden. Wenden wir uns einfach dem Schaufenster des Geschäftes zu, in dem die vorgenannte Dame entschwunden ist. Sie wird eine halbe Stunde fortbleiben, Zeit, uns um die eigene Gelassenheit zu kümmern. Selbst ein Schaufenster, an dem wir laut jammernd vorbeirennen würden, vor dem wir den Blick abwenden und fluchtartig, nach dem Autoschlüssel kramend, das Parkhaus aufsuchen, um schleunigst nach Hause zu fahren, bietet Objekte der Besinnung. Heften wir unseren Blick auf eine der Hässlichkeiten und konzentrieren uns auf sie. Bleiben wir beharrlich und schauen nicht zur Seite, lassen uns nicht von dem Straßenköter ablenken, der an unserem Hosenbein sein Revier markieren will, bleiben wir ganz bei der Sache und denken nicht. Lassen wir wirken. Atmen. Wirken lassen. Atmen. Das Objekt unsere anfänglichen Ablehnung wird seine Qualitäten entfalten und uns den Sinn seiner Existenz deutlich machen. Der liegt vielleicht im Verborgenen, in uns verborgen, so dass wir in uns suchen müssen, warum wir es ablehnen, wo unsere Blockaden liegen, die ein Lieben und Annehmen nicht zulassen wollen. Bleiben wir bei der Sache, gönnen wir uns die Zeit, so werden wir merken, dass dieser meditative Vorgang unser Leben bereichert. Wir werden innerlich klar und in uns strömt bedingungslose Liebe.
Vielleicht sollten wir für diese Meditation nicht goldbespritzte Weihnachtssterne nehmen, die jetzt massenhaft die Blumenläden verseuchen. Wenn wir Geduld haben, wird uns die nächste Wartezeit beschenken. Einmal ohne Groll auf die Rückkehr der Entschwundenen zu warten, kann schon Gabe sein.